Urteil des BVerwG vom 25.02.2008

Approbation, Berufliche Tätigkeit, Widerruf, Strafbefehl

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 85.07
VGH 21 B 04.3153
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Februar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 28. März 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 75 199,51 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Approbation als Arzt. Diesen
hat die Regierung der Oberpfalz nach § 5 Abs. 2 Satz 1 der Bundesärzte-
ordnung - BÄO - ausgesprochen, nachdem der Kläger durch rechtskräftigen
Strafbefehl wegen 16 tatmehrheitlicher Fälle des Abrechnungsbetruges gegen-
über der Kassenärztlichen Vereinigung zu zwölf Monaten Gesamtfreiheitsstrafe
auf Bewährung und einer Geldbuße verurteilt worden war, weil er sich als un-
würdig und unzuverlässig zur Ausübung des ärztlichen Berufes erwiesen habe.
Die Klage gegen den Bescheid hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Auf
die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Ver-
waltungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Berufungsurteil bleibt ohne Erfolg. Es sind weder die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO gerügten Verfahrensfehler erkennbar, noch liegen die nach § 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO geltend gemachten Abweichungen von der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts vor. Schließlich ergibt sich aus dem Beschwerde-
vorbringen auch keine klärungsbedürftige Frage, die der Rechtssache grund-
sätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen könnte.
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1. a) Der Kläger sieht eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch den
Verwaltungsgerichtshof zunächst darin, dass er die Einlesung der von einer
Probandin mitgebrachten Chipkarte mit einer Abrechnung der therapeutischen
Intervention gleichgesetzt habe. Eine solche Gleichsetzung lässt sich den Aus-
führungen des Gerichts jedoch nicht entnehmen, so dass der Vorwurf man-
gelnder Sachaufklärung ins Leere geht. Das Berufungsgericht hat lediglich die
Aufforderung des Klägers an die zur Begutachtung geladene Patientin, die Kar-
te mitzubringen, als Indiz dafür gewertet, dass der Kläger von vornherein beab-
sichtigt habe, im Rahmen der Begutachtung therapeutische Interventionen ab-
zurechnen.
b) Ein weiteres Ermittlungsdefizit soll darin liegen, dass der Verwaltungsge-
richtshof ohne weitere Sachverhaltsklärung davon ausgegangen sei, dass der
Kläger in Kenntnis des dann drohenden Widerrufs der Approbation seine
Schuld eingestanden und den Strafbefehl rechtskräftig habe werden lassen.
Auch in diesem Punkt ist kein Verfahrensmangel feststellbar. Das Berufungsge-
richt hat aus dem insoweit unmissverständlichen Inhalt eines Schreibens des
Strafverteidigers des Klägers vom 28. August 2002 an die Staatsanwaltschaft
(S. 4, 2. Absatz des Schreibens) die Überzeugung gewonnen, dass dem Kläger
aufgrund einer Auskunft des sozialrechtlichen Beraters die außerstrafrechtli-
chen Folgen eines rechtskräftigen Strafbefehls, insbesondere der mit hoher
Wahrscheinlichkeit drohende Widerruf der Approbation, bekannt waren. Anlass
dazu, dem weiter nachzugehen, bestand für das Gericht nicht, selbst wenn die
Rechtsanwälte des Klägers „intern“ eine andere Erwartung hinsichtlich berufs-
rechtlicher Folgen geäußert und ihre Ratschläge dem Kläger gegenüber daran
ausgerichtet haben sollten; denn das stellt die dem Kläger bekannte Auskunft
des sozialrechtlichen Beraters nicht infrage. Abgesehen davon wird in der Be-
schwerde nicht substantiiert dargelegt, dass dem Verwaltungsgerichtshof Ent-
sprechendes vorgetragen worden sei. Nur dann hätte das Gericht aber über-
haupt erwägen können, zur Frage der Kenntnis des Klägers über die drohenden
berufsrechtlichen Folgen eines rechtskräftigen Strafbefehls weitere Ermitt-
lungen anzustellen.
