Urteil des BVerwG vom 17.11.2005

Gemeinde, Kreis, Verpachtung, Rechtseinheit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 33.05
VG 7 A 449/02 MD
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. November 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y sowie die
Richter am Bundesverwaltungsgericht L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg
vom 26. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die
Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Einer Rechtssache kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn zu erwarten
ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem
Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Die aufge-
worfene Rechtsfrage muss einen solchen Klärungsbedarf erkennen lassen. Daran
fehlt es u.a. dann, wenn sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
im Wesentlichen bereits beantwortet wurde und von einer weiteren Entscheidung
weder eine Änderung noch eine entscheidungserhebliche Ergänzung zu erwarten
wäre. So liegt der Fall hier.
Die Klägerin sieht die zu klärenden Rechtsfragen hier darin, ob ein überwiegend von
"Nicht-Ortsansässigen" genutztes Naherholungsgebiet dem kommunalen Verwal-
tungs- oder Finanzvermögen zuzuordnen sei. Hierfür sei zu überprüfen, ob diese
"Nicht-Ortsansässigen", die größtenteils einen Zweitwohnsitz im Gemeindegebiet
hätten und eine für die Gemeinde nicht unerhebliche Pacht sowie Zweitwohnungs-
steuer zahlten, als Mitglieder der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2
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GG anzusehen seien und so ein spezifischer örtlicher Bezug des Naherholungsge-
bietes zu der Gemeinde bestehe.
Diese Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Be-
deutung jedoch nicht. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - auf
die die Klägerin auch selbst Bezug nimmt - ist bereits hinreichend geklärt, dass die
Verpachtung von Grundstücken an Private zum Bau von Ferienhäusern bzw. zur
Nutzung für Erholungs- und Urlaubszwecke keine Aufgabe ist, die nach der Rechts-
ordnung des Grundgesetzes im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung wahrge-
nommen wird (vgl. u.a. Beschlüsse vom 22. April 1997 - BVerwG 3 B 129.96 -
Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 26, vom 29. Januar 2002 - BVerwG 3 B 5.02 - Buchholz
111 Art. 22 EV Nr. 34 und vom 3. Dezember 2002 - BVerwG 3 B 133.02 - Buchholz
111 Art. 22 EV Nr. 37). Zugleich hat der Senat in seinen Beschlüssen vom 29. Janu-
ar 2002 und vom 3. Dezember 2002 klargestellt, dass die Verbesserung der örtlichen
Freizeitnutzungs- und Erholungsbedingungen zwar durchaus zu den legitimen kom-
munalen Aufgaben gerechnet werden könne, der unerlässliche soziale oder öffentli-
che Bezug aber jedenfalls dann fehle, wenn die Überlassung der Grundstücke aus-
schließlich zur privatnützigen Verwendung durch beliebige Einzelpersonen und zu
Bedingungen erfolge, die sich in keiner Weise von entsprechenden, allein auf Ge-
winnerzielung gerichteten Verträgen zwischen Dritten unterschieden. Daraus ergibt
sich zugleich, dass die Erzielung von Pachteinnahmen durch die Gemeinde den er-
forderlichen öffentlichen Bezug nicht herstellt. Es ist ebenfalls ständige Rechtspre-
chung, dass für die Annahme kommunalen Finanzvermögens die tatsächliche Nut-
zung bzw. die konkret vorgesehene Nutzung des Vermögensgegenstandes am
3. Oktober 1990 maßgeblich ist (vgl. u.a. Urteile vom 24. März 1994 - BVerwG 7 C
21.93 - BVerwGE 95, 295 <300> und vom 13. September 2001 - BVerwG 3 C
31.00 - BVerwGE 115, 97 <99>). Schon deshalb kann es nicht von Bedeutung sein,
inwieweit von den Pächtern zu einem späteren Zeitpunkt Zweitwohnungssteuer be-
zahlt wurde. Entsprechendes gilt in Bezug auf die von der Klägerin ebenfalls als klä-
rungsbedürftig angesehene Annahme von kommunalem Verwaltungsvermögen; in-
soweit ist nach Art. 21 Abs. 1 und 2 EV die Nutzung zum 3. Oktober 1990 und zum 1.
Oktober 1989 maßgeblich. Schließlich ist der bisherigen Rechtsprechung auch zu
entnehmen, dass es nicht darauf ankommt, ob die Grundstücke für die Pächter ganz-
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jährig nutzbar waren. Entscheidend ist der Kreis der Nutzer, nicht die potentielle
Nutzungsdauer.
Soweit die Klägerin einen Widerspruch des angefochtenen Urteils zum Beschluss
des Senats vom 3. Dezember 2002 daraus herleitet, dass im vorliegenden Fall das
Naherholungsgebiet sowohl von Ortsansässigen als auch von Nicht-Ortsansässigen
genutzt werde, so dass die Allgemeinheit nicht ausgeschlossen sei, wird weder eine
zu klärende Frage grundsätzlicher Bedeutung herausgearbeitet noch sind die Darle-
gungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO für eine Zulassung wegen
Divergenz erfüllt. Gerügt wird damit allenfalls eine - aus Sicht der Klägerin - unzutref-
fende Anwendung des in dieser Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht auf-
gestellten abstrakten Rechtssatzes. Sie verkennt dabei im Übrigen, dass hier nicht
auf das Naherholungsgebiet insgesamt, sondern auf den einzelnen zuzuordnenden
Vermögensgegenstand und dessen Nutzer abzustellen ist.
Kley
Liebler
Prof. Dr. Rennert
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