Urteil des BVerwG vom 07.02.2005

Offenlegung, Geheimhaltung, Verweigerung, Gerichtsverfahren

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 20 F 5.04
OVG 13 F 11160/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts
für Entscheidungen nach § 99 Abs. 2 VwGO
am 7. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. D a w i n und Dr. K u g e l e
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Ober-
verwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Juli 2004 wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat
den Antrag des Klägers zu Recht abgelehnt.
Die mit Schriftsatz vom 11. Mai 2004 im Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungs-
gericht Neustadt an der Weinstraße abgegebene Sperrerklärung des im Zwischenver-
fahren Beigeladenen (§ 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO) ist rechtmäßig. Sie findet ihre
Rechtsgrundlage in § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 VwGO. Danach kann die zuständige
oberste Aufsichtsbehörde u.a. die Vorlage von Akten verweigern, wenn das Bekannt-
werden ihres Inhalts dem Wohl des Landes Nachteile bringen würde. Die Geheimhal-
tung von Vorgängen ist unter diesen Voraussetzungen ein legitimes Anliegen des
Gemeinwohls (vgl. Beschluss vom 29. Juli 2002 - BVerwG 2 AV 1.02 - BVerwGE 117,
8). Der beschließende Senat hat sich von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Akten,
die ihm der Beigeladene auf Aufforderung (§ 99 Abs. 2 Satz 5 VwGO) vorgelegt hat,
durch eigene Durchsicht überzeugt. Die Kenntnis dieser Unterlagen ermöglicht Rück-
schlüsse auf Arbeitsweise und Methoden der Sicherheitsbehörden sowie deren Quel-
len. Dies gilt auch für eine auszugsweise Vorlage von Aktenteilen. Von einer weiteren
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Begründung sieht der Senat gemäß § 99 Abs. 2 Satz 10 Halbsatz 2 VwGO wegen der
gebotenen Geheimhaltung ab.
Der Beigeladene hat bei der Verweigerung der Aktenvorlage auch sein Ermessen
fehlerfrei ausgeübt. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ermächtigt die zuständige oberste Auf-
sichtsbehörde unter den dort genannten Voraussetzungen zur Verweigerung der Ak-
tenvorlage, verpflichtet sie aber nicht dazu. Die Behörde hat vielmehr eine Ermes-
sensentscheidung zu treffen, die unter Abwägung der im Widerstreit stehenden öf-
fentlichen und privaten Interessen vorzunehmen ist. Dabei hat sie nicht nur das Inte-
resse an einer lückenlosen Sachaufklärung durch das Gericht der Hauptsache, son-
dern auch das schutzwürdige Interesse des Klägers an der Rechtsverfolgung einzu-
beziehen. Diese Entscheidung hat der Fachsenat im Zwischenverfahren auf Rechts-
fehler zu überprüfen.
Der Beigeladene hat in die Ermessenserwägung einerseits die große Bedeutung
eingestellt, die der Kläger an der gerichtlichen Verfolgung seines Einbürgerungsinte-
resses hat, dem andererseits aber die große Bedeutung entgegengehalten, die der
Geheimhaltung des Aktenmaterials für das Land zukommt. Er hat dabei in Erwägung
gezogen, dass der Kläger sein Gerichtsverfahren auch ohne Offenlegung der ge-
sperrten Unterlagen in rechtsstaatlich einwandfreier Weise durchführen kann, im Fal-
le der Offenlegung der Unterlagen jedoch die Funktionsfähigkeit der beteiligten Si-
cherheitsbehörden des Landes ernsthaft gefährdet sei. Dies ist im Ergebnis nicht zu
beanstanden.
Zwar steht dem Einbürgerungsbegehren des Klägers der Ausschlussgrund des § 86
Nr. 2 AuslG entgegen, solange sich die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vor-
schrift nicht als unzutreffend erweisen. Doch auch dann, wenn der Kläger die An-
nahme eines Ausschlussgrundes nur nach Offenlegung der Unterlagen entkräften
könnte, aus denen die Sicherheitsbehörden diese Annahme herleiten, wiegt die mit
der Offenlegung verbundene Gefährdung der sicherheitsbehördlichen Aufgabener-
füllung angesichts des vom Senat festgestellten Akteninhalts höher als das individu-
elle Einbürgerungsinteresse des Klägers.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streit-
werts auf § 52 Abs. 2 GKG.
Dr. Bardenhewer Prof. Dawin Dr. Kugele