Urteil des BVerwG vom 12.05.2005

Falsche Rechtsmittelbelehrung, Einstellungsverfügung, Afghanistan, Software

BUDESVERWALTUNGSGERICHT
Beschluss
BVerwG 2 WDB 5.04
In der Disziplinarsache
,
…,
…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte …,
…, … -
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier als Vorsitzenden,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 12. Mai 2005
b e s c h l o s s e n :
Die in der Einstellungsverfügung des Bundesministers der
Verteidigung vom 7. Juli 2004 ausgesprochene Missbilligung
wird aufgehoben.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwal-
tungsgericht erwachsenen notwendigen Auslagen werden zur
Hälfte dem Bund auferlegt.
- 2 -
G r ü n d e :
I
Der 41 Jahre alte Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Oberstleut-
nants i.G. Seit 17. November 2003 wird er als Referent im Bundesministerium der
Verteidigung - … - eingesetzt. Zuvor wurde er in der Luftlandebrigade (LLBrig) …
in O. zunächst als G 3 (ab 1. Oktober 2001) und anschließend ab 1. April 2002 als
Chef des Stabes verwendet.
Der Wehrdisziplinaranwalt beim Truppendienstgericht Nord für den Bereich der
Division Spezielle Operationen (DSO) hatte gegen den Antragsteller disziplinare
Vorermittlungen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 WDO geführt, weil dieser im Verdacht
stand, seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt zu haben, indem er
- sich die Zusage der Umzugskostenvergütung erschlichen habe,
- unberechtigt ein Dienstfahrzeug für seinen damaligen Brigadekommandeur
angemietet habe,
- es zugelassen habe, dass ein Soldat in das Einsatzland Afghanistan verlegte,
der keinen ausreichenden Impfschutz besaß und
- gegen IT-Sicherheitsbestimmungen verstoßen habe.
Durch Verfügung vom 7. Juli 2004 stellte der Bundesminister der Verteidigung
(BMVg) - PSZ I 7 - 25-01-24 163/04 - die gegen den Antragsteller aufgenomme-
nen disziplinaren Vorermittlungen ein, stellte weiter fest, dass der Antragsteller ein
Dienstvergehen begangen habe, und missbilligte sein Verhalten. In der Begrün-
dung der Einstellungsverfügung wird ausgeführt:
„I.
Der Wehrdisziplinaranwalt bei dem Truppendienstgericht Nord für den
Bereich der Division Spezielle Operationen hatte gegen Sie disziplinare
Vorermittlungen geführt, weil Sie im Verdacht standen, Ihre Dienst-
pflichten schuldhaft verletzt zu haben. Danach sollen Sie
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• sich die Zusage der Umzugskostenvergütung erschlichen haben,
• unberechtigt ein Dienstfahrzeug für Ihren damaligen Brigadekom-
mandeur angemietet haben,
• es zugelassen haben, dass ein Soldat in das Einsatzland Afghanis-
tan verlegte, der keinen ausreichenden Impfschutz besaß, und
• gegen IT-Sicherheitsbestimmungen verstoßen haben.
Mit Ihrer Versetzung in das Bundesministerium der Verteidigung
(BMVg) zum 01.12.2003 ging die Zuständigkeit als Einleitungsbehörde
auf mich über. Ich habe daher am 30.03.2004 den Wehrdisziplinaran-
walt bei dem Truppendienstgericht Nord für den Bereich des Inspek-
teurs des Heeres (WDA InspH) ersucht, die disziplinaren Vorermittlun-
gen gegen Sie fortzuführen.
Nach dem Ermittlungsbericht des WDA InspH und Ihrer ihm gegenüber
abgegebenen Einlassung sind Sie von den Vorwürfen, als Chef des
Stabes Luftlandebrigade … (LLBrig) im Frühjahr 2003 für Ihren damali-
gen Brigadekommandeur unberechtigt ein Dienstfahrzeug angemietet
sowie sich die Zusage der Umzugskostenvergütung, die Ihnen das Per-
sonalamt der Bundeswehr unter dem 20.08.2003 erteilte, und damit
auch die Erstattung Ihrer Umzugskosten erschlichen zu haben, freizu-
stellen, da Ihnen eine schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten nicht
nachgewiesen werden kann.