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c) Einen Sachaufklärungsmangel rügt der Kläger auch deswegen, weil der
Verwaltungsgerichtshof von der im Strafbefehl festgestellten Schadenshöhe
ausgegangen sei, obwohl er darauf hingewiesen worden sei, dass nach den
Ausführungen des Sozialgerichts München der Vorwurf hinsichtlich der Ab-
rechnung der Gebührenordnungsposition 3 nicht aufrechterhalten werden kön-
ne und die Schadenshöhe auch im Übrigen fehlerhaft berechnet worden sei.
Auch dieser Verfahrensmangel ist nicht feststellbar.
Soweit es um die Gebührenordnungsposition 3 geht, hat bereits das Verwal-
tungsgericht darauf hingewiesen, dass es sich insoweit um eine Schadens-
summe von 1 657,12 DM handele, die nicht ausschlaggebend ins Gewicht falle.
Dies ist offenbar auch Grundlage der Entscheidung des Verwaltungsgerichts-
hofs, der sich deshalb mit diesem Punkt nicht mehr ausdrücklich auseinander-
setzt. Ein Sachaufklärungsmangel ergibt sich daraus jedenfalls nicht; denn die
Tatsachen, die für die Überzeugungsbildung des Sozialgerichts und des Ver-
waltungsgerichts von Bedeutung waren, lagen offen zutage und waren auch
dem Verwaltungsgerichtshof bekannt.
Soweit es um die vermeintlich fehlerhafte Schadensberechnung im Übrigen
geht, kann dahingestellt bleiben, ob die Feststellungen des Strafbefehls zur
Schadenshöhe durch das Vorbringen des Klägers vor dem Verwaltungsgericht
ernsthaft angezweifelt worden sind. Selbst wenn insoweit eine Korrektur gebo-
ten gewesen wäre, hätte sich immer noch eine Schadenshöhe ergeben, welche
die Annahme eines den Vorwurf der Unzuverlässigkeit infrage stellenden „Ba-
gatellschadens“ (vgl. Rn. 18 des VGH-Urteils) von vornherein ausschlösse, so
dass aus der dafür maßgeblichen rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts eine
weitere Sachaufklärung nicht notwendig gewesen wäre. Dem lässt sich auch
nicht entgegenhalten, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Ver-
haltens nach Entdeckung des Abrechnungsbetruges dem Kläger nicht zugute
hält, dass er - wie er geltend gemacht hatte - „weit mehr“ als den tatsächlichen
Schaden von ca. 7 000 € zurückgezahlt habe, und dazu auf den im Strafbefehl
festgestellten Gesamtschaden in Höhe von „45 064,07 DM“ (richtig:
45 065,07 DM) verweist (Rn. 30 des VGH-Urteils); denn immerhin hatte der
Kläger - aus welchem Grund auch immer - jedenfalls seinerzeit den Strafbefehl
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mit seinen Feststellungen akzeptiert und damit selbst zur Grundlage seiner
Wiedergutmachungsbestrebungen gemacht.
d) Schließlich sieht der Kläger zu Unrecht einen Sachaufklärungsmangel, so-
weit das Berufungsgericht „besonderen Umständen“ oder „besonderem Verhal-
ten des Klägers“, worauf im Berufungsverfahren mehrfach hingewiesen worden
sei, nicht näher nachgegangen sei. Dieser Einwand richtet sich - worauf der
Beklagte zutreffend hinweist - der Sache nach nicht gegen eine unzureichende
Sachverhaltsklärung, sondern dagegen, dass der Verwaltungsgerichtshof die-
sen Umständen bei der rechtlichen Würdigung nicht dieselbe Bedeutung bei-
misst wie der Kläger selbst.
