Urteil des BVerwG vom 09.01.2014

Berechnung der Frist, Befehl, Soldat, Zustellung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WRB 3.12, 2 WRB 4.12, 2 WRB 5.12
TDG N 6 BLc 2/09
TDG N 6 BLb 2/09
TDG N 6 BLb 3/09
In den Disziplinarsachen
des Herrn ...,
- Verteidiger:
Rechtsanwalt ...,
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Major Preußler und
den ehrenamtlichen Richter Oberstabsgefreiter Pfennig
am 9. Januar 2014 beschlossen:
Die Verfahren BVerwG 2 WRB 3.12, BVerwG 2 WRB 4.12
und BVerwG 2 WRB 5.12 werden zu gemeinsamer Bera-
tung und Entscheidung verbunden.
Die Rechtsbeschwerden gegen die Beschlüsse des Trup-
pendienstgerichts Nord vom 21. Juni 2012 werden zu-
rückgewiesen.
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Die Kosten der Beschwerdeverfahren werden dem ehe-
maligen Soldaten auferlegt.
G r ü n d e :
I
Der ... geborene ehemalige Soldat leistete ab dem 1. Januar 2009 Grundwehr-
dienst bei der ...regiment in S.. Mit Verfügung des Kommandeurs ...kommando
vom 3. April 2009 wurde er nach § 29 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 WPflG vorzeitig aus
der Bundeswehr entlassen, da er trotz Belehrung wiederholt die Ausführung
von Befehlen, sich mit einem vorschriftsmäßigen Haarschnitt zu melden, nicht
befolgt habe und gegen ihn deshalb neben einer Disziplinarbuße in Höhe von
150 € bereits insgesamt 43 Tage Disziplinararrest verhängt worden seien. Nach
seinem bisherigen Verhalten gefährde sein Verbleiben in der Bundeswehr die
militärische Ordnung oder die Sicherheit der Truppe ernsthaft.
Die Anlage 1 zur ZDv 10/5 „Leben in der militärischen Gemeinschaft“ lautet:
„Die Haar- und Barttracht der Soldaten
Die Erfordernisse des militärischen Dienstes hinsichtlich
Funktionsfähigkeit, Unfallverhütung, Ansehen der Bun-
deswehr in der Öffentlichkeit, Disziplin und Hygiene stellen
grundsätzliche Anforderungen an die Haartracht der Sol-
datinnen sowie die Haar- und Barttracht der Soldaten.
sein. Modische Frisuren sind erlaubt; ausgenommen sind
Frisuren, die in Farbe, Schnitt und Form besonders auffäl-
lig sind (z. B. Punkerfrisuren, Irokesenschnitte, grell ge-
färbte Haarsträhnen, Ornamentschnitte).
kurz geschnitten sein, dass Ohren und Augen nicht be-
deckt werden. Es ist so zu tragen, dass bei aufrechter
Kopfhaltung Uniform- und Hemdkragen nicht berührt wer-
den. Nicht erlaubt sind besonders ausgefallene Haar-
schnitte (z. B. Pferdeschwänze, gezopfte Frisuren). Bärte
und Koteletten müssen kurz geschnitten sein. Wenn sich
der Soldat einen Bart wachsen lassen will, muss er dies
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während seines Urlaubs tun. Die oder der Disziplinarvor-
gesetzte kann Ausnahmen genehmigen.
ßigen Sitz der militärischen Kopfbedeckung nicht behin-
dern. Zur Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen und
bei bestimmten Diensten (z. B. Gefechtsausbildung,
Sportausbildung, Teilnahme an Einsätzen und Übungen)
kann die oder der Disziplinarvorgesetzte bei langen Haa-
ren das Tragen eines Haarnetzes befehlen.
4. Auch für Angehörige der Reserve, die Wehrübungen
leisten, muss die Haar- und Barttracht sauber und gepflegt
sein. Unabhängig davon soll die bzw. der Disziplinarvor-
gesetzte das Tragen eines Haarnetzes befehlen, wenn
das Haar in Farbe, Schnitt und Form den vorgenannten
Forderungen nicht entspricht.
