Urteil des BVerwG vom 30.09.2008

Rechtliches Gehör, Beweismittel, Verfahrensmangel, DDR

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 72.08
VG 9 A 50.06
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:
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Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss
des Senats vom 27. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Rüge des Klägers, der Senat habe mit seinem Beschluss vom 27. Juni
2008 den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, ist unbegründet.
Das rechtserhebliche Beschwerdevorbringen des Klägers hat der Senat in vol-
lem Umfang zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Die Tatsache,
dass er dabei aus der Sicht des Klägers zu einem verfehlten Ergebnis gekom-
men ist, rechtfertigt nicht den Vorwurf einer Versagung des rechtlichen Gehörs.
Der Kläger hatte zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde das Urteil
des Verwaltungsgerichts unter anderem mit einer Aufklärungsrüge angegriffen,
soweit das Verwaltungsgericht ihm vorgehalten hat, er habe nicht hinreichend
dargelegt, überhaupt zum Studium zugelassen worden zu sein. Der Senat hat
diese Aufklärungsrüge für unzulässig angesehen, weil der Kläger nicht einmal
im Ansatz dargelegt habe, welche konkreten, vom Verwaltungsgericht nicht ge-
nutzten Erkenntnismittel für die vermisste weitere Sachaufklärung in Betracht
gekommen wären. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Anhörungsrüge.
Er verweist darauf, dass er die einschlägigen Beweismittel dem Verwaltungsge-
richt benannt habe und dass dies aus den Akten des Verwaltungsgerichts er-
kennbar gewesen sei. Damit meint er sinngemäß, die Anforderungen an die
Darlegung der Aufklärungsrüge würden überspannt, wenn der Beschwerdefüh-
rer in der Schrift zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde die vom
Verwaltungsgericht nicht genutzten Erkenntnismittel im Einzelnen aufführen
müsse. Zumindest hätte das Beschwerdegericht einen dahingehenden Hinweis
geben müssen. Damit dringt er nicht durch. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
muss der Verfahrensmangel in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwer-
de „bezeichnet“ werden. Dies setzt nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts voraus, dass die den Verfahrensmangel (vermeint-
lich) begründenden Tatsachen in der Beschwerdebegründung substantiiert, d.h.
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aber so genau dargelegt werden, dass sich aus dieser Darlegung, ihre tatsäch-
liche Richtigkeit unterstellt, der behauptete Mangel ergibt (vgl. etwa Beschlüsse
vom 18. März 1982 - BVerwG 9 CB 1076.81 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 35 und vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314
ZPO Nr. 5; 17. Juli 2008 - 6 B 5.08). Nur so kann dem Zweck der Beschwerde-
begründung, den Streitstoff der Nichtzulassungsbeschwerde zu konzentrieren
und das Beschwerdeverfahren zu entlasten und so zu beschleunigen, Rech-
nung getragen werden. Das Beschwerdegericht soll sich darauf beschränken
dürfen, das substantiiert Dargelegte zu würdigen; es ist nicht seine Aufgabe,
den Streitstoff erst selbst zu sichten und auf mögliche Verfahrensfehler hin zu
überprüfen. Damit der Beschwerdeführer die hiernach gebotene substantiierte
Darlegung auch leisten kann, schreibt das Prozessrecht vor, dass er sich schon
im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde anwaltlich vertreten lassen muss
(§ 67 Abs. 4 VwGO); von einem Rechtsanwalt kann die notwendige Sichtung
und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs erwartet werden (vgl. etwa Be-
schluss vom 19. August 1993 - BVerwG 6 B 42.93 - Buchholz 310 § 67 VwGO
Nr. 81).
Abgesehen davon wäre die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gerichte-
te Aufklärungsrüge - selbst wenn die Beweismittel konkret bezeichnet worden
wären - auch in der Sache erfolglos geblieben, weil das Verwaltungsgericht
hilfsweise das Vorbringen des Klägers zu seiner Zulassung zum Studium als
wahr unterstellt und aus den Einzelheiten dieses Vorbringens zugleich gefolgert
hatte, dass er, wenn er noch in der DDR gelebt hätte, sein Studium hätte antre-
ten können (S. 6, 2. Abs. der Urteilsgründe). Aus der für den gebotenen Um-
fang der Sachaufklärung maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht des Verwal-
tungsgerichts kam es demnach auf die vom Beschwerdeführer vermisste Be-
weisaufnahme nicht an, weil die Klage - wie das Verwaltungsgericht ausführt -
auch bei unterstellter Zulassung zum Studium keinen Erfolg hätte haben kön-
nen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 152a Abs. 4 Satz 4
VwGO).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Kley Dr. Dette Prof. Dr. Rennert
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