Urteil des BVerwG vom 19.05.2015, 3 B 65.14
Transport, Berufsausübungsfreiheit, Form, Ermessen
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 65.14 OVG 8 A 10101/14
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 19. Mai 2015 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Rothfuß
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. September 2014 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu je 1/3.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1Die Nichtzulassungsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Ihre Begründung lässt nicht
erkennen, dass der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vorliegt, auf den sich die
Kläger allein berufen.
2Die Kläger, die mit Gütermotorschiffen den Rhein und seine Nebenflüsse befahren und dabei auf dem Neckar im Wesentlichen Massengüter wie z.B. Kies und
Sand transportieren, wenden sich gegen eine der Beigeladenen erteilte sogenannte Vorschleusungserlaubnis; sie berechtigt zu vorrangiger Abfertigung an
Schleusen. Die Beigeladene betreibt ein Schifffahrtsunternehmen, dessen Containerschiffe den Neckar zwischen dem Containerterminal Stuttgart und Mannheim befahren; von Mannheim aus werden die Container in der Regel (zum Teil
nach Umladen auf Rheinschiffe) zu den Nordseehäfen Amsterdam, Rotterdam
und Antwerpen weitertransportiert. Mit Bescheid vom 4. Juli 2012 erteilte die
Beklagte der Beigeladenen gestützt auf § 6.29 Nr. 5 Buchst. b der Binnenschifffahrtsstraßenordnung (BinSchStrO) für fünf im Bescheid benannte Containerschiffe ein bis zum 31. Juli 2017 befristetes Vorrecht auf Schleusung für den
Neckar. Die hiergegen zunächst mit einem Feststellungs-, später mit einem Anfechtungsbegehren gerichtete Klage haben die Vorinstanzen abgewiesen. Die
Vorschleusungserlaubnis finde - entgegen der Annahme der Kläger - in der genannten Vorschrift eine Rechtsgrundlage; die dort getroffene Regelung, dass
ein Fahrzeug mit Erlaubnis der zuständigen Behörde vorrangig geschleust werde, enthalte inzident auch die Ermächtigung der zuständigen Behörde, eine solche Vorschleusungserlaubnis zu erteilen. Aus dem Umstand, dass dort normative Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht geregelt
seien, ergebe sich, dass deren Erteilung im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde stehe. Anders als die Kläger meinten, sei § 6.29 Nr. 5
Buchst. b BinSchStrO auch nicht dahin auszulegen, dass die Vorschrift nur zur
Erteilung einer Vorschleusungserlaubnis ad hoc für jede Einzelfahrt ermächtige,
nicht aber zu einer dauerhaften Genehmigung im Vorhinein und für eine Mehrzahl namentlich benannter Schiffe. Zu einer solchen Auslegung zwängen weder
der Wortlaut der Vorschrift noch die Verordnungsermächtigung in § 3 Abs. 1
Nr. 1 des Binnenschifffahrtsaufgabengesetzes (BinSchAufgG). Die Erlaubnis
diene im Interesse der Förderung der Binnenflotte und des Binnenschiffsverkehrs im Sinne dieser Vorschrift dazu, den Transport von Containern von der
Straße und Schiene auf die Wasserstraßen zu verlagern, indem Zeitverluste
durch das Warten an Schleusen vermieden und dadurch das rechtzeitige Erreichen der Zielhäfen ("Fahrt nach Fahrplan") ermöglicht werde. Aus diesem
Grunde würden die Kläger auch weder in ihrem Recht auf Gleichbehandlung
aus Art. 3 Abs. 1 GG noch - da vernünftige Gründe des Allgemeinwohls für die
Erteilung der streitigen Vorschleusungserlaubnis sprächen und sie sich auch als
verhältnismäßig erweise - in ihrer Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)
verletzt.
3Der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht zu entnehmen, dass
der Rechtssache - wie die Kläger meinen - grundsätzliche Bedeutung im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zukommt. Das setzt gemäß § 133 Abs. 3 VwGO
voraus, dass eine konkrete höchstrichterlich noch nicht geklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert
wird, der zugleich eine fallübergreifende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. u.a.