Wegen des Vorwurfs, zugelassen zu haben, dass Oberleutnant S. (Luft-
landepionierkompanie …) am 15.04.2003 ohne ausreichenden Impf-
schutz in das Einsatzland Afghanistan verlegte, hat der Stellvertretende
Kommandeur LLBrig … bereits am 23.10.2003 ein Dienstvergehen
nach § 23 Abs. 1 des Soldatengesetzes (SG) festgestellt und eine
missbilligende Äußerung gemäß § 23 Abs. 3 der Wehrdisziplinarord-
nung (WDO) ausgesprochen. Die Maßnahme ist wegen eines anhängi-
gen Beschwerdeverfahrens noch nicht bestandskräftig geworden. Eine
gerichtliche Disziplinarmaßnahme gebietet dieser Vorwurf nicht. Die
disziplinare Entscheidung ist - unbeschadet der noch nicht eingetrete-
nen Bestandskraft - bereits durch Ihren damaligen nächsten Diszipli-
narvorgesetzten getroffen worden.
Der Vorwurf, gegen IT-Sicherheitsbestimmungen verstoßen zu haben,
hat sich hingegen bestätigt.
Während Ihrer Zugehörigkeit zum Stab LLBrig … haben Sie entgegen
des Erlasses ‚Regelung zur Nutzung privater Arbeitsplatzcomputer und
Software für dienstliche Zwecke im Geschäftsbereich des Bundesmi-
nisteriums der Verteidigung’ des BMVg - Org 8 - Az 10-01-06 - vom
06.04.1995 (VMBl 1995 S. 190), wonach der Einsatz dienstlich nicht ge-
lieferter Hard- und Software nur mit gesonderter Genehmigung durch
den Dienststellenleiter gestattet ist, eigenständig einen privat beschaff-
ten USB-Stick (Wechselfestplatte) an Ihren dienstlichen Arbeitsplatz-
computer (APC) angeschlossen sowie das privat beschaffte Software-
programm ‚Steganos Security Suite 6.0’ auf Ihren dienstlichen APC in-
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stalliert. Zudem befand sich entgegen Nr. 2 g des vorgenannten Erlas-
ses in Verbindung mit den Bestimmungen des Datenschutzes, wonach
die Speicherung/Verarbeitung personenbezogener Daten auf privaten
APC verboten ist, auf Ihrem USB-Stick im Hauptverzeichnis ein Ordner
mit der Bezeichnung ‚Beurteilungen’, der Dateien mit Namen von Offi-
zieren des Stabes LLBrig … enthielt.
Ihre Einlassung, von diesen Vorschriften nichts gewusst und auch die
IT-Sicherheitsbestimmungen der Stabsdienstordnung LLBrig …, die
entsprechende Regelungen beinhalten, nicht gekannt zu haben, steht
entgegen, dass Sie selbst diese Stabsdienstordnung mit den IT-
Sicherheitsbestimmungen - die auch einen Hinweis auf den vorerwähn-
ten Erlass des BMVg enthalten - in Ihrer Eigenschaft als Chef des Sta-
bes erließen. Infolgedessen hätten Sie bei der Ihnen als Stabsoffizier im
Generalstabsdienst zumutbaren Sorgfalt Kenntnis von dem vorerwähn-
ten Erlass, der für Soldaten als Befehl des BMVg aufzufassen ist, ha-
ben können und auch müssen.
Damit haben Sie gegen Ihre Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), die Ih-
nen obliegende Gehorsamspflicht (§ 11 Abs. 1 SG) sowie gegen Ihre
dienstliche Wohlverhaltenspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verstoßen
und damit insgesamt zumindest fahrlässig ein Dienstvergehen nach
§ 23 Abs. 1 SG begangen, für das Sie als Vorgesetzter verschärft haf-
ten (§ 10 Abs. 1 SG).
Der Schwere nach ist eine gerichtliche Disziplinarmaßnahme vorliegend
noch nicht verwirkt. Allerdings wäre die Verhängung einer einfachen
Disziplinarmaßnahme durchaus geboten gewesen. Wegen zwischen-
zeitlichen Eintritts der Verfolgungsverjährung (§ 17 Abs. 2 WDO) ist ei-
ne derartige Maßregelung jedoch nicht mehr zulässig.
Das disziplinare Vorermittlungsverfahren war daher unter der Feststel-
lung, dass Sie ein Dienstvergehen begangen haben, gemäß § 92
Abs. 3 Satz 3 WDO einzustellen.
