Urteil des BVerwG vom 30.07.2002

Gemeingebrauch, Sondernutzung, Beschwerdeschrift, Rüge

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 80.02
VGH 5 S 3057/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juli 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Verwal-
tungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom
31. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 14 250 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, das
sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO als gegeben
ansieht, führt nicht auf einen solchen Zulassungsgrund.
1. Unbegründet sind zunächst die Verfahrensrügen.
a) Zu Unrecht behauptet die Beschwerde, dem angefochtenen Ur-
teil hafte der Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ei-
ner ungenügenden Aufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) bzw. einer Zu-
grundelegung eines falschen, unvollständigen Sachverhalts an
(S. 2 bis 5 der Beschwerdeschrift vom 21. Mai 2002).
Ob einem tatsachengerichtlichen Urteil ein Verfahrensmangel
anhaftet, hängt von dem eingenommenen Rechtsstandpunkt des
Tatsachengerichts ab, und zwar unabhängig davon, ob dieser
rechtliche Ansatz zutreffend ist oder nicht. Hieran gemessen
musste der Verwaltungsgerichtshof keine weitere Sachver-
haltsaufklärung betreiben, namentlich brauchte er den in der
Beschwerdeschrift bezeichneten Beweisanträgen nicht
nachzugehen:
aa) Die von der Beschwerde beanstandeten tatsächlichen Annah-
men auf S. 32 des Urteilsumdrucks, insbesondere zunächst die
Annahmen von den gezielten und kurzen "Ansprachen", sind Teil
der Urteilsgründe, die sich mit der Frage befassen, ob Verfas-
sungsrecht dazu zwingt, die im Streitfall in Rede stehenden
Aktivitäten des Klägers deswegen als zulassungsfreien Gemein-
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gebrauch zu bewerten, weil bereits ein Erlaubnisvorbehalt für
die in Rede stehende Betätigung verfassungsrechtlich unange-
messen sei (Urteilsumdruck S. 29 ff.). In diesem Zusammenhang
hat es der Verwaltungsgerichtshof für entscheidungserheblich
angesehen, ob und inwieweit im Streitfall die Ausgangslage ei-
ne rechtlich andere ist als diejenige, die dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts (Kammer) vom 18. Oktober 1991
- 1 BvR 1377/91 - (NVwZ 1992, 53 f.) zugrunde lag. Der Verwal-
tungsgerichtshof hat insoweit eine andere Ausgangslage ange-
nommen; während im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen
Fall davon auszugehen gewesen sei, dass Passanten, die an ei-
nem Flugblatt oder einer Broschüre kein Interesse haben, die
Möglichkeit hätten, dem Verteiler aus dem Weg zu gehen, sei
dies im Streitverfahren anders, weil sich die Missionierer des
Klägers nach deren eigenem Vorbringen im Straßenraum "unauf-
fällig" bewegten und Passanten gezielt ansprächen, was ein
solchermaßen überraschter Passant nicht verhindern könne; beim
Verteilen von Zeitungen und Zeitschriften komme überdies hin-
zu, dass diese nicht nur im Einzelfall von einer oder wenigen
Personen verteilt würden, sondern im Rahmen von groß angeleg-
ten, von einer Organisation geplanten und gesteuerten, regel-
mäßig wiederkehrenden Werbe- und Aufklärungsaktionen, wobei
bis zu 26 Verteiler mehrere Stunden gleichzeitig mitwirkten.
Vor dem Hintergrund dieser tatsächlichen und rechtlichen An-
nahmen liegt es auf der Hand und bedarf keiner vertieften Be-
gründung, dass es im Zusammenhang mit der dargelegten, für den
Verwaltungsgerichtshof maßgeblichen rechtlichen Frage nicht
darauf ankommen kann - wie es die Beschwerde unter Beweis ge-
stellt wissen will -, ob und inwieweit bei einzelnen Aktionen
des Klägers Zeitschriften verteilt wurden, ohne dass Passanten
angesprochen wurden, bzw. ob und inwieweit die einzelnen
Druckschriftenverteiler immer mehrere Exemplare der Druck-
schriften im Arm getragen haben, so dass sie von weitem als
Druckschriftenverteiler erkennbar gewesen seien; die insoweit
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erfolgte Ablehnung des Beweisantrags als unerheblich durch den
Verwaltungsgerichtshofs ist daher nicht zu beanstanden.
