Urteil des BVerwG vom 10.03.2009

Soldat, Pflichtverteidiger, Mittellosigkeit, Vergütung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WDB 2.09
TDG N 5 VL 20/08
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
g e g e n
Herrn Major der Reserve ...,
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 10. März 2009 beschlossen:
Die Beschwerde des früheren Soldaten gegen den
Beschluss des Vorsitzenden der 5. Kammer des
Truppendienstgerichts Nord vom 2. Februar 2009 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem
früheren Soldaten auferlegt.
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G r ü n d e :
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss, mit
dem der Vorsitzende der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Nord dem
früheren Soldaten für den ersten Rechtszug von Amts wegen Rechtsanwalt ...
aus B. als Pflichtverteidiger bestellt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO bestellt der Vorsitzende der
Truppendienstkammer dem Soldaten, der noch keinen Verteidiger gewählt hat,
auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn die Mitwirkung eines
solchen geboten erscheint. Ob die Bestellung geboten ist, beurteilt sich nach
der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage (Beschlüsse vom 23. März 1982 -
BVerwG 2 WDB 2.82 - und vom 7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 -
BVerwGE 130, 12 <14> = Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 2; Dau, WDO,
5. Aufl. 2009, § 90 Rn. 13; Weiß, in: GKÖD, Teil 5b Wehrrecht II, Yt § 90 Rn.
46).
Nachdem die Wahlverteidigerin, Frau Assessorin ..., mit Telefax vom 20. Januar
2009 mitgeteilt hatte, dass sie den früheren Soldaten nicht mehr vertritt, war es
geboten, ihm von Amts wegen einen Pflichtverteidiger zu bestellen, nachdem er
auf die Anfrage, ob er einen anderen Wahlverteidiger benenne, nicht
geantwortet hatte.
Die Anschuldigungsschrift umfasst fünf verschiedene Vorwürfe im
Zusammenhang mit einer Reise für den Volksbund Deutscher
Kriegsgräberfürsorge e.V. nach Frankreich. Da der frühere Soldat sämtliche
Vorwürfe bestreitet, wird es entscheidend auf die Vernehmung der in der
Anschuldigungsschrift als Beweismittel angeführten acht Zeugen und eine
entsprechende Beweiswürdigung ankommen. Schon dies rechtfertigt die
Annahme, dass es sich um ein Verfahren mit schwieriger Sach- und Rechtslage
handelt. Es kommt noch hinzu, dass gegen den früheren Soldaten wegen
zumindest teilweise vergleichbarer
Vorwürfe
mit Urteil des
Truppendienstgerichts Nord vom 7. Dezember 2006 (N 5 VL 12/05),
rechtskräftig nach Rücknahme der Berufung in der Berufungshauptverhandlung
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vor dem Senat am 17. Oktober 2007, eine Dienstgradherabsetzung verhängt
worden ist. Unter diesen Umständen erscheint es zumindest nicht
ausgeschlossen, dass gegen den früheren Soldaten erneut auf eine erhebliche
Maßnahme, möglicherweise auch auf die Höchstmaßnahme (Aberkennung des
Dienstgrades nach § 58 Abs. 3 Nr. 2 WDO) zu erkennen sein wird.
Der Hinweis des früheren Soldaten, er sei in der Lage, sich selbst zu
verteidigen, ist demgegenüber unbeachtlich (vgl. auch Dau, a.a.O.). Auch der
weitere Hinweis des früheren Soldaten, er könne sich die Bezahlung eines
Pflichtverteidigers nicht leisten, vermag an der Entscheidung nichts zu ändern.
Die Vergütung des Pflichtverteidigers erfolgt zunächst durch die Staatskasse.
Sollte der frühere Soldat rechtskräftig verurteilt werden, hätte er zwar auch
diese Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 137 Abs. 2 Nr. 5 WDO). Im Falle
seiner Mittellosigkeit könnte der frühere Soldat aber eine Stundung oder
Ratenzahlung des Betrages beantragen. In jedem Fall soll gerade die Regelung
des § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO verhindern, dass ein Soldat wegen seiner sozialen
oder finanziellen Verhältnisse keine den rechtsstaatlichen Erfordernissen
entsprechende wirksame Verteidigung erhält (Beschluss vom 23. März 1982
a.a.O.; Dau, a.a.O. Rn. 9).
Gegen die Person des bestellten Pflichtverteidigers hat der frühere Soldat keine
Einwendungen erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 139 Abs. 2, § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO.
Golze Dr. Müller Dr. Deiseroth
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