2. Ebenso wenig sind die nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gerügten Abweichun-
gen erkennbar.
a) Der Kläger sieht eine Divergenz zu dem Beschluss des Senats vom 16. Juli
1996 - BVerwG 3 B 44.96 - (Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 95). Aus jener Ent-
scheidung ergebe sich, dass ein Arzt seine Eignung, Zuverlässigkeit und Wür-
digkeit im Verlaufe des Verfahrens wiedererlangen könne. Diese Bewährungs-
aspekte habe das Berufungsgericht nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
Eine Divergenz im Rechtssinne wird durch dieses Vorbringen nicht dargetan.
Das Berufungsgericht hat unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats
ausdrücklich anerkannt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der
Unzuverlässigkeit und Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes der
Abschluss des Verwaltungsverfahrens sei. Ausgehend davon hat es das Ver-
halten des Klägers bis zum Erlass des Widerrufsbescheides zwar berücksich-
tigt, ihm jedoch nicht die vom Kläger gewünschte Bedeutung beigemessen.
Damit hat das Berufungsgericht keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der
von Rechtssätzen abweicht, die der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts zugrunde liegen. Es hat die maßgebenden Umstände - jedenfalls aus
der Sicht des Klägers - allenfalls fehlerhaft unter die herangezogenen Rechts-
sätze des Bundesverwaltungsgerichts subsumiert. Solche vermeintlichen Sub-
sumtionsfehler sind jedoch keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO. Dasselbe gilt, soweit der Kläger unter Heranziehung verschiedener an-
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derer Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts rügt, dass sein Verhal-
ten in der Zeit nach den zur Last gelegten Verfehlungen nicht ausreichend be-
rücksichtigt worden sei.
b) Ebenfalls keine Divergenz bezeichnet der Kläger, wenn er geltend macht,
dass das Berufungsgericht ihn als zum maßgeblichen Zeitpunkt untragbar und
damit unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes beurteilt habe, obwohl er
bei zutreffender Heranziehung der Beschlüsse des Senats vom 14. April 1998
- BVerwG 3 B 95.97 - (Buchholz a.a.O. Nr. 100) und 9. Januar 1991 - BVerwG
3 B 75.90 - (Buchholz a.a.O. Nr. 80) die Kriterien einer Unwürdigkeit nicht erfül-
le. Auch hier stellt der Kläger keinen dem Berufungsurteil entnommenen
Rechtssatz Rechtssätzen entgegen, auf denen die herangezogenen Entschei-
dungen des Senats beruhen. Vielmehr beanstandet er, dass das Urteil des Be-
rufungsgerichts bei Beachtung der herangezogenen Entscheidungen anders
hätte ausfallen müssen. Aus demselben Grund ergibt sich auch keine Abwei-
chung zu der vom Kläger erwähnten Rechtsprechung des Bundessozialge-
richts, die zwar ohnehin keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO wäre, der Rechtssache aber grundsätzliche Bedeutung im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hätte verleihen können.
c) Soweit sich der Kläger im Folgenden auf eine Abweichung von der Recht-
sprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 18. November 1996
- AnwZ (B) 11/96 - NJW-RR 1998, 132) beruft - die ebenfalls nur im Hinblick auf
den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechts-
sache erheblich sein könnte -, wonach „Zeitablauf und Wohlverhalten“ zu einer
möglichen Wiedergewinnung der Würdigkeit und damit zur Wiederzulassung
von Anwälten führen können, ist sein Vorbringen bereits unschlüssig; denn das
Berufungsgericht hat ausdrücklich zugestanden, dass solchen Gesichtspunkten
im Wiedererteilungsverfahren der Approbation oder in einem Verfahren nach
§ 8 BÄO Rechnung getragen werden könne (Rn. 45 der Urteilsgründe). Soweit
der Kläger auch an dieser Stelle meint, aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs
und den zusätzlich von ihm genannten Entscheidungen des Bundessozialge-
richts und des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich, dass seine Beurteilung
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als unwürdig nicht haltbar sei, fehlt es wiederum an der Darlegung einer über
einen Subsumtionsfehler hinausgehenden Divergenz.
d) Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
und des Bundesverfassungsgerichts ist weiterhin nicht erkennbar, soweit der
Verwaltungsgerichtshof ausführt, dass von „erheblichen Sanktionen“ für den
Kläger keine Rede sein könne. Zwar ist dem Kläger einzuräumen, dass der Wi-
derruf der Approbation nur zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgü-
ter ausgesprochen werden darf und nicht die Bestrafung des betroffenen Arztes
bezweckt. Nichts Anderes lässt sich jedoch auch dem angegriffenen Beru-
fungsurteil entnehmen, das - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben - die
Unwürdigkeit und Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Arztberufes und die
daraus resultierende Gefahr zum Maßstab seiner Entscheidung gemacht hat
und auf den Sanktionscharakter anderer Folgen der beruflichen Verfehlungen
nur deshalb eingegangen ist, weil der Kläger wegen dieser von ihm selbst so
bezeichneten Sanktionen die Unverhältnismäßigkeit des Approbationswiderrufs
gerügt hatte.
e) Die daran anschließende, keinem der drei Revisionszulassungsgründe des
§ 132 Abs. 2 VwGO ausdrücklich zugeordnete Rüge, das Berufungsgericht ha-
be bei seiner Ermessensentscheidung die Ausführungen des Urteils des Sozi-
algerichts München vom 11. Mai 2004 sowie die des mit der Berufung angegrif-
fenen Urteils des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend berücksichtigt, geht
schon deswegen fehl, weil weder der Behörde noch dem Gericht ein Ermessen
zustand. Unabhängig davon verkennt der Kläger, dass das Berufungsgericht
bei seiner Überzeugungsbildung weder an die Bewertungen des Verwaltungs-
gerichts noch des Sozialgerichts gebunden ist.
f) Die weitere Divergenz, die nach Auffassung des Klägers zu dem Beschluss
des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 1996 - BVerwG 3 B 44.96 -
(a.a.O.) bestehen soll, weil der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts zu den Voraussetzungen und Folgen des Verlusts einer
Kassenzulassung nicht berücksichtigt habe, liegt schon deswegen nicht vor,
weil weder das Bundesverwaltungsgericht in der herangezogenen Entschei-
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dung ein solches Berücksichtigungsgebot aufgestellt noch das Berufungsgericht
einen gegenteiligen Rechtssatz entwickelt hat. Im Übrigen hat es sich durchaus
mit der herangezogenen sozialgerichtlichen Rechtsprechung ausei-
nandergesetzt, wie auch das anschließende Beschwerdevorbringen des Klä-
gers zeigt. Dort beanstandet er sinngemäß, dass der Verwaltungsgerichtshof
den dem Approbationswiderruf zwangsläufig folgenden Verlust der Kassenzu-
lassung nicht zum Anlass genommen habe, bei der Beurteilung der Widerrufs-
voraussetzungen Änderungen des Sachverhalts zu berücksichtigen, die sich bis
zur mündlichen Verhandlung ergeben hätten. Insoweit sieht der Kläger eine
Abweichung von dem in der angegriffenen Entscheidung genannten Urteil des
Bundessozialgerichts vom 20. Oktober 2004 - B 6 KA 67/03 R - (BSGE 93,
269).
Eine solche Abweichung, die - wie bereits oben dargelegt - der Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen
könnte, ist nicht erkennbar. Es ist ständige Rechtsprechung des Senats, dass
für die im Rahmen des Widerrufs einer ärztlichen Approbation geforderte Prog-
nose zur Beurteilung der Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufes
auf die Umstände im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens
abzustellen ist (Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - BVerwGE
105, 214 ; zuletzt Beschluss vom 9. November
2006 - BVerwG 3 B 7.06 - Rn. 10 der Beschlussgründe). Später eintretende
Umstände können im Rahmen eines Antrags auf Wiedererteilung der Approba-
tion berücksichtigt werden. Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundessozial-
gericht in dem vom Kläger herangezogenen Urteil im Grundsatz ausdrücklich
angeschlossen. Es hat diesen Grundsatz allerdings im Falle der Entziehung der
Kassenzulassung wegen der faktischen und rechtlichen Hindernisse, die einer
Wiederzulassung am bisherigen Ort der Niederlassung entgegenstehen, dahin
modifiziert, dass im Hinblick auf die Bedeutung des Rechts auf Art. 12 Abs. 1
GG bei noch nicht vollzogenen Zulassungsentscheidungen zugunsten des be-
troffenen Vertragsarztes Änderungen des Sachverhalts bis zur letzten mündli-
chen Verhandlung vor dem Tatsachengericht zu berücksichtigen seien (BSG,
a.a.O. S. 274).
