Urteil des BVerwG vom 19.11.2010

Ausbildung, Rüge, Deckung, Mangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 69.10
VGH 9 S 859/08
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. November 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und
Dr. Wysk
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 18. Mai 2010 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
In Baden-Württemberg obliegt die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit
Einrichtungen des Rettungsdienstes gesetzlich benannten Rettungsdienstorganisati-
onen, mit denen das Land eine Rahmenvereinbarung geschlossen hat. Diese Leis-
tungsträger bilden ihr Personal an einer Ausbildungsstätte des Deutschen Roten
Kreuzes aus (sog. Landesschule für Rettungsassistenten); sie erhalten hierfür vom
Beklagten Fördermittel aus dem Landeshaushalt. Die Klägerin, die aufgrund einer
Genehmigung im Rettungsdienst tätig ist, betreibt seit 1994 eine eigene Ausbil-
dungsstätte für Rettungsassistenten, die als Ergänzungsschule nach dem Privat-
schulgesetz anerkannt ist. Sie verlangt, an den Fördermitteln des Beklagten beteiligt
zu werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat ihre Berufung gegen das klagabweisende
Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Klägerin legt den allein in Anspruch genommenen Zulassungsgrund einer
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht
schlüssig dar, obwohl dies geboten gewesen wäre (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
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Hierzu wäre erforderlich gewesen, eine Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu be-
zeichnen, die sich dem Berufungsgericht gestellt hat, und näher auszuführen, inwie-
fern diese der - ggf. erneuten oder weitergehenden - Klärung bedarf, inwiefern diese
Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist und inwiefern dies
zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beiträgt. Das
leistet die Klägerin nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil die
Entscheidung des Beklagten, Fördermittel zur Finanzierung der Ausbildung nur den-
jenigen Leistungsträgern zu gewähren, mit denen er eine Rahmenvereinbarung nach
§ 2 Abs. 1 des Rettungsdienstgesetzes (RDG) in der Fassung vom 16. Juli 1998 (GBl
S. 437) geschlossen hat, auf sachlichen Gründen beruhe und daher mit dem
allgemeinen Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sei. Die Kläge-
rin legt nicht dar, inwiefern dies eine klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts
aufwirft. Sie meint zwar, der Verwaltungsgerichtshof habe „den Inhalt von Artikel 3
GG in krasser Weise missverstanden“, setzt sich aber mit der Auslegung dieser
bundesverfassungsrechtlichen Vorschrift durch den Verwaltungsgerichtshof nicht
weiter auseinander und stellt ihr auch keine eigene - abweichende oder weiterfüh-
rende - Auslegung entgegen. Ihre Ausführungen erschöpfen sich stattdessen in einer
näheren Begründung ihrer Auffassung, dass der Verwaltungsgerichtshof Art. 3 Abs. 1
GG auf den vorliegenden Fall falsch angewendet habe. Damit ist eine klärungsbe-
dürftige Frage zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht dargetan.
Insgesamt scheint die Klägerin die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs miss-
verstanden zu haben. Sie hebt allein darauf ab, dass ihre Schule ebenso zur Ausbil-
dung von Rettungsassistenten zugelassen ist wie die aus Landesmitteln geförderte
sog. Landesschule des Deutschen Roten Kreuzes. Damit übersieht sie, dass der
Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Träger der Schu-
len als solche fördert, sondern dass er den Leistungsträgern des Rettungsdienstes
Fördermittel (auch) für Ausbildungszwecke gewährt, dass er dies aber auf diejenigen
Leistungsträger beschränkt, mit denen eine Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 RDG be-
steht, und daher andere, sog. private Rettungsdienstunternehmen von dieser Förde-
rung ausnimmt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Anknüpfung der Förderung an
das Bestehen einer Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 RDG für sachgerecht erachtet.
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Dagegen bringt die Klägerin nichts vor. Sie rügt namentlich nicht, dass sie ebenfalls
in die Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 RDG hätte aufgenommen werden müssen, und
bemängelt auch nicht, dass dies nur „bei Bedarf“ vorgesehen ist.
2. Die Klägerin bemängelt jedoch, der Verwaltungsgerichtshof habe angenommen,
dass der Ausbildungsbedarf im Land Baden-Württemberg allein von der sog. Lan-
desschule des DRK gedeckt werden könne, obwohl der Beklagte hierzu nichts vor-
getragen habe. Offenbar möchte die Klägerin damit als Verfahrensfehler (§ 132
Abs. 2 Nr. 3 VwGO) einen Mangel in der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108
Abs. 1 VwGO) rügen. Die Rüge geht aber fehl.
Die Frage war allerdings für die Berufungsentscheidung erheblich. Der Verwaltungs-
gerichtshof hält eine Förderung der Ausbildungstätigkeit der Klägerin auch ohne
Aufnahme in die Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 RDG offenbar dann für nach Gleich-
behandlungsgrundsätzen geboten, wenn die Ausbildungstätigkeit der Leistungsträ-
ger, mit denen eine solche Vereinbarung besteht, zur Deckung des Personalbedarfs
nicht - auch nicht „im Wesentlichen“ - hinreicht. Hierzu hat der Verwaltungsgerichts-
hof indessen festgestellt, dass das Rettungswesen in Baden-Württemberg nicht von
der Ausbildungskapazität der Klägerin abhänge; vielmehr werde der weit überwie-
gende Teil der zum Erhalt des Rettungswesens erforderlichen Ausbildungsleistung
von Rettungsdienstorganisationen nach § 2 Abs. 1 RDG erbracht. Diese Feststellung
hat der Verwaltungsgerichtshof in Würdigung etlicher Zahlen gewonnen, welche die
Beteiligten vorgetragen hatten und die er in den Entscheidungsgründen seines Ur-
teils wiedergibt. Damit setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Sie bezieht sich
demgegenüber auf andere - zusätzliche - Zahlen, die der Beklagte im Verfahren
ebenfalls vorgetragen habe. Allein damit ist aber die Tragfähigkeit der Feststellungen
des Berufungsgerichts nicht erschüttert. Namentlich ist nicht dargetan, dass das Be-
rufungsgericht diese - zusätzlichen - Zahlen übersehen hätte und dass es, hätte es
sie in Betracht gezogen, zu einer anderen Feststellung hätte gelangen müssen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streit-
werts auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Kley
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Dr. Wysk
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