Urteil des BVerwG vom 27.08.2012

Privates Interesse, Verweigerung, Insolvenz, Offenlegung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 20 F 3.12
VGH 27 F 1730/10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts für Entscheidungen nach
§ 99 Abs. 2 VwGO
am 27. August 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt
beschlossen:
Die Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen
zu 2 gegen den Beschluss des Hessischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 1. Dezember 2011 werden zurückgewie-
sen.
Die Beklagte und der Beigeladene zu 2 tragen je zur Hälf-
te die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1, die
diese selbst trägt.
G r ü n d e :
I
Die Kläger begehren mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden
Verfahren auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes
(IFG) Einsicht in Unterlagen der beklagten Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
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tungsaufsicht, die sie im Zusammenhang mit der Aufsicht über eine in Insolvenz
gefallene Privatbank erhalten hat.
Mit Beschluss vom 30. April 2010 forderte der Verwaltungsgerichtshof als Ge-
richt der Hauptsache die Beklagte auf, die von den Klägern benannten Unterla-
gen vorzulegen. Dem Anspruch der Kläger auf Zugang zu den amtlichen Infor-
mationen stehe allein die Behauptung der Beklagten entgegen, die Gewährung
von Einsicht sei wegen der Notwendigkeit zur Befolgung der Pflicht zur Ver-
schwiegenheit nach § 9 KWG nicht möglich. Ein Ausnahmefall, in dem der Se-
nat ohne Einsicht in die von der Bundesanstalt nicht zugänglich gemachten Vor-
gänge über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KWG
befinden könne, liege nicht vor. Daraufhin gab der Beigeladene zu 2 als oberste
Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 28. Juli 2010 eine Sperrerklärung ab und
führte zur Begründung aus, die in den Akten enthaltenen Vorgänge seien nach
§ 9 Abs. 1 KWG als gesetzlicher Geheimhaltungsvorschrift i.S.d. § 99 Abs. 1
Satz 2 VwGO sowie ihrem Wesen nach geheim zu halten.
Mit Beschluss vom 1. Dezember 2011 hat der Fachsenat des Verwaltungsge-
richtshofs festgestellt, dass die Verweigerung der Vorlage der angeforderten
Unterlagen der Beklagten mit Ausnahme der Nennung der Namen von Kredit-
nehmern in einer Unterlage rechtswidrig ist. Es fehle bereits weitgehend an der
erforderlichen substantiierten Darlegung eines der Tatbestandsmerkmale, die
die Verweigerung der Vorlage der Unterlagen erlaubten. Auf § 99 Abs. 1 Satz 2
VwGO i.V.m. § 9 Abs. 1 KWG könne die Sperrerklärung nicht gestützt werden.
Der Tatbestand der Geheimhaltungspflicht nach einem Gesetz sei nicht bereits
dann gegeben, wenn eine gesetzlich angeordnete Pflicht zur Verschwiegenheit
bestehe. Ob aus anderen Gründen ein fortdauerndes Betriebs- und Geschäfts-
geheimnis des Beigeladenen zu 1 anzunehmen sein könne, lasse sich der Sper-
rerklärung nicht entnehmen. Selbst wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen
für die Verweigerung der Vorlage einzelner - oder gar aller - Unterlagen bejaht
würden, wäre die Sperrerklärung rechtswidrig, da die Ermessenserwägungen
nicht tragfähig seien.
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II
Die zulässigen Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen zu 2 (vgl.
dazu Beschluss vom 23. Juni 2011 - BVerwG 20 F 21.10 - Buchholz 310 § 99
VwGO Nr. 64 Rn. 6) sind nicht begründet. Zu Recht hat der Fachsenat des Ver-
waltungsgerichtshofs festgestellt, dass die Sperrerklärung vom 28. Juli 2010 im
hier angegriffenen Umfang rechtswidrig ist.
1. Der Antrag nach § 99 Abs. 2 VwGO ist zulässig. Das Gericht der Hauptsache
hat, wie als Voraussetzung des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO in der Re-
gel geboten, mit dem Beschluss vom 30. April 2010 - VGH 6 A 1341/09 -
(NVwZ 2010, 1112 ) ausführlich dargelegt, dass die Vorlage der Un-
terlagen für das anhängige Klagebegehren entscheidungserheblich ist.
2. Der Antrag ist auch begründet. Die Sperrerklärung erweist sich - im hier an-
gegriffenen Umfang - als rechtswidrig. Zu Recht geht der Fachsenat des Verwal-
tungsgerichtshofs davon aus, dass es an der ordnungsgemäßen Darlegung ei-
nes Weigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO fehlt.
