Urteil des BVerwG vom 13.02.2008

Soldat, Bataillon, Reserve, Dienstzeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 WD 9.07
TDG S 4 (neu) VL 14/06
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
g e g e n
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentli-
chen Hauptverhandlung am 13. Februar 2008, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier als Vorsitzender,
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
ehrenamtlicher Richter Major Drescher und
ehrenamtlicher Richter Stabsunteroffizier Zeeh,
für Recht erkannt:
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Auf die Berufung des früheren Soldaten wird das Urteil der
4. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom
17. Januar 2007 im Ausspruch über die Disziplinarmaß-
nahme geändert.
Der frühere Soldat wird in den Dienstgrad eines Unteroffi-
ziers der Reserve herabgesetzt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zur Hälfte
dem früheren Soldaten und zur Hälfte dem Bund auferlegt,
der auch die Hälfte der dem früheren Soldaten erwachse-
nen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
G r ü n d e :
I
Der heute ... Jahre alte frühere Soldat erwarb im Jahr 1994 den Hauptschulab-
schluss. Anschließend besuchte er die Realschule und absolvierte sodann eine
Ausbildung zum Kfz-Mechaniker, die er im Januar 2000 mit der Gesellenprü-
fung erfolgreich abschloss. Am ... 2000 trat er aufgrund seiner Bewerbung für
den freiwilligen Dienst in die Bundeswehr ein und wurde am ... 2000 unter Beru-
fung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit zum Sanitätssoldaten er-
nannt. Am ... 2000 wurde er zur Laufbahn der Unteroffiziere zugelassen und mit
Wirkung vom ... 2003 als Anwärter in die Laufbahn der Feldwebel übernommen.
Wegen der Vorwürfe, die Gegenstand dieses gerichtlichen Disziplinarverfah-
rens sind, wurde er mit Bescheid der Stammdienststelle des Heeres vom ...
2005 in die Laufbahn der Unteroffiziere zurückgeführt. Seine Dienstzeit wurde
zuletzt auf sechs Jahre und drei Monate festgesetzt. Sie endete danach am ...
2006.
Der frühere Soldat wurde mehrfach befördert, zuletzt mit Wirkung vom ... 2002
zum Stabsunteroffizier.
Nach der Grundausbildung wurde der frühere Soldat zum 1... 2000 zur
...kompanie ... in Z. versetzt. Im Zeitraum vom ... 2001 bis ... 2001 besuchte er
den Unteroffizierlehrgang Teil 1 an der ...schule ... in W., den er mit der Ab-
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schlussnote „ausreichend“ bestand. Den Unteroffizierlehrgang Teil 2 Instand-
setzungstruppe vom ... bis ... 2001 an der ... Schule ... in A. absolvierte er mit
Erfolg. Ab dem ... 2003 wurde der frühere Soldat bei der .../...bataillon ... in Z.
als Kfz-Instandsetzungsunteroffizier für ungepanzerte Radfahrzeuge eingesetzt.
Zum ... 2004 erfolgte seine Versetzung zur .../...bataillon ... in K. als Schüler und
später als Kfz-Instandsetzungsunteroffizier ungepanzerte Radfahrzeuge und
Kraftfahrer CE. Mit Freistellungsbescheid der .../...bataillon ... vom 14. März
2006 wurde er vom militärischen Dienst freigestellt und absolvierte zum Ab-
schluss seiner Dienstzeit bis zu seinem Ausscheiden im Zeitraum vom ... 2006
bis ... 2006 eine Ausbildung zum Fahrlehrer bei der Fahrlehrerakademie ... in Z.
Aus Anlass der Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel wurde
der frühere Soldat am 16. Mai 2002 wie folgt beurteilt:
„SU M. nimmt die ihm übertragenen Aufgaben verantwor-
tungsbewusst und loyal wahr. Solides Fachwissen ermög-
licht ihm, das Wesentliche zu erkennen und zielgerichtet
umzusetzen. Er strebt nach Erweiterung seiner Kenntnis-
se und nimmt Hilfen und Anregungen seiner Vorgesetzten
an. Seine Eignung zum Feldwebel ist erkennbar.“
In der planmäßigen Beurteilung vom 13. August 2002 bewertete der Kompanie-
chef die dienstlichen Leistungen des früheren Soldaten siebenmal mit der Stufe
„4“ und viermal mit der Stufe „5“.
