Urteil des BVerwG vom 06.03.2003

Unrichtigkeit, Strafurteil, Strafbefehl, Tatsachenfeststellung

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BESCHLUSS
BVerwG 3 B 10.03
OVG 13 A 683/00
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. März 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B o r g s – M a c i e j e w s k i
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision im Beschluss des Ober-
verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 12. November 2002 wird zurückge-
wiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 51 129 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte
Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Die Rechtssache hat nicht die ihr vom Kläger beigelegte grund-
sätzliche Bedeutung.
Der Kläger sieht die Frage als klärungsbedürftig an, ob es dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt, wenn die Verwaltungsbe-
hörde bzw. die Verwaltungsgerichte in tatsächlicher Hinsicht
von dem strafgerichtlich festgestellten Sachverhalt ausgehen,
oder ob ihnen insoweit in eigener Beurteilung Spielraum zu-
steht. Diese Frage rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulas-
sung der Revision, weil sie sich so in einem Revisionsverfah-
ren nicht stellen würde. Entgegen der Annahme der Beschwerde-
begründung hat das Berufungsgericht der strafgerichtlichen Be-
urteilung des Klägers keine Bindungswirkung beigemessen. Es
hat vielmehr den Verwaltungsgerichten das Recht zugesprochen,
in einem Verwaltungsrechtsstreit auf die Feststellungen des
Strafgerichts zurückzugreifen, wenn nicht gewichtige Anhalts-
punkte für die Unrichtigkeit der strafgerichtlichen Tatsachen-
feststellung gegeben sind. Diese Auffassung des Berufungsge-
richts wirft schon deshalb keinen Klärungsbedarf auf, weil sie
mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats überein-
stimmt. Im Urteil vom 26. September 2002 – BVerwG 3 C 37.01 –
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hat der Senat ausgesprochen, dass im Rahmen von Approbations-
Widerrufen selbst die in einem rechtskräftigen Strafbefehl
enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen re-
gelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen
Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dür-
fen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Un-
richtigkeit solcher Feststellungen ergeben. Für ein auf der
Grundlage einer Hauptverhandlung ergangenes Strafurteil muss
dies erst recht gelten.
Der Hinweis des Klägers, dass er nach wie vor erhebliches An-
sehen bei seinen Privatpatienten genieße, führt ebenfalls
nicht auf eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Frage,
ob ein Arzt durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und
das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung seines Berufes un-
abdingbar nötig ist, und ob er deshalb unwürdig für die Aus-
übung dieses Berufs ist, unterliegt objektiven Beurteilungs-
maßstäben und ist unabhängig von zufälligen Umständen des Ein-
zelfalles wie mangelnder Kenntnis der Umgebung vom Fehlverhal-
ten oder mangelnder Sensibilität bei dessen Einschätzung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die
Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Borgs-Maciejewski