2.1 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats ist der Fachsenat
des Verwaltungsgerichtshofs davon ausgegangen, dass § 9 Abs. 1 KWG kein
„Gesetz“ i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist. Wie der Senat bereits mehrfach
entschieden hat, kann die Weigerung, die angeforderten Unterlagen vorzulegen,
nicht auf § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 VwGO in Verbindung mit § 9 Abs. 1 KWG ge-
stützt werden (Beschlüsse vom 23. Juni 2011 - BVerwG 20 F 21.10. - Buchholz
310 § 99 VwGO Nr. 64 Rn. 10 ff.; vom 5. Oktober 2011 - BVerwG 20 F 24.10 -
juris Rn. 8 f.; vom 12. April 2012 - BVerwG 20 F 2.11 - juris Rn. 8 f. und vom
25. April 2012 - BVerwG 20 F 6.11 - juris Rn. 9).
Den Beschwerdebegründungen des Beigeladenen zu 2 und der Beklagten ein-
schließlich ihrer ergänzenden Stellungnahmen lassen sich keine Gesichtspunkte
entnehmen, die dem Senat Anlass geben, von seiner Auffassung abzurücken.
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Mit den insbesondere von der Beklagten ausführlich vorgetragenen Einwänden
hat sich der Senat im Wesentlichen bereits auseinander gesetzt. Zu dem Ein-
wand der Beklagten, dass § 9 Abs. 1 KWG in gleicher Weise wie das Steuerge-
heimnis nach § 30 AO als gesetzlicher Geheimhaltungsgrund im Sinne von § 99
Abs. 1 Satz 2 VwGO anzusehen sei (Beschwerdebegründung S. 3 - 6), hat der
Senat klargestellt, dass beide Vorschriften sich wesentlich unterscheiden (Be-
schluss vom 12. April 2012 a.a.O. juris Rn. 9). Auch die von der Beklagten an-
geführten unionsrechtlichen Bestimmungen (Beschwerdebegründung S. 6 - 7)
gebieten keine andere Gesetzesauslegung (Beschluss vom 12. April a.a.O. juris
Rn. 9); die genannten Richtlinien verhalten sich nicht zum Begriff des Gesetzes
i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sondern begründen fachrechtliche Geheimhal-
tungsgründe. Der Einwand des Beigeladenen zu 2 unter Hinweis auf Art. 31 GG,
bei dem Gesetz über das Kreditwesen handle es sich um ein Bundesgesetz
(Beschwerdebegründung S. 2), verkennt, dass § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO als
prozessrechtliche Spezialnorm sowohl landesrechtlich als auch bundesrechtlich
begründeten allgemeinen - fachgesetzlichen - Geheimhaltungsvorschriften vor-
geht. Der Senat hält auch im Lichte der - u.a. unter Bezugnahme auf aktuelles
Schrifttum - vorgetragenen Kritik an seiner bisherigen Rechtsprechung an seiner
Rechtsauffassung fest. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen
auf den Beschluss vom 12. April 2012 - BVerwG 20 F 2.11 - verwiesen. Die Be-
fürchtung der Beklagten, sie habe keine Möglichkeit mehr, nach § 9 Abs. 1 KWG
geschützte Informationen vollen Umfangs durch eine Sperrerklärung zu schüt-
zen (Beschwerdebegründung S. 8), mag Anlass für gesetzgeberische Initiativen
sein. Der Bruch, den die Beklagte zwischen Hauptsacheverfahren und in-
camera-Verfahren beklagt (Beschwerdebegründung S. 9 sowie S. 27 - 30) und
auf den auch der Beigeladene zu 2 abstellt (Beschwerdebegründung S. 2 f.), ist
nach geltender Rechtslage hinzunehmen.
Wie der Senat ebenfalls bereits dargelegt hat, sind die der Aufsicht der Beklag-
ten unterworfenen Unternehmen bei dieser prozessrechtlichen Einordnung der
Verschwiegenheitspflicht nach § 9 KWG nicht schutzlos gestellt (Beschluss vom
5. Oktober 2011 a.a.O. juris Rn. 9). Grundrechtliche Schutzansprüche Dritter be-
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gründen „ihrem Wesen nach“ einen Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99
Abs.1 Satz 2 VwGO, sofern kein überwiegendes öffentliches oder privates Inte-
resse vorliegt, das ausnahmsweise eine Offenbarung rechtfertigt. Hiernach kön-
nen insbesondere die in § 9 Abs. 1 KWG ausdrücklich erwähnten und von
Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäftsge-
heimnisse zu den ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen
zählen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087,
2111/03 - BVerfGE 115, 205 <230 f.>; Beschlüsse vom 8. Februar 2011
- BVerwG 20 F 14.10 - juris Rn. 16 m.w.N. und vom 23. Juni 2011 - BVerwG
20 F 21.10 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 64 Rn.14). Diesen Weigerungsgrund
nimmt die Sperrerklärung, wenn auch im Rahmen der Darlegungen zu § 9
Abs. 1 KWG, mit dem Verweis auf - grundrechtlich geschützte - Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse und personenbezogene Daten jedenfalls in den Blick.