Soweit besondere Verhältnisse Abweichungen von den
o.a. Bestimmungen erforderlich machen oder für bestimm-
te Personengruppen (z. B. Soldatinnen und Soldaten in
Auslandsverwendungen, fliegendes Personal, Soldatinnen
und Soldaten im protokollarischen Dienst, Pflegepersonal
in Bundeswehrkrankenhäusern) Sonderregelungen erfor-
derlich sind, sind diese zu befehlen. Zuständig sind die In-
spekteure der Teilstreitkräfte, der Inspekteur des Sanitäts-
dienstes der Bundeswehr und der Inspekteur der Streit-
kräftebasis. Die Befugnis kann delegiert werden.“
Am 30. Januar 2009 verhängte der Chef der ...regiment gegen den ehemaligen
Soldaten eine Disziplinarmaßnahme in Form einer Disziplinarbuße in Höhe von
150 € ohne Bewährung.
Der Tenor lautete:
„Er hat am 26.01.09 in ...-Kaserne, ...str., ... S. sich nicht,
obwohl ihm dies am 23.01.09 durch den Kompaniechef
befohlen wurde, am 26.01.09 mit einer den Bestimmungen
der ZDv 10/5 Anl. 1 Nr. 2 entsprechenden Frisur bei sei-
nem Kompaniechef gemeldet. Statt dessen meldete er
sich am 26.01.09 bei seinem Kompaniechef mit einer
Pferdeschwanz-Frisur, bei der nach wie vor die Haare bei
aufrechter Kopfhaltung Uniform und Hemdkragen berühr-
ten. Dabei erklärte der Soldat, dass er den ihm erteilten
Befehl vom 23.01.09 für unverbindlich und rechtswidrig
halte.“
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Die mit Schreiben vom 4. Februar 2009, eingegangen beim Disziplinarvor-
gesetzten am selben Tag, gegen einen weiteren Befehl vom 2. Februar 2009
gerichtete Beschwerde, verbunden mit dem Antrag, „die Disziplinargeldbuße
aufzuheben“, begründete der ehemalige Soldat insbesondere damit, er habe
den Befehl so verstanden, dass seine am Hinterkopf zusammen- und hoch-
gebundenen Haare erlaubt seien, wenn sie den Kragen nicht berührten. Diesen
Befehl werde er befolgen. Wenn der Befehl so zu verstehen sei, dass er sich
die Haare abzuschneiden habe, um sie offen getragen vom Kragen fernzu-
halten, werde er den Befehl nicht ausführen.
Mit Beschwerdebescheid vom 9. Februar 2009, dem Beschwerdeführer am
10. Februar 2009 ausgehändigt, wies der Kommandeur ... Bataillon ...regiment
den Antrag als zulässig, aber unbegründet zurück. Dagegen erhob der Bevoll-
mächtigte des ehemaligen Soldaten mit Schriftsatz vom 13. Februar 2009, beim
Truppendienstgericht eingegangen am 20. Februar 2009, weitere Beschwerde
(Verfahren BVerwG 2 WRB 3.12).
Nach richterlicher Zustimmung mit Beschluss vom 5. Februar 2009 (Az.: N 6
ASL 10/09) verhängte der Chef der ...regiment am 5. Februar 2009 gegen den
ehemaligen Soldaten einen Disziplinararrest von sieben Tagen. Die sofortige
Vollstreckbarkeit des Arrestes wurde nach § 40 Abs. 1 WDO angeordnet.
Der Tenor lautete:
„Er hat am 04.02.09 in ...-Kaserne, ...str., ... S. sich nicht,
obwohl ihm dies am 02.02.09 durch den KpChef befohlen
wurde, mit einer den Bestimmungen der ZDv 10/5 Anl. 1
Nr. 2 entsprechenden Frisur bei seinem KpChef gemeldet.
Statt dessen meldete er sich am 04.02.09 bei seinem
KpChef mit einer gezopften Frisur, bei der nach wie vor
die Haare bei aufrechter Kopfhaltung den Uniformkragen
berührten. Dabei erklärte der Soldat, dass er den ihm er-
teilten Befehl vom 02.02.09 für ungerecht halte. Diese Be-
gründung führte der Soldat bereits am 26.01.09 seinem
KpChef gegenüber an, als er sich mit nicht veränderter
Frisur bei ihm meldete, obwohl ihm der Befehl dazu mit
Erläuterung des Inhaltes der ZDv 10/5 Anl. 1 Nr. 2 und
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dem Hinweis auf mögliche Folgen des Nichtbefolgens die-
ses Befehls am 23.01.09 vom KpChef erteilt wurde.“
Der Disziplinararrest wurde vom 5. bis 11. Februar 2009 vollstreckt.
