Urteil des BVerwG vom 24.04.2002

Gehalt, Sondernutzung, Bauunternehmer, Werbung

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 4.02
VGH 2 UE 2039/98
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltunsgerichts
am 24. April 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
29. August 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 255 646 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Beschwerdevor-
bringen führt nicht auf einen Revisionszulassungsgrund im Sin-
ne des § 132 Abs. 2 VwGO.
1. Dem angefochtenen Urteil haftet nicht der Verfahrensmangel
einer Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG/§ 108
Abs. 2 VwGO) an.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungs- wie des
Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich davon auszugehen,
dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der
Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen
hat. Gerichte brauchen nicht jedes Vorbringen in den Gründen
der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden; nur wenn sich aus
den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt,
dass ein Gericht seine Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung
erheblichen Tatsachenstoffes verletzt hat, kann ein Gehörsver-
stoß im Einzelfall festgestellt werden. Im Übrigen schützt das
Gehörsgrundrecht die Beteiligten auch nicht davor, dass ein
Gericht einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse oder bestimmtes
Vorbringen von Beteiligten entweder aus Gründen des formellen
oder materiellen Rechts bei seiner Entscheidung unberücksich-
tigt lässt oder tatsächlich bzw. rechtlich anders bewertet als
die Verfahrensbeteiligten (vgl. lediglich Beschluss vom
5. Februar 1999 - BVerwG 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108
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Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 m.w.N.). Ausgehend hiervon ist der Be-
schwerdevortrag nicht geeignet, einen Gehörsverstoß darzutun.
Die Verfahrensrüge knüpft an dem Satz in der Urteilsbegründung
an, wonach der Kläger vorgetragen habe, in den bisherigen Ent-
scheidungen sei verkannt worden, dass das Plakatieren an Bau-
zäunen nicht zweckgerichtet, sondern gelegentlich bei der Auf-
stellung eines Bauzaunes geschehe. Er hält diese Urteilsaussa-
ge für falsch, weil er Derartiges nicht vorgebracht habe;
vielmehr habe er vorgebracht, dass es zwei Gebrauchsebenen und
zwei Zweckverfolgungsebenen gebe, namentlich sei die von ihm
angestrebte Werbung "Mitzweck des Bauzaungebrauchs". Zum Zweck
des Straßengebrauchs habe er vorgebracht, dass die Gestattung
der Bauunternehmer ihm gegenüber hinsichtlich des Plakatierens
am Bauzaun nicht Zweck oder Mitzweck der Straßenbenutzung mit-
tels des Bauzaunes sei, sondern dass die Werbegestaltung durch
die Zaunhalter lediglich bei Gelegenheit eines werbefremden
Straßengebrauchszwecks durch den Bauzaun erfolge.
Abgesehen davon, dass im Tatbestand des angefochtenen Urteils
(insbesondere auf S. 3) das Vorbringen des Klägers in einer
detaillierteren Weise wiedergegeben worden ist, ergibt sich
aus den vorstehenden Darlegungen eindeutig, dass die Beschwer-
de die von ihr herangezogenen Urteilsgründe in ihrem zusammen-
fassenden Gehalt verkennt. Die Gründe reduzieren das Vorbrin-
gen des Klägers auf ihren Kern, der - wie auch die Darlegungen
in der Beschwerdebegründung belegen - in der Behauptung be-
steht, es könne nicht angehen, dass die Beklagte bei ihrer Be-
rühmung an den Gebrauch der Bauzaunoberfläche anknüpfe, weil
dieser Gebrauch (zu Werbezwecken) nicht als Gebrauch der Stra-
ße zu beurteilen, sondern davon abzuheben sei. Mit diesem Vor-
bringen beschäftigen sich die Urteilsgründe indessen in der
gebotenen Weise, indem sie ausführen, dass mit der Errichtung
eines Bauzaunes einerseits und dem Anbringen von Werbeplakaten
auf einem solchen andererseits rechtlich und tatsächlich zwei
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Sondernutzungen vorlägen. Damit fällt der erhobene Vorwurf ei-
nes Gehörsverstoßes in sich zusammen.
2. Auch die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist unbe-
gründet. Das angegriffene Urteil weicht nicht vom Beschluss
des beschließenden Senats vom 12. November 1998 - 3 BN 2.98 -
ab. Von allem anderen abgesehen, missversteht die Beschwerde
den Zusammenhang, in den der von ihr herangezogene Satz aus
den Beschlussgründen vom 12. November 1998 eingebettet ist,
wonach eine Änderung des Nutzungszwecks eine Änderung der Son-
dernutzungserlaubnis voraussetzt. Diese Aussage schließt Erwä-
gungen des beschließenden Senats ab, die in nicht entschei-
dungstragender Weise zur Verdeutlichung der tragenden Ent-
scheidungsgründe besonders deutliche Beispiele von unzulässi-
gen Nutzungszwecken bzw. Nutzungswechseln abhandeln. Der Aus-
sage kann jedenfalls nicht die Bedeutung entnommen werden, die
ihr die Beschwerde unterstellt, dass nämlich bei einer Ände-
rung des Nutzungszwecks derjenige erlaubnisfrei nutzen dürfe,
der die Änderung des Nutzungszwecks herbeiführt, wie es der
Kläger tut.
3. Mit dem Streitverfahren verbindet sich schließlich auch
keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wie die Beschwerde meint. Abgesehen
davon, dass die angefochtene Entscheidung entscheidungstragend
auf der Anwendung und Auslegung einer nicht revisiblen landes-
rechtlichen Vorschrift (§ 16 HStRG) beruht, variieren die zur
Begründung der Beschwerde formulierten Fragestellungen der Sa-
che nach diejenigen Fragen, die bereits durch den vorerwähnten
Beschluss vom 12. November 1998 - 3 BN 2.98 - beantwortet wor-
den sind. Hiernach ändert das Anbringen von Werbeplakaten an
einem auf Straßengrund errichteten Bauzaun den Zweck der bis-
herigen Sondernutzung, weil er dem bisherigen Zweck der Bau-
stellensicherung den weiteren Zweck der Werbenutzung hinzu-
fügt, was das Erfordernis einer gesonderten Sondernutzungser-
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laubnis für Werbezwecke hervorruft. Das Beschwerdevorbringen
verdeutlicht, dass es im Kern diese Aussage ist, die die Be-
schwerde nicht anerkennen will. Damit kann indessen keine
Grundsatzbedeutung dargelegt werden.
Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat ab
(§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der
Streitwertfestsetzung orientiert sich der beschließende Senat
an der berufungsgerichtlichen Festsetzung (500 000 DM).
Prof. Dr. Driehaus
van Schewick
Dr. Brunn