Urteil des BVerwG vom 18.08.2003

Gemeinde, Widmung, Zugehörigkeit, Grundstück

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 39.03
VG 27 A 312/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. August 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D r i e h a u s
sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i und
Dr. B r u n n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision
in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Berlin vom
17. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren
auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Klägerin (Bundesrepublik Deutschland - Bundeseisenbahnvermögen -) wendet sich ge-
gen einen Bescheid der Beklagten, mit dem diese den Erlös für ein von der Gemeinde K. als
Verfügungsberechtigter veräußertes Grundstück dieser Gemeinde zugesprochen hat. Das
Grundstück gehörte ursprünglich dem Deutschen Reich (Reichseisenbahnvermögen) und
gelangte später wegen Streckenstilllegung in die Rechtsträgerschaft des Rates der Gemein-
de K.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, in dem Rechtsträ-
gerwechsel sei eine "Umwidmung" zu sehen, die gemäß Art. 26 Abs. 1 Satz 2 letzter Halb-
satz EV eine Zugehörigkeit des Grundstücks zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn
ausschließe.
Die Beschwerde wendet sich - ohne Erfolg - gegen die in dem Urteil ausgesprochene Nicht-
zulassung der Revision. Sie hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, ob die vorgenannte
Bestimmung das Entstehen von Restitutionsansprüchen des ehemaligen Sondervermögens
ausschließt.
Dieser Frage kommt entgegen der Ansicht der Klägerin keine grundsätzliche Bedeutung i.S.
von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, weil sie höchstrichterlich bereits im Sinne des angefochte-
nen Gerichtsbescheids entschieden ist.
Die Beschwerde geht davon aus, dass ein Vermögensgegenstand seine ehemals gegebene
Zugehörigkeit zum Sondervermögen Deutsche Reichsbahn nicht dadurch verloren haben
könne, dass er in der Folgezeit mit Zustimmung der Deutschen Reichsbahn einem anderen
Zweck gewidmet worden ist; Art. 26 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz EV besage insoweit ledig-
lich, dass ein solcher Vermögensgegenstand nicht kraft Gesetzes in das Sondervermögen
übergegangen sei, schließe aber einen entsprechenden Restitutions- bzw. Zuordnungsan-
spruch nicht aus. Diese von Seiten der Bahn in zahlreichen Verfahren seit langem vertretene
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Auffassung steht im Widerspruch zu der der Klägerin bekannten Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts. An dieser hält der Senat nach erneuter Prüfung fest, zumal der Be-
schwerdevortrag keine neuen Gesichtspunkte erkennen lässt.
In seinem Urteil vom 23. August 2001 (- BVerwG 3 C 17.01 - BVerwGE 115, 62, <67 ff.>;
Buchholz 111 Art. 26 EV Nr. 6 S. 29 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass
die Rechtsnachfolger der Deutschen Reichsbahn die Rückübertragung solcher Vermögens-
gegenstände verlangen können, die zu den in Art. 26 Abs. 1 EV bezeichneten Vermögens-
massen gehören und nicht bereits kraft Gesetzes auf sie übergegangen sind. Wiederholt und
mit Nachdruck wird in diesem Urteil zugleich festgestellt, dass der auf Art. 26 Abs. 1 Satz 2
EV gestützte Restitutionsanspruch - eine andere Anspruchsgrundlage kommt wegen der
Spezialität des Art. 26 EV gegenüber Art. 21 Abs. 3 EV nicht in Betracht - dann nicht durch-
greife, wenn der Vermögensgegenstand vor dem 3. Oktober 1990 bahnfremden Zwecken
gewidmet worden sei. Mit der Widmung sei auch der Rückübertragungen regelmäßig recht-
fertigende Grund entfallen, Restitutionsprätendenten mit ehemals volkseigenem Vermögen
auszustatten, von dem im Allgemeinen anzunehmen sei, dass sie es zur Erfüllung ihrer zu-
künftigen Aufgaben benötigten. Die durch eine einvernehmliche Nutzungs-Widmung zu
DDR-Zeiten erklärte "Freigabe" eines Vermögensgegenstandes habe diesen aus dem der
Reichsbahn im weitesten Verständnis zuzurechnenden Vermögenskomplex in einer Weise
ausgesondert, dass die rechtliche Bewertung gerechtfertigt sei, er sei mit keinem Restituti-
onsvorbehalt "belastet" in eine andere Eigentümerschaft überführt worden.
Die vorstehend zitierten Grundsätze gelten uneingeschränkt auch für den vorliegenden Fall.
Vergebens versucht die Beschwerde, die in diesem Urteil vorgenommene Gesetzesinterpre-
tation auf die Besonderheiten des ihm zugrunde liegenden Falles zurückzuführen und daher
als auf andere Fallkonstellationen nicht übertragbar hinzustellen. Hierfür lässt die Klägerin
eine überzeugende Begründung vermissen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6
Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus Dr. Borgs-Maciejewski Dr. Brunn