Urteil des BVerwG vom 30.01.2006

Privatisierung, Verwaltungsakt, Rückabwicklung, Eigentum

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 146.05
VG 27 A 353.01
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht K l e y und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom
28. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgrün-
de liegen nicht vor.
1. Die von der Klägerin bezeichneten Fragen verleihen der Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen der von einem Verwaltungsakt Betrof-
fene sein Klagerecht verwirkt, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts geklärt (Urteil vom 7. Februar 1974 - BVerwG 3 C 115.71 - BVerwGE 44, 339
<343 f.>), und zwar auch für den Bereich des Vermögensrechts (Beschluss vom
21. Januar 1999 - BVerwG 8 B 116.98 - Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 19; Urteil vom
12. Dezember 2001 - BVerwG 8 C 17.01 - BVerwGE 115, 302 <310 f.>). Inwiefern
für Fallgestaltungen aus dem Vermögenszuordnungsrecht, in dem sich zwei Zuord-
nungsprätendenten gegenüberstehen, zusätzlicher Klärungsbedarf bestehen sollte,
zeigt die Beschwerde nicht auf. Ebenso wenig macht sie deutlich, inwiefern sich be-
sondere Fragen ergeben sollen, wenn der Verwaltungsakt der Zustellung bedurft
hätte. Stattdessen führt die Beschwerde aus, dass das Verwaltungsgericht die
Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts missachtet habe.
Darin liegt aber lediglich die Rüge einer unzutreffenden Rechtsanwendung im Einzel-
fall.
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b) Die Beschwerde bezeichnet als klärungsbedürftig des Weiteren die Frage, ob es
bei der Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 ZOEG auf den Zeitpunkt des
Erlasses des betreffenden Zuordnungsbescheides ankommt oder auf den Zeitpunkt,
auf den er zurückwirkt. Auch damit ist eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssa-
che nicht dargetan. Es liegt auf der Hand, dass ein Vermögenswert durch den in § 6
Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZOEG angesprochenen Zuordnungsbescheid nur dann der Kom-
mune zugeordnet werden darf, wenn die Voraussetzungen der Vorschrift - auch die
Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 und 3 ZOEG - vorliegen, und dass es deshalb feh-
lerhaft wäre, wenn sich die Zuordnungsbehörde auf eine Prüfung der am 3. Oktober
1990 gegebenen Rechtslage beschränkte. Das hat das Verwaltungsgericht indes
nicht verkannt. Es hat § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZOEG für nicht anwendbar erachtet,
weil der umstrittene Grundstücksteil im Zeitpunkt der Privatisierung der Klägerin nicht
in deren Eigentum gestanden habe. Dann aber stand eine Rückabwicklung zuord-
nungswidriger Folgen der Privatisierung gar nicht in Rede.
2. Die Klägerin legt auch nicht dar, dass das angefochtene Urteil auf einer Abwei-
chung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beruht (§ 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO).
a) Einen rechtlichen Obersatz zu den Grundsätzen der Vertragsauslegung hat das
Verwaltungsgericht nicht aufgestellt. Namentlich hat es nicht angenommen, dass es
bei der Auslegung einer Willenserklärung auf das Verständnis des Empfängers der
Willenserklärung nicht ankomme. Ein solcher Rechtssatz lässt sich den Entschei-
dungsgründen seines Urteils auch nicht mittelbar entnehmen. Schon deshalb kann
keine Divergenz zu den rechtlichen Obersätzen der von der Klägerin angeführten
Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2003 (BVerwG 8 C 6.02 -
Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 56) und vom 20. März 2003 (BVerwG 2 C 23.02 -
Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 14) bestehen. In Wirklichkeit rügt die Klägerin auch
hier wieder nur eine unzutreffende Rechtsanwendung im Einzelfall, nämlich eine un-
zutreffende Auslegung von § 5 Nr. 4 des Vertrages vom 30. April 1996. Das kann
nicht zur Zulassung der Revision führen.
b) Auch zu § 50 VwVfG hat das Verwaltungsgericht einen rechtlichen Obersatz nicht
aufgestellt. Diese Vorschrift hat es überhaupt nicht in den Blick genommen. Wieder
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rügt die Klägerin im Gewande der Divergenzrüge lediglich eine aus ihrer Sicht unzu-
treffende Rechtsanwendung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hin-
gewiesen.
Kley Liebler Prof. Dr. Rennert
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