Urteil des BVerwG vom 19.09.2005

Anerkennung, Erhaltung, Disziplinarrecht, Entlassung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 62.05
VG 6 K 493/02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. September 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom
18. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des
Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
1. Die Verfahrensrüge greift nicht durch. Dem Beschwerdevorbringen ist ein Verfah-
rensfehler nicht zu entnehmen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Beschwerde wirft
dem Verwaltungsgericht vor, nicht geprüft zu haben, ob der Kläger vor seiner Entlas-
sung aus der Nationalen Volksarmee gegen geltendes Disziplinarrecht verstoßen
habe. Dazu wird vorgetragen, die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die re-
striktiven Forderungen der damaligen Staatsführung und der SED hinsichtlich der
"Westkontakte" - vor allem gegenüber Angehörigen der bewaffneten Organe - nicht
als schlechthin rechtsstaatswidrig anzusehen seien, sei unzutreffend; das Gericht
hätte prüfen müssen, inwieweit die verhängte Disziplinarmaßnahme einen Willkürakt
darstellt und mit den Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar ist.
Damit wird aber kein Verfahrensfehler bezeichnet; insbesondere ergibt sich daraus
kein Aufklärungsmangel i.S. des § 86 VwGO. Vielmehr rügt der Kläger, dass das
Verwaltungsgericht das materielle Recht falsch ausgelegt und deshalb bestimmte
Feststellungen nicht getroffen habe.
2. Das Beschwerdevorbringen ergibt auch nicht das Vorliegen des von der Be-
schwerde geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der Grundsatzbedeutung
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn für die angegriffene
Entscheidung eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechtsfrage von Bedeutung
war, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu
erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Wei-
terentwicklung des Rechts geboten erscheint. Um das i.S. des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO darzulegen, muss eine solche Rechtsfrage bezeichnet und ein Hinweis auf
den Grund gegeben werden, der die Anerkennung ihrer grundsätzlichen, d.h. allge-
meinen Bedeutung rechtfertigen soll (vgl. statt vieler Beschluss vom 2. Oktober 1961
- BVerwG VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90, 91 f.). Diese Erfordernisse erfüllt die Be-
schwerdebegründung nicht.
Die Beschwerde will zwar rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob im konkreten Ein-
zelfall geprüft werden muss, inwieweit ein Willkürakt vorliegt oder rechtsstaatliche
Prinzipien in unvereinbarem Maß verletzt wurden. Diese Frage bedarf hier jedoch
nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, weil es für die Entscheidung darauf
nicht ankommt. Das Verwaltungsgericht hat auf S. 7 seines Urteils ausdrücklich er-
klärt, es komme darauf an, ob die Maßnahmen im konkreten Einzelfall mit rechts-
staatlichen Prinzipien und den legitimen Sicherheitsbedürfnissen eines rechtsstaat-
lich verfassten Staates schlechthin unvereinbar seien. Damit hat es genau den Maß-
stab angewandt, den der Kläger mit seiner Grundsatzrüge einfordert. Die Frage, ob
das Gericht diesen Maßstab im konkreten Fall zutreffend angewandt hat, verleiht der
Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streit-
werts folgt aus § 52 Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Driehaus
van Schewick
Dr. Dette
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