Urteil des BVerwG vom 27.06.2005

Verfahrensmangel, Verwaltungsverfahren, Verfahrensablauf

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 43.05
VG 2 K 808/02 GE
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom
16. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat keinen Verfahrensmangel ent-
sprechend den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeich-
net.
Der Kläger begründet seine Nichtzulassungsbeschwerde allein mit dem Vorliegen
eines Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Diesen Verfah-
rensmangel sieht er darin, dass das Verwaltungsgericht seine im Verwaltungsverfah-
ren abgegebene Erklärung vom 21. April 1993, wonach der Kläger keine eigenen An-
sprüche nach Art. 21 und 22 EV auf die streitigen Grundstücke geltend mache, unter
Verstoß gegen die anerkannten Auslegungsregeln ausgelegt habe. Nach dem objek-
tiven Empfängerhorizont sei diese Erklärung nur auf zur Wohnungsversorgung
genutztes volkseigenes Vermögen gerichtet gewesen, das sich in der Rechtsträger-
schaft der volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befunden habe. Auf Resti-
tutionsansprüche habe - entgegen der Auslegung durch das Verwaltungsgericht -
nicht verzichtet werden sollen.
Damit ist jedoch kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO be-
zeichnet. Ein Verfahrensmangel im Sinne dieser Regelung ist ein Verstoß gegen eine
Vorschrift, die den Verfahrensablauf regelt, ein Verstoß gegen Verfahrensnormen,
der den Weg zum Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses, nicht dessen
Inhalt betrifft, ein error in procedendo, nicht ein Mangel der sachlichen Entscheidung,
ein error in judicando (Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 -
Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 m.w.N.). Dagegen ist die Auslegung von im
Verwaltungsverfahren abgegebenen Willenserklärungen Teil der Anwendung ma-
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teriellen Rechts. Die hier von dem Kläger als fehlerhaft gerügte Auslegung der Ver-
zichtserklärung vom 21. April 1993 wäre, die Richtigkeit der Annahme unterstellt,
nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, sondern - soweit
eine Überprüfbarkeit im Revisionsverfahren überhaupt eröffnet ist - als eine Verlet-
zung des materiellen Rechts anzusehen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003,
§ 132 Rn. 21 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung er-
gibt sich aus § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus
Liebler
Prof. Dr. Rennert