Urteil des BVerwG vom 13.07.2011

Einzelrichter, Übertragung, Rüge, Beschränkung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 42.11
VG 29 K 133.10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Buchheister und Dr. Wysk
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 4. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen.
G r ü n d e :
Die klagende Stadt wendet sich gegen die Zuordnung von Verbindlichkeiten,
welche die Beklagte im Gefolge einer bestandskräftigen Restitution von
Grundstücken ehemaliger Stadtgüter vorgenommen hat. Das Verwaltungsge-
richt hat die Klage abgewiesen, weil es sich bei der Grundstücksrückübertra-
gung um eine Unternehmensresterestitution gehandelt habe, die nach dem im
Vermögenszuordnungsrecht entsprechend anwendbaren § 6 Abs. 6a Satz 2
des Vermögensgesetzes - VermG - gegen Zahlung eines Betrages in Höhe der
dem Vermögensgegenstand direkt zurechenbaren Verbindlichkeiten des Verfü-
gungsberechtigten erfolge, und kein Zweifel daran bestehe, dass die geltend
gemachten Forderungen den restituierten Flächen zuzurechnen seien.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem
Urteil bleibt ohne Erfolg. Die als verfahrensfehlerhaft gerügte unterlassene
Rückübertragung des Rechtsstreits auf die Kammer rechtfertigt nicht die Zulas-
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sung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (1.). Weitere Revisionszulas-
sungsgründe hat die Klägerin nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet (2.).
1. Die Klägerin beanstandet, dass das Verwaltungsgericht dem Antrag der Bei-
geladenen, den Rechtsstreit vom Einzelrichter zurück auf die Kammer zu über-
tragen, nicht gefolgt sei, ohne die Ablehnung nachvollziehbar zu begründen.
Soweit dieser Vortrag ausschließlich eine fehlerhafte Anwendung des § 6
Abs. 3 VwGO zum Gegenstand hat, wird kein rügefähiger Verfahrensmangel
dargetan. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die sich
der Senat zu eigen gemacht hat (zuletzt Beschluss vom 26. April 2010
- BVerwG 3 B 21.10), ist aus der in § 6 Abs. 4 VwGO getroffenen Gesamtrege-
lung, wonach die Übertragung auf den Einzelrichter ebenso wie die Rücküber-
tragung auf die Kammer unanfechtbar ist (Satz 1) und auf eine unterlassene
Übertragung ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden kann (Satz 2), ersichtlich,
dass Verstöße gegen § 6 VwGO allein nicht zum Erfolg eines Rechtsmittels
führen sollen. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Verfahrensverstoß
zugleich eine Verletzung der prozessualen Gewährleistungen der Verfassung
darstellt (Urteil vom 10. November 1999 - BVerwG 6 C 30.98 - BVerwGE 110,
40 = Buchholz 448.0 § 3 WPflG Nr. 21 m.w.N.). Insoweit mag zugunsten der
Klägerin unterstellt werden, dass sie mit ihrem Hinweis auf eine mangels Be-
gründung nicht nachvollziehbare Entscheidung über das Rückübertragungsbe-
gehren sinngemäß eine Entziehung des gesetzlichen Richters nach Art. 101
Abs. 1 Satz 2 GG rügen will. Eine solche Rüge ginge jedoch bereits daran vor-
bei, dass die - von der Beigeladenen selbst lediglich als Bitte bezeichnete - An-
regung, die Sache auf die Kammer zurückzuübertragen, daran geknüpft war,
dass das Verwaltungsgericht ausweislich eines richterlichen Hinweises vom
31. Januar 2011 grundsätzliche Überlegungen zur Höhe der zuzuordnenden
Verbindlichkeiten im Hinblick auf einen Forderungskauf zu einem geringeren als
dem valutierenden Betrag anstellen wollte. Da das Verwaltungsgericht seine
Überlegungen zu einer Beschränkung der Zuordnung dann aber verworfen hat
(siehe S. 6 der Entscheidungsgründe), war aus der Sicht der durch die Zuord-
nung begünstigten Beigeladenen der Anlass für ihre Anregung entfallen, so
dass auch das Verwaltungsgericht keine Notwendigkeit mehr sehen musste,
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sich mit diesem Begehren auseinanderzusetzen oder gar eine Begründung da-
für zu geben, warum es der Anregung nicht folgte.
Abgesehen davon ist zweifelhaft, mag hier aber im Ergebnis dahingestellt blei-
ben, ob es nicht allein Sache der Beigeladenen wäre, eine verfahrensfehlerhaf-
te Ablehnung ihres Rückübertragungsbegehrens geltend zu machen.
2. Mit ihrem gesamten übrigen Beschwerdevorbringen wendet sich die Klägerin
in der Art einer Berufungsbegründung gegen die tatsächlichen Feststellungen
und rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts, ohne einen der in
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO genannten Gründe, die allein eine Zulassung
der Revision rechtfertigen können, in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ge-
botenen Weise herauszuarbeiten oder zu bezeichnen. Das gilt auch, soweit sie
beanstandet, dass das Verwaltungsgericht die vom Bundesverwaltungsgericht
in seinem Urteil vom 18. Januar 2001 - BVerwG 3 C 7.00 - (BVerwGE 112, 351)
aufgestellten Grundsätze nicht richtig angewendet habe; denn eine rügefähige
Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voneinander abwei-
chende, die jeweiligen Entscheidungen tragende Rechtssätze voraus. Sie wird
durch die Behauptung eines bloßen Subsumtionsfehlers nicht dargelegt.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß
§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Ge-
richtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des
Gegenstandswertes wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.
Kley
Buchheister
Dr. Wysk
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