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Diese Entscheidung gibt dem Senat jedoch keine Veranlassung, unter Aufgabe
seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung für die Beurteilung eines noch
nicht vollzogenen Widerrufs der Approbation auf die Sachlage im Zeitpunkt der
letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht abzustellen. Abge-
sehen davon, dass das Bundessozialgericht selbst in seinem Urteil einräumt,
dass die Nichtbeachtung von Änderungen der Sachlage nach der letzten Ver-
waltungsentscheidung bei dem Widerruf der Approbation im Hinblick auf die
Möglichkeit der Wiedererlangung oder einer Erlaubnis nach § 8 Abs. 1 BÄO
hingenommen werden kann, gibt es die Hindernisse, die einer Wiederzulassung
als Kassenarzt entgegenstehen mögen, bei der Approbation als solcher nicht.
Dies macht auch der Kläger nicht geltend; er ist jedoch der Auffassung, dass
der dem Widerruf der Approbation zwangsläufig folgende Verlust der
Kassenzulassung dazu führen muss, dass auch bei der Beurteilung der Wider-
rufsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor
dem Tatsachengericht abzustellen sei, weil der regelmäßig irreversible Verlust
der Zulassung am bisherigen Ort der Praxis die ärztliche Tätigkeit dort auf
Dauer, also auch im Falle einer Wiedererlangung der Approbation, unmöglich
mache. Dem hält jedoch das Berufungsgericht, ohne dass sich insoweit ein zu-
sätzlicher Klärungsbedarf ergibt, zu Recht entgegen, dass Art. 12 Abs. 1 GG
nicht fordert, dass der Betroffene nach Wiedererteilung der Approbation seine
berufliche Tätigkeit in demselben Umfeld ausüben können muss. Der Vergleich,
den der Verwaltungsgerichtshof insoweit zu anderen Staatsbürgern zieht, die
infolge einer rechtskräftigen Verurteilung ihren Arbeitsplatz verlieren, ist kei-
neswegs - wie der Kläger meint - ein Verstoß gegen die Denkgesetze, sondern
durchaus zutreffend. Ebenso wie jene muss sich der Arzt nach Wiedererteilung
der Approbation neu in seinem Beruf einrichten, und zwar unter den dann
herrschenden Bedingungen.
g) Die abschließend unter Abschnitt 7 der Beschwerdebegründung erhobenen
Divergenzrügen, mit denen der Kläger eine Abweichung von Entscheidungen
geltend macht, die zur Frage der Verhältnismäßigkeit des in dem Widerruf der
Approbation liegenden Eingriffs in die Berufsfreiheit ergangen sind, können
ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen, weil die behaupteten Abwei-
chungen wiederum nicht dargelegt werden. Der Kläger formuliert auch hier kei-
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ne einander widersprechenden Rechtssätze, die den herangezogenen Ent-
scheidungen einerseits und dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs anderer-
seits zugrunde liegen, sondern macht erneut nur geltend, dass das angegriffene
Urteil bei Beachtung der herangezogenen Entscheidungen anders hätte
ausfallen müssen.
3. Soweit sich dem Schriftsatz des Klägers vom 27. November 2007 über die
Vertiefung seines bisherigen Vorbringens hinaus zusätzliche Rügen entnehmen
lassen sollten, wahrt die Beschwerdebegründung nicht die Frist des § 133
Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß
§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley van Schewick Dr. Dette
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