Am 6. Februar 2009 legte der Verteidiger des ehemaligen Soldaten beim Kom-
mandeur des ... Bataillons ...regiment Beschwerde gegen den Disziplinararrest
ein. Mit Schreiben vom 8. Februar 2009, bei seinem Disziplinarvorgesetzten
eingegangen am 9. Februar 2009, beschwerte sich der ehemalige Soldat über
den Befehl vom 2. Februar 2009 und wandte sich gleichzeitig gegen den Diszi-
plinararrest vom 5. Februar 2009. Er halte den Befehl seines Kompaniechefs
vom 2. Februar 2009 für unrechtmäßig und unzumutbar und fühle sich in seinen
staatsbürgerlichen Rechten beschränkt. Insbesondere verstoße der Haar- und
Barttrachterlass gegen seine Grundrechte nach Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1,
Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 2 und 3 GG (Verfahren BVerwG 2 WRB 4.12).
Nach richterlicher Zustimmung mit Beschluss vom 17. Februar 2009 (Az.: N 6
ASL 13/09) verhängte der Kommandeur ... Bataillon ...sregiment am
17. Februar 2009 gegen den ehemaligen Soldaten einen Disziplinararrest von
fünfzehn Tagen. Die sofortige Vollstreckbarkeit des Arrestes wurde nach § 40
Abs. 1 WDO angeordnet.
Der Tenor lautete:
„Er hat am 11.02.2009 in S., ...-Kaserne, ...str., Gebäude
..., Raum ..., (der ... Kompanie) den gegen 12.30 Uhr er-
teilten Befehl seines Kompaniechefs, Hauptmann B., im
Beisein des Oberleutnant W., sich am 13.02.2009 um
07.15 Uhr mit einer Frisur zu melden, die den Bestimmun-
gen der ZDv 10/5 ‚Leben in der militärischen Gemein-
schaft’ Anlage 1 Nr. 103 (im Sinne der Haar- und Bart-
tracht der Soldaten gemäß Nr. 2) entspricht, trotz Beleh-
rung über mögliche Konsequenzen der Nichtbefolgung
des Befehls nicht befolgt.“
Der Disziplinararrest wurde vom 17. Februar bis 3. März 2009 vollstreckt.
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Mit Schreiben seines Verteidigers an den Kommandeur ... Bataillon ...regiment
vom 19. Februar 2009, beim Truppendienstgericht Nord eingegangen am
27. Februar 2009, legte der ehemalige Soldat Beschwerde gegen den Diszipli-
nararrest ein (Verfahren BVerwG 2 WRB 5.12).
Zur Begründung trug der ehemalige Soldat vor dem Truppendienstgericht ins-
besondere vor, er habe seine Haare seit ca. acht Jahren wachsen lassen. Sie
erreichten - offen getragen - inzwischen eine Länge von ca. 40 cm. Er spiele in
seiner Freizeit Bassgitarre in einer Rockband. Seine langen Haare seien sein
Markenzeichen, sein gesamtes „Image“, mit dem er bei seinen Freunden, den
Fans der Band und sämtlichen Bekannten „bekannt“ geworden sei. Seine per-
sönliche Identität stütze sich auf seine Haarlänge. Er halte die erteilten Befehle
für rechtswidrig und für ihn unverbindlich, wenn sie notwendig voraussetzten,
dass er seine Haare kürzen müsse, um bei offener Trageweise die Stirn, Ohren
und den Uniformkragen „haarfrei“ halten zu können. Die Befehle verletzten ihn
in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG und verstießen
gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, weil Soldatinnen das Tragen
langer Haare gestattet sei.
Mit Beschlüssen vom 21. Juni 2012 hat das Truppendienstgericht auf der
Grundlage des wie in den angefochtenen Disziplinarverfügungen festgestellten
unstreitigen Verhaltens die weitere Beschwerde gegen die Disziplinarbuße und
die Beschwerden gegen die Disziplinararreste zurückgewiesen. Der ehemalige
Soldat habe jeweils ein Dienstvergehen begangen, weil er die Befehle, mit einer
den Bestimmungen der ZDv 10/5 Anlage 1 Nr. 2 entsprechenden Frisur sich bei
seinem Kompaniechef zu melden, nicht befolgt habe. Die auf den als Anlage 1
in der ZDv 10/5 „Leben in der militärischen Gemeinschaft“ enthaltenen Erlass
„Die Haar- und Barttracht der Soldaten“ gestützten Befehle seien ebenso wie
der - inzident zu prüfende - Haar- und Barterlass rechtmäßig und verletzten den
ehemaligen Soldaten nicht in seinen Grundrechten. Wegen der Einzelheiten der
Begründung wird auf die Beschlüsse vom 21. Juni 2012 - TDG N 6 BLc 2/09,
TDG N 6 BLb 2/09 und 3/09 - Bezug genommen.
