Urteil des BVerwG vom 11.02.2003

Rechtliches Gehör, Faires Verfahren, Verfahrensmangel, Rückforderung

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 121.02
VG 2 K 2438/00
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und K i m m e l
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des Ver-
waltungsgerichts Freiburg vom 24. April 2002
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 4 253 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des Verfahrensmangels (§ 132
Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ge-
gen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers führt seine Verfahrens-
rüge nicht auf einen Zulassungsgrund für die begehrte Revi-
sion.
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist
nur dann "bezeichnet" (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn er so-
wohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch
in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird
(vgl. Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 -
Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5; Weireuther, Revisionszulassung
und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obers-
ten Bundesgerichte, 1971, Rn. 222 m.w.N.). Er setzt voraus,
dass die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtig-
keit unterstellt, die Mängel ergeben (Beschluss vom 18. März
1982 - BVerwG 9 CB 1076.81 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 35).
Die Beschwerde hält dem Verwaltungsgericht einen Verstoß gegen
den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör und faires Ver-
fahren (Art. 103 Abs. 1 GG) vor, der nach ihrer Auffassung in
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dem fehlenden Hinweis des Gerichts darauf zu sehen sei, dass
eine Haftung des Klägers für die Rückzahlungsforderung seinem
Vater gewährter Lastenausgleichsleistungen als dessen Erbe ge-
mäß §§ 1967, 2028 BGB in Betracht komme, ohne dass die Voraus-
setzungen des § 349 Abs. 5 Satz 1 LAG vorlägen. Die Beschwer-
debegründung ist jedoch nicht geeignet, den behaupteten Ver-
fahrensmangel ausreichend als Zulassungsgrund zu bezeichnen.
Wie der Kläger selbst einräumt, hat das Gericht auf den recht-
lichen Gesichtspunkt der möglicherweise neben § 349 Abs. 5
Satz 1 LAG hier weiterführenden Haftung nach dem allgemeinen
Erbrecht im Beschluss vom 16. April 2002 hingewiesen. Inwie-
weit dieser Hinweis den rechtsanwaltlich vertretenen Kläger zu
dem Schluss veranlasst haben soll, damit stehe der Erfolg sei-
ner Anfechtungsklage in diesem Verfahren fest, ist nicht nach-
vollziehbar. Laut Gerichtsprotokoll nahm er mit seinem Pro-
zessbevollmächtigten an der Verhandlung vom 24. April 2002
teil, in der unter anderem die Sachdienlichkeit seines Antra-
ges erörtert wurde. Er hätte bei Zweifeln sowohl seinen Anwalt
als auch das Gericht um Aufklärung bitten können. Außerdem
hätte zur Begründung der Verfahrensrüge als Zulassungsgrund
jedenfalls der substantiierte Vortrag gehört, welche Tatsachen
bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorge-
tragen worden wären und dass diese Tatsachen zur Klärung der
Rechtslage im Sinne der Partei geeignet gewesen wären
(vgl. Beschluss vom 31. Juli 1985 - BVerwG 9 B 71.85 - NJW
1986, 3221). Diesen Vortrag lässt die Beschwerdebegründung
vermissen. Außer einer pauschalen Behauptung, der Kläger habe
dann auf die Unrichtigkeit der beabsichtigten Entscheidung des
Verwaltungsgerichts hinweisen können, enthält sie keinen sach-
dienlichen Hinweis. Deshalb ist auch die für einen Zulassungs-
grund notwendige Einschätzbarkeit, inwiefern das Urteil auf
der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs beruhen kann
oder für den Kläger günstiger ausgefallen wäre (vgl. BVerwG,
Urteil vom 5. Februar 1962 - BVerwG 6 C 154.60 - BVerwGE 13,
338, 339 ff.), nicht möglich.
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2. Auch mit der Behauptung, der Rechtssache komme grundsätzli-
che Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, kann
die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in
dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher
höchstrichterlich nicht entschiedenen, in ihrer Bedeutung über
den vorliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu er-
warten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h., näher ausgeführt werden, dass und
inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage im allgemeinen Interesse
klärungsbedürftig ist und warum ihre Klärung in dem beabsich-
tigten Revisionsverfahren erwartet werden kann. Daran fehlt es
hier.
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die
Rückforderung der Lastenausgleichsleistung vom Erben eines
Empfängers über den Wortlaut des § 349 Abs. 5 LAG hinaus mög-
lich ist. Er verkennt, dass sich das Bundesverwaltungsgericht
mit dieser Frage bereits früher auseinandergesetzt und sie be-
jaht hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Januar 1963 - BVerwG 5 C
74.62 - BVerwGE 15, 234 ff.). Weiter hat es sich mit der Prob-
lematik der Rückzahlungsverpflichtung von Erben im Lastenaus-
gleichsrecht in neuerer Zeit u.a. im Urteil vom 20. Juni 2002
- BVerwG 3 C 1.02 - NJW 2002, 3189 befasst. Die lediglich pau-
schale Kritik an der inhaltlichen Richtigkeit des angefochte-
nen Urteils - ohne Auseinandersetzung mit der bereits beste-
henden Rechtsprechung – legt den weiteren Klärungsbedarf nicht
dar (§ 133 Abs. 3 VwGO) und führt somit nicht auf einen Revi-
sionszulassungsgrund.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Ent-
scheidung über den Wert des Streitgegenstandes folgt aus § 13
Abs. 2 GKG.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Kimmel