Urteil des BVerwG vom 26.10.2006

Cannabis, Anbau, Ermessen, Arzneimittel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 109.06
OVG 13 A 2483/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Oktober 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Kley
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht van Schewick und Dr. Dette
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsge-
richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Juli 2006
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund
des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine
grundsätzliche Bedeutung.
Der Kläger sieht die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig an, ob und unter
welcher Voraussetzung eine Genehmigung zum Anbau von Cannabis zum
Zwecke des Eigenkonsums im öffentlichen Interesse liegt und deshalb nach § 3
Abs. 2 2. Altern. BtMG ein entsprechender Antrag positiv zu bescheiden ist.
Diese Frage geht in ihrem zweiten Teil offenkundig von falschen rechtlichen
Voraussetzungen aus. Selbst bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses stellt
§ 3 Abs. 2 BtMG die Erteilung einer Erlaubnis zum Anbau von Betäubungsmit-
teln, zu denen Cannabis unzweifelhaft gehört, in das Ermessen des Bundesin-
stituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Auch der erste Teil der Frage be-
darf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, weil sie bereits höchstrich-
terlich beantwortet ist. In seinen Urteilen vom 21. Dezember 2000 - BVerwG
3 C 20.00 - (BVerwGE 112, 314, 315) und vom 19. Mai 2005 - BVerwG 3 C
17.04 - (Buchholz 418.35 § 3 BtMG Nr. 5) hat der Senat ausgesprochen, ein öf-
fentliches Interesse sei gegeben, wenn das Vorhaben zumindest auch einem
gegenwärtigen Anliegen der Allgemeinheit entspreche. Damit ist auf abstrakter
Ebene das Merkmal des öffentlichen Interesses definiert.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerde zeigen allerdings, dass es dem
Kläger letztlich nicht um diese abstrakte Definition sondern um die Frage geht,
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ob allein der Wunsch, Cannabis zum Eigenverbrauch anzubauen, ein öffentli-
ches Interesse begründet. Auch diese Frage ist jedoch im Urteil des Senats
vom 21. Dezember 2000 bereits beantwortet. Wenn es dort heißt, die Bevölke-
rung habe keinerlei Vorteil von einer Freigabe des Cannabis-Anbaus zum
Zweck der Religionsausübung (a.a.O. S. 316), so schließt das die Aussage ein,
dass erst recht die vom Kläger verlangte völlige Freigabe des Cannabis-Anbaus
kein Anliegen der Allgemeinheit ist. Der Kläger bestreitet selbst nicht, dass dies
der Wertung des Gesetzgebers, wie sie im grundsätzlichen Verbot des § 3
BtMG zum Ausdruck kommt, entspricht. Es ist daher ausgeschlossen, auf der
Grundlage dieser Regelung dem Begehren des Klägers zu entsprechen.
Auch der Vortrag, die Regelung habe sich als untauglich zum Schutz der Volks-
gesundheit erwiesen und sei damit gescheitert, verleiht der Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung. Die insoweit vorgetragenen Argumente sind weder
neu noch überzeugend. Der Senat hat dazu bereits in seinem Urteil vom
21. Dezember 2000 (a.a.O. S. 320) ausgeführt, dass der Beweis einer generel-
len Unbedenklichkeit des Genusses von Cannabis-Produkten nicht erbracht sei.
Das wird auch vom Kläger eingeräumt. Unter diesen Umständen steht es im
Ermessen des Gesetzgebers, den auch nach dem jetzigen Erkenntnisstand
verbleibenden nicht unbeträchtlichen Gefahren und Risiken durch ein generel-
les Anbauverbot zu begegnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. März 1994
- 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 181).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG,
Kley van Schewick Dr. Dette
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