Urteil des BVerwG vom 02.10.2002

Verlängerung der Frist, Übertragung, Hindernis, Verordnung

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 76.02
VG 3 A 2024.97
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Oktober 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
und Dr. B r u n n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 15. Februar 2002
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens einschließlich der außergerichtli-
chen Kosten des Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Rechtssache hat hinsichtlich der von der Klägerin darge-
legten Rechtsfragen entgegen dem Beschwerdevortrag keine
grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie grundsätzliche, bisher
höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft,
deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entschei-
dung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder
für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten er-
scheint. Der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf eine
beschwerdeweise aufgeworfene Rechtsfrage u.a. dann nicht, wenn
ihre Beantwortung gewissermaßen auf der Hand liegt. Dies ist
hier der Fall, weil bereits der Gesetzeswortlaut in Verbindung
mit der bisher ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung
eine eindeutige Klärung zulässt.
Als klärungsbedürftig bezeichnet die Beschwerde die Fragen,
"ob für Anträge auf Übertragung von Widmungsvermögen im
Sinne von Art. 26 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. EV die Frist nach
§ 18 Abs. 1 S. 3 VZOG gilt",
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sowie bejahendenfalls
"ob die Fristverlängerung nach § 7 Abs. 3 S. 2 VZOG i.V.m.
§ 1 AnFrV" (Verordnung zur Verlängerung der Frist für die
Stellung von Anträgen nach § 1 Abs. 4 sowie § 10 des Ver-
mögenszuordnungsgesetzes - Antragsfristverordnung - vom
14. Juni 1994, BGBl I S. 1265) "auch für Anträge auf Über-
tragung von Widmungsvermögen nach Art. 26 Abs. 1 S. 2,
2. Alt. EV, § 18 Abs. 1 VZOG gilt".
Das Verwaltungsgericht hat beide Fragen zu Lasten der klagen-
den Bahn AG entschieden, hat also die erste Frage bejaht und
die zweite verneint. Zur Begründung hat es sich auf den Wort-
laut der einschlägigen Fristbestimmungen, die Gesetzessystema-
tik, die Entstehungsgeschichte und die Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts gestützt. Die Beklagte und der Beigela-
dene haben die Argumentation des Verwaltungsgerichts im Ver-
lauf des Beschwerdeverfahrens zusätzlich untermauert. Die
Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Ergebnis sowie in der
Begründung stehen für den Senat außer Frage, so dass hierauf
zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird.
Von einer ausführlichen Begründung kann im vorliegenden Fall
auch deshalb abgesehen werden, weil bereits der Wortlaut der
hier in Rede stehenden Bestimmungen ein unüberbrückbares Hin-
dernis für ein Verständnis im Sinne der Klägerin darstellt.
Der in der Fristvorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 3 VZOG ver-
wandte Begriff der "Übertragung" knüpft unmittelbar an § 18
Abs. 1 Satz 1 VZOG an, wonach das Vermögen im Sinne von
Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV insgesamt einer konstitutiven Über-
tragung bedarf. Die von Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV erfassten
Vermögensgegenstände sind "untereinander gleich" zu behandeln
und bedürfen "unterschiedslos eines Zuordnungsverfahrens"
(vgl. Urteil vom 26. Mai 1999 - BVerwG 3 C 27.98 - BVerwGE
109, 128, 131). Für eine unterschiedliche Behandlung der in
Art. 26 Abs. 1 Satz 2 EV aufgeführten Vermögenskategorien in
fristmäßiger Hinsicht - wie sie die Klägerin anstrebt - ist
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daher von vornherein kein Raum. Ernsthafte Zweifel daran, dass
§ 18 Abs. 1 Satz 3 VZOG für das Sondervermögen Deutsche
Reichsbahn insgesamt als lex specialis gegenüber den allgemei-
nen Fristbestimmungen im ersten Abschnitt des Vermögenszuord-
nungsgesetzes anzusehen ist, bestehen nicht. Dass sich die An-
tragsfristverordnung nicht auf Anträge nach § 18 Abs. 1 Satz 3
VZOG bezieht, geht eindeutig bereits aus ihrer vollständigen
Bezeichnung hervor (s. oben). Selbst die Beschwerde räumt ein,
dass der Wortlaut des Gesetzes und der Verordnung gegen sie
spricht. Ihre Versuche, dieses Hindernis zu überwinden, vermö-
gen nicht zu überzeugen. Dabei ist es für den Senat durchaus
nachvollziehbar, dass es bei Versäumung einer fristgerechten
Antragstellung zu Zuordnungen bzw. Restitutionen kommen kann,
die nicht funktionsgerecht sind und daher vom Gesetzgeber so
nicht gewollt waren. Solche Konsequenzen zu vermeiden, lag
aber innerhalb des Handlungsspielraums der Klägerin. Die Mög-
lichkeit einer im Einzelfall systemwidrigen Zuordnung kann
schon wegen ihrer Vermeidbarkeit nicht für die Auslegung der
Fristbestimmung ausschlaggebend sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3
VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus Dr. Borgs-Maciejewski
Dr. Brunn