2.2 Ob die mit dem Beweisbeschluss angeforderten Unterlagen wegen fortbe-
stehender Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Beigeladenen zu 1 als In-
solvenzverwalter über das Vermögen der Privatbank dem Wesen nach geheim
zu halten sind und ihre Vorlage deshalb nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ganz
oder teilweise verweigert werden darf, kann - wie der Fachsenat des Verwal-
tungsgerichtshofs zutreffend dargelegt hat - auf der Grundlage der abgegebe-
nen Sperrerklärung nicht nachvollzogen werden. Die Sperrerklärung genügt
nicht den Anforderungen, die an die Darlegung eines Weigerungsgrunds zu stel-
len sind. Der Einwand der Beklagten, der Fachsenat des Verwaltungsgerichts-
hofs überspanne die Anforderungen an die Substantiierung (Beschwerdebe-
gründung S. 23), geht fehl.
Bereits die Sperrerklärung muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass die
in Anspruch genommenen Weigerungsgründe vorliegen. Insoweit muss die
oberste Aufsichtsbehörde - hier der Beigeladene zu 2 - die Akten aufbereiten
und je nach Inhalt der Schriftstücke den behaupteten Weigerungsgrund nach-
vollziehbar darlegen. Die Sperrerklärung muss grundsätzlich eine präzisierende
Umschreibung der Unterlagen enthalten. Dafür genügt es i.d.R. nicht, schlicht
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auf die im Beweisbeschluss aufgeführten Bezeichnungen zu verweisen. Die
Verweigerung der Vorlage von Akten in einem gerichtlichen Verfahren erfordert,
zumal bei umfangreicheren Unterlagen, eine konkrete Zuordnung des Geheim-
haltungsgrundes zu den jeweiligen Aktenbestandteilen. Erst dann ist eine effek-
tive gerichtliche Überprüfung durch den Fachsenat möglich (Beschlüsse vom
8. März 2010 - BVerwG 20 F 11.09 - juris Rn. 10; vom 25. Juni 2010 - BVerwG
20 F 1.10 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 59 Rn. 11; vom 5. November 2008
- BVerwG 20 F 6.08 - juris Rn. 10; vom 12. April 2012 a.a.O. juris Rn. 10; vom
18. April 2012 - BVerwG 20 F 7.11 - juris Rn. 5 und vom 21. August 2012
- BVerwG 20 F 5.12 - Rn. 8). Es ist auch nicht Aufgabe des Fachsenats, die zu-
rückgehaltenen Unterlagen - hier: 50 Aktenbände - an Stelle des Beigeladenen
zu 2 zu sichten und danach zu sortieren, ob der pauschal behauptete Geheim-
haltungsgrund für die jeweilige Aktenseite zutrifft (Beschlüsse vom 18. Juni 2008
- BVerwG 20 F 44.07 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 49 Rn. 6 und vom 11. Juni
2010 - BVerwG 20 F 12.09 - juris Rn. 8). Das ist vielmehr Aufgabe des Beigela-
denen zu 2 als oberste Aufsichtsbehörde; er hat nach Art der Information zu un-
terscheiden und, neben der Präzisierung geschützter personenbezogener Da-
ten, darzulegen, aus welchen Gründen es sich um ein geschütztes, weil exklusi-
ves kaufmännisches Wissen einer Bank handeln soll, an dessen Geheimhaltung
mit Blick auf das Insolvenzverfahren ein berechtigtes Interesse besteht. Die
Wettbewerbsrelevanz der Informationen ist insbesondere für die Unterlagen, die
sich auf bereits länger zurückliegende Vorgänge und eine gegebenenfalls abge-
schlossene Geschäftspolitik beziehen, im Einzelnen darzutun (Beschluss vom
5. Oktober 2011 a.a.O. - juris Rn. 12). Denn neben dem Mangel an Offenkun-
digkeit der Informationen setzt ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ein be-
rechtigtes Interesse des Unternehmens oder des - wie hier - an seine Stelle tre-
tenden Insolvenzverwalters an deren Nichtverbreitung voraus.
