Urteil des BVerwG vom 04.09.2007

Rechtliches Gehör, Enteignung, Versicherung, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 63.07 (3 B 87.06)
VG 1 K 112/02.Me
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. September 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
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Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des
Senats vom 29. Mai 2007 - BVerwG 3 C 87.06 - wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
Der Antrag des Klägers ist unbegründet. Eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) liegt nicht vor.
Der Anspruch der Prozessbeteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtet das Ge-
richt, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in
Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn
sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekom-
men ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von
ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen
und in Erwägung gezogen haben (BVerfG, u.a. Beschluss vom 10. Juni 1975
- 2 BvR 1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>). Die Gerichte sind nicht verpflich-
tet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu
befassen (BVerfG, u.a. Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 -
BVerfGE 42, 364 <368>). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103
Abs. 1 GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich
ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur
Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen
worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE
86, 133 <146>; 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47, 182 <187 f.>).
Solche Umstände sind hier nicht erkennbar.
Der Kläger rügt unter Wiedergabe zahlreicher Einzelheiten seines früheren
Vorbringens, der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass der Be-
schluss des Rates des Kreises Z. vom 4. Juni 1986, mit dem die im Grundbuch
von W., Blatt 109, eingetragenen Grundstücke Flst.-Nr. ehemals 379/1, 379/3
sowie 379/4 in die Rechtsträgerschaft der LPG „Ernst Thälmann“ N. übertragen
wurden, primär gegen seine Persönlichkeit und erst in zweiter Linie gegen sein
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Vermögen gerichtet gewesen sei, weil er sich geweigert habe, in den LPG-Typ
III einzutreten. Konkrete Gehörsausfälle oder -verstöße sieht er u.a. bezüglich
seiner Darlegungen, dass er keine Flächen in die LPG mehr habe einbringen
können, da es sich bei dem Haus Nr. 6 in N. um ein abgeschlossenes Privat-
grundstück mit einer eigens zur Genesung und Erholung seiner schwer er-
krankten Tante errichteten Liegehalle gehandelt habe. Die Tatsache, dass die
Enteignungsmaßnahme gegen seine Persönlichkeit gerichtet gewesen sei, er-
gebe sich auch daraus, dass er von dem Justitiar des Kreises Z. im Jahr 1988
geschlagen worden sei, als er sich geweigert habe, hinsichtlich des Hauses
Nr. 6 in N. eine Verzichtserklärung zu unterschreiben. Dass die Zwangsräu-
mung und Enteignung des Klägers geschehen sei, weil er sich geweigert habe,
in den LPG-Typ III einzutreten, ergebe sich auch aus der eidesstattlichen Ver-
sicherung der Zeugin A. St. vom 24. November 2006, die der Senat sich ge-
weigert habe zur Kenntnis zu nehmen.
Eine Verletzung des Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich aus diesen Rü-
gen nicht. Der Senat hat sich in seinem Beschluss mit dem schriftlichen und
mündlichen Vortrag des Klägers auseinandergesetzt und im Einzelnen darge-
legt, warum der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund nicht besteht.
Mehr gebietet der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht; er gebie-
tet insbesondere nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des von ihm
pflichtgemäß zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Prozess-
stoffs den Vorstellungen der Beteiligten folgt. Der Anhörungsrüge des Klägers
liegt offenbar das Missverständnis zugrunde, das Verfahren nach § 152a VwGO
eröffne den Weg zu einer Überprüfung der dem angegriffenen Beschluss
zugrunde liegenden materiellrechtlichen Auffassung des Senats.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Kley van Schewick Dr. Dette
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