Im Übrigen bleibt es unerfindlich, wie der Kläger seine beiden
Aussagen miteinander in Übereinstimmung bringen will, die Mis-
sionierer bewegten sich - zum einen - im Straßenraum unauffäl-
lig, um aus dieser unauffälligen Haltung Passanten gezielt an-
zusprechen, und sie trügen - zum anderen - immer mehrere
Exemplare von Druckschriften im Arm, so dass sie von weitem
als Druckschriftenverteiler erkennbar seien.
bb) Die Beschwerde führt auch nicht deswegen zum Erfolg, weil
sich - so die Begründung - eine weitere Sachverhaltsaufklärung
(Beweiserhebung) bzw. zumindest eine Erörterung in der mündli-
chen Verhandlung deshalb aufgedrängt habe, weil das Urteil die
falsche Feststellung enthalte, die Druckschriften seien "immer
nur in groß angelegten Aktionen verteilt worden"; diese Rüge
geht schon deswegen fehl, weil das angefochtene Urteil weder
ausdrücklich noch der Sache nach eine entsprechende Aussage
enthält, die auch nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe un-
stimmig bzw. überflüssig wäre.
Nach dem vom Verwaltungsgerichtshof eingenommenen rechtlichen
Standpunkt konnte es vielmehr nur maßgeblich sein, ob und in-
wieweit die Werber des Klägers typischer- und üblicherweise
geplant und regelmäßig wiederkehrend über Einzelfälle hinaus
verkaufend tätig waren (vgl. insbesondere S. 24 des Urteil-
sumdrucks).
b) Auch die Rüge, das Gericht sei von einem falschen Sachver-
halt ausgegangen und habe dadurch gegen den Überzeugungsgrund-
satz verstoßen (S. 5 unten bis S. 8 oben der Beschwerde-
schrift), geht fehl; sie leidet an einem unzutreffenden Ver-
ständnis der gerichtlichen Annahmen.
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Die Beschwerde rügt, der Verwaltungsgerichtshof gehe davon
aus, dass der Kläger nicht versucht habe, das streitige Ver-
fahren durch Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Son-
dernutzungserlaubnis zu beenden; er habe in den Urteilsgründen
ausgeführt, dass das Erfordernis der vorgängigen Einholung ei-
ner Sondernutzungserlaubnis für den Kläger keine unzumutbaren
organisatorischen Schwierigkeiten auslöse (S. 30 des Urteils).
Während sich die letzterwähnten Ausführungen in den Urteils-
gründen ausmachen lassen, findet sich für die erstgenannte Be-
hauptung darin kein Beleg. Für den Verwaltungsgerichtshof hat-
te dieser Gesichtspunkt auch keine ausschlaggebende Bedeutung.
Ihm ging es im Zusammenhang der Urteilsgründe auf S. 30 aus-
schließlich darum, dass das Erfordernis der vorherigen Einho-
lung einer Sondernutzungserlaubnis für geplante (regelmäßig
wiederkehrende) Verkaufs- und Werbeaktivitäten (regelmäßig)
für den Kläger keine unzumutbaren organisatorischen Schwierig-
keiten auslöse, weil es - so die Urteilsgründe - dem Kläger
ohne weiteres möglich sei, den Ort und den zeitlichen Umfang
solcher Aktivitäten zu benennen, um die Beklagte in die Lage
zu versetzen, die straßenrechtliche Verträglichkeit der Akti-
vitäten zu prüfen und zu bewerten; insoweit komme möglicher-
weise auch nur ein einmalig durchzuführendes Erlaubnisverfah-
ren in Betracht.
