Urteil des BVerwG vom 24.06.2002

Hinreichende Zufahrt, Öffentlich, Grundstück

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 87.02
VGH 5 S 1121/00
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Ver-
waltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
28. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Beschwerde-
verfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen führt
nicht auf den Revisionszulassungsgrund der Grundsatzbedeutung
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), den die Beschwerde allein geltend
macht.
Die Beschwerde will die Frage geklärt wissen, ob § 12 Abs. 1
Nr. 1 StVO, der das Halten an engen Straßenstellen verbietet,
"auch das Interesse des Straßenanliegers an einer unbehinder-
ten Zufahrt zu seinem Grundstück" schützt und ob "die Vor-
schrift damit ein öffentlich-rechtlich geschütztes Individual-
interesse i.S.v. § 45 I 1 StVO" begründet. Diese Frage nötigt
indessen nicht zur Durchführung eines Revisionsverfahrens,
weil sie sich nach den das Streitverfahren prägenden tatsäch-
lichen Gegebenheiten im angestrebten Revisionsverfahren nicht
stellen würde, wie bereits der Zusammenhang der Urteilsgründe
des angefochtenen Urteils belegt:
Hiernach ist der Verwaltungsgerichtshof von der - zutref-
fenden - Annahme ausgegangen, dass das Recht eines Einzelnen
auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über ein verkehrs-
regelndes Einschreiten der Straßenverkehrsbehörde nach § 45
Abs. 1 Satz 1 StVO eine Verletzung öffentlich-rechtlich ge-
schützter Individualinteressen durch Einwirkungen des Straßen-
verkehrs voraussetzt, die das nach allgemeiner Anschauung zu-
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mutbare Maß übersteigen. Erforderlich ist demzufolge eine in
den örtlichen Verhältnissen begründete konkrete Beeinträchti-
gung, die das im Straßenverkehr allgemein bestehende Gefahren-
und Belästigungsrisiko erheblich übersteigt (Urteilsabdruck
S. 12). Ausgehend von diesen Annahmen hat der Verwaltungsge-
richtshof für den Streitfall entscheidungserheblich darauf ab-
gehoben, dass "eine hinreichende Zufahrt zum Anwesen der Klä-
ger auch über den südlichen Ast der Thinggasse gewährleistet
und nicht erwiesen ist, dass die öffentlich-rechtlich ge-
schützten Anliegerinteressen der Kläger an einer ungehinderten
Benutzung dieser Zufahrt durch Verstöße anderer Verkehrsteil-
nehmer gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 3 Nr. 3 StVO in einem
das allgemeine Gefahren- und Belästigungsrisiko erheblich
übersteigenden Maße beeinträchtigt wird" (Urteilsabdruck
S. 15).
Vor dem Hintergrund dieser entscheidungstragenden tatsächli-
chen und rechtlichen Annahme durfte der Verwaltungsgerichtshof
bedenkenfrei die Frage dahin stehen lassen, "ob eine Zufahrt
zum Anwesen der Kläger mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen
über den östlichen Ast der Thinggasse wegen häufiger Verstöße
anderer Verkehrsteilnehmer gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 3
Nr. 3 StVO in einem das allgemeine Gefahren- und Belästigungs-
risiko erheblich übersteigenden Maße beeinträchtigt wird"
(a.a.O.).
Damit erweist sich die Behauptung der Beschwerde als unzutref-
fend, der Ausgang des Rechtsstreits hänge entscheidend davon
ab, ob und inwieweit im östlichen Ast der Thinggasse durch an-
dere Verkehrsteilnehmer gegen das Verbot im Sinne des § 12
Abs. 1 Nr. 1 StVO verstoßen wird; selbst wenn solche Verstöße
im östlichen Ast der Thinggasse regelmäßig zu beobachten und
die von der Beschwerde aufgeworfene Frage zu bejahen sein
sollten, müsste es nach dem vom Verwaltungsgerichtshof zur Er-
reichbarkeit des Anwesens über den südlichen Ast unbeanstandet
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eingenommenen tatsächlichen und rechtlichen Standpunkt dabei
bleiben, dass wegen der damit feststehenden ungehinderten und
zumutbaren Erreichbarkeit des klägerischen Anwesens über den
südlichen Ast der Thinggasse die Kläger ein straßenverkehrsbe-
hördliches Einschreiten nicht beanspruchen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der
Streitwertfestsetzung folgt der beschließende Senat der beru-
fungsgerichtlichen Festsetzung.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Brunn