Urteil des BVerwG vom 28.03.2012

Rechtliches Gehör, Soldat, Auflage, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WNB 1.12
TDG N 4 BLc 3/11
TDG N 4 RL 1/11
In der Disziplinarsache
des Herrn Stabsunteroffizier der Reserve …,
…,
…,
- Verteidiger:
Rechtsanwälte…,
…-
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt
am 28. März 2012 beschlossen:
Die Beschwerde des früheren Soldaten gegen die Nicht-
zulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss der
4. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom
15. November 2011 wird zurückgewiesen.
Der frühere Soldat trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
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G r ü n d e :
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die allein geltend gemachten Ver-
fahrensfehler (§ 22a Abs. 2 Nr. 3 WBO) liegen nicht vor.
1. Das Truppendienstgericht hat nicht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des
Sachverhaltes (§ 42 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 18 Abs. 2 Satz 1 WBO)
verstoßen.
Die ordnungsgemäße Darlegung einer Aufklärungsrüge setzt unter anderem die
Angabe voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen
Auffassung des Truppendienstgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären und
inwiefern die angegriffene Entscheidung unter Zugrundelegung der mate-
riell-rechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung
beruhen kann (vgl. Beschlüsse vom 31. März 2011 - BVerwG 2 WNB 1.11 - und
vom 10. Dezember 2003 - BVerwG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 <628>). Da-
ran fehlt es. Die von der Beschwerde angeführte Bescheinigung der Ausbil-
dungseinrichtung befindet sich bei den Akten und war demnach dem Truppen-
dienstgericht bekannt. Welche sonstigen Ermittlungen hätten angestellt werden
sollen, führt die Beschwerde nicht aus. Im Übrigen hätte mangels entsprechen-
der Anregungen im Verfahren vor dem Truppendienstgericht dargelegt werden
müssen, warum sich dem Truppendienstgericht eine weitere Sachaufklärung
gleichwohl hätte aufdrängen müssen. Davon kann hier deswegen keine Rede
sein, weil der frühere Soldat bei seiner Vernehmung durch den Disziplinarvor-
gesetzten am 18. März 2001, bei der ihm zu Beginn die gegen ihn erhobenen
Vorwürfe unter genauer Bezeichnung der Fehltage mitgeteilt worden waren,
den Sachverhalt nicht bestritten, sondern lediglich ausgeführt hat, er habe an-
genommen, dass er seinen Urlaubsantrag auch direkt bei dem Bildungsinstitut
einreichen und dort genehmigen lassen könne. Dabei hat er sich auch auf die
genannte Bescheinigung vom 22. Februar 2011 berufen. Auch bei seiner ab-
schließenden Vernehmung am 23. März 2011 hat er dem ihm vorgeworfenen
Sachverhalt nicht widersprochen, sondern lediglich darum gebeten, sein Fehl-
verhalten zu entschuldigen. Schließlich hat der frühere Soldat weder in der Be-
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schwerde gegen die Disziplinarverfügung vom 24. März 2011 noch in der weite-
ren Beschwerde den Sachverhalt in Frage gestellt. Unter diesen Umständen
musste sich dem Truppendienstgericht eine wie auch immer geartete weitere
Sachverhaltsaufklärung nicht aufdrängen.
2. Wodurch das Truppendienstgericht den Anspruch des früheren Soldaten auf
Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben könnte, lässt sich dem Be-
schwerdevorbringen nicht entnehmen. Insbesondere führt die Beschwerde nicht
aus, welchen entscheidungserheblichen Sachverhalt das Gericht seiner Ent-
scheidung zugrunde gelegt haben soll, zu dem der frühere Soldat nicht hätte
Stellung nehmen können.
3. Es stellt auch keinen Verfahrensfehler dar, dass das Truppendienstgericht
die Formulierung des der Disziplinarverfügung zugrundeliegenden Sachverhalts
neu gefasst und dabei insbesondere präzisiert hat. Nach § 42 Nr. 4 Satz 4
WDO unterliegt die angefochtene Disziplinarmaßnahme der Prüfung des Wehr-
dienstgerichts in vollem Umfang; das Gericht trifft zugleich die in der Sache er-
forderliche Entscheidung. Die Entscheidung des Truppendienstgerichts be-
schränkt sich also nicht auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der angefoch-
tenen Disziplinarmaßnahme, es übt vielmehr selbst Disziplinarbefugnis aus (vgl.
Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 42 Rn. 77). Es ist daher rechtlich nicht zu bean-
standen, dass das Truppendienstgericht zwar die verhängte Maßnahme nach
Art und Höhe durch Zurückweisung der weiteren Beschwerde bestätigt, zu-
gleich den der Maßnahmeverhängung zugrundeliegenden Vorwurf aber neu
formuliert. Auch insoweit ist ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches
Gehör nicht ersichtlich, weil auch die Neuformulierung von demselben Sach-
verhalt ausgeht wie die ursprüngliche Disziplinarverfügung.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 42 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 23a
Abs. 2 WBO und § 154 Abs. 2 VwGO.
Golze
Dr. Burmeister
Dr. Eppelt
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