Urteil des BVerwG vom 30.10.2003

Eigentumsübergang, Grundstück, Übereinstimmung, Absicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 83.03
VG 6 K 533/00
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Oktober 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom
20. Mai 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen,
die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist unbegründet.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechts-
sache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu er-
warten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in
ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Die
aufgeworfene Rechtsfrage muss eine unterschiedliche Beantwortung in den Grenzen
anerkannter juristischer Methoden zulassen und deshalb der Klärung in einem Revi-
sionsverfahren bedürfen. Daran fehlt es u.a. dann, wenn sie sich bereits ohne weite-
res anhand des Gesetzeswortlauts und der bisher ergangenen höchstrichterlichen
Rechtsprechung beantworten lässt. So liegt der Fall hier.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass das von der Klägerin beanspruchte
Grundstück am 3. Juni 1990 in das Eigentum der Sowjetisch-Deutschen Aktienge-
sellschaft (SDAG) Wismut - der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen - übergegan-
gen ist, weil es - entsprechend den in Art. 6 § 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes
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zu dem Abkommen vom 16. Mai 1991 (BGBl II S. 1138) normierten Voraussetzun-
gen - zuvor in Volkseigentum stand und der SDAG Wismut stichtagsgemäß zur un-
befristeten und unbegrenzten Nutzung überlassen worden war. Dabei hat es sich zu
Recht auf das Urteil des beschließenden Senats vom 30. September 1999
(- BVerwG 3 C 22.98 - Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 36) berufen. Die Beschwerde
möchte geklärt wissen, ob zu den der SDAG zur unbefristeten und unbegrenzten
Nutzung überlassenen Grundstücken auch solche gehören, die zur Erholung ihrer
Mitarbeiter genutzt wurden und zu deren Überlassung kein formeller Nutzungsvertrag
abgeschlossen worden war. Diese Frage ist nach Überzeugung des Senats in Über-
einstimmung mit dem Verwaltungsgericht eindeutig zu bejahen.
Schon der Gesetzeswortlaut lässt insoweit keinen Zweifel zu. Hätte der Gesetzgeber
den Eigentumsübergang nur bei bestimmten Nutzungsweisen vorsehen wollen, so
hätte er diese im Einzelnen benennen müssen. Dies ist nicht geschehen. Die Kläge-
rin scheint anzunehmen, eine Überlassung zur unbefristeten und unbegrenzten Nut-
zung reiche für einen Eigentumsübergang auf die SDAG nur aus, wenn das betref-
fende Grundstück für genutzt worden sei. Für eine solche Unter-
scheidung zwischen der (umfassenden) Nutzungsbestimmung bei der Überlassung
und der späteren tatsächlichen Nutzung gibt das Gesetz nicht den geringsten Anlass.
War das Grundstück der SDAG zur unbegrenzten Nutzung überlassen worden - was
das Verwaltungsgericht im Hinblick auf das von der Klägerin beanspruchte Grund-
stück festgestellt hat - so führte jede beliebige spätere Nutzung - oder auch Nichtnut-
zung - zum Eigentumsübergang auf die SDAG.
Einer rechtlichen Grundlage entbehrt auch die weitere Ansicht der Klägerin, nur eine
Nutzungsüberlassung aufgrund eines förmlichen Nutzungsvertrages könne sich zu
Gunsten der SDAG eigentumsbegründend ausgewirkt haben. Das Gesetz stellt in-
soweit keinerlei über die bloße Überlassung zur Nutzung hinausgehende Anforde-
rungen; solche sind auch dem Gesetzeszweck oder der Gesetzessystematik nicht zu
entnehmen. Wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat, sah die Rechtspraxis der
DDR schriftliche Nutzungsverträge bei Überlassung von Grundstücken an die SDAG
nicht vor. Die eingangs genannte Gesetzesbestimmung liefe also praktisch leer,
wenn der Eigentumsübergang vom Vorliegen eines schriftlichen Nutzungsvertrages
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abhängig gemacht würde. Dass dies nicht der Absicht des Gesetzgebers entspro-
chen haben kann, liegt auf der Hand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Borgs-Maciejewski