In der auf Anforderung der Wehrdisziplinaranwaltschaft durch den Kompanie-
chef .../...bataillon ... am 24. März 2006 erstellten Sonderbeurteilung wurden die
Leistungen des früheren Soldaten dreimal („Einsatzbereitschaft“, „Eigenstän-
digkeit“, „Praktisches Können“) mit der Stufe „6“, viermal (“Belastbarkeit“ „Auf-
fassungsgabe“, „Ausdruck“, „Organisatorisches Können“) mit der Stufe „5“ und
zweimal („Durchsetzungsverhalten“, „Zusammenarbeit“) mit der Stufe „4“ be-
wertet; unbewertet blieben die Einzelmerkmale „Dienstaufsicht“ und „Fürsorge-
verhalten“. Im Abschnitt „F. Freie Beschreibung“ wird ausgeführt:
„SU M. ist ein junger Unteroffizier ohne Portepee, der sich
im Allgemeinen seiner Verantwortung bewusst ist. Einge-
setzt im Instandsetzungszug ... beweist er im täglichen
Dienstbetrieb sein fachliches Können und Wissen bei der
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Erfüllung seiner Aufträge. Dabei zeichnet er sich durch
persönliche Einsatzbereitschaft aus, u.a. war er eingesetzt
als Gruppenführer. In Abwesenheit des Zugführers und
der Unteroffiziere o.P. übernahm er die Verantwortung für
den Zug. Bei ihm übertragenen Aufgaben erkennt er
schnell das Wesentliche und gelangt, gestützt auf sein
fundiertes Fachwissen, zu praktischen Lösungen. Diese
setzt er selbständig und zur vollen Zufriedenheit seines
Zugführers um. Hierbei versteht er es, sich und seine Ar-
beitsabläufe unter Anleitung sinnvoll zu organisieren. SU
M. ist vom Charakter ein ruhiger und zurückhaltender Sol-
dat. Er gilt als anerkanntes Mitglied innerhalb der Zugge-
meinschaft und trägt so zu einem guten Arbeitsergebnis
des Instandsetzungszuges bei. SU M. hat sich im Aus-
landseinsatz bewährt. SU M. ist körperlich und geistig voll
belastbar.“
In der Hauptverhandlung vor der Truppendienstkammer am 17. Januar 2007
hat der als Leumundszeuge gehörte Hauptmann K. den ihm seit dem 24. März
2005 bekannten früheren Soldaten als leistungsfähigen Unteroffizier beschrie-
ben, der das Potenzial zum Feldwebel gehabt habe. Der frühere Soldat habe
vom Leistungsbild her zum oberen Drittel in seiner Dienstgradgruppe gehört.
Aufgrund des Sachverhalts vom 19. September 2005, der Gegenstand dieses
Verfahrens ist, habe er den früheren Soldaten nicht mehr als Gruppenführer
einsetzen können. Das Dienstvergehen sei in der Kompanie schnell bekannt
geworden. Der frühere Soldat habe sich nach dem Vergehen jedoch bis zu sei-
ner Entlassung „nicht hängenlassen“.
Die Auszüge aus dem Zentralregister des Bundesamtes für Justiz vom 29. März
2007 und aus dem Disziplinarbuch des früheren Soldaten vom 27. März 2006
weisen keine Eintragungen auf.
Der frühere Soldat ist seit April 2003 verheiratet und hat einen zweijährigen
Sohn.
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Ausweislich der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung Süd - Gebührniswesen -
vom 21. Juli 2006 erhielt der frühere Soldat bis zum 31. Mai 2007 Übergangs-
gebührnisse in Höhe von monatlich 1 436,17 € netto. Ferner wurde ihm mit Ab-
lauf des 31. Mai 2006 eine Übergangsbeihilfe in Höhe von 7 701,28 € bewilligt,
von der ihm aufgrund des Bescheides der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom
23. Oktober 2006 75 % ausbezahlt wurden.
Die finanziellen Verhältnisse des früheren Soldaten sind nach seinen Angaben
vor der Truppendienstkammer angespannt, jedoch geordnet. Eine feste Anstel-
lung als Fahrlehrer hatte er nach Abschluss seiner Ausbildung im Mai 2007
noch nicht in Aussicht. Der Verteidiger hat mitgeteilt, der frühere Soldat sei zwi-
schenzeitlich im europäischen Fernverkehr tätig und während der Woche über-
wiegend in Frankreich unterwegs, sodass er aus beruflichen Gründen an der
Berufungshauptverhandlung am 13. Februar 2008 nicht habe teilnehmen kön-
nen.
II
Mit Verfügung vom 7. März 2006, dem früheren Soldaten ausgehändigt am
13. März 2006, leitete der Kommandeur der ... Panzerdivision nach zuvor am
19. September 2005 erfolgter Anhörung das gerichtliche Disziplinarverfahren
ein. Auf der Grundlage der Anschuldigungsschrift vom 10. November 2006 leg-
te die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem früheren Soldaten folgenden Sachver-
halt als Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG i.V.m. §§ 7, 17 Abs. 2 Satz 1 SG
unter den erschwerenden Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SG zur Last:
„Der frühere Soldat füllte am Vormittag des 19. September
2005 im Handlager des Instandsetzungszuges ... der
