Urteil des BVerwG vom 25.08.2010

Approbation, Zahnheilkunde, Zahnarzt, Weiterbildung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 31.10
OVG 13 A 2017/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. August 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert und
Buchheister
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Ober-
verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 21. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 40 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I
1. Der Kläger ist approbierter Arzt und hat eine Weiterbildung im Fachgebiet
Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie absolviert. Bis 1999 ist ihm außerdem mit
Blick auf eine in Ungarn abgeschlossene zahnärztliche Ausbildung wiederholt
eine Erlaubnis zur vorübergehenden nicht selbständigen Ausübung des zahn-
ärztlichen Berufs erteilt worden. Anträge auf Erteilung einer zahnärztlichen Ap-
probation wurden von der Bezirksregierung mangels Gleichwertigkeit des Aus-
bildungsstandes abgelehnt oder vom Kläger nach erfolgloser Kenntnisüberprü-
fung zurückgenommen.
Seit einigen Jahren arbeitet der Kläger in einer Fachklinik für Schönheitschirur-
gie und Zahnmedizin. Im Rahmen dieser Tätigkeit extrahiert er Zähne, führt
Kieferaugmentationen durch und bringt Implantate ein. Nach einer Strafanzeige
der Beklagten und der entsprechenden Aufforderung im Strafverfahren hat der
Kläger die Feststellung beantragt, dass er diese Tätigkeiten im Rahmen seines
Fachgebiets als Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg durchführen darf. Die Klage
ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Beschwerde des
Klägers.
2. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Der Rechtssache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im
Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zu. Der Kläger wirft mit den von ihm
formulierten Fragen und seinen weiteren Ausführungen - zusammengefasst -
die Frage auf, ob ein Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie im Rah-
men seines Fachgebietes zahnärztliche Leistungen erbringen darf. Diese Frage
beantwortet sich aus dem Gesetz. Nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Aus-
übung der Zahnheilkunde (ZHG) in der Fassung des Gesetzes vom 21. Juli
2004 (BGBl I S. 1776) bedarf einer Approbation als Zahnarzt, wer die Zahnheil-
kunde dauernd ausüben will. Dass die im Klageantrag aufgeführten Tätigkeiten
für sich genommen eine Ausübung der Zahnheilkunde im Sinne des § 1 Abs. 3
ZHG bedeuten, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und im Übrigen
etwa für das Extrahieren von Zähnen offensichtlich. Daran ändert nichts, dass
der Kläger mit den genannten Tätigkeiten nur einen Teilbereich der Zahnheil-
kunde abdeckt. Auch wer als Arzt nur Zähne extrahiert, übt zweifellos eine
zahnheilkundliche Tätigkeit aus.
Grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen zur Abgrenzung der zahnärztlichen
Tätigkeit von der Tätigkeit des Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschi-
rurgie ergeben sich daraus nicht. Diese ärztliche Weiterbildung setzt nicht nur
nach der hier maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Sächsischen Landes-
ärztekammer - eben weil auch zahnheilkundliche Kenntnisse erforderlich sind -
eine zusätzliche Approbation als Zahnarzt oder wenigstens eine zahnärztliche
Berufserlaubnis voraus. Unter diesen Voraussetzungen kann die Tätigkeit eines
Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie nicht in Konflikt mit dem
Zahnheilkundegesetz geraten.
Der Fall des Klägers weist demgegenüber die Besonderheit auf, dass diese
Weiterbildungsvoraussetzungen nachträglich entfallen sind. Ihm ist letztmalig
bis zum Jahr 1999 eine zahnärztliche Berufserlaubnis erteilt worden und über
eine zahnärztliche Approbation verfügt er weiterhin nicht. Er darf deshalb von
Bundesrechts wegen keine zahnheilkundlichen Tätigkeiten ausüben. Daran
ändert die ihm zuerkannte Facharztbezeichnung nichts. Es versteht sich von
selbst, dass eine ärztliche Weiterbildung, die eine Approbation als Arzt oder
eine ärztliche Berufserlaubnis voraussetzt, nicht mehr zu einer ärztlichen Tätig-
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keit in dem Fachgebiet befugt, wenn der Betreffende die der Berufsausübung
zugrunde liegende Approbation oder Berufserlaubnis verliert. Nichts anderes gilt
für eine ärztliche Weiterbildung, die neben einer Approbation als Arzt eine
Approbation als Zahnarzt oder eine zahnärztliche Berufserlaubnis voraussetzt.
