Urteil des BVerwG vom 17.07.2002

Grundstück, Urteilsbegründung, Kritik, Einfluss

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 59.02
VG 7 E 3773/94(V)
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Juli 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und K i m m e l
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwal-
tungsgerichts Frankfurt am Main vom 19. Oktober
2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 8 664 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensman-
gels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde ist nicht
begründet.
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten
Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich
ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu-
grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu
erwarten ist. Für die von den Klägern in der Beschwerdebegrün-
dung herausgearbeiteten Fragen trifft das nicht zu. Ihre Be-
antwortung ist vielmehr in der Weise, wie sie vom Instanzge-
richt vorgenommen worden ist, aus dem Gesetz und der bisheri-
gen höchstrichterlichen Rechtsprechung ohne weiteres abzulei-
ten. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bereits im Urteil
vom 22. Oktober 1998 (- BVerwG 3 C 37.97 - BVerwGE 107,
294 ff.) ausführlich mit der von den Klägern aufgeworfenen
Rechtsproblematik auseinandergesetzt und entschieden, dass die
Wiedererlangung der vollen Verfügungsmöglichkeit über einen
lastenausgleichsrechtlich als weggenommen behandelten Vermö-
gensgegenstand eine Rückgabe im Sinne der unwiderleglichen
Schadensausgleichsfiktion des § 349 Abs. 3 Satz 2 LAG dar-
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stellt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist
für das streitbefangene Grundstück bei der Gewährung des Las-
tenausgleichsbetrages ein im lastenausgleichsrechtlichen Sinne
nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Beweissicherungs- und
Feststellungsgesetz erforderlicher Wegnahmeschaden zugrunde
gelegt worden. Diese angesichts der damaligen Verfügungsbe-
schränkungen der Berechtigten über das Grundstück gerechtfer-
tigt erscheinende wirtschaftliche Betrachtungsweise (Wohlwol-
lensregelung) hat zur Folge, dass die selbe Betrachtungsweise
auch bei der Frage Platz greift, ob der Schaden im Gefolge der
Wiedervereinigung im Sinne des § 342 Abs. 3 LAG ausgeglichen
ist (vgl. Urteil vom 22. Oktober 1998 - BVerwG 3 C 37.97 -
a.a.O.). Die Kläger verkennen dies bei ihrer Fragestellung.
Auf die von ihnen angenommene Notwendigkeit einer Umdeutung
des Gewährungsbescheides kommt es ebenso wenig an wie auf die
Beantwortung der weiteren auf derselben unrichtigen Rechts-
grundlage erarbeiteten Fragen, soweit diese nicht schon wegen
ihrer Einzelfallbezogenheit als Revisionsgrund ausfallen.
2. Das Beschwerdevorbringen lässt das Vorliegen eines Verfah-
rensfehlers nicht erkennen. Ein Verfahrensmangel im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann "bezeichnet" (§ 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich)
begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdi-
gung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom
10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO
Nr. 5; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbe-
schwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte,
1971, Rn. 222 m.w.N.). Das setzt voraus, dass die zur Begrün-
dung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt,
die gerügten Mängel ergeben (Beschluss vom 18. März 1982
- BVerwG 9 CB 1076.81 - Buchholz 310 § 133 Nr. 35). Diese Vo-
raussetzungen lässt die Beschwerde vermissen. Soweit sie rügt,
das Verwaltungsgericht habe unter Verletzung von § 108 VwGO
bei seiner Beweiswürdigung das Gesamtergebnis des Verfahrens
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nicht berücksichtigt, kann sie das mit der Nichterwähnung der
so genannten "Wohlwollensregelung" in der Urteilsbegründung
nicht begründen. Einer Erwähnung dieses Begriffs als solchen
bedurfte es nicht. Der Sache nach hat das Verwaltungsgericht
das Vorliegen der von den Lastenausgleichsbehörden zugunsten
des Empfängers von Ausgleichsleistungen angenommenen Wegnahme-
voraussetzungen dargelegt. Auch aus den behaupteten Wider-
sprüchlichkeiten und der langen Dauer des Verfahrens vermag
die Beschwerde keinen Revisionszulassungsgrund herzuleiten.
Ihre Ausführungen dazu beschränken sich auf eine allgemeine
Kritik an dem erstinstanzlichen Urteil.
Hinsichtlich des von der Beschwerde behaupteten Verstoßes ge-
gen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) hätte
substantiiert dargelegt werden müssen, hinsichtlich welcher
tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche
für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen
hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen
Feststellungen bei der Durchführung der unterbliebenen Sach-
verhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären;
weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Ver-
fahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachver-
haltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hin-
gewirkt worden ist ohne dass sich dem Gericht die bezeichneten
Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hät-
ten aufdrängen müssen. Hinter diesen Erfordernissen bleibt die
Beschwerde zurück.
Sie macht lediglich geltend, das Verwaltungsgericht habe ein
Wertgutachten mit "unzureichender Begründung" abgelehnt. Dabei
lässt sie aber schon außer Betracht, welches Ergebnis von dem
Gutachten nach ihrer Auffassung zu erwarten gewesen wäre und
welchen Einfluss es auf die Entscheidung gehabt hätte.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Fest-
stellung des Wertes des Streitgegenstandes aus § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Kimmel