II.
Die Ihnen gegenüber ausgesprochene Missbilligung hat ihre Rechts-
grundlage in § 23 Abs. 3 Satz 2 WDO.“
Die Bevollmächtigten des Antragstellers beantragten mit Schreiben vom 28. Juli
2004 gegen die in der Einstellungsverfügung des BMVg enthaltene Feststellung,
ein Dienstvergehen begangen zu haben, und gegen die darauf basierende missbil-
ligende Äußerung die Entscheidung des Truppendienstgerichts Nord - 1. Kam-
mer -. Der Vorsitzende der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord verwies
diesen Antrag durch Beschluss vom 10. August 2004 - N 1 GL 10/04 - gemäß § 92
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Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 42 Nr. 3 Satz 2 WDO zuständigkeitshalber an das Bundes-
verwaltungsgericht zur Entscheidung.
Mit Schriftsatz vom 23. September 2004 begründeten die Bevollmächtigten des
Antragstellers den Antrag vom 28. Juli 2004 im Wesentlichen wie folgt:
Er wende sich im vorliegenden Verfahren auch gegen die Feststellung, dadurch
ein Dienstvergehen begangen zu haben, dass er die Verlegung des Oberleutnants
S. am 15. April 2003 ohne ausreichenden Impfschutz in das Einsatzland Afghanis-
tan zugelassen und gegen IT-Sicherheitsbestimmungen verstoßen habe. Der
ebenfalls gegen ihn erhobene Vorwurf, sich eine Zusage der Umzugskostenvergü-
tung erschlichen sowie unberechtigt ein Dienstfahrzeug für seinen ehemaligen
Brigadekommandeur angemietet zu haben, habe sich deswegen nicht bestätigt,
weil ihm eine schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten nicht habe nachgewiesen
werden können. Nach dem Wortlaut der Ausführungen in der Einstellungsverfü-
gung sei davon auszugehen, dass der BMVg auch insoweit objektiv die Tatbe-
stände von Dienstpflichtverletzungen als erfüllt erachte. Mangels schuldhafter Ver-
letzung von Dienstpflichten habe der BMVg aber ein Dienstvergehen verneint. Der
Antragsteller sehe sich gleichwohl beschwert, weil bereits objektiv keine Dienst-
pflichtverletzungen vorlägen und er durch die Freistellung lediglich „aus Mangel an
Beweisen“ statt „wegen erwiesener Unschuld“ in seinen Rechten verletzt würde.
Die Aufnahme des Tatvorwurfs „Verlegung des Oberleutnants S. nach Afghanis-
tan“ in die Einstellungsverfügung unter dem Gesichtspunkt der Feststellung eines
Dienstvergehens sei unzulässig, weil der BMVg insoweit das Ergebnis des noch
anhängigen Disziplinarbeschwerdeverfahrens vorweggenommen habe. Den Tat-
vorwurf „Verstoß gegen IT-Sicherheitsbestimmungen“ weise der Antragsteller in
vollem Umfang zurück.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der in dieser Sache entstan-
denen Schriftsätze sowie der Vorermittlungsakten Bezug genommen.
Der Bundeswehrdisziplinaranwalt ist dem Antrag entgegengetreten:
Er hält den Antrag nicht für statthaft, soweit die Bevollmächtigten des Antragstel-
lers im Rahmen dieses Antragsverfahrens eine Entscheidung im Zusammenhang
mit dem gegen den Antragsteller erhobenen Vorwurf begehren, am 15. April 2003
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die Verlegung des Oberleutnants S. in das Einsatzland Afghanistan zugelassen zu
haben, da die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts insoweit nicht gege-
ben sei. Soweit die Bevollmächtigten die Einstellungsverfügung des BMVg vom
7. Juli 2004 bezüglich der Ausführungen zu den Vorwürfen rügen, die Zusage der
Umzugskostenvergütung erschlichen sowie unberechtigt ein Dienstfahrzeug für
seinen damaligen Brigadekommandeur angemietet zu haben, hält der Bundes-
wehrdisziplinaranwalt den Antrag deshalb für nicht zulässig, weil eine Beschwer
des Antragstellers nicht erkennbar sei. Der BMVg habe den Antragsteller von den
beiden Vorwürfen ausdrücklich freigestellt, weil der Nachweis einer schuldhaften
Verletzung von Dienstpflichten nicht geführt werden könne. Den im Übrigen zuläs-
sigen Antrag hält der Bundeswehrdisziplinaranwalt für unbegründet. Sowohl die
Feststellung des BMVg, dass der Antragsteller, indem er gegen IT-
Sicherheitsbestimmungen verstieß, zumindest fahrlässig ein Dienstvergehen im
Sinne des § 23 Abs. 1 SG beging, als auch die in Verbindung damit ausgespro-
chene Missbilligung seines Verhaltens im Sinne des § 23 Abs. 3 WDO hielten ei-
ner Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht stand.
