Urteil des BVerwG vom 27.10.2008

Verordnung, Erfahrung, Abklärung, Widerspruchsverfahren

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 59.06
OVG 3 R 5/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:
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Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsge-
richts des Saarlandes vom 8. März 2006 wird zurückge-
wiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer sachlich und zeitlich unbeschränkten
Erlaubnis zur Arbeit mit Tierseuchenerregern nach den Vorschriften der Tier-
seuchenerreger-Verordnung. Der Beklagte erteilte die Erlaubnis lediglich vor-
läufig und befristet sowie beschränkt auf die diagnostische Abklärung von Hirn-
stammproben gesund geschlachteter Rinder. Der dagegen nach erfolglosem
Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattge-
geben und den Beklagten verpflichtet, den Antrag der Klägerin neu zu beschei-
den. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht durch Be-
schluss zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in die-
sem Beschluss bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die ausschließ-
lich geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO auf.
Der Beklagte hält für klärungsbedürftig,
welche Anforderungen an den Nachweis der erforderli-
chen Sachkenntnis im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 der
Tierseuchenerreger-Verordnung - TierSeuchErV - im Hin-
blick auf eine mindestens dreijährige Tätigkeit bezüglich
der Durchführung von Versuchen mit Tierseuchenerregern
bzw. mikrobiologischer oder serologischer Untersu-
chungen zur Feststellung übertragbarer Tierkrankheiten
und der Fortzüchtung von Tierseuchenerregern im Rah-
men der Beantragung einer generellen Erlaubnis zum Ar-
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beiten mit Tierseuchenerregern gemäß § 2 TierSeuchErV
zu stellen sind.
Ob eine so formulierte Frage, die abstrakt auf die Auslegung des Gesetzes zielt
und keinerlei konkreten Fallbezug aufweist, den Anforderungen an die Begrün-
dung einer Grundsatzrüge genügt, ist zweifelhaft. Zieht man jedoch die weiteren
Ausführungen der Beschwerdebegründung heran, wird deutlich, dass es dem
Beklagten der Sache nach um die Klärung der Frage geht, ob im Rahmen des
Sachkundenachweises nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 TierSeuchErV eine Tätigkeit
ausschließlich mit Erregern von Tierkrankheiten und dies klassifiziert nach Er-
regertypen verlangt werden muss. Nur in diesem Umfang würde sich die ein-
gangs der Beschwerdebegründung abstrakt formulierte Frage konkret in einem
Revisionsverfahren stellen, weil offenbar nur noch dieser Punkt zwischen den
Beteiligten im Streit ist. Jedoch rechtfertigt auch die so konkretisierte Frage
nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der
Rechtssache. Abgesehen davon, dass weitere Fälle, die dasselbe Problem
aufwerfen, weder vorgetragen noch ersichtlich sind, liegt auf der Hand, dass
das Oberverwaltungsgericht die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage zu
Recht verneint hat.
§ 4 Abs. 2 Nr. 2 TierSeuchErV verlangt für eine sachlich unbeschränkte Er-
laubnis eine mindestens dreijährige Tätigkeit auf allen in § 2 Abs. 1 Nr. 1
TierSeuchErV genannten Gebieten, also nach Buchstabe b dieser Vorschrift
auch eine Tätigkeit, die „mikrobiologische oder serologische Untersuchungen
zur Feststellung übertragbarer Tierkrankheiten“ zum Gegenstand hatte. Da dies
- wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausführt - nicht auf eine diagnosti-
sche Tätigkeit zielen kann, die Tierärzten vorbehalten ist, kann damit nur eine
Labortätigkeit zur Feststellung von Tierseuchenerregern gemeint sein. Ausge-
hend von der Zielrichtung der Verordnung, den Gefahren vorzubeugen, die von
diesen Krankheitserregern ausgehen, soll sichergestellt werden, dass nur Per-
sonen die Erlaubnis erteilt wird, die hinreichende Erfahrung im Umgang mit sol-
chen Erregern haben. Dabei ist es gleichgültig, ob die diese Erfahrung vermit-
telnde Tätigkeit - wie im Falle des Geschäftsführers der Klägerin - im Rahmen
der Lebensmittelüberwachung oder in anderen Bereichen erworben wurde;
maßgeblich ist allein, dass Gegenstand der Tätigkeit auch die Feststellung von
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Tierseuchenerregern war. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann nicht
gefordert werden, dass die Labortätigkeit ausschließlich Erreger von Tierkrank-
heiten betraf. Abgesehen davon, dass die Erreger solcher Krankheiten häufig
geeignet sind, auch Krankheiten am Menschen hervorzurufen, verlangt die
Verordnung nur eine dreijährige, damit allerdings eine kontinuierliche Arbeit auf
diesem Gebiet, nicht aber dass sich die Labortätigkeit darauf beschränkt hat.
Erst recht kann kein nach Erregertypen spezialisierter Tätigkeitsnachweis ge-
fordert werden; denn dafür gibt der Wortlaut der Norm nicht den geringsten An-
haltspunkt. Vielmehr differenziert sie nur nach den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 der Ver-
ordnung genannten Gebieten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 und § 72 Nr. 1
GKG.
Kley Dr. Dette Prof. Dr. Rennert
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