Ein solches Interesse versteht sich hier nicht von selbst; es kann nicht in gene-
ralisierender Weise für alle Informationen angenommen werden. Zu Recht hat
der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs dargelegt, dass ein fortbestehendes
Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht für alle Unterlagen, deren Vorlage be-
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gehrt wird, damit begründet werden kann, dass sie im Rahmen der Geltendma-
chung von Ansprüchen gegenüber der Insolvenzmasse verwendet werden
könnten. Ein solcher pauschaler Verweis genügt nicht. Wie der Fachsenat des
Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt hat, ist Schutzzweck des Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisses nicht die Abwehr von Ansprüchen eventueller Gläubiger
gegenüber der Insolvenzmasse im Insolvenzverfahren. Mit dem von der Beklag-
ten kritisierten Kriterium der Wettbewerbsrelevanz (Beschwerdebegründung
S. 16) bringt der Fachsenat zutreffend zum Ausdruck, dass die Offenlegung der
Informationen Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb haben muss. Das bedarf
im Fall eines in Insolvenz gefallenen Betriebs einer besonderen Begründung
etwa durch Erläuterungen zur Werthaltigkeit der jeweils in Rede stehenden In-
formation im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Das gilt umso mehr als die Klä-
ger nach Angaben des Beigeladenen zu 1 „im Kern über die erbetenen Unterla-
gen bereits informiert“ sein sollen und sich „längst verglichen“ haben sollen. Die
allgemeinen Erläuterungen der Beklagten zu den Rechten und Pflichten eines
Insolvenzverwalters und der Verwertung der vorhandenen Masse (Beschwerde-
begründung S. 18 - 20), genügen jedenfalls nicht. Auf den von der Beklagten
angeführten Gesichtspunkt des Vertrauensverlusts und der Ansehensminderung
(Beschwerdebegründung S. 16) wird sich ein Insolvenzverwalter angesichts der
Offenkundigkeit der Insolvenz nicht berufen können. Zu Recht hat der Fachse-
nat des Verwaltungsgerichtshofs auch festgestellt, dass sich der Sperrerklärung
nicht entnehmen lässt, ob aus anderen Gründen ein fortdauerndes Betriebs-
und Geschäftsgeheimnis des Beigeladenen zu 1 anzunehmen sein könnte. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird auf den angefochtenen Beschluss ver-
wiesen.
2.3 Mit dem Einwand der Beklagten, sie habe bei der Prüfung des § 3 Nr. 1
Buchst. d) IFG die „Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen - entgegen der Auf-
fassung des vorlegenden Hauptsachegerichts - ausreichend prognostiziert“ und
diese Abwägung sei im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO - als wesens-
mäßiger Geheimhaltungsgrund - zu beachten (Beschwerdebegründung
S. 9 - 15), kann sie nicht gehört werden. Der Sache nach macht die Beklagte mit
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diesem Vortrag geltend, dass die Offenlegung die effektive Beaufsichtigung des
sensiblen Bereichs der Finanzdienstleistungen beeinträchtigen und damit dem
Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde.
Die Sperrerklärung, die den Gegenstand des Zwischenverfahrens bestimmt,
nennt zwar im Rahmen der Ermessenserwägungen in einem Klammerzusatz
auch den Gesichtspunkt „Schutz der Behördentätigkeit“; als Geheimhaltungs-
grund wird aber lediglich geltend gemacht, dass die Unterlagen nach einem Ge-
setz oder ihrem Wesen nach geheim zu halten seien. Im Übrigen scheint die
Beklagte nicht zur Kenntnis zu nehmen, dass das von ihr in Bezug genommene
Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Dezember 2008 - VG 2 A 132.07 -
zwischenzeitlich wie der Senat im Beschluss vom 23. Juni 2011 ausgeführt hat
(BVerwG 20 F 21.10 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 64 S. 132) für wirkungslos
erklärt worden ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Oktober 2010
- OVG 12 B 5.09 -).
3. Schließlich wäre - wie der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs ebenfalls
zutreffend ausgeführt hat - die Sperrerklärung auch dann rechtswidrig, wenn
entgegen den vorstehenden Ausführungen die tatbestandlichen Voraussetzun-
gen für die Verweigerung der Vorlage gegeben wären. Denn die Ermessenser-
wägungen sind nicht tragfähig. Sie verkennen die Eigenständigkeit der im Rah-
men des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Ermessensausübung (vgl. nur
Beschlüsse vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 =
Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46 Rn. 11, 22 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG
20 F 44.07 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 49).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1, § 162 Abs. 3
VwGO sowie § 100 Abs. 1 ZPO.
Neumann
Dr. Bumke
Brandt
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