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Die Beschlüsse wurden jeweils dem ehemaligen Soldaten am 30. Juni 2012
und seinem Verteidiger am 2. Juli 2012 zugestellt. Mit an das Bundesverwal-
tungsgericht gerichteten Schriftsätzen vom 17. Juli 2012, eingegangen am
20. Juli 2012, ließ der ehemalige Soldat durch seinen Verteidiger jeweils die
vom Truppendienstgericht gemäß § 22a Abs. 2 Nr. 2 WBO zugelassene
Rechtsbeschwerde einlegen, die er jeweils mit Schriftsatz vom 3. September
2012, eingegangen beim Truppendienstgericht Nord am selben Tag, insbeson-
dere wie folgt begründete:
Es sei bereits zweifelhaft, ob die erteilten Befehle dienstlichen Zwecken gedient
hätten. Da mittlerweile sämtliche Laufbahnen der Bundeswehr auch für Frauen
geöffnet seien und diesen das Tragen eines Haarnetzes bei Bedarf gestattet
werden könne, sei davon auszugehen, dass das Tragen eines Haarnetzes glei-
chermaßen geeignet sei, Unfälle zu verhüten wie das Abschneiden langer Haa-
re. Er beanspruche keine besonderen Vergünstigungen, sondern nur, genauso
gestellt zu werden wie dienende Frauen. Der „Haar- und Barterlass“ könne sich
nicht auf eine Ermächtigungsgrundlage stützen. Deshalb gehöre er nicht zur
formell und materiell verfassungsmäßigen Ordnung, weshalb es auch für den
erteilten Befehl selbst an einer entsprechenden Grundlage mangele. Art. 2
Abs. 1 GG könne keinesfalls verfassungsmäßig eingeschränkt werden, weil die
Identität eines Menschen zum geschützten Kernbereich des Rechts auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit und der unantastbaren Sphäre privater Lebensge-
staltung gehöre. Das Truppendienstgericht habe es unterlassen, einen Eingriff
in seine Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG zu prüfen. Dazu gehöre
auch die Identität, hier vermittelt durch die Haartracht. Ebenso habe es nicht
geprüft, ob der Befehl gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus
Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verstoße. Zudem seien die Eingriffe in seine Grund-
rechte durch die Befehle unverhältnismäßig. Jedenfalls habe es mildere Mittel
gegeben als den Eingriff in den Kernbereich seiner Persönlichkeit. Man hätte
ihn gar nicht erst einziehen dürfen oder dort verwenden können, wo Beeinträch-
tigungen - wie bei den Frauen - ausgeschlossen seien.
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Einen ausdrücklichen Antrag hat der Beschwerdeführer nicht gestellt.
Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - und der Bundeswehrdisziplinar-
anwalt halten die Rechtsbeschwerden für unzulässig, weil ihre Begründungen
erst nach Ablauf der Begründungsfristen eingegangen seien. Der Bundeswehr-
disziplinaranwalt trägt ergänzend hilfsweise auch zur Unbegründetheit der
Rechtsbeschwerden vor.
Ebenfalls am 21. Juni 2012 hat das Truppendienstgericht zwei Anträge auf ge-
richtliche Entscheidung des ehemaligen Soldaten gegen zwei weitere Befehle
vom März 2009, sich mit einer den Bestimmungen des Haar- und Barterlasses
entsprechenden Frisur zu melden, abgelehnt. Die dagegen gerichteten Rechts-
beschwerden hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts mit
Beschluss vom 17. Dezember 2013 zurückgewiesen (Az.: BVerwG 1 WRB 2.12
und 1 WRB 3.12).
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die
Akten des Truppendienstgerichts Nord Bezug genommen, die dem Senat bei
der Beratung vorgelegen haben.
II
1. Die Rechtsbeschwerden betreffen die Rechtmäßigkeit von drei Disziplinar-
maßnahmen, deren Beurteilung dieselben Rechtsfragen aufwirft. Sie werden
deshalb zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung verbunden (§ 42 WDO
i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO und § 93 Satz 1 VwGO).