Vor diesem Hintergrund kann nicht zweifelhaft sein, dass der
Behauptung der Beschwerde, das Urteil beruhe auf dem angenom-
menen Verfahrensverstoß, von vornherein die Grundlage entzogen
ist. Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass das Ge-
richt durchaus das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis genom-
men und erwogen hat, die Beklagte habe in den Gründen der an-
gefochtenen Verfügung vom 19. Januar 1995 die Ablehnung eines
Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bereits
angekündigt, so dass eine Antragstellung zwecklos erscheine;
in den nachfolgenden Urteilsgründen legt der Verwaltungsge-
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richtshof nämlich insoweit (lediglich) dar, dass selbst die
Ankündigung der Ablehnung eines Erlaubnisantrags nicht den
- vom Kläger vertretenen und von der Beschwerde aufgenomme-
nen - Schluss rechtfertige, ein Erlaubnisvorbehalt müsse dann
insoweit "suspendiert" werden, als in dem vorbezeichneten Um-
fang Gemeingebrauch anzunehmen sei. Diese rechtliche Ableitung
hat indessen erkennbar nichts mit der vorbezeichneten Behaup-
tung der Beschwerde zu tun, das Gericht gehe davon aus, der
Kläger habe nicht versucht, das streitige Verfahren durch
Stellung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungser-
laubnis zu beenden; diese rechtliche Ableitung steht im Übri-
gen auch - entgegen der insoweit sinngemäß geltend gemachten
Auffassung der Beschwerde - nicht in einem zwingenden logi-
schen Widerspruch zu den entscheidungstragenden Ausführungen
des vorerwähnten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts.
2. Entgegen der Berühmung der Beschwerde weicht das angefoch-
tene Urteil auch nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO
von dem Beschluss vom 4. Juli 1996 - BVerwG 11 B 23.96 -
(Buchholz 407.56 Nr. 5) ab.
Die Beschwerde meint, in der vorgenannten Entscheidung sei
(auf S. 3 f. des Beschlussabdrucks = a.a.O. S. 5 f.) der
Rechtssatz aufgestellt worden, dass bei der Beantwortung der
Frage, ob eine bestimmte Tätigkeit im öffentlichen Straßen-
raum, die dem Schutzbereich von Art. 4 GG unterfällt, Gemein-
gebrauch oder Sondernutzung ist, auf die näheren Umstände des
Einzelfalles abzustellen sei und eine rechtsgrundsätzliche
Festlegung nicht möglich sei; demgegenüber führe das angefoch-
tene Urteil (auf S. 23 Mitte) aus, dass aufgrund der gebotenen
typisierenden Betrachtungsweise auch Handlungen, die dem
Schutzbereich von Art. 4 GG unterfielen, bereits aufgrund der
Art der Betätigung nicht Gemeingebrauch sein könnten. Diese
Annahme ist eindeutig unzutreffend:
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Zum einen verkennt die Beschwerde den Inhalt der herangezoge-
nen Gründe aus dem Beschluss vom 4. Juli 1996. Dort ist näm-
lich lediglich eine auf die Behauptung der Grundsatzbedeutung
gestützte Rüge mit der Begründung zurückgewiesen worden, die
zur Begründung formulierte Frage umfasse eine Vielzahl von un-
terschiedlichen Fallgestaltungen, die sämtlich dem unscharfen
Begriff des "kommunikativen Verkehrs" zugeordnet werden könn-
ten, deren rechtliche Beurteilung aber von den näheren Umstän-
den des Einzelfalles abhänge und sich deshalb einer rechts-
grundsätzlichen Festlegung entziehe.
