Urteil des BVerwG vom 16.06.2010, 2 WNB 8.10
Befreiung, Rüge, Soldat, Anhörung
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WNB 8.10 TDG N 3 BLb 1/10 TDG N 3 RL 1/10
In der Disziplinarsache
des Herrn Gefreiten d.R. …,
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister
am 16. Juni 2010 beschlossen:
Die Beschwerde des früheren Soldaten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss der 3. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 7. April 2010 wird zurückgewiesen.
Der frühere Soldat hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe:
1Nach der Rechtsprechung der Wehrdienstsenate des Bundesverwaltungsgerichts sind an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b
Abs. 2 Satz 2 WBO dieselben Anforderungen zu stellen, wie sie von den Revisionssenaten des Bundesverwaltungsgerichts in ständiger Rechtsprechung an
die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO gestellt werden (Beschlüsse vom 1. Juli 2009 - BVerwG 1 WNB 1.09 -
NZWehrr 2009, 258
vom 26. Mai 2010 - BVerwG 2 WNB 6.10 -).
21. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine
Rechtssache nach der ständigen Rechtsprechung der Revisionssenate des
Bundesverwaltungsgerichts nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung
über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden
klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. In der
Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO),
das heißt näher ausgeführt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober
1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132
VwGO Nr. 18 S. 21 f.), dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des
Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung im beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Diesen Anforderungen, die auf die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 22b WBO entsprechend
anwendbar sind, entspricht die Beschwerde nicht.
3Die Beschwerde meint, die grundsätzliche Bedeutung der Sache ergebe sich
aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber eine Regelung über das Ende der
aufschiebenden Wirkung im Zeitpunkt der Zustellung der Beschwerdeentscheidung durch das Truppendienstgericht nicht getroffen habe. Es ist aber nicht
ersichtlich, warum es im vorliegenden Hauptsacheverfahren überhaupt auf die
Frage der aufschiebenden Wirkung ankommen sollte. Im Übrigen hat der Senat
in dem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss
vom 9. April 2010 - BVerwG 2 WDS-VR 1.10 - zur Frage der aufschiebenden
Wirkung in derartigen Fällen Stellung genommen. Welcher zusätzliche Klärungsbedarf bestehen sollte, legt die Beschwerde nicht dar.
42. Die von der Beschwerde weiter geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 22a
Abs. 2 Nr. 3 WBO) liegen nicht vor.
5Nach § 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die erfolgreiche Rüge eines Aufklärungsmangels
setzt u.a. voraus, dass die angegriffene Entscheidung unter Zugrundelegung
der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann (vgl. Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - BVerwG
2 WNB 4.09 -, vom 26. Mai 2010 - BVerwG 2 WNB 6.10 - und vom
10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628>). Auf die
von der Beschwerde vermisste Beweiserhebung bezüglich der Versuche des
früheren Soldaten, seine Dienststelle zu unterrichten, kommt es nach der
Rechtsauffassung des Truppendienstgerichts - zu Recht - nicht an, weil eine
bloße „Krankmeldung“ keine Befreiung von der Dienstleistungspflicht begründet.
Das gleiche gilt für die vermisste Anhörung des Vaters des früheren Soldaten
zur Frage, ob die Dienststelle versucht hat, den früheren Soldaten zu erreichen.
Auch wenn dies nicht der Fall war, entschuldigt dies nicht das Fernbleiben des
früheren Soldaten vom Dienst. Schließlich gilt das auch für die Frage, ob der
frühere Soldat zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich erkrankt war, sodass
auch die Einholung eines medizinischen Gutachtens nicht erforderlich war. Wie
das Truppendienstgericht (S. 9 des Beschlusses) ausgeführt hat, hatte über die
Befreiung von der Dienstleistungspflicht ausschließlich der Disziplinarvorgesetzte auf der Grundlage der Stellungnahme des Truppenarztes oder
des nächstgelegenen Standortarztes zu entscheiden. Schließlich ist nicht ersichtlich, warum die Behauptung des früheren Soldaten, er habe sein Porte-monnaie verloren, geeignet sein sollte, die Abwesenheit des früheren Soldaten
vom Dienst für einen Zeitraum vom 18. Januar bis 17. Februar 2010 zu rechtfertigen.
6Nach alledem sind keine tatsächlichen Behauptungen oder Beweisanträge des
früheren Soldaten dargetan, denen das Truppendienstgericht hätte nachgehen
müssen.
7Soweit die Beschwerde die Wertung als vorsätzliches Dienstvergehen und die
Einbeziehung eines bereits vom Amtsgericht Detmold geahndeten Fehlverhaltens des früheren Soldaten rügt, werden damit jedenfalls keine Verfahrensfehler, sondern allenfalls materielle Fehler der Entscheidung des Truppendienstgerichts geltend gemacht. Die Rüge der materiellen Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung allein rechtfertigt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 22a
Abs. 2 WBO aber nicht (vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2009 - BVerwG 1
WNB 4.09 - und Pietzner in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand
November 2009, § 132 Rn. 34).
8Die Kostenentscheidung folgt aus § 42 Satz 1 WDO i.V.m. § 23a Abs. 2 WBO
und § 154 Abs. 2 VwGO.
Golze Dr. Müller Dr. Burmeister
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5 C 19.11 vom 10.01.2013
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