Urteil des BVerwG vom 10.03.2005

Satzung, Rechtskraft, Bindungswirkung, Ungültigkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 37.05
OVG 12 A 11240/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. März 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-
Pfalz vom 17. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 8 878,25 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen
nicht vor.
Die Rechtssache besitzt nicht die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Be-
deutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin wirft die Frage auf, ob die Rechts-
kraft eines Normenkontrollurteils auch dann fortwirkt, wenn sich die Rechtslage ge-
ändert hat. Diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung des angestrebten Revisi-
onsverfahrens; denn sie ist - im verneinenden Sinne - bereits geklärt (Eyermann/
Rennert, VwGO-Kommentar, 11. Auflage 2000, Rn. 48 zu § 121 VwGO). Im Übrigen
stellt sie sich nicht; denn im vorliegenden Fall hat sich die Rechtslage nicht geändert.
Der Beklagte hat die angefochtenen Bescheide auf seine Satzung vom
13. Dezember 1999, namentlich auf deren § 4 gestützt. Diese Vorschrift war Ge-
genstand des zwischen den Beteiligten ergangenen rechtskräftigen Normenkontroll-
urteils des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. September 2001 (12 C
10112/01.OVG). Der Beklagte hat zwar § 4 der Satzung am 3. April 2003 geändert.
Das Verwaltungsgericht hat dies - in für das Revisionsgericht bindender Weise - da-
hin ausgelegt, dass die Änderung die vorliegend umstrittenen Gebührenbescheide
nicht erfasst, sondern nur solchen Gebührenbescheiden zugrunde gelegt werden
kann, die nach ihrem Inkrafttreten am 1. Mai 2003 ergangen sind, auch wenn sie
Gebührentatbestände aus früheren Zeiträumen betreffen. Das hat sich das Beru-
fungsgericht ersichtlich zu Eigen gemacht. Dann aber kommt es auf die Änderungs-
satzung - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht an.
Von der zuvor behandelten Frage ist die weitere Rechtsfrage zu unterscheiden, ob
die Rechtskraft eines Normenkontrollurteils auch dann fortwirkt, wenn die Rechtslage
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aufgrund einer zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Europäischen Ge-
richtshofs anders zu beurteilen ist. Offenbar möchte die Klägerin auch wegen dieser
Frage die Zulassung der Revision erreichen. Sie legt indes nicht dar, inwiefern es für
die Entscheidung des Rechtsstreits auf diese Frage ankommt. Ihre diesbezüglichen
Darlegungen beziehen sich durchgängig nicht auf die Satzung des Beklagten in der
Fassung vom 13. Dezember 1999, sondern auf die geänderte Fassung vom 3. April
2003. Sie macht nämlich geltend, die den dortigen Gebührensätzen zugrunde lie-
gende Gebührenkalkulation missachte das gemeinschaftsrechtliche Verbot der ge-
sonderten Erhebung von Gebühren für die Untersuchung von Schweinen auf Trichi-
nen (dazu EuGH, Urteil vom 30. Mai 2002 - Rs. C-284/00 und C-288/00 - Stratmann,
Slg. I-4613, 4632 sowie Senat, Beschlüsse vom 28. Juni 2002 - BVerwG 3 BN 5.01,
6.01 und 7.01 - und Urteile vom 9. Oktober 2002 - BVerwG 3 C 17.02 - und vom
14. Oktober 2002 - BVerwG 3 C 16.02 -). Auf die Gültigkeit der Änderungssatzung
kommt es aber, wie gezeigt, nicht an. Im Übrigen würde ihre Ungültigkeit nur dazu
führen, dass die vorherigen Gebührensätze wieder in Kraft träten, auf deren Grund-
lage die vorliegend erhobenen Gebühren berechnet wurden.
Inwiefern das angefochtene Urteil von dem Urteil des Senats vom 29. November
1990 (BVerwG 3 C 77.87 - BVerwGE 87, 154) abweicht (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO), legt die Klägerin nicht dar. Der von ihr bezeichnete Satz dieser Entschei-
dung betraf die Bindungswirkung des Revisionsgerichts an eine in demselben
Rechtsstreit in einem früheren Rechtsgang geäußerte Rechtsauffassung (vgl. § 144
Abs. 6 VwGO). Darum geht es hier nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streit-
werts auf § 52 Abs. 3 GKG.
Prof. Dr. Driehaus
Liebler
Prof. Dr. Rennert