BVerwG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 3 B 97.12 - juris Rn. 9 m.w.N.). Die Beschwerde muss sich mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die
sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht,
substanziiert auseinandersetzen (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschlüsse vom
22. August 2013 - 5 B 33.13 - juris Rn. 2 und vom 4. April 2012 - 5 B
58.11 - juris Rn. 2).
4Hier beschränken sich die Ausführungen in der Beschwerdebegründung jedoch
darauf, dass die Kläger in der Art einer Berufungs- oder Revisionsbegründung
ausführen, dass die Rechtsauffassung der Vorinstanz, § 6.29 Nr. 5 Buchst. b
BinSchStrO biete die notwendige Rechtsgrundlage für die der Beigeladenen
erteilte Vorschleusungserlaubnis, aus ihrer Sicht unzutreffend sei; zugleich wird
die eigene Rechtsauffassung - in Anknüpfung an den Klägervortrag in den Vorinstanzen - nochmals zusammenfassend dargestellt. Dabei verbleibt es bei
einer komprimierten Wiederholung ihres vorinstanzlichen Vorbringens. Die nach
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gebotene Auseinandersetzung mit der Begründung
des Berufungsurteils, in der das Oberverwaltungsgericht auf diese Einwendungen bereits ausführlich eingegangen ist, erfolgt hingegen nicht.
5Abgesehen davon stellen die Kläger die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die dessen Annahme tragen, die angegriffene Vorschleusungserlaubnis sei geeignet, erforderlich und angemessen, um einerseits die von der
Beklagten verfolgten umwelt- und verkehrspolitischen Ziele zu erreichen und
andererseits den damit verbundenen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der
Kläger zu rechtfertigen, nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen
in Frage; sie wären daher bei Durchführung eines Revisionsverfahrens zugrunde zu legen (§ 137 Abs. 2 VwGO).
6Soweit aus Sicht der Kläger in der Revision die Frage zu prüfen sein soll,
ob auf der Grundlage des § 6.29 Nr. 5 Buchst. b BinSchStrO eine Behörde der Beklagten grundsätzlich das Recht habe, nicht nur der Schifffahrt auf dem Neckar, sondern auf sämtlichen Wasserstraßen des Bundes derart weitreichende Ausnahmegenehmigungen in Form eines Vorschleusungsrechts für einzelne Transportarten - aus wirtschaftlichen Gründen - zu erteilen, weil die genannte Vorschrift nur der Verkehrsregelung an Schleusen diene und nicht wirtschaftlichen Interessen,
genügt das überdies nicht der § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu entnehmenden
Anforderung, in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eine konkrete
Rechtsfrage herauszuarbeiten, die sowohl für die Entscheidung des Berufungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich sein wird. Die von den Klägern formulierte Frage würde sich in
dieser allgemeinen Form im von ihnen angestrebten Revisionsverfahren nicht in
entscheidungserheblicher Weise stellen. In Rede steht allein eine speziell zugunsten der Containerschifffahrt gewährte Vorschleusungserlaubnis für den
Neckar, auf dem nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allein zwischen Mannheim und Stuttgart 23 Schleusen zu passieren sind. Die mit dieser
Erlaubnis verbundene vorrangige Schleusung von Containerschiffen findet nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts ihre Rechtfertigung in diesen örtlichen Gegebenheiten in Verbindung mit den besonderen zeitlichen Erfordernissen beim Transport der Container zu den Seehäfen an der Nordsee; er dient -
wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat - der im allgemeinen deutschen
Interesse im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 BinSchAufgG liegenden verkehrs- und
umweltpolitischen Zielsetzung, Güterverkehre von der Straße und Schiene auf
die Wasserstraßen zu verlagern. All diesen die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Zusammenhängen trägt die von den Klägern formulierte verallgemeinernde Fragestellung nicht hinreichend Rechnung.
7Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO; nachdem die Beigeladene im Beschwerdeverfahren einen eigenen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko
eingegangen ist, entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47
Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley Liebler Rothfuß
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