Urteil des BVerwG vom 30.05.2006

Juristische Person, Kreditinstitut, Anstalt, Öffentlich

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 78.05
OVG 4 E 1039/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Mai 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 25. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
1. Die klagende Sparkasse ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie klagt
auf Rückzahlung von Investitionszuschüssen, die sie im Rahmen des regiona-
len Wirtschaftsförderungsprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen als
Hausbank im eigenen Namen und für fremde Rechnung einem Wirtschaftsun-
ternehmen gezahlt hat. Die Beklagte hatte 1999 den Schuldbeitritt zu der von
dem Wirtschaftsunternehmen abgegebenen Verpflichtungserklärung erklärt.
Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten durch
Beschluss vom 29. Juli 2004 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das
örtlich zuständige Landgericht Duisburg verwiesen. Das Oberverwaltungsge-
richt für das Land Nordrhein-Westfalen hat die dagegen gerichtete Beschwerde
durch Beschluss vom 25. Mai 2005 zurückgewiesen und die Beschwerde an
das Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Klägerin ist der Auffassung, für
den Rechtsstreit sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben den Verwaltungs-
rechtsweg zu Recht für unzulässig erklärt, weil es sich nicht um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit handelt (§ 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO); es handelt sich um
eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit (§ 13 GVG).
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Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn
- wie hier - eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt,
nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergelei-
tet wird (GmS, Beschluss vom 10. April 1986 - GmS-OGB 1/85 - BVerwGE 74,
368 <370>). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die Beteiligten zueinan-
der in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob
sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffent-
lichen Rechts bedient. Entscheidend ist dabei, ob der Sachverhalt - die Richtig-
keit des Sachvortrags des Klägers unterstellt - Rechtssätzen unterworfen ist,
die für jedermann gelten, oder einem Sonderrecht des Staates oder sonstiger
Träger öffentlicher Aufgaben, das sich zumindest auf einer Seite nur an Ho-
heitsträger wendet (GmS-OGB, Beschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OGB
1/88 - NJW 1990 S. 1527).
Das Oberverwaltungsgericht hat die Natur des Rechtsverhältnisses zwischen
der Klägerin und der Beklagten bzw. dem durch die Subventionsgewährung
begünstigten Wirtschaftsunternehmen maßgeblich aus der Natur des De-
ckungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Investitionsbank des Lan-
des, die die Zuwendungen zur Verfügung gestellt hatte, hergeleitet; dieses Ver-
hältnis hat es als zivilrechtlich qualifiziert. Ob diese Erwägungen unbedingt
zwingend sind, bedarf hier keiner Erörterung. Der Rechtsstreit gehört auch
dann nicht dem öffentlichen Recht an, wenn die Beziehung zwischen der Klä-
gerin und der Beklagten unmittelbar in den Blick genommen wird.
Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, dass das Verhältnis zwi-
schen der Hausbank, die im eigenen Namen Förderbeträge im Rahmen des re-
gionalen Wirtschaftsförderungsprogramms des Landes Nordrhein-Westfalen
auszahlt, und dem Zuwendungsempfänger zivilrechtlicher Natur ist, wenn das
Kreditinstitut eine juristische Person des Privatrechts ist (vgl. BGH, Beschluss
vom 7. Dezember 1999 - XI ZB 7/99 - NJW 2000, 1042; Urteil vom 17. Juni
2003 - XI ZR 195/02 - NJW 2003, 2451, 2452). Unter Bezugnahme auf die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat er ausgeführt, die Zuord-
nung eines Rechtsstreits zum öffentlichen Recht scheide grundsätzlich aus,
wenn an einem streitigen Rechtsverhältnis ausschließlich Privatrechtssubjekte
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beteiligt seien, es sei denn, eine Partei wäre durch Gesetz oder aufgrund eines
Gesetzes mit öffentlich-rechtlichen Handlungs- oder Entscheidungsbefugnissen
ausgestattet und gegenüber der anderen Partei als beliehenes Unternehmen
tätig geworden. Da eine Beleihung der in die Subventionsgewährung einbezo-
genen privatrechtlich organisierten Hausbanken nicht erfolgt ist, hat er für den
Rechtsstreit über die Abwicklung des Subventionsverhältnisses zwischen
Hausbank und Subventionsempfänger den ordentlichen Rechtsweg für zulässig
erklärt.
Diese ohne weiteres überzeugenden Erwägungen müssen auch dann Platz
greifen, wenn die Hausbank - wie im vorliegenden Fall - eine Anstalt des öffent-
lichen Rechts ist. Ein solches Kreditinstitut reicht die Investitionszuschüsse
nach genau denselben Regeln aus wie eine Hausbank, die von einem Privat-
rechtssubjekt betrieben wird. Beide sind verpflichtet, der Zuschussgewährung
dieselben allgemeinen Bedingungen für Investitionszuschüsse bei Infrastruk-
turmaßnahmen aus dem RWP - Fassung für den Zuschussempfänger -
(AB-Zuschussempfänger) zugrunde zu legen. Das zeigt, dass das öffentlich-
rechtlich organisierte Kreditinstitut bei der Hingabe der Zuwendung nicht von
einem Sonderrecht Gebrauch macht, das ihm als Träger hoheitlicher Befugnis-
se zustünde; wie bei jeder anderen Hausbank erfolgt die Zuschussgewährung
vielmehr auf der Grundlage der allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts.
Die sich daraus ergebende Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Streitig-
keiten, die sich bei der Abwicklung des Verhältnisses zwischen Bank und Zu-
wendungsempfänger ergeben, ist sachgerecht. Es wäre nicht nachzuvollziehen,
wenn die Zuständigkeit für die Entscheidung identischer Rechtsfragen von dem
zufälligen Umstand abhinge, ob die - vom Zuwendungsempfänger selbst be-
nannte - Hausbank von einem Privatrechtssubjekt oder einer öffentlich-recht-
lichen Einrichtung getragen wird.
Unter diesen Umständen kommt dem von der Beschwerde hervorgehobenen
Gesichtspunkt, dass es sich bei der gewährten Subvention um einen verlorenen
Zuschuss handelt, keine entscheidende Bedeutung zu. Zwar ist regelmäßig die
Annahme gerechtfertigt, dass solche Subventionen auf der Grundlage des
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öffentlichen Rechts gewährt werden. Erfolgt die Subventionsvergabe aber im so
genannten Bankenverfahren, so ist dieser Annahme jedenfalls für das Verhält-
nis zwischen der Hausbank und dem Zuwendungsempfänger durch die vorste-
henden Erwägungen die Grundlage entzogen.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Kley van Schewick Dr. Dette
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Förderungsmaßnahme zugunsten
Fachpresse: ja
der gewerblichen Wirtschaft
Rechtsquelle:
VwGO
§ 40
Stichworte:
Verwaltungsrechtsweg; ordentlicher Rechtsweg; Subventionsvergabe; verlore-
ner Zuschuss; Bankenverfahren.
Leitsatz:
Macht ein Kreditinstitut, das im eigenen Namen im Rahmen eines staatlichen
Förderungsprogramms Gelder an Private ausgezahlt hat (sog. Bankenverfah-
ren), aus eigenem Recht Rückzahlungsansprüche gegen die Empfänger gel-
tend, so ist der ordentliche Rechtsweg auch dann gegeben, wenn das Kreditin-
stitut eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist.
Beschluss des 3. Senats vom 30. Mai 2006 - BVerwG 3 B 78.05
I. VG Düsseldorf vom 29.07.2004 - Az.: VG 15 K 8763/03 -
II. OVG Münster
vom 25.05.2005 - Az.: OVG 4 E 1039/04 -