II
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, für den die Vorschriften der Wehrbe-
schwerdeordnung Anwendung finden (§ 42 Satz 1 WDO), ist statthaft (§ 92 Abs. 4
Satz 1 und 2 i.V.m. § 42 Nr. 3 Satz 2, Nr. 11 WDO). Da in der Einstellungsverfü-
gung vom 7. Juli 2004 eine falsche Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde, ist der
Antrag als innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist nach § 92 Abs. 4 Satz 3 WDO
eingelegt anzusehen.
Der Antrag ist teils unzulässig; soweit er zulässig ist, ist er nur zum Teil begründet.
Bezüglich der Tatvorwürfe „Erschleichen der Zusage der Umzugkostenvergütung“
und „unberechtigtes Anmieten eines Dienstfahrzeuges“ ist der Antrag nicht zuläs-
sig, da es insoweit an einer Beschwer des Antragstellers fehlt. Der Einstellungs-
verfügung vom 7. Juli 2004 ist zu entnehmen, dass der Antragsteller von beiden
Tatvorwürfen freigestellt worden ist, „da Ihnen eine schuldhafte Verletzung von
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Dienstpflichten nicht nachgewiesen werden kann“. Dies entspricht dem Wortlaut
des § 23 Abs. 1 SG.
Hinsichtlich des Tatvorwurfs, zugelassen zu haben, dass Oberleutnant S. am
15. April 2003 ohne ausreichenden Impfschutz in das Einsatzland Afghanistan ver-
legte, ist der Antrag ebenfalls nicht zulässig, weil diesbezüglich die Rechtshängig-
keit bei der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord gegeben war, die zwi-
schenzeitlich mit Beschluss vom 23. Februar 2005 - N 1 BLc 4/04 - die weitere
Beschwerde des Antragstellers vom 25. August 2004 gegen den Bescheid des
Kommandeurs LLBrig … vom 23. Oktober 2003 zurückgewiesen hat.
Bezüglich des weiteren Tatvorwurfs, der Antragsteller habe gegen IT-Sicherheits-
bestimmungen verstoßen, ist der Antrag zulässig, jedoch nur insoweit begründet,
als er sich gegen die vom BMVg ausgesprochene Missbilligung richtet. Der BMVg
führt nämlich in diesem Zusammenhang aus, dass die Verhängung einer einfa-
chen Disziplinarmaßnahme durchaus geboten gewesen wäre, wegen zwischen-
zeitlichen Eintritts der „Verfolgungsverjährung“ (§ 17 Abs. 2 WDO) eine derartige
Maßregelung jedoch nicht mehr zulässig sei. Begrifflich gehört die missbilligende
Äußerung in den Bereich der erzieherischen Maßnahmen (vgl. Dau, WDO,
4. Aufl., § 23 RNr. 8). Sie darf als solche deshalb gemäß Nr. 309 Abs. 1 des Er-
lasses „Erzieherische Maßnahmen“ (ZDv 14/3 B 151) nach Ablauf von sechs Mo-
naten nicht mehr angeordnet werden. Mit einer missbilligenden Äußerung nach
Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 17 Abs. 2 WDO wäre das Verhängungsver-
bot umgangen (vgl. dazu Dau, a.a.O., § 17 RNr. 16; vgl. auch Walz in NZWehrr
1985, 177, 185).
Dagegen ist der Antrag unbegründet, soweit er sich gegen die Feststellung des
BMVg richtet, der Antragsteller habe zumindest fahrlässig ein Dienstvergehen be-
gangen.