2. Die Rechtsbeschwerden sind zulässig.
Sie sind vom Truppendienstgericht durch Beschlüsse vom 21. Juni 2012 zuge-
lassen worden (§ 42 WDO i.V.m. § 22a Abs. 2 Satz 2 WBO). An diese Ent-
scheidungen ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden (§ 22a Abs. 3 WBO).
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Dass der Beschwerdeführer zwischenzeitlich aus der Bundeswehr entlassen
wurde, berührt die Fortführung der Verfahren nicht (§ 42 Satz 1 WDO i.V.m.
§ 15 WBO).
Die Rechtsbeschwerden sind ausreichend begründet. Dafür reicht der Vortrag
aus, dass die angefochtene Entscheidung des Truppendienstgerichts auf einer
unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen beruht (Beschluss vom
10. November 2010 - BVerwG 2 WRB 1.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 53
Rn. 7). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung. Sie lässt er-
kennen, dass sie die Rechtsgrundlagen für den Erlass der Disziplinarmaßnah-
men nicht als ausreichend erachtet und die Aufhebung der angefochtenen Be-
schlüsse des Truppendienstgerichts und der Disziplinarmaßnahmen begehrt.
Einer ausdrücklichen Antragstellung bedarf es - anders als gemäß § 139 Abs. 3
Satz 4 VwGO - nicht (vgl. dazu Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 22a Rn. 28).
Die Begründung der Rechtsbeschwerden erfolgte auch fristgemäß.
Gemäß § 22a Abs. 4 WBO ist die Rechtsbeschwerde bei dem Truppendienst-
gericht, dessen Beschluss angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zu-
stellung des Beschlusses schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Mona-
ten nach Zustellung des Beschlusses schriftlich zu begründen. Diese Voraus-
setzungen sind hier mit den am 23. Juli 2012 vom Bundesverwaltungsgericht an
das Truppendienstgericht Nord weitergeleiteten und dort innerhalb der Monats-
frist eingegangenen Beschwerdeschriftsätzen des Verteidigers des ehemaligen
Soldaten und den am Montag, den 3. September 2012, beim Truppendienstge-
richt Nord eingereichten Beschwerdebegründungen erfüllt. Zwar wurden dem
ehemaligen Soldaten die Beschlüsse des Truppendienstgerichts vom 21. Juni
2012 bereits am 30. Juni 2012 zugestellt. Da das Truppendienstgericht die Be-
schlüsse aber auch an den Verteidiger zugestellt und nicht nur als Abschrift zur
Kenntnis übersandt hat, ist auf die spätere Zustellung, hier die beim Verteidiger
am 2. Juli 2012, zur Berechnung der Frist abzustellen:
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Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO, der im Beschwerdeverfahren gegen Diszipli-
narmaßnahmen gemäß § 42 WDO anzuwenden ist, ist der Beschluss des
Truppendienstgerichts dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesminister der
Verteidigung nach den Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung zuzustellen.
Der Begriff des „Beschwerdeführers“ bezeichnet im Verfahren nach der Wehr-
beschwerdeordnung eine Beteiligtenstellung. Der Gesetzgeber lässt mit dieser
Funktionsbezeichnung offen, ob ausschließlich an den Soldaten selbst als Be-
schwerdeführer (Naturalpartei) oder aber, wenn wie hier ein solcher bestellt ist,
an dessen Bevollmächtigten als Vertreter zuzustellen ist oder zugestellt werden
kann. Aus dem Wortlaut des § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO folgt zumindest kein Ver-
bot der Zustellung an einen Bevollmächtigten, dessen Bestellung in gerichtli-
chen Wehrbeschwerdeverfahren üblich, in Rechtsbeschwerdeverfahren sogar
obligatorisch ist, soweit der Beschwerdeführer einen Antrag stellt (§ 22a Abs. 5
Satz 1 WBO).
Dem Truppendienstgericht steht ein Wahlrecht zu, den Beschluss dem Be-
schwerdeführer persönlich oder seinem Bevollmächtigten zuzustellen. Wird der
Beschluss - wie hier - sowohl dem Beschwerdeführer als auch dem Bevoll-
mächtigten zugestellt, so richtet sich die Berechnung der Frist nach der zuletzt
bewirkten Zustellung (§ 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO sowie
§ 145a und § 37 Abs. 2 StPO).