Darauf hat bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen.
Auch die weiteren vom Kläger angeführten Aspekte sind vor diesem Hinter-
grund nicht geeignet, eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Be-
deutung der Rechtssache zu begründen. Unter welchen Voraussetzungen Hals-
Nasen-Ohrenärzte oder Chirurgen Eingriffe in die Mundhöhle vornehmen dür-
fen, wäre aus Anlass dieses Falles nicht zu klären. Ab welcher Häufigkeit
derartiger Eingriffe eine Ausübung der Zahnheilkunde anzunehmen ist, müsste
ebenfalls nicht grundsätzlich geklärt werden; denn die im Klageantrag genann-
ten Tätigkeiten sind nach der eigenen Darstellung des Klägers Teil seiner (re-
gelmäßigen) ärztlichen Tätigkeit in der Fachklinik. Gleiches gilt für die Frage,
wie in der auf die vorherige Fassung des § 1 Abs. 1 ZHG bezogenen Recht-
sprechung des Senats und des Europäischen Gerichtshofs zur Reichweite der
Befugnisse aus einer ärztlichen Approbation der dort wiederholt verwendete
Begriff „generell“ zu verstehen ist. Die aufgeworfenen Fragen der Gleichwertig-
keit des Ausbildungs- oder Kenntnisstandes müsste der Kläger im Approbati-
onsverfahren klären; seine Anträge auf Erteilung einer Approbation als Zahnarzt
sind indes von der Beklagten mangels Gleichwertigkeit abgelehnt oder von ihm
selbst zurückgenommen worden. Die vom Kläger angeführten Vergütungs-
regelungen werfen mit Blick auf § 1 Abs. 1 ZHG und § 2 Abs. 1 BÄO keine klä-
rungsbedürftigen Fragen auf; Vergütungsregelungen können, wie bereits die
Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, die aus der ärztlichen oder zahn-
ärztlichen Approbation folgenden Befugnisse nicht verändern. Im Übrigen erge-
ben sich aus dem Umstand, dass Fachärzte für Mund-, Kiefer- und Gesichtschi-
rurgie zahnärztliche Leistungen abrechnen können, keine Widersprüche, so-
lange sie in ihrer Person die in Rede stehenden Voraussetzungen der Be-
rufsausübung erfüllen. Grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen mit Blick auf
Grundrechte zeigt der Kläger nicht auf. Die von ihm eingeforderte Gleichbe-
handlung mit Zahnärzten ohne vertiefte chirurgische Ausbildung berücksichtigt
ebenso wie die geltend gemachte Verletzung der Berufsausübungsfreiheit (wei-
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terhin) nicht, dass er anders als ein Zahnarzt keine zahnärztliche Approbation
oder Berufserlaubnis und auch kein zahnärztliches Staatsexamen vorweisen
kann. Die entsprechenden Ausführungen des Klägers genügen im Übrigen
schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Gleiches gilt für die Ausführungen zu den gemeinschaftsrechtlichen Bezügen
und einem vom Berufungsgericht verneinten Vertrauensschutz.
Der Kläger zeigt keinen Verfahrensmangel auf. Seine Einwände gegen die Be-
rücksichtigung von in den Akten befindlichen Internetausdrucken greifen unbe-
schadet weiterer Gründe nicht durch, weil die darauf gestützte Erwägung des
Berufungsgerichts, auch aus § 1 Abs. 7 ZHG ergebe sich, dass der Kläger
Zahnheilkunde ausübe, nicht entscheidungserheblich war. Dass das Beru-
fungsgericht die Erforderlichkeit eines Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit
nicht ausreichend begründet und den Gesichtspunkt der Verletzung der Eigen-
tumsfreiheit nicht beleuchtet habe, genügt zur Darlegung eines das gerichtliche
Verfahren betreffenden Mangels nicht.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO abgesehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley
Prof. Dr. Dr. h.c. Rennert
Buchheister
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