Urteil des BVerwG vom 20.06.2005

Firma, Bse, Seuche, Mensch

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 139.04
OVG 11 LC 260/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Juni 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k ,
Dr. D e t t e und L i e b l e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 25. Oktober 2004 wird zurückgewie-
sen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 1 130 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Klägerin betreibt einen Rinderschlachthof. Der Beigeladene war Geschäftsführer
der Firma Bio-Prävent GmbH, die von März bis Mai 2001 mit Ausnahmegenehmi-
gung der Freien Hansestadt Bremen im Auftrag der Klägerin Hirnproben geschlach-
teter Rinder auf BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) untersucht hatte. Die
Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme der ihr aufgrund der Testergebnisse der
Firma Bio-Prävent zunächst erteilten Tauglichkeitserklärungen für die Verwendung
der getesteten Tiere.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund des Ver-
fahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
1. Die Beschwerde sieht einen Verfahrensfehler zunächst darin, dass das Beru-
fungsgericht den Sachverhalt hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang Pro-
ben gepoolt worden seien, nicht hinreichend aufgeklärt habe. Dieser Vortrag genügt
schon formal nicht den an eine Aufklärungsrüge nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu
stellenden Darlegungsanforderungen, da jede Aussage dazu fehlt, welche Beweis-
mittel die Vorinstanz insoweit hätte heranziehen können und müssen. Er ist auch
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sachlich nicht berechtigt. Die Tatsache, dass im Labor des Beigeladenen in erhebli-
chem Umfang Gehirnproben von je zwei Rindern zusammengeführt und gemeinsam
untersucht wurden, ist während des gesamten Rechtstreits nicht ernsthaft bestritten
worden. Unter diesen Umständen stellte die aus den Akten ersichtliche ausdrückliche
Erklärung des Beigeladenen gegenüber mehreren Behörden über ein solches Vor-
gehen eine ausreichende Grundlage für eine entsprechende tatsächliche Feststellung
des Berufungsgerichts dar.
2. Einen weiteren Aufklärungsmangel, verbunden mit einer Versagung des rechtli-
chen Gehörs, sieht die Beschwerde darin, dass das Berufungsgericht die angebote-
nen Beweise zur Zuverlässigkeit des angewendeten Tests bei gepoolten Proben
nicht erhoben hat. Auch diese Rüge geht fehl. Das Tatsachengericht ist nicht gehal-
ten Umstände aufzuklären, auf die es - nach seiner insoweit maßgeblichen Rechts-
auffassung - nicht ankommt. Hier hat das Berufungsgericht ausgeführt, Testergeb-
nisse privater Labors hätten nur dann den Tauglichkeitsbescheinigungen zugrunde
gelegt werden dürfen, wenn sie unter strikter Beachtung der Gebrauchsvorgaben des
Herstellers ermittelt worden seien; da diese Gebrauchsvorgaben nach den Feststel-
lungen des Gerichts nur Einzelproben zuließen, kam es auf die Frage der Zuverläs-
sigkeit der Ergebnisse bei gepoolten Proben nicht an.
3. Ein Aufklärungsmangel liegt schließlich auch nicht darin, dass das Oberverwal-
tungsgericht keinen Beweis dazu erhoben hat, ob in der humanmedizinischen Dia-
gnostik das Poolen von Proben inzwischen zur Regel geworden ist. Das Berufungs-
gericht hat den entsprechenden Vortrag des Beigeladenen für unerheblich erklärt,
weil jedenfalls bei einem Testmittel, das sich noch in der Erprobung befand und das
noch nicht endgültig zugelassen war, für die Annahme einer stillschweigenden Zu-
lassung von Poolproben kein Raum gewesen sei. Damit ist der von dem Beigelade-
nen behaupteten Praxis - ihr Bestehen unterstellt - jede Aussagekraft für den hier zu
beurteilenden Diagnosebereich abgesprochen worden. Gründe, die diese Argumen-
tation widerlegen könnten, führt die Beschwerde nicht an. Angesichts des enormen
Gefahrenpotentials, das die BSE-Seuche für Mensch und Tier beinhaltet, sind sie
auch schlechterdings nicht erkennbar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streit-
werts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 47 GKG.
van Schewick Dr. Dette Liebler