§ 18 Abs. 2 Satz 5 WBO trifft keine Aussage zum Verhältnis der Zustellungs-
adressaten, insbesondere regelt er nicht, dass zwingend an den Soldaten oder
an den Bevollmächtigten zuzustellen ist oder es dem Truppendienstgericht frei-
steht, die Zustellung wahlweise an den einen oder anderen mit fristauslösender
Wirkung vorzunehmen. Soweit § 18 Abs. 2 Satz 5 WBO für die Zustellung auf
die Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung verweist, regelt der in Betracht
kommende § 5 WDO lediglich die Art und Weise der Zustellung und trifft damit
ebenfalls keine Aussage zu den Adressaten und zur Reihenfolge der Zustellun-
gen. Auch § 111 Abs. 2 WDO, wonach Urteile in gerichtlichen Disziplinarverfah-
ren zur Fristauslösung zwingend dem Soldaten persönlich zuzustellen sind (vgl.
etwa Beschluss vom 24. Juni 2002 - BVerwG 2 WDB 5.02 - Buchholz 235.0
§ 91 WDO Nr. 1 = NZWehrr 2003, 35 m.w.N.), kann nicht herangezogen wer-
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den, weil es sich bei § 111 Abs. 2 WDO um eine lex specialis handelt, die aus-
schließlich die Zustellung von Urteilen in disziplinargerichtlichen Verfahren be-
trifft. Demgegenüber hat der Gesetzgeber auch in der Wehrdisziplinarordnung
bei Beschlüssen den Zustellungsadressaten offen gelassen (vgl. z.B. § 114
Abs. 4 Satz 2 oder § 117 Satz 2 WDO).
Gemäß § 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO sind daher ergän-
zend die Vorschriften der Strafprozessordnung heranzuziehen. Die Anwendung
von Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung über § 23a Abs. 2 WBO ist
demgegenüber im Bereich der Zustellung in Beschwerdesachen versperrt. Das
ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut, der dem Verweis in Absatz 1 auf die
Wehrdisziplinarordnung den Vorrang einräumt („darüber hinaus“), als auch aus
dem aus den Gesetzgebungsmaterialien ersichtlichen Willen des Gesetzge-
bers: Danach soll die Zustellung in Beschwerdesachen - im Unterschied zu
§ 23a Abs. 2 WBO - einheitlich nach den Regeln der Wehrdisziplinarordnung
erfolgen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher und ande-
rer Vorschriften - Wehrrechtsänderungsgesetz 2007 - BTDrucks 16/7955, S. 35
zu cc).
Gemäß § 145a Abs. 1 StPO gelten der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht
sich bei den Akten befindet, sowie der bestellte Verteidiger als ermächtigt, Zu-
stellungen und sonstige Mitteilungen für den Beschuldigten in Empfang zu neh-
men. Bei entsprechender Anwendung des § 145a Abs. 1 StPO war der Bevoll-
mächtigte des Antragstellers damit befugt, die am 2. Juli 2012 gegen Emp-
fangsbekenntnis zugestellten Ausfertigungen der angefochtenen Beschlüsse
des Truppendienstgerichts in Empfang zu nehmen. Unerheblich ist, dass dem
Antragsteller bereits am 30. Juni 2012 Ausfertigungen der Beschlüsse mit Post-
zustellungsurkunde zugestellt wurden. Denn gemäß § 23a Abs. 1 WBO i.V.m.
§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO und § 37 Abs. 2 StPO richtet sich der Fristbeginn bei
doppelter Zustellung nach der zuletzt bewirkten.
Begann die Frist demnach am Tag nach der Zustellung an den Bevollmächtig-
ten, so endete sie am 3. September 2012, einem Montag, weil das rechnerische
Ende (2. September 2012) ein Sonntag war und daher die Frist erst um 24:00
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Uhr des darauffolgenden Werktags ablief (§ 23a Abs. 1 WBO i.V.m. § 91 Abs. 1
Satz 1 WDO, § 43 Abs. 2 StPO). Innerhalb dieser Frist hat der Antragsteller die
Rechtsbeschwerden begründet.
3. Die Rechtsbeschwerden sind aber unbegründet.
a) Der Senat hat im Rahmen der Rechtsbeschwerde nur zu prüfen, ob die an-
gefochtenen Entscheidungen gegen Rechtsvorschriften verstoßen (vgl. Be-
schluss vom 10. November 2010 a.a.O. Rn. 8). Hinsichtlich der Tatsachen ist
der Senat an die Feststellungen des Truppendienstgerichts gebunden.
