Urteil des BVerwG vom 04.06.2009

Gesetzliche Vermutung, Anzeigepflicht, Fristbeginn, Unternehmen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 112.08
VG W 6 K 06.1119
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dette und Prof. Dr. Rennert
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichts Würzburg vom 16. Juli 2008 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 4 660,25 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Klägerin wendet sich als Erbeserbin des unmittelbar Geschädigten und al-
leinigen Anteilseigners der F. L. KG gegen einen nach § 335b i.V.m. § 349 des
Lastenausgleichsgesetzes - LAG - ergangenen Bescheid der Regierung von
Unterfranken. Darin wird festgestellt, dass durch die nach § 31 Abs. 5 des Ver-
mögensgesetzes - VermG - vereinbarte Auskehr des Erlöses aus der Veräuße-
rung des als Unternehmensrest verbliebenen Betriebsgrundstücks der im Jahre
1985 festgestellte Wegnahmeschaden am Betriebsvermögen der KG voll aus-
geglichen worden sei. In dem Bescheid wird zugleich darauf hingewiesen, dass
die Feststellung der Höhe des Schadensausgleichs verbindliche Grundlage für
eine eventuelle Rückforderung gewährter Hauptentschädigung nach § 349 LAG
durch das allgemein zuständige Ausgleichsamt sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil bei Schadensaus-
gleichsleistungen nach dem Vermögensgesetz der festgestellte Schaden nach
§ 349 Abs. 3 Satz 4 LAG in voller Höhe als ausgeglichen gelte.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem
Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
1. Die Klägerin hält zunächst sinngemäß für klärungsbedürftig, ob aus § 349
Abs. 5 Satz 2 LAG a.F. (= § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG n.F.) eine Anzeigepflicht
des Erben des Empfängers von Schadensausgleichsleistungen folgt, wenn er
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keine Kenntnis von Hauptentschädigungszahlungen nach dem Lastenaus-
gleichsgesetz an den Erblasser haben konnte.
Diese Frage rechtfertigt schon deswegen nicht die Zulassung der Revision, weil
die Anzeigepflicht oder deren Verletzung für die angegriffene Entscheidung oh-
ne Bedeutung war. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass
diese Pflicht ausschließlich für den bereits angekündigten, aber noch nicht er-
lassenen Rückforderungsbescheid von Belang ist. Das gilt auch für die unmit-
telbar anschließende Frage der Klägerin nach der Berechnung der Verjäh-
rungsfrist. Unabhängig davon hat der Senat - soweit den von der Klägerin ge-
stellten Fragen ein über den Fall hinausweisender Gehalt hätte entnommen
werden können - bereits in seinem Urteil vom 30. April 2008 - BVerwG 3 C
17.07 - (Buchholz 427.3 § 349 LAG Nr. 15) die notwendigen Antworten gege-
ben. Soweit die Klägerin für die Relevanz ihrer Fragen darauf verweist, dass
das Verwaltungsgericht im Falle eines eindeutigen Verstreichens der Rückfor-
derungsfrist ein Bedürfnis für einen Bescheid nach § 335b LAG bezweifelt, er-
gäbe sich aus einer solchen - gegebenenfalls unnötigen - behördlichen Rege-
lung keine Rechtsverletzung der Klägerin, ganz abgesehen davon, dass auf der
Grundlage der nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen tatsächlichen Fest-
stellungen des Verwaltungsgerichts eine eindeutige Fristüberschreitung nicht
ernstlich angenommen werden kann, sondern im Gegenteil eine bereits einge-
tretene Verjährung oder gar Verwirkung offensichtlich ausscheidet.
2. Die weitere mit der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die gesetzliche
Vermutung des § 349 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Satz 4 LAG, dass bei Schadenser-
satzleistungen nach dem Vermögensgesetz der festgestellte Schaden in voller
Höhe ausgeglichen sei, dann nicht eintrete, wenn sich der Antragsteller mit der
Behörde auf Schadensersatzleistungen hinsichtlich nur eines bestimmten Ver-
mögensgegenstandes vergleichsweise einige, und die damit verbundene zu-
sätzliche Frage, ob die gesetzliche Vermutung widerlegt werden könne, gehen
beide an den von der Vorinstanz festgestellten Tatsachen vorbei, so dass auch
insoweit eine Zulassung der Revision nicht in Betracht kommt. Den die Revisi-
onsinstanz nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Ausführungen
des Verwaltungsgerichts lässt sich entnehmen, dass mit der vereinbarten Erlös-
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auskehr für das Betriebsgrundstück alle vermögensrechtlichen Ansprüche, und
zwar nicht nur in Bezug auf diesen Vermögensgegenstand, sondern auf das
Unternehmen insgesamt abgegolten sein sollten und dass diese Einigung durch
Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen be-stätigt
worden ist. Ausgehend davon stellen sich die auf die lastenausgleichsrechtliche
Bewältigung einer vermögensrechtlichen Teilrückgabe oder eines nur teilweise
geleisteten Schadensausgleichs zielenden Fragen von vornherein nicht.
3. Schließlich kann auch die auf den Umfang der Informationspflicht der Ver-
mögensbehörden gegenüber dem Lastenausgleichsamt gerichtete Frage nicht
zur Zulassung der Revision führen. Abgesehen davon, dass es hier wiederum
um die in diesem Verfahren nicht erhebliche Verjährungs- oder Verwirkungsfra-
ge geht, bestimmt sich der Beginn der Verjährung nach § 349 Abs. 5 Satz 4
LAG ausschließlich nach der Kenntnis der Ausgleichsbehörde von den im Ge-
setz genannten Umständen, gleichgültig worauf diese Kenntnis beruht (vgl. Ur-
teil des Senats vom 30. April 2008 a.a.O.). Es ist daher für den Fristbeginn oh-
ne Belang, ob und inwieweit die Vermögensbehörden etwaige Mitteilungspflich-
ten gegenüber den Ausgleichsbehörden verletzt haben; jedenfalls entbinden
solche Pflichtverletzungen den Empfänger der Schadensausgleichsleistungen
und dessen Erben nicht von den ihnen nach § 349 Abs. 5 Satz 3 LAG oblie-
genden Mitwirkungspflichten.
Von einer weiteren Begründung seines Beschlusses sieht der Senat gemäß
§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Kley
Dr. Dette
Prof. .Dr. Rennert
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