Urteil des BVerwG vom 13.01.2003

Unterlassen, Saat, Urteilsbegründung, Beschwerdeschrift

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 173.02
VG 30 A 35.01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
und Dr. B r u n n
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin zu 2. gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. August 2002
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin zu 2. trägt die Kosten des Be-
schwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des Verfahrensmangels und der Di-
vergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 2 VwGO) gestützte Beschwerde
bleibt erfolglos, weil sie bereits den Darlegungserfordernis-
sen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt.
1. Im Sinne dieser Bestimmung ist ein Verfahrensmangel nur
dann "bezeichnet", wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich)
begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdi-
gung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 10. No-
vember 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5;
Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde
in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971,
Rn. 222 m.w.N.). Das setzt voraus, dass die zur Begründung
vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, die
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Mängel ergeben (Beschluss vom 18. März 1982 - BVerwG 9 CB
1076.81 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 35).
Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgericht vor, es habe den
Sachverhalt nicht in der durch § 86 Abs. 1 VwGO gebotenen Wei-
se aufgeklärt. Hierzu hätte sie darlegen müssen,
- welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-
rechtlichen Auffassung der Vorinstanz ermittlungs-
bedürftig gewesen wären,
- welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur
Verfügung gestanden hätten,
- aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unter-
bliebene Beweisaufnahme der Vorinstanz hätte auf-
drängen müssen,
- welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussicht-
lich erbracht hätte,
- inwiefern die angefochtene Entscheidung unter
Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung
der Vorinstanz auf der unterbliebenen Sachauf-
klärung beruhen kann und
- dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tat-
sachengericht rechtzeitig gerügt worden ist (vgl.
u.a. Beschluss vom 2. Januar 1997 - BVerwG 8 B 240.96 -).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Ihre
Angriffe richten sich insbesondere gegen die entscheidungstra-
gende Annahme des Verwaltungsgerichts, der frühere VEB Saat-
und Pflanzgut Rostock sei Fondsinhaber der streitbefangenen
Grundstücksfläche gewesen und somit deren Eigentümer geworden.
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Diese Bewertung liegt auch dem angefochtenen Bescheid der Be-
klagten zugrunde. Die Beschwerdeführerin hat die Fondsinhaber-
schaft im vorinstanzlichen Verfahren nicht einmal bestritten,
sondern noch in ihrem Schriftsatz vom 19. August 2002 ledig-
lich als für sie nicht bewiesen bezeichnet. In der mündlichen
Verhandlung hat sie keinen Beweisantrag gestellt. Für den Se-
nat ist offenkundig, dass sie in Wirklichkeit nur eine ihr
günstigere Beweiswürdigung anstrebt. Hierzu ist die Aufklä-
rungsrüge nicht das geeignete Mittel.
Im Übrigen braucht ein Tatsachengericht nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Beweiserhe-
bung durchzuführen, die eine anwaltlich vertretene Partei
nicht beantragt und sich auch nicht aus anderen Gründen aufge-
drängt hat. Die Rüge, der Sachverhalt sei nicht von Amts wegen
erschöpfend aufgeklärt worden, kann nicht dazu dienen, Beweis-
anträge zu ersetzen, die eine Partei selbst zumutbarerweise
stellen konnte, aber zu stellen unterlassen hat. Angesichts
des Schweigens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ei-
nerseits und der vom Verwaltungsgericht für die Fondsinhaber-
schaft des VEB Saat- und Pflanzgut Rostock angeführten Belege
andererseits kann auch keine Rede davon sein, dass sich dem
Gericht die Erhebung weiterer Beweise hätte aufdrängen müssen.
Die Beschwerde wirft dem Verwaltungsgericht noch in mehreren
anderen Punkten vor, den Sachverhalt nicht hinreichend aufge-
klärt zu haben oder auf wichtige Aspekte in der Urteilsbegrün-
dung nicht eingegangen zu sein. Diese Rügen sind eher noch we-
niger substantiiert als die vorstehend erörterte. Der Senat
sieht daher unter Hinweis auf § 133 Abs. 5 Satz 2 (2. Altern.)
VwGO von einer weiteren Begründung ab.
2. Die mit der Beschwerde erhobenen Abweichungsrügen sind
ebenfalls nicht begründet.
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Nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn
das angefochtene Urteil von einer Entscheidung des Bundesver-
waltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Ge-
richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab-
weicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine die Revision er-
öffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn die Vorinstanz in
Bezug auf einen inhaltlich bestimmten entscheidungserheblichen
Rechtssatz abgewichen, also in einer abstrakten Rechtsfrage
anderer Auffassung ist als das Bundesverwaltungsgericht bezie-
hungsweise der Gemeinsame Senat oder das Bundesverfassungsge-
richt. Eine derartige Abweichung wird aus der Beschwerde-
schrift nicht erkennbar. Das Aufzeigen einer - angeblich -
fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen,
die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung auf-
gestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen ei-
ner Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss
vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prü-
fungswesen Nr. 342, S. 55).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die
Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.
Prof. Dr. Driehaus Dr. Borgs-Maciejewski Dr. Brunn