Die Entscheidungen des Truppendienstgerichts, die weitere Beschwerde (hin-
sichtlich der Disziplinarbuße) und die Beschwerden (hinsichtlich der Disziplinar-
arreste) des ehemaligen Soldaten gegen die verhängten Disziplinarmaßnah-
men zurückzuweisen, sind im Ergebnis nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das
Truppendienstgericht angenommen, dass der ehemalige Soldat ein Dienstver-
gehen gem. § 23 Abs. 1 SG begangen hat, weil er vorsätzlich gegen seine mili-
tärische Dienstpflicht zum Gehorsam (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG) und zu ei-
nem Verhalten, das der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein
Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), verstoßen hat.
Es kann dahingestellt bleiben, inwieweit den rechtlichen Erwägungen des Trup-
pendienstgerichts im Einzelnen gefolgt werden kann. Insbesondere die vom
Truppendienstgericht angeführte frühere Formel des Bundesverfassungsge-
richts zur Zulässigkeit einer Differenzierung nach dem Geschlecht in dem Urteil
vom 28. Januar 1987 – 1 BvR 455/82 – (BVerfGE 74,163 <179> m.w.N.) ist
durch neuere Entscheidungen überholt und dabei wesentlich enger gefasst wor-
den; differenzierende Regelungen sind danach (nur) zulässig, soweit sie zur
Lösung von Problemen, die ihrer Natur nach nur entweder bei Männern oder
bei Frauen auftreten können, zwingend erforderlich sind (vgl. BVerfG, Urteil
vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 u.a. - BVerfGE 85, 191 <207>; Be-
schlüsse vom 24. Januar 1995 - 1 BvL 18/93 u.a. - BVerfGE 92, 91 <109> und
vom 25. Oktober 2005 - 2 BvR 524/01 - BVerfGE 114, 357 <364>; vgl. über-
sichtlich Osterloh, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 272 ff.). Dass ein ge-
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schlechtsspezifischer Unterschied zwischen der Haartracht von Männern und
von Frauen, wie ihn das Truppendienstgericht annimmt, auch in diesem enge-
ren biologischen Sinne besteht, ist nicht erkennbar.
Die Rechtsbeschwerden sind gleichwohl zurückzuweisen, weil sich die ange-
fochtenen Beschlüsse im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig darstellen
(§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 144 Abs. 4 VwGO).
b) Der ehemalige Soldat, der nicht bestreitet, die Befehle nicht befolgt zu ha-
ben, wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde nicht gegen die Art und die Hö-
he der angefochtenen Disziplinarmaßnahmen, sondern dagegen, dass mit ih-
nen die Regelungen des als Anlage 1 zur ZDv 10/5 ergangenen sogenannten
Haar- und Barterlasses ihm gegenüber durchgesetzt werden sollten und er sei-
ne langen Haare abschneiden sollte. Er hält diesen Erlass für rechtswidrig und
deshalb darauf gestützte Befehle und Disziplinarmaßnahmen für unzulässig.
Der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts hat in seinem ebenfalls
auf Anträge des ehemaligen Soldaten ergangenen Beschluss vom 17. Dezem-
ber 2013 in den Verfahren BVerwG 1 WRB 2.12 und BVerwG 1 WRB 3.12 die
Rechtmäßigkeit des als Anlage 1 zur ZDv 10/5 „Leben in der militärischen Ge-
meinschaft“ ergangenen Erlasses „Die Haar- und Barttracht der Soldaten“ und
der auf seiner Grundlage ergangenen Befehle festgestellt. Der 2. Wehrdienst-
senat des Bundesverwaltungsgerichts nimmt auf die Begründung des zwischen
denselben Beteiligten ergangenen Beschlusses Bezug und schließt sich der
Rechtsauffassung des 1. Wehrdienstsenats an.
c) Da die Befehle vom 23. Januar 2009, 2. und 11. Februar 2009 rechtmäßig
waren, hätte der ehemalige Soldat sie befolgen müssen. Dabei hätte es ihm
freigestanden, nachträglich Beschwerde einzulegen - wie er es getan hat - und
gegebenenfalls vorläufigen Rechtsschutz nach § 3 Abs. 2 WBO, u.U. bei dro-
hender Wiederholungsgefahr auch vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz zu
beantragen.