Zum anderen wiche das angefochtene Urteil mit den beanstande-
ten Urteilsgründen selbst dann nicht im Sinne des § 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO ab, wenn der in Bezug genommenen Entscheidung vom
4. Juli 1996 der von der Beschwerde formulierte abstrakte
Rechtssatz zu entnehmen wäre. Denn sie dienen lediglich zur
Begründung der gerichtlichen Annahme, bei den dem Kläger un-
tersagten Verkaufsaktivitäten handele es sich um "entgeltliche
Tätigkeiten gegenüber Nichtmitgliedern", welche nicht (mehr)
unter den Begriff des in Fußgängerbereichen und verkehrsberu-
higten Bereichen eröffneten Gemeingebrauchs im zuvor ausführ-
lich beschriebenen landesrechtlichen Verständnis fielen. Die
nach dem rechtlichen Ansatz des Verwaltungsgerichtshofs "gebo-
tene typisierende Betrachtungsweise" bezieht sich mithin auf
den Aspekt der Entgeltlichkeit im Zusammenhang mit dem Verkauf
von Büchern/Broschüren, womit an die Urteilsgründe angeknüpft
wird, in denen zuvor (S. 22 f.) hinsichtlich des Aspekts der
Gewinnerzielung das Erfordernis einer detaillierten betriebs-
wirtschaftlichen Analyse verneint wird.
Im Übrigen belegen die Gründe des Beschlusses vom 4. Juli 1996
(vgl. auch den Leitsatz), dass es auch im Streitverfahren im
Grunde genommen um die gleichen Fragen geht, deren Beantwor-
tung durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
(sowie der Oberverwaltungsgerichte) der Kläger nicht akzeptie-
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ren will; hier wie dort geht es darum, dass es regelmäßig
nicht zu beanstanden ist, wenn ein Oberverwaltungsgericht in
Anwendung und Auslegung einschlägigen Landesrechts (zwar das
bloße Verteilen von Werbezetteln und Faltblättern dem Gemein-
gebrauch zuordnet, aber) intensivere Formen einer "persönli-
chen Einwirkung" auf Straßenpassanten als Sondernutzung an-
sieht (Beschluss vom 4. Juli 1996 a.a.O. S. 6; vgl. auch Be-
schluss vom 10. November 1998 - BVerwG 3 B 125.97 -); und hier
wie dort geht es darum, dass das behördliche Kontrollverfahren
der Sondernutzungserlaubnis mit den von dem Kläger in Anspruch
genommenen Grundrechten grundsätzlich vereinbar ist, weil es
dazu dient, die verschiedenen grundrechtlich geschützten Be-
lange, die bei der Benutzung öffentlicher Straßen (Fußgänger-
bereiche) miteinander in Konflikt geraten können, in Einklang
zu bringen, und weil der Zwang, zu diesem Zweck eine Erlaubnis
zu beantragen, in der Regel nur eine geringe und damit keine
unverhältnismäßige Belastung darstellt (a.a.O. S. 6 f.).
Von vornherein unverständlich ist schließlich die Behauptung
der Beschwerde, der Verwaltungsgerichtshof habe den Rechtssatz
aufgestellt, dass - zur Abgrenzung zwischen Sondernutzung und
Gemeingebrauch - auf Motive abzustellen sei, die in den kon-
kreten Umständen der Straßenbenutzung nicht hervorträten, wo-
mit er vom vorerwähnten Beschluss vom 4. Juli 1996 abgewichen
sei; die insoweit herangezogenen Urteilsgründe dienen ledig-
lich dazu, die Frage zu verneinen, ob von einem Verkauf von
Büchern und Broschüren in nur geringem Umfang gesprochen wer-
den könne - was, so sind die Darlegungen wohl zu verstehen,
auch einem Verkauf den Charakter des Gemeingebrauchs verleihen
könnte -, wenn die Missionierer des Klägers jeweils nur einige
Exemplare zum Verkauf mit sich führen sollten.
