Urteil des BVerwG vom 11.02.2003

Enteignung, DDR, Entschädigung, Überzeugung

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 4.03
VG 2 K 204/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des Ver-
waltungsgerichts Potsdam vom 23. Oktober 2002
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 4 090,34 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Mit dem Streitverfahren ver-
binden sich keine Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung
im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wie die Beschwerde gel-
tend macht.
Zwar formuliert die Beschwerde zwei ihres Erachtens klärungs-
fähige und -bedürftige Rechtsfragen im Hinblick auf das Merk-
mal "Willkürakte im Einzelfall" in § 1 Abs. 2 VwRehaG; sie
hält die streitige Enteignung des Grundstücks auf der Grundla-
ge des § 10 DDR-Verteidigungsgesetz (Enteignung für die Er-
richtung von Sperranlagen) für rehabilitierungsbedürftig, weil
sie sich als - so die Beschwerde unter Hinweis auf einen Be-
schluss des Bundesverwaltungsgerichts - sinnfälliger Ausdruck
des Unrechtsregimes in der früheren DDR darstelle.
Indessen berücksichtigt die Beschwerde unzureichend, dass die
diesbezüglichen Darlegungen in den Gründen des angefochtenen
Urteils, die einen Willkürakt im Einzelfall verneinen, nach
dem Aufbau der Urteilsgründe zweifelsfrei als selbstständig
tragende Alternativerwägungen zu bewerten sind; sie könnten
hinweggedacht werden, ohne dass sich an dem vom Verwaltungs-
gericht gefundenen Ergebnis etwas änderte: Auf Seite 6 des Ur-
teilsumdrucks hat das Verwaltungsgericht seine Überzeugung
dargelegt, dass § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG anwendbar sei mit
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der Folge der Unanwendbarkeit des Verwaltungsrechtlichen Reha-
bilitierungsgesetzes. Es hat dies damit begründet, dass es
sich bei der in Rede stehenden Enteignung um eine Maßnahme ge-
handelt habe, deren vorrangiger Zweck das Ansichbringen des
Grundstücks gewesen sei, weswegen nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. neben dem vom angefochtenen
Urteil herangezogenen Urteil vom 23. August 2001 - BVerwG 3 C
39.00 - Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr. 3 auch das Urteil vom
21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - Buchholz 428.6 § 1
VwRehaG Nr. 4 S. 11 f. m.w.N., für besatzungshoheitliche Ent-
eignungen) eine Maßnahme vorliege, die vom Vermögensgesetz er-
fasst werde, auch wenn - wie im Streitfall - ein Rückübertra-
gungsanspruch nach diesem Gesetz nicht gegeben sei. Folgerich-
tig leiten die Gründe des angefochtenen Urteils von diesem Be-
gründungszusammenhang auf denjenigen der Gründe des § 1 Abs. 2
VwRehaG mit den Worten über, dass ein Rehabilitierungsanspruch
"hier zudem aber auch aus einem anderen Grunde" ausscheide.
Vor diesem Hintergrund könnte der Beschwerde nur dann Erfolg
beschieden sein, wenn gegen die auf § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG
bezogenen Urteilsgründe zulässige und begründete Rügen erhoben
worden wären (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11
PKH 28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4
m.w.N., stRspr.), was nicht der Fall ist. Soweit die Beschwer-
de offenbar annimmt (S. 8 des Begründungsschriftsatzes), des-
halb nicht gegen die gerichtlichen Annahmen zu § 1 Abs. 1
Satz 2 VwRehaG vorgehen zu müssen, weil das Verwaltungsgericht
dann richtigerweise die Klage als unzulässig hätte zurückwei-
sen müssen, liegt diese Annahme ersichtlich neben der Sache.
Im Übrigen enthält der von der Beschwerde herangezogene Be-
schluss vom 21. November 1994 - BVerwG 7 B 91.94 - (Buchholz
428 § 1 VermG Nr. 33 "Mauergrundstücke") neben der von der Be-
schwerde hervorgehobenen Aussage, wonach die Sperranlagen an
der innerdeutschen Grenze "sinnfälliger Ausdruck des Unrechts-
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regimes in der früheren DDR" waren, auch und gerade die Aussa-
ge, dass die hiermit in Zusammenhang stehenden Enteignungen
grundsätzlich dem Vermögensgesetz unterfielen, auch wenn wegen
der gesetzlich vorgesehenen Entschädigung der Rückgabetatbe-
stand des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG regelmäßig nicht erfüllt
sei.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die
Streitwertfestsetzung auf § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Prof.Dr. Driehaus von Schewick Dr. Brunn