Urteil des BVerwG vom 02.06.2014

Subjektiv, Eigentum, Grundstück, Gestaltungsspielraum

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 49.13
OVG 4 LC 58/10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Juni 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 17. April 2013 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 12 250 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Kläger begehrt die Eintragung als Berechtigter von zwei in dem Wasser-
buch für die Ems eingetragenen Mitfischereirechte. Er ist ein nach dem Nieder-
sächsischen Fischereigesetz (Nds. FischG) anerkannter Verein von Sportfi-
schern und hat den Beigeladenen die streitigen Fischereirechte abgekauft. Die
Eintragung dieser Rechte zu seinen Gunsten im Wege der Berichtigung des
Wasserbuches lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger sei nicht
Inhaber der veräußerten Fischereirechte geworden; es handele sich um Rechte
im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nds. FischG, die nicht dem jeweiligen
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Eigentümer eines anderen Grundstücks zustehen könnten. Derartige Rechte
seien entsprechend § 1092 Abs. 1 BGB nicht übertragbar.
Widerspruch, Klage und Berufung des Klägers mit dem Ziel, den Beklagten zur
Eintragung der Fischereirechte zu verpflichten, sind erfolglos geblieben. Die
Vorinstanzen haben sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Fischereirechte
nicht isoliert, sondern nur zusammen mit dem jeweiligen Hofgrundstück über-
tragen werden könnten, zu dem sie gehörten. Gegen die dahinlautende Rege-
lung in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nds. FischG bestünden keine verfassungsrechtlichen
Bedenken, insbesondere verstoße sie nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die geltend gemachte grundsätzli-
che Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt
nicht vor.
Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung einer be-
stimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus,
deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu
erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu
einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Daran
fehlt es. Mit der ausdrücklich formulierten Frage:
„Ist es mit dem Eigentumsgrundrecht des Artikel 14 GG
vereinbar, wenn § 2 des Niedersächsischen Fischereige-
setzes die nach bisherigem Recht mögliche Übertragbar-
keit selbstständiger Fischereirechte entfallen lässt?“
will die Beschwerde die Verfassungsmäßigkeit einer Vorschrift des Landes-
rechts geklärt wissen. Damit allein wird jedoch eine klärungsbedürftige Frage
des revisiblen Rechts nicht bezeichnet, weil eine Revision gemäß § 137 Abs. 1
VwGO, von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nur auf eine Ver-
letzung von Bundesrecht gestützt werden kann. Zwar ergibt sich ein bundes-
rechtlicher Bezug der aufgeworfenen Frage daraus, dass das bundesverfas-
sungsrechtliche Eigentumsgrundrecht als Prüfungsmaßstab für die genannte
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landesrechtliche Norm herangezogen werden soll. Nur insoweit kann sich aber
auch ein Klärungsbedarf ergeben, der Gegenstand eines Revisionsverfahrens
sein kann, also nur soweit es um die Auslegung der bundesrechtlichen Maß-
stabsnorm selbst geht. Die bloße Rüge mangelnder Vereinbarkeit der landes-
rechtlichen Vorschrift mit Art. 14 GG lässt aber nicht erkennen, welche bisher in
der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht behandelte Frage zur Auslegung
dieser Verfassungsnorm sich in einem Revisionsverfahren stellen würde.
Auch im Übrigen lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen, in
welcher Hinsicht ein bundesrechtlicher Klärungsbedarf bestehen könnte.
Bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer landesrechtlichen Vorschrift mit Bun-
desverfassungsrecht ist das Bundesverwaltungsgericht an die Auslegung und
Anwendung des Landesrechts durch das Berufungsgericht gebunden (§ 173
Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO, vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl.,
§ 137 Rn. 25). Das Berufungsgericht hat insofern bindend für den Senat festge-
stellt, dass die streitigen Fischereirechte als subjektiv dingliche - und nicht als
subjektiv persönliche - Rechte ausgestaltet sind, die mit dem Eigentum am je-
weiligen, zunächst zu einem Kolonat gehörenden Hofgrundstück verbunden
sind (UA S. 14 ff.). Sie können gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nds. FischG, nach
dem die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über Grunddienstbarkeiten
und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (§§ 1018 ff. und §§ 1090 ff. BGB)
entsprechend anzuwenden sind, nicht hiervon losgelöst, sondern nur mit dem
„herrschenden Grundstück“ gemeinsam übertragen werden, weshalb sie der
Kläger von den Eigentümern der Grundstücke nicht „isoliert“ erwerben konnte
(UA S. 20 f.). Hiervon hat der Senat auszugehen.
Das Berufungsgericht hat weiter eingehend begründet, dass und warum das
Niedersächsische Fischereigesetz, indem es die Übertragbarkeit selbstständi-
ger Fischereirechte einschränkt, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nds. FischG hat das Gericht als Inhalts-
und Schrankenbestimmung eingeordnet, weil mit ihr die nach bisherigem Recht
(§ 19 Preußisches Fischereigesetz - PrFischG) gegebene Möglichkeit zur (iso-
lierten) Übertragung selbstständiger Fischereirechte entzogen worden sei. Es
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hat eingehend dargelegt, dass den Landesgesetzgebern nach der Rechtspre-
chung des Bundesverfassungsgerichts ein weiter Gestaltungsspielraum zur
Neuregelung des Fischereirechts eröffnet war. Das dagegen gerichtete Be-
schwerdevorbringen erschöpft sich darin, die vom Berufungsgericht für die Neu-
regelung angeführten Gründe der Rechtssicherheit und Übersichtlichkeit und
das Angelegtsein gewisser Beschränkungsmöglichkeiten der Fischereirechte
infolge ihrer Sozialbindung (UA S. 24 ff.) zu bestreiten. Das Vorbringen enthält
nichts, was Anlass dazu geben könnte, die in der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze zur Auslegung des Eigentumsgrundrechts zu ergänzen oder gar zu
überdenken. Nur solcher, auf die Auslegung der bundesrechtlichen Maßstabs-
norm zielender Vortrag wäre jedoch - wie dargelegt - geeignet gewesen, den
Weg zur Revisionsinstanz zu eröffnen.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat nach § 133
Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52
Abs. 1 GKG.
Kley
Dr. Wysk
Dr. Kuhlmann
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