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Eine Ausnahme im Sinn des § 11 Abs. 1 Satz 3 SG lag nicht vor. Selbst wenn
die Befehle - wie der ehemalige Soldat annahm - rechtswidrig gewesen wären,
wären sie dennoch für ihn verbindlich gewesen, weil sie weder die Menschen-
würde verletzten da dem ehemaligen Soldaten nicht aufgegeben war, die Haa-
re in einer bestimmten, sein Aussehen möglicherweise entstellenden Art und
Weise zu kürzen, sondern nur, die Vorschriften des Haar- und Barterlasses ein-
zuhalten, ist dies offensichtlichnoch zu nicht dienstlichen Zwecken erteilt wor-
den waren. Dienstlichen Zwecken dienten die Befehle, weil sie zur Durchset-
zung des einheitlichen Erscheinungsbildes der Soldaten erlassen wurden. Ent-
gegen der Annahme des ehemaligen Soldaten beschränken sich dienstliche
Zwecke nicht auf Maßnahmen der Unfallverhütung.
Nach der Rechtsprechung sind die in § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 SG genann-
ten Gründe, deretwegen ein militärischer Befehl unverbindlich ist, nicht ab-
schließend (vgl. Urteil vom 21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 - BVerwGE
127, 302<314ff.>). Vielmehr ist ein militärischer Befehl für einen Untergebenen
auch dann unverbindlich, wenn ihm die Ausführung nach Abwägung aller maß-
geblichen Umstände nicht zugemutet werden kann. Das gilt insbesondere dann,
wenn der betroffene Untergebene sich auf den Schutz des Grundrechts der
Freiheit des Gewissens (Art. 4 Abs. 1 GG) berufen kann (vgl. Urteil vom
21. Juni 2005 a.a.O. S. 318 ff.). Diese Grenze des Gehorsams wird durch den
Befehl, die Frisur dem Haar- und Barterlass anzupassen, nicht berührt. Dass
den ehemaligen Soldaten durch die Befolgung der Befehle vergleichbar
schwerwiegende Nachteile träfen, die auch in Abwägung mit den durch die Be-
fehle verfolgten dienstlichen Zwecken unerträglich wären, ist nicht ersichtlich.
Die Befolgung der Befehle hätte auch nicht zur Begehung einer Straftat geführt
(§ 11 Abs. 2 Satz 1 SG).
Schließlich kann sich der ehemalige Soldat auch nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 3
Halbs. 2 SG berufen. Danach befreit die irrige Annahme, es handele sich um
einen Befehl im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 SG, den Untergebenen
nur dann von der Verantwortung, wenn er den Irrtum nicht vermeiden konnte
und ihm nach den ihm bekannten Umständen nicht zuzumuten war, sich mit
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Rechtsbehelfen gegen den Befehl zu wehren. Ein Soldat kann den Irrtum dann
nicht vermeiden, wenn er trotz Anspannung aller seiner geistigen Erkenntnis-
kräfte und seiner sittlichen Wertvorstellungen annimmt, der verbindliche Befehl
sei unverbindlich (vgl. Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 11 Rn. 21).
Dabei darf sich der Soldat nicht auf seinen subjektiven Eindruck verlassen,
sondernmuss sich, gegebenenfalls durch entsprechende Nachfragen, rückver-
sichern. Wie sich schon aus der Verpflichtung des § 11 Abs. 1 Satz 2 SG, der
den Untergebenen verpflichtet, den Befehl eines Vorgesetzten nach besten
Kräften und gewissenhaft auszuführen, ergibt, wird dem Untergebenen abver-
langt, seine ganze Kraft einzusetzen, um das Befohlene (in den Grenzen des
§ 10 Abs. 4 und § 11 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 SG) auszuführen und dabei
größtmögliche Sorgfalt walten zu lassen (vgl. Urteil vom 28. Januar 2004
- BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 <110>). Das hat der ehemalige
Soldat nicht getan. Er ist mehrfach über den Inhalt des Haar- und Barterlasses
und die Konsequenzen der Nichtbefolgung des Befehls belehrt worden. Hätte er
alle Möglichkeiten ausgeschöpft, sich sichere Erkenntnisse über die Rechtslage
und damit die Verbindlichkeit der Befehle zu verschaffen, hätte er erkennen
müssen, dass im Licht der ganz überwiegenden bisherigen Rechtsprechung der
Haar- und Barterlass und darauf gestützte Befehle als rechtmäßig angesehen
wurden. Sein eventueller Irrtum, die Befehle verletzten seine Menschenwürde,
war daher vermeidbar. Es war ihm auch zuzumuten, seine Zweifel an der
Rechtmäßigkeit der Befehle durch Rechtsbehelfe klären zu lassen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2
VwGO.
Dr. von Heimburg
Dr. Burmeister
Dr. Eppelt
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