Hierzu ist Folgendes auszuführen:
Der Antragsteller bestreitet nicht, ohne Genehmigung seines Dienststellenleiters
eigenständig einen privat beschafften USB-Stick an seinen dienstlichen Arbeits-
- 8 -
platzcomputer angeschlossen zu haben. In seiner Vernehmung vom 21. Novem-
ber 2003 durch Oberst i.G. Sch. räumte er ausdrücklich ein, dass er einen USB-
Stick an seinen dienstlichen Rechner angeschlossen und zudem auf dem privaten
USB-Stick einen „Ordner Beurteilungen“ mit Daten von Offizieren des Stabes der
LLBrig … eingerichtet hat. Der Antragsteller räumte in dieser Vernehmung ferner
ein, dass er ungenehmigt das privat beschaffte Softwareprogramm „Steganos Se-
curity Suite 6.0“ auf seinem dienstlichen Arbeitsplatzcomputer installierte. Soweit
er nunmehr im Antragsverfahren vorträgt, er habe in dem hier zu behandelnden
Zusammenhang keine einzige Handlung ohne die Expertise des Fachpersonals
vorgenommen und nur in Übereinstimmung mit den Beratungsergebnissen, die
ihm auch regelmäßig in zweckmäßiger Weise zugegangen seien, gehandelt, ver-
mag ihn dies ebenso wenig zu entlasten wie sein weiteres Vorbringen, die Installa-
tion der Versuchsversion der „Steganos Software“ sei nicht geglückt und das Pro-
gramm sei niemals einsatzbereit gewesen. Der Antragsteller verkennt hierbei,
dass er mit seinem Verhalten gegen den Erlass „Regelung zur Nutzung privater
Arbeitsplatzcomputer und Software für dienstliche Zwecke im Geschäftsbereich
des Bundesministeriums der Verteidigung“ (BMVg Org 8 - Az 10-01-06 - vom
6. April 1995, VMBl 1995 S. 190) verstoßen hat. Danach bedarf der Einsatz
dienstlich nicht gelieferter Hard- und Software der besonderen Genehmigung
durch den Dienststellenleiter. Seiner Einlassung, nicht darüber informiert worden
zu sein, dass die Nutzung des privaten USB-Sticks und des privat beschafften
Softwareprogramms untersagt sei, steht entgegen, dass er selbst die Stabsdienst-
ordnung der LLBrig … mit den IT-Sicherheitsbestimmungen, die auch einen Hin-
weis auf den vorgenannten Erlass enthalten, in seiner Eigenschaft als Chef des
Stabes erlassen hat. In dieser Stabsdienstordnung heißt es in Kapitel 5 (Allgemei-
ne Schutzaufgaben) unter Nr. 5.1.1 (Sicherheit in der Informationstechnik) u.a.:
„Der Einsatz nicht dienstlich gelieferter Hard- und Software … ist nur mit einer ge-
sonderten Genehmigung durch den Dienststellenleiter gestattet (siehe VMBl
9/1995)“. Das Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers in ihrer An-
tragsbegründung vom 23. September 2004 ist deshalb unerheblich. Im Übrigen
hat der Zeuge V. in seiner Vernehmung vom 2. Dezember 2003 durch Oberstleut-
nant i.G. St. ausgesagt, er habe in seiner Funktion als IT-Sicherheitsbeauftragter
der LLBrig … den Antragsteller im Rahmen einer Belehrung aller IT-Nutzer des
Stabes am 26. März 2003 über die Nutzungsbestimmungen privater Hard- und
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Software belehrt. Zudem habe er, der Zeuge, davon ausgehen müssen, dass der
Antragsteller über die notwendige Kenntnis verfügt habe, da er die Stabsdienst-
ordnung mit den entsprechenden Anweisungen in Kraft gesetzt habe.
Somit hätte - wie der Bundeswehrdisziplinaranwalt zutreffend ausführt - der An-
tragsteller, bei der ihm als Stabsoffizier im Generalstabsdienst zumutbaren Sorg-
falt Kenntnis von dem oben genannten Erlass, der für ihn als Befehl des BMVg
aufzufassen war und ist, haben können und auch müssen. Konkrete Anhaltspunk-
te, die eine andere Schlussfolgerung nahe legen könnten, sind von dem Antrag-
steller weder vorgetragen worden noch sonst erkennbar.
Daher ist die Feststellung des BMVg, dass der Antragsteller insoweit ein Dienst-
vergehen begangen hat, rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1
Satz 1 WBO.
Prof. Dr. Widmaier Dr. Frentz Dr. Deiseroth