3. Das Beschwerdevorbringen führt schließlich auch nicht auf
eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO, die die Beschwerde in der Klärung der Frage sieht, ob
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"eine Verwaltungsbehörde Handlungen im öffentlichen Straßen-
raum, die dem vorbehaltlos gewährten Schutz von Art. 4 GG un-
terfallen aber gleichwohl sondernutzungserlaubnispflichtig
sind, als erlaubnisfrei dulden" muss, "wenn sie sich auf der
anderen Seite weigert, einen Antrag auf Erteilung einer Son-
dernutzungserlaubnis für dieselbe Handlung entgegenzunehmen
und/oder zu bearbeiten".
Abgesehen davon, dass bereits fraglich ist, ob sich die aufge-
worfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vom Tatsachengericht
festgestellten Tatsachen überhaupt stellen würde, kann die Be-
antwortung der Frage im verneinenden Sinne nicht zweifelhaft
sein, so dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens
zur Gewinnung eines Erkenntnisses mit einer ebensolchen Aussa-
ge nicht bedarf.
Allerdings wäre dem Kläger auch in einem Revisionsurteil ohne
weiteres beizupflichten, wenn er darlegt, es könne weder ver-
fassungs- noch einfachgesetzlich angehen, dass zuständige Be-
hörden rechtzeitig und auch ansonsten ordnungsgemäß angebrach-
te Sondernutzungserlaubnis-Anträge bestimmter Antragsteller
(wie des Klägers) nicht oder so spät abschlägig bescheiden,
dass eine zu Recht beanspruchte Sondernutzung nicht formell
rechtmäßig durchgeführt werden kann.
Selbst eine - hier zugunsten des Klägers lediglich unterstell-
te - belegte ständige Praxis der vorerwähnten Art zwänge je-
doch nicht zu einem Automatismus, wie er in der von der Be-
schwerde formulierten Frage vorgezeichnet wird. Ein solcher
könnte auch nicht aus den Gründen des Beschlusses des Bundes-
verfassungsgerichts vom 18. Oktober 1991 (a.a.O. S. 54) abge-
leitet werden, wie die Beschwerde offenbar annimmt. Soweit das
Bundesverfassungsgericht dort die Möglichkeit aufzeigt, der
Bedeutung der in Rede stehenden Grundrechte könne dadurch
Rechnung getragen werden, dass für einzelne Flugblattverteiler
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eine grundsätzliche Pflicht der zuständigen Behörde zur Dul-
dung nicht genehmigter Flugblattverteilung bestehe, sind diese
Aussagen vor dem Hintergrund der zuvor dargelegten Annahme zu
bewerten, dass regelmäßig bei bloßer Flugblattverteilung nicht
von einer sondernutzungspflichtigen Betätigung ausgegangen
werden könne (also grundsätzlich von Gemeingebrauch auszugehen
sei); nach den das Bundesverwaltungsgericht als Revisionsge-
richt bindenden Annahmen des angefochtenen Urteils zu den tat-
sächlichen Umständen, die die grundsätzlich irrevisible und
damit gleichfalls bindende Einschätzung der in Rede stehenden
Aktivitäten als landesrechtliche Sondernutzung tragen, hätte
es in einem Revisionsverfahren indessen von der wesentlich an-
deren Ausgangslage der Sondernutzung auszugehen.
Den berechtigten Interessen des Klägers, möglichst zeitig
- und jedenfalls vor einer geplanten Aktion - hinsichtlich von
Anträgen auf entsprechende Erlaubnisse beschieden zu werden,
kann gleichwohl dadurch Rechnung getragen werden, dass Verwal-
tungsgerichte nicht nur in Hauptsache-, sondern auch und gera-
de in Eilverfahren den von der Verfassung (insbesondere von
Art. 19 Abs. 4 GG) vorgegebenen effektiven Rechtsschutz gewäh-
ren, wofür die Rechtsprechung eine Vielzahl geeigneter Rechts-
schutzgesuche sowie -gewährungen aufgezeigt hat und bereit-
hält.
Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat
gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; bei der
Streitwertfestsetzung orientiert sich der beschließende Senat
an der berufungsgerichtlichen Festsetzung.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Brunn