Urteil des BVerwG vom 25.08.2015

Auskunft, Verordnung, Erfüllung, Adresse

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 25.15
OVG 2 KO 461/14
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. August 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Rothfuß
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwal-
tungsgerichts vom 9. Dezember 2014 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Rechtssache kommt nicht die allein
geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO zu.
Der Kläger wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von einer in Polen
erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Ihm wurde im
Juli 2001 seine deutsche Fahrerlaubnis wegen regelmäßigen Cannabiskon-
sums entzogen. Bei einer Verkehrskontrolle im Mai 2008 legte er einen am
28. September 2006 ausgestellten polnischen Führerschein der Klassen A und
B und ein polnisches Dokument vom 6. Juni 2006 über einen vorübergehenden
Aufenthalt in Polen vor. Nachdem die Einwohnermeldebehörde der Gemeinde
D. dem Beklagten mitgeteilt hatte, dass der Kläger dort seit dem 15. Juli 2002
mit alleiniger Anschrift gemeldet sei, erkannte ihm der Beklagte mit Bescheid
vom 1. Oktober 2008 das Recht ab, von dieser polnischen Fahrerlaubnis in
Deutschland Gebrauch zu machen. Seiner Klage hat das Verwaltungsgericht
mit Urteil vom 12. Juli 2011 stattgegeben; das Oberverwaltungsgericht hat die-
se Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Es hat im Berufungsver-
fahren eine Auskunft der Stadtverwaltung Szczecin eingeholt. Nach dieser Aus-
kunft vom 11. September 2014 war der Kläger dort vom 8. Mai 2006 bis zum
4. August 2006 sowie vom 8. August 2006 bis zum 31. Dezember 2006 gemel-
det; er habe einen vorläufigen Wohnsitz in Polen gehabt, als seine Fahrerlaub-
nis ausgestellt worden sei; es lägen nach dem örtlichen Register kein anderer
Wohnsitz oder eine andere Adresse in Szczecin/Polen vor. Das Berufungsge-
richt führt zur Begründung aus, diese Angaben seien bei Berücksichtigung und
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Würdigung der Gesamtumstände des Falls unbestreitbare Informationen im
Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG und damit im Sinne von § 28
Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), aus denen geschlos-
sen werden könne, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung
seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in Polen gehabt habe.
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,
"inwieweit prozessrechtliche, konkret beweisrechtliche
Grundsätze des Europäischen Gerichtshofes in der Be-
weiswürdigung der nationalen Gerichte aufzugreifen und
zu berücksichtigen sind."
Zur Begründung legt er dar, weshalb nach seinem Dafürhalten das Berufungs-
gericht hier die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Grundsätze nicht
beachtet habe.
Die angeführte Frage rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Revision we-
gen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Sie würde sich in dieser Allgemeinheit in einem Revisionsverfahren ohnehin
nicht stellen. Auch wenn man sie auf die hier allein entscheidungserhebliche
(Teil-)Frage der nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im
Hinblick auf die Erfüllung des unionsrechtlichen Wohnsitzerfordernisses rele-
vanten und verwertbaren Erkenntnisse begrenzte, bedarf es zu ihrer Klärung
nicht erst der Durchführung eines - weiteren - Revisionsverfahrens; vielmehr
ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit bereits aus der ständigen Rechtspre-
chung des Senats (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 - 3 C 18.12 -
BVerwGE 146, 377 Rn. 19 ff. m.w.N.), dass diese Grundsätze selbstverständ-
lich zu berücksichtigen sind. Davon geht im Übrigen auch das Berufungsgericht
selbst aus. Zudem kann allein mit Ausführungen dazu, weshalb aus Sicht des
Klägers das Berufungsgericht im konkreten Fall diesen Grundsätzen nicht ge-
recht geworden sei, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargetan werden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Kley
Liebler
Rothfuß
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