Urteil des BVerwG vom 17.11.2003

Eisenbahn, Begriff, Grundstück, Verfahrensrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 15.03
OVG 20 A 1834/01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2002 wird zu-
rückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 774, 94 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO liegen nicht vor bzw. sind nicht in der nach § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt bzw. bezeichnet.
Dies gilt zunächst im Hinblick auf die erhobene Divergenzrüge. Das Berufungsurteil
stellt keinen allgemeinen Rechtssatz auf, der von der Entscheidung des Bundesver-
waltungsgerichts vom 8. März 1990 (BVerwG 3 C 34.87 - BVerwGE 85, 33) ab-
weicht. Vielmehr greift es den in dieser Entscheidung genannten Rechtssatz aus-
drücklich auf, dass es für die Feststellung des Vorliegens einer "ähnlichen Fläche" im
Sinne des § 5 Abs. 2 BJagdG "im Regelfall" und "grundsätzlich" auf die äußere Ges-
talt der Fläche und ihre Vergleichbarkeit mit den in § 5 Abs. 2 BJagdG ausdrücklich
genannten Flächen ankommt. Es hat nicht, was die Beschwerde offenbar annimmt,
einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass es für die Vergleichbarkeit der Flächen
auf den hegerisch-jagdlichen Wert überhaupt nicht ankomme.
Dessen ungeachtet kann die Divergenzrüge auch deshalb nicht zum Erfolg führen,
weil das Berufungsurteil auf der vermeintlichen Divergenz nicht beruht. Das Beru-
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fungsgericht hat ausdrücklich und selbstständig tragend festgestellt, dass der hege-
risch-jagdliche Wert des Flurstücks 152, um dessen jagdrechtliche Beurteilung es
vorliegend geht, sich im Vergleich mit Wasserläufen, Wegen, Triften und Eisenbahn-
körpern als unerheblich erweist. An diese Feststellung ist das Revisionsgericht ge-
mäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Beschwerdebegründung insoweit keine
zulässigen Verfahrensrügen enthält. Sie rügt zwar, das Berufungsgericht habe es für
ausreichend gehalten sich zur Beurteilung der streitigen Fläche auf die Sichtung des
vorgelegten Fotomaterials zu beschränken und nicht vor Ort den Punkt zu bestim-
men, der den Beginn des zwischen den Parteien streitigen Teiles der Fläche des
Flurstückes 152 ausmache. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht den hege-
risch-jagdlichen Wert der streitigen Fläche ausschließlich nach einem Aktenvermerk
des Beigeladenen beurteilt und sei dem wiederholten Beweisangebot der Klägerin zu
dieser Frage nicht nachgekommen. Damit behauptet die Beschwerde einen Verstoß
gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO. Ein derartiger Verstoß
muss allerdings substanziiert dargelegt werden, wozu die Angabe erforderlich ist,
hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, wel-
che für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Be-
tracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung
der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären;
weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tat-
sachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der
Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden
ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches
Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 19. Au-
gust 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Diesen Anforderungen genügt
die Beschwerde nicht. Sie beschränkt sich im Wesentlichen auf den Vorhalt, das Be-
rufungsgericht habe eine Ortsbesichtigung durchführen und Beweis durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens erheben müssen. Das voraussichtliche Ergebnis
dieser unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung wird hingegen nicht substanziiert dar-
gelegt. Ebenso wenig verhält sich die Beschwerde im Einzelnen zu der Frage, auf
welche Weise im Verfahren vor dem Berufungsgericht auf die Vornahme der unter-
bliebenen Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich die weitere
Sachverhaltsaufklärung dem Berufungsgericht hätte aufdrängen müssen. Angaben
hierzu wären vorliegend insbesondere auch deshalb erforderlich gewesen, weil das
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Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung ausweislich der hierüber gefertigten
Sitzungsniederschrift (vgl. Beiakte Heft 2 Bl. 225) ausdrücklich darauf hingewiesen
hat, sich nach seiner Einschätzung auf Grund der vorliegenden Unterlagen ein
hinreichendes Bild über die tatsächlichen Verhältnisse machen zu können.
Ohne Erfolg bleibt auch die ausdrücklich nur in Bezug auf das Merkmal "Eisenbahn-
körper", sinngemäß aber wohl auch im Hinblick auf das Merkmal der "ähnlichen Flä-
che" erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft seine rechtli-
che Beurteilung des Flurstücks 152 maßgeblich auf die Beschaffenheit der Fläche
zwischen dem zugemauerten Tunnelportal bis zum Beginn des Flurstücks 75 ge-
stützt und damit an einer Fläche vorgenommen, die nicht Streitobjekt sei. Das Be-
schwerdevorbringen richtet sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des Beru-
fungsgerichts. Abgesehen davon, dass Fehler in der Beweiswürdigung revisions-
rechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zu-
zurechnen sind (Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.), trifft der Vorwurf auch in
tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Das Berufungsgericht hat seiner Bewertung nicht das
"falsche" Grundstück zugrunde gelegt. Vielmehr wird nach seinen Feststellungen das
streitbefangene Flurstück durch ein angrenzendes Flurstück "insgesamt in seiner Er-
scheinungsform geprägt". Darüber hinaus reicht nach seinen Feststellungen der
"überwiegend sichtbare Unterbau der Eisenbahn" nicht nur bis an die Grenzen des
Flurstücks 152, sondern "füllt dieses überwiegend aus". Das Berufungsgericht hat
also durchaus eine eigenständige Bewertung des Flurstücks 152 vorgenommen.
Ebenfalls keinen Erfolg kann die Grundsatzrüge haben, die sich auf den jagdrechtli-
chen Begriff des "Eisenbahnkörpers" bezieht. Auf die Auslegung dieses Merkmals
käme es in einem Revisionsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich an, nach-
dem auf Grund der mit zulässigen und begründeten Revisionszulassungsgründen
nicht angegriffenen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts feststeht, dass es sich
bei dem fraglichen Flurstück jedenfalls um eine "ähnliche Fläche" im Sinne des § 5
Abs. 2 BJagdG handelt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streit-
wertes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Dette