Urteil des BVerwG vom 09.05.2005

Rechtliches Gehör, Form, Rüge, Gerichtsverfahren

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 114.04
VG 2 A 286/03 DE
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Mai 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k und Dr. D e t t e
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dessau vom
2. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
- 2 -
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Kläger begehrt seine berufliche Rehabilitierung im Hinblick auf den im August
1982 erlittenen Verlust einer Stelle als stellvertretender Gruppenleiter und der damit
verbundenen Funktionen.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die von dem Beschwerdeführer ausschließlich
geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) in Gestalt einer Ver-
letzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs und einer unzurei-
chenden Erörterung von aus seiner Sicht maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen
durch das erstinstanzliche Gericht liegen nicht vor.
Die Beschwerde rügt zunächst, das Verwaltungsgericht sei der Frage der sozialen
Deklassierung des Klägers durch die Herabstufung im August 1982 "nicht ausrei-
chend nachgegangen". Dazu wiederholt sie das erstinstanzliche Vorbringen aus dem
Schriftsatz vom 24. Mai 2004. Dieses Vorbringen hat das Gericht im angefochtenen
Urteil jedoch unzweifelhaft zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen und
damit dem Anspruch auf rechtliches Gehör Genüge getan. Es hat die tatsächlichen
Vorgänge und den Vortrag des Klägers zu diesem Punkt im Tatbestand gerafft wie-
dergegeben und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, die Kammer könne nicht
feststellen, dass der Kläger durch den Verlust einer Funktion einen fassbaren sozia-
len Ansehensverlust habe hinnehmen müssen. Dass das Gericht mit dieser Beurtei-
lung nicht der Bewertung des Klägers gefolgt ist, begründet keine Verletzung des
rechtlichen Gehörs, denn dieses schützt die Beteiligten nicht davor, dass ein Gericht
einzelne Tatsachen oder Erkenntnisse oder bestimmtes Vorbringen von Beteiligten
entweder aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts bei seiner Entschei-
dung unberücksichtigt lässt oder tatsächlich bzw. rechtlich anders bewertet als die
Verfahrensbeteiligten (vgl. etwa Beschluss vom 5. Februar 1999 - BVerwG 9 B
797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3 m.w.N.).
- 3 -
Ebenso fehl geht die Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine Erörterungspflicht
nach § 104 VwGO verletzt, indem es in der mündlichen Verhandlung seine Ein-
schätzung bestimmter Fragen - etwa der Bedeutung des Aufhebungsvertrages vom
April 1984 - nicht erörtert und dadurch dem Kläger nicht die Möglichkeit gegeben ha-
be, dagegen zu argumentieren. Die prozessuale Pflicht des § 104 Abs. 1 VwGO soll
verhindern, dass die Prozessparteien bei ihrer Argumentation und ihrem Sachvortrag
wesentliche Gesichtspunkte übersehen und infolgedessen vor der Entscheidung des
Gerichts nicht das ihnen nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO zustehende
rechtliche Gehör erhalten. Diesem Anliegen wurde das Verfahren des Verwaltungs-
gerichts voll gerecht. Die vom Kläger insoweit angesprochenen Punkte waren im
Verwaltungs- wie im Gerichtsverfahren ausführlich schriftsätzlich erörtert worden.
Ihre rechtliche Relevanz lag auf der Hand. Es bestand daher keine Notwendigkeit,
auf sie eigens hinzuweisen. Dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung gehin-
dert worden wäre, dazu noch einmal Stellung zu nehmen, macht er selbst nicht gel-
tend. Angesichts der Dauer der Verhandlung, die an zwei Tagen stattfand und sich
über mehr als zwei Stunden erstreckte, fehlt auch jeder Anlass für die Annahme, das
Recht des Kläger zum Vortrag seiner Standpunkte sei in irgendeiner Form beschnit-
ten worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streit-
werts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 52 Abs. 3 i.V.m. § 47 GKG.
Prof. Dr. Driehaus
van Schewick
Dr. Dette