Urteil des BVerwG vom 31.03.2008

Rechtsnachfolge, Beweisantrag, Restitution, Pauschal

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 82.07
VG 1 K 2357/05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Pots-
dam vom 3. Mai 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beige-
ladenen, die diese selbst trägt.
G r ü n d e :
Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Be-
schwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Revisionszu-
lassungsgründe sind nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderli-
chen Weise dargelegt oder sie liegen - soweit dem Substanziierungserfordernis
genügt wurde - nicht vor.
1. Der Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeu-
tung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die Beschwerde will insofern zum einen Fragen geklärt wissen, die mit der
Verlandung eines Teils der hier streitigen Fläche in Zusammenhang stehen. Es
fehlt jedoch an jeglichen Darlegungen dazu und erschließt sich auch sonst
nicht, inwieweit diesen Fragen eine über den vorliegenden Fall hinausreichende
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Relevanz zukommen soll, was aber Voraussetzung dafür ist, um deren grund-
sätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO anzunehmen.
b) Die Klägerin hält außerdem die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
bei einer Vermögenszuordnung zu ihren Gunsten bezüglich der streitgegen-
ständlichen Grundstücke Art. 135 Abs. 2 GG Anwendung finde, nachdem es
sich hier um ehemals preußisches Vermögen handele und das Land Preußen
im Jahr 1947 völkerrechtlich untergegangen sei. Diese Frage kann schon des-
halb nicht zur Zulassung der Revision führen, weil in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist, dass ein Übergang des Verwal-
tungsvermögens nicht mehr bestehender Körperschaften des öffentlichen
Rechts - im damaligen Fall in Gauwirtschaftskammern überführter Industrie-
und Handelskammern - auf deren Funktionsnachfolger gemäß Art. 135 Abs. 2
GG ausscheidet, wenn das Vermögen in Volkseigentum überführt wurde; für
solches Vermögen gilt die Verteilungsregelung der Art. 21, 22 EV (vgl. Be-
schluss vom 12. Dezember 1995 - BVerwG 7 B 158.95 - Buchholz 111 Art. 21
EV Nr. 14 m.w.N.). Zu einer solchen Überführung in Volkseigentum ist es auch
bei den im vorliegenden Fall streitigen Flächen gekommen. Danach ergibt sich
aus der genannten Rechtsprechung ohne Weiteres, dass Art. 135 Abs. 2 GG
auch hier ohne Bedeutung für die Zuordnungsentscheidung ist. Das Beschwer-
devorbringen gibt zu einer weiteren Klärung keinen Anlass.
c) Ebenso fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit der weiteren von der Klägerin
zur Begründung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache benannten
Fragen. Sie zielen zum einen auf die Frage einer Rechtsnachfolge der Klägerin
und die dabei zugrunde zu legenden Kriterien ab und betreffen zum anderen
die Voraussetzungen, unter denen die Überleitung eines vermögenszuord-
nungsrechtlichen Antrags vom früheren Antragsteller auf den aktuellen Präten-
denten möglich ist. Auf beide Gesichtspunkte hat das Verwaltungsgericht seine
Entscheidung hinsichtlich der hier streitigen Flächen jedoch nicht gestützt. Es
hat ausdrücklich unentschieden gelassen, ob die Klage deswegen unzulässig
ist, weil die Klägerin keinen eigenen Zuordnungsantrag gestellt hat und weder
Rechtsnachfolgerin ihrer Vorgängereinrichtungen ist noch statthaft einen - im
Übrigen nicht ersichtlichen - Antrag des Landes Brandenburg weiterverfolgen
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kann. Eine Klärung dieser Fragen wäre auch in einem Revisionsverfahren nicht
zu erwarten.
2. Die behauptete Abweichung der angegriffenen Entscheidung vom Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2002 - BVerwG 7 C 7.02 - (Buchholz
428 § 2 VermG Nr. 67) ist nicht in der erforderlichen Weise dargetan (§ 132
Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Klägerin rügt insoweit, dass
das Verwaltungsgericht von diesem Urteil bei den Bestimmungsmerkmalen ei-
ner Rechtsnachfolge abgewichen sei. Eine Abweichung im Sinne dieser Vor-
schrift liegt vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vor-
schrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von
einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts aufgestellten eben-
solchen Rechtssatz abgewichen ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 21. Juli
1988 - BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32). Hier fehlt es
aber bereits an der gebotenen Herausarbeitung zueinander in Widerspruch
stehender abstrakter Rechtssätze, wenn nur pauschal auf die Ausführungen auf
einer bestimmten Seite der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
verwiesen wird. Hinzu kommt, dass sich die vermeintlich divergierende Recht-
sprechung auf die Anwendung derselben Rechtsvorschrift beziehen muss. Bei
dem von der Klägerin genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ging es
aber um eine vermögensrechtliche Restitution und die Auslegung von § 2
Abs. 1 Satz 1 und Satz 5 VermG. Dagegen war im vorliegenden Fall eine ver-
mögenszuordnungsrechtliche Entscheidung zu beurteilen, für die § 2 Abs. 1
Satz 5 VermG, der die Rechtsnachfolge speziell in den Fällen des § 1 Abs. 6
VermG betrifft, und auch § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG erkennbar ohne Bedeutung
waren. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht diese Regelung schon
gar nicht in Bezug genommen, geschweige denn ausgelegt.
3. Die Beschwerdebegründung führt auch nicht auf einen Verfahrensfehler im
Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Klägerin sieht einen Verstoß gegen
den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) darin, dass das Gericht den
rechtlichen Aspekt der Verlandung nur unzureichend gewürdigt habe. Das Ver-
waltungsgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass es nicht auf die Uferlinie,
sondern auf die Flurstücksgrenzen ankomme; selbst bei Landflächen sei die
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Klage aber unbegründet, wie sich aus der Entscheidung im Parallelverfahren
ergebe. Dass das Gericht damit im Ergebnis anderer Auffassung war als die
Klägerin und dem Umfang möglicher Verlandungsflächen keine Bedeutung bei-
gemessen hat, begründet weder einen Verstoß gegen den Überzeugungs-
grundsatz noch liegt darin eine unzureichende Gewährung rechtlichen Gehörs.
Soweit die Klägerin eine Inaugenscheinnahme zur „Plausibilitätskontrolle“ des
rechtlichen Aspekts einer Verlandung vermisst, fehlt es an einer schlüssigen
Darlegung, weshalb sich dem Gericht eine solche Beweisaufnahme hätte auf-
drängen müssen, obwohl die Klägerin, die auch im erstinstanzlichen Verfahren
bereits anwaltlich vertreten war, dort keinen entsprechenden Beweisantrag ge-
stellt hatte. Abgesehen davon ist für den Umfang der Sachaufklärungspflicht die
materiell-rechtliche Sicht des Verwaltungsgerichts maßgeblich. Es hat jedoch
auch hinsichtlich der Landflächen, soweit sie im Parallelverfahren streitig waren,
einen Zuordnungsanspruch der Klägerin verneint.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO;
nachdem die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, bestand kein An-
lass, ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Hinsichtlich des
Wertes des Streitgegenstandes wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.
Kley
Liebler
Prof. Dr. Rennert
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