Urteil des BVerwG vom 28.10.2009

Masseur, Bademeister, Behandlung, Kreis

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 39.09
VGH 9 S 2518/08
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Oktober 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Buchheister
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes
Baden-Württemberg vom 19. März 2009 wird zurückge-
wiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Der Kläger ist staatlich anerkannter Masseur und medizinischer Bademeister
im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 MPhG. Er begehrt eine auf die eigenverantwortli-
che Ausübung dieser Tätigkeit beschränkte Heilpraktikererlaubnis ohne weitere
Eignungsüberprüfung. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Der
Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage
abgewiesen mit der Begründung, der Tätigkeitsbereich eines Masseurs und
medizinischen Bademeisters umfasse keine Ausübung der Heilkunde im Sinne
des Heilpraktikergesetzes. Darunter fielen bei der verfassungsrechtlich gebote-
nen einschränkenden Auslegung nur solche Heiltätigkeiten, die ärztliche oder
heilkundliche Fachkenntnisse erforderten und gesundheitliche Schäden verur-
sachen könnten. Von der Tätigkeit eines Masseurs und medizinischen Bade-
meisters gingen keine nennenswerten Gefahren aus. Unabhängig davon könne
das Begehren keinen Erfolg haben, weil die Tätigkeit nicht abgrenzbar sei und
der Kläger keine Freistellung von einer Überprüfung seiner Kenntnisse verlan-
gen könne. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil rich-
tet sich die Beschwerde des Klägers.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Bei einem - wie hier - auf mehrere Gründe
gestützten Urteil muss der Beschwerdeführer jeden Grund erfolgreich mit Zu-
lassungsgründen angreifen. Daran fehlt es. Die Begründung des Berufungsge-
richts, die Tätigkeit als Masseur und medizinischer Bademeister sei bei der ver-
fassungsrechtlich gebotenen einschränkenden Auslegung des Heilpraktikerge-
setzes erlaubnisfrei, greift der Kläger nicht erfolgreich an. Aus seinen Ausfüh-
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rungen ergibt sich insoweit weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeu-
tung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch ein Verfahrensfehler,
auf dem die Entscheidung beruhen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts wirft keine grundsätzli-
chen Rechtsfragen auf. Es ist in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung davon ausgegangen, dass unter dem Gesichtspunkt der Ver-
hältnismäßigkeit nur solche Heiltätigkeiten der Erlaubnispflicht des Heilprakti-
kergesetzes unterfallen, die gesundheitliche Schäden verursachen können;
heilkundliche Verrichtungen, die keine nennenswerten Gesundheitsgefahren zur
Folge haben, fallen nicht unter die Erlaubnispflicht des Heilpraktikergesetzes,
auch wenn sie ärztliche Fachkenntnisse erfordern (s. nur Urteil vom 25. Juni
1970 - BVerwG 1 C 53.66 - BVerwGE 35, 308 <311> = Buchholz 418.04
Heilpraktiker Nr. 10 S. 23). In tatsächlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht
angenommen, dass von der Tätigkeit eines Masseurs und medizinischen
Bademeisters keine nennenswerten Gefahren ausgehen. Diese Feststellung
greift der Kläger nicht an. Sie wäre für den Senat in einem Revisionsverfahren
bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) und stünde der Annahme einer Erlaubnispflicht
nach dem Heilpraktikergesetz entgegen.
Die Hinweise des Klägers auf unterschiedliche obergerichtliche Rechtsprechung
(I. der Beschwerdebegründung) führen nicht weiter. Sofern es um unter-
schiedliche tatsächliche Einschätzungen der von einer Tätigkeit als Masseur
und medizinischer Bademeister ausgehenden Gefahren geht, ist keine Rechts-
frage betroffen. Eine eventuell unzureichende Berücksichtigung höchstrichter-
lich geklärter Rechtssätze - hier: zur verfassungsrechtlich gebotenen ein-
schränkenden Auslegung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes - in
anderen obergerichtlichen Entscheidungen vermittelt der vorliegenden Rechts-
sache ebenfalls noch keine grundsätzliche Bedeutung. Im Übrigen betraf das
angeführte Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. No-
vember 2006 - 6 A 10271/06 - (MedR 2007, 496) solche Kläger, die nicht nur
staatlich geprüfte Masseure und Bademeister, sondern auch Physiotherapeuten
waren; der außerdem noch angeführte Beschluss des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1996 - 8 M 6826/95 - erging in einem
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Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund lediglich summarischer
Prüfung. Soweit die Notwendigkeit einer ärztlichen Verordnung für Tätigkeiten
nach dem Masseur- und Physiotherapeutengesetz obergerichtlich unterschied-
lich beurteilt worden ist, betrifft dies erst die nachgelagerte Frage, ob die Er-
laubnis nach § 1 MPhG zu einer eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde
berechtigt und aus diesem Grund die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis
erübrigt (s. dazu - bezogen auf ausgebildete Physiotherapeuten - Urteil vom 26.
August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 -). Auf diese Frage kommt es nicht an, wenn
die Tätigkeit des Klägers schon deshalb nicht erlaubnispflichtig ist, weil sie kei-
ne Ausübung der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes darstellt.
Die weiteren Einwände des Klägers (unter II. der Beschwerdebegründung) be-
rücksichtigen ebenfalls nicht die Begründung des Berufungsgerichts. Es hat
nicht in Abrede gestellt oder unzureichend ermittelt, dass ein Masseur und me-
dizinischer Bademeister zur Behandlung von Krankheiten ausgebildet wird und
im System der gesetzlichen Krankenkassen Heilmittel erbringt. Ebenso kann
keine Rede davon sein, dass durch die Berufungsentscheidung der Masseur
und medizinische Bademeister aus dem Kreis der medizinischen Fachberufe
eliminiert werde. Das Berufungsgericht hat lediglich die verfassungsrechtlich
gebotene Einschränkung der Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz
berücksichtigt. Die dem zugrundeliegende tatsächliche Annahme hat der Kläger
- wie ausgeführt - nicht angegriffen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley
Liebler
Buchheister
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