Urteil des BVerwG vom 26.10.2004

Abtretbarkeit, Privatisierung, Fremder, Zusammenwirken

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 79.04
VG 27 A 13.04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin zu 1) gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom
19. April 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Sache kommt die geltend gemachte grund-
sätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn zu erwarten ist, dass die Ent-
scheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in
ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Auf die
Frage, ob und in welcher Beziehung von der Revision ein solcher Erfolg zu erwarten
ist, muss im Rahmen der Darlegungspflicht wenigstens durch die Bezeichnung der
konkreten Rechtsfrage, die sowohl für die Entscheidung des Berufungsgerichts von
Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich sein
wird, eingegangen werden (Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91> und vom 6. März 2003 - BVerwG 3 B 115.02 -).
Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hin-
sichtlich keiner der von der Beschwerdeführerin als grundsätzlich bedeutsam erach-
teten Fragen.
1. Die Beschwerdeführerin hält es zum einen für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob
Vermögenszuordnungsansprüche abtretbar sind. Entscheidungserheblich könnte die
aufgeworfene Frage ohnehin nur sein, soweit es um die Abtretbarkeit eines mögli-
chen Anspruchs aus § 11 Abs. 2 TreuhG geht, darauf ist auch die Annahme des
Verwaltungsgerichts beschränkt. Im Übrigen ist es offensichtlich, dass die Auffas-
sung des Verwaltungsgerichts zutrifft, es könne bei einem auf § 11 Abs. 2 TreuhG
beruhenden Zuordnungsbescheid nur darum gehen, den nach dieser Vorschrift von
Gesetzes wegen eingetretenen Vermögensübergang - deklaratorisch - festzustellen.
Da § 11 Abs. 2 TreuhG danach schon keinen Eigentumsverschaffungsanspruch
vermittelt, ist es ebenso evident, dass damit - wie vom Verwaltungsgericht ausge-
führt - auch die Abtretbarkeit eines solchen Anspruchs ausscheidet.
2. Die Revision soll nach Auffassung der Beschwerdeführerin außerdem deshalb
zuzulassen sein, weil geklärt werden müsse, wann eine Einigung nach § 2 Abs. 1
Satz 6 VZOG vorliege und wie diese Vorschrift zu verstehen sei, soweit sie verlange,
dass eine Einigung nur möglich sei, ohne Rechte anderer zu verletzen. Das Verwal-
tungsgericht hatte das Vorliegen einer Einigung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 6
VZOG im vorliegenden Fall deshalb verneint, weil die Beigeladene zu 2) an der Ver-
einbarung vom 22. August 1997 nicht beteiligt gewesen sei. Auch ihre Anpassungs-
zusage in den notariellen Verträgen vom 10. Dezember 1992 und vom 4. Februar
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1994 bedeute nicht, dass sie einer Zuordnung der streitigen Teilfläche an die Be-
schwerdeführerin zustimmen werde. Ebenso wenig könne von einer Zustimmung der
Beigeladenen zu 1) als der Rechtsnachfolgerin des Rechtsträgers des Grundstücks
die Rede sein. An einer Einigung müssten jedoch alle in Betracht kommenden Be-
rechtigten beteiligt sein. Dem stellt die Beschwerdeführerin erneut ihre auch bereits
erstinstanzlich vorgetragene Rechtsauffassung entgegen, dass eine Beteiligung sol-
cher Prätendenten, deren Rechte mangels eines eigenen Zuordnungsanspruchs
nicht verletzt sein könnten, entbehrlich sei. Es kann aber auch ohne die Durchfüh-
rung eines Revisionsverfahrens nicht zweifelhaft sei, dass eine "Einigung der Betei-
ligten" im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG im Hinblick auf das Ziel der Regelung,
im Falle einer solchen Einigung eine möglicherweise aufwändige Aufklärung durch
die Behörde entbehrlich zu machen, eine Einigung aller ernsthaft in Betracht kom-
menden Berechtigten sein muss. Inwieweit diese Voraussetzung bei den Beigelade-
nen zu 1) und 2) zutrifft, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.
Die Beschwerdeführerin sieht eine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung au-
ßerdem darin, inwieweit entsprechende "Vertragswerke" im Zusammenwirken einer
Würdigung nach § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG zugänglich seien. Ob einzelne vertragliche
Vereinbarungen jedenfalls bei einer Zusammensicht eine Einigung im Sinne von § 2
Abs. 1 Satz 6 VZOG ergeben, ist jedoch ebenfalls eine Wertung, die stets von den
Umständen des konkreten Einzelfalles abhängt. Dies verdeutlicht hier gerade der
eigene Vortrag der Beschwerdeführerin, die ausführlich die gemeinsame Zielsetzung
der von ihr abgeschlossenen einzelnen Verträge und deren Bedeutung im Lichte des
Urteils vom 13. Oktober 1994 (- BVerwG 7 C 48.93 - BVerwGE 97, 31 <35>) darzu-
legen versucht, wonach das Eigentum an in fremder Rechtsträgerschaft stehendem
Grund und Boden der Fondsinhaberschaft an den aufstehenden Gebäuden folgt. Die
Beschwerdeführerin verkennt im Übrigen, dass Auslegung und Würdigung der von
ihr geschlossenen Verträge nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein kann,
sondern grundsätzlich dem Tatsachengericht obliegt.
3. Schließlich soll - wie die Beschwerdeführerin meint - dem Rechtsstreit deshalb
grundsätzliche Bedeutung zukommen, weil es das Verwaltungsgericht abgelehnt ha-
be, zu ihren Gunsten die §§ 4 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2 TreuhG wegen des erfolgten
Übergangs des Betriebsteils Kfz-Instandsetzung entsprechend anzuwenden. Die Be-
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schwerdeführerin trägt hierzu jedoch lediglich Gesichtspunkte vor, weshalb das Ver-
waltungsgericht eine entsprechende Prüfung und analoge Anwendung ihrer Auffas-
sung nach hätte vornehmen müssen. Sie verweist dabei auf die konkreten Umstände
des vorliegenden Falles, insbesondere auf den vertraglich vereinbarten Übergang ei-
nes Teils des Gesamtbetriebes und leitet einen Zuordnungsanspruch hinsichtlich der
streitigen Teilfläche daraus her, dass nur so dem mit dem Treuhandgesetz verfolgten
Ziel der Privatisierung entsprochen werde und ein Überleben ihres Unternehmens
möglich sei. Auch damit führt die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde aber
nicht auf eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Eine über
den konkreten Fall hinausreichende klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen
Rechts wird nicht herausgearbeitet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Streitwertes folgt aus § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus
Liebler
Prof. Dr. Rennert