Urteil des BVerwG vom 29.06.2006

Berufsfreiheit, Subvention, Pauschal, Rechtseinheit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 147.05
VGH 21 B 02.37
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juni 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision im Beschluss des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 2. August 2005 wird verworfen, soweit
das Klagebegehren die Förderung von 36 vorzeitig errich-
teten zusätzlichen Pflegeplätzen betrifft; im Übrigen wird
die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 1 242 439,30 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig, soweit das Berufungsgericht einen Anspruch
der Klägerin auf Förderung der von ihr bereits vorzeitig errichteten zusätzlichen
36 Pflegeplätze verneint hat. Insoweit ist das angefochtene Urteil darauf ge-
stützt, dass es schon an einer Begründung der Berufung fehle (UA S. 6). Darauf
geht die Beschwerde mit keinem Wort ein. Sie setzt sich vielmehr nur mit den
Gründen auseinander, die das Berufungsgericht dafür anführt, dass auch die
weiteren 18 von der Klägerin geplanten Pflegeplätze nicht förderfähig seien.
Hinsichtlich der vorzeitig errichteten Pflegeplätze fehlt damit die nach § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderliche Begründung der Beschwerde. Deren Not-
wendigkeit drängte sich hier umso mehr auf, weil nach allgemeinen subventi-
onsrechtlichen Grundsätzen die Durchführung einer Investitionsmaßnahme vor
Bewilligung der begehrten Subvention - abgesehen vom Fall der Genehmigung
vorzeitigen Beginns - zum Verlust des Investitionsanspruchs führt, weil die
Subvention den üblicherweise von ihr erwarteten Anstoßeffekt nicht mehr ha-
ben kann.
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Hinsichtlich der 18 weiteren streitigen Pflegeplätze ist die Beschwerde unbe-
gründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132
Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO liegen sämtlich nicht vor.
Der angefochtene Beschluss weicht nicht von dem in der Beschwerde genann-
ten Urteil des Senats vom 13. Mai 2004 - BVerwG 3 C 45.03 - (BVerwGE 121,
23) ab. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn die angegriffene Entschei-
dung sich auf einen in Auslegung einer Norm des revisiblen Rechts gewonne-
nen Rechtssatz stützt, der einem vom Bundesverwaltungsgericht - oder einem
der anderen in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichtshöfe - in Ausle-
gung derselben Norm entwickelten Rechtssatz widerspricht. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde sieht eine Abweichung schon darin, dass das Berufungsgericht
offen gelassen hat, ob die Versagung der Förderung ihrem Gewicht nach einen
Eingriff in das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Grundrecht auf Berufsfreiheit
darstellt, obwohl nach den im Urteil des Senats vom 13. Mai 2004 entwickelten
Maßstäben der Grundrechtseingriff nicht zweifelhaft sein könne. Darin liegt
offensichtlich keine Abweichung, denn das Berufungsgericht widerspricht der
Auffassung des Senats gerade nicht. Es lässt die Frage vielmehr offen, weil es
sie wegen der jedenfalls gegebenen Rechtfertigung des Eingriffs für
unerheblich hält.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerde zur Divergenzrüge betreffen im
Wesentlichen die Frage, ob das Berufungsgericht die Begriffe der Bedarfsge-
rechtigkeit und der Ortsnähe richtig ausgelegt hat. Dazu verhält sich das Urteil
des Senats vom 13. Mai 2004 überhaupt nicht. Es befasst sich vielmehr unter
dem Blickwinkel des Art. 12 GG mit einer landesrechtlichen Investitionsförde-
rung für ambulante Pflegedienste, die beinhaltet, dass die Landkreise und
kreisfreien Städte in überschneidungsfreie Betreuungsbereiche aufzuteilen sind
und in jedem Betreuungsbereich nur ein Pflegedienstträger gefördert wird. Das
wiederum ist nicht Thema des Berufungsurteils. Dementsprechend zeigt die Be-
schwerde keine gegensätzlichen Rechtssätze im angefochtenen Beschluss und
im Urteil des Senats auf. Das gilt insbesondere für die Behauptung, die vom
Berufungsgericht angewandten Grundsätze hätten faktisch eine Monopoli-
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sierung im jeweiligen Förderraum zur Folge. Dies ist eine - schwer nachvoll-
ziehbare - Deduktion der Klägerin und kein vom Berufungsgericht aufgestellter
Rechtssatz.
Der Beschwerde ist auch nicht zu entnehmen, dass die Rechtssache grund-
sätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Die Be-
schwerdebegründung verweist insoweit pauschal auf ihre Ausführungen zur Di-
vergenzrüge. Dort findet sich jedoch keine über den Einzelfall hinausgehende
Frage des revisiblen Rechts, die im Interesse der Rechtseinheit oder zur Fort-
entwicklung des Rechts der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürftig und
zugänglich wäre. Die Begriffe der Bedarfsgerechtigkeit und der Ortsnähe sind
im Bayerischen Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch XI verwendet. Sie
gehören damit zum Landesrecht und sind nicht revisibel. Dass ihre Auslegun-
gen durch das Berufungsgericht Art. 12 GG verletze, wird zwar von der Be-
schwerde behauptet, aber nicht nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere über-
sieht die Beschwerde, dass der Senat in seinem Urteil vom 13. Mai 2004 das
Anliegen, die Förderung nicht bedarfsnotwendiger Einrichtungen zu verhindern,
als legitim angesehen hat (a.a.O. S. 29). Es steht daher außer Frage, dass das
Grundrecht der Berufsfreiheit keinen Rechtsanspruch auf eine öffentliche För-
derung für eine nicht bedarfsnotwendige Einrichtung vermittelt.
Schließlich gehen auch die Verfahrensrügen der Klägerin fehl. Die Berufungs-
entscheidung leidet nicht an einem Aufklärungsmangel und es liegt auch keine
Versagung des rechtlichen Gehörs vor.
Die Klägerin meint, das Berufungsgericht hätte weitere Ermittlungen zum orts-
nahen Bedarf anstellen müssen. Das trifft jedoch nicht zu. Der angefochtene
Beschluss hat die relevanten Umstände sämtlich in den Blick genommen, ist
aber bei ihrer Bewertung zu einem anderen Schluss gekommen als die Kläge-
rin. Das gilt etwa im Hinblick auf die - selbst in Bezug auf den Ort B. - abgele-
gene Lage des Pflegeheims und insbesondere im Hinblick auf die Einschätzung
der Stadt Neumarkt als ortsferner Bereich. Es trifft nicht zu, dass das Beru-
fungsgericht insoweit relevanten Vortrag der Klägerin übergangen hätte oder
verpflichtet gewesen wäre, die Klägerin zu weiterem Vortrag zu ermutigen. Das
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Berufungsgericht war schließlich nicht verpflichtet, die Parteien auf die nach sei-
ner Rechtsprechung im Ausnahmefall bestehende Möglichkeit hinzuweisen,
dass eine Förderung auch für einen ortsfernen Bedarf in Betracht kommen
könne. Eine solche Verpflichtung schied schon deshalb aus, weil diese Förde-
rung nach dem in anderem Zusammenhang getätigten Vorbringen der Beteilig-
ten ohnehin nicht in Betracht kam.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5
Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.
Kley van Schewick Dr. Dette
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