Urteil des BVerwG vom 06.07.2004

Politische Verfolgung, Alter, Diskriminierung, Qualifikation

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 3 B 1.04 (3 PKH 1.04)
VG 26 A 8.98
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juli 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k ,
Dr. D e t t e und L i e b l e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom
10. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe für die Durch-
führung des Beschwerdeverfahrens zu gewähren und ihre Pro-
zessbevollmächtigte beizuordnen, wird abgelehnt.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 4 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht
vor.
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung nach dem
BerRehaG zum Zwecke des rentenrechtlichen Nachteilsausgleichs. Sie schloss 1964
erfolgreich ein Journalistikstudium (Gesamtergebnis "gut") ab und nahm anschlie-
ßend verschiedene Tätigkeiten als Diplomjournalistin wahr. Dabei sei es jedoch nach
Angaben der Klägerin zu Problemen gekommen, weil sie die Erwartungen der politi-
schen Leitung im Hinblick auf linientreue Berichterstattung und eine von der Parteipo-
litik geprägte Tätigkeit nicht erfüllte bzw. erfüllen wollte. Insgesamt sei sie in ihrem
Berufsleben nie in der Lage gewesen, eine Tätigkeit entsprechend ihrer hohen Quali-
fikation, die sie für leitende Tätigkeiten prädestiniert hätte, auszuüben und eine ent-
sprechende auch ökonomisch zumindest zufriedenstellende Lebensweise zu führen.
Ausgangspunkt für diese politische Diskriminierung sei allein die Durchführung der
Konfirmation gewesen, die ihren ganzen Lebensweg - für sie nicht sichtbar, jedoch
vorhanden - negativ bestimmt habe. So sei sie in ihrem speziellen Einzelfall bereits
im jugendlichen Alter von 15 Jahren Opfer einer politischen Verfolgung wegen "nicht
angepassten religiösen Verhaltens" geworden. Diese Tatsache werde durch die Er-
klärung der Lehrerin der Klägerin, Frau Helga Skell, belegt.
1. Die von der Klägerin augenscheinlich für grundsätzlich klärungsbedürftig gehalte-
ne Frage, inwieweit eine politische Verfolgung wegen "nicht angepassten religiösen
Verhaltens" die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 und § 3 BerRehaG erfüllt,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Nach § 137 Abs. 2 VwGO ist
das Revisionsgericht an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen
Feststellungen gebunden. Von einer Benachteiligung der Klägerin aus religiösen
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Gründen ist im verwaltungsgerichtlichen Urteil aber mit keinem Wort die Rede. Eine
Verfahrensrüge, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Sachvortrag
entgegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zur Kenntnis genommen hätte, enthält die Be-
schwerde nicht, denn sie ist allein auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und nicht auch auf
§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützt. Im Übrigen ist den Akten bis zum erstinstanzli-
chen Urteil - insbesondere der anwaltlich formulierten Klagebegründung - auch kei-
nerlei Hinweis auf eine Verfolgung aus religiösen Gründen zu entnehmen.
2. Das Prozesskostenhilfegesuch und der Antrag auf Beiordnung der Prozessbevoll-
mächtigten konnten nach dem Vorstehenden gemäß § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121
ZPO keinen Erfolg haben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
van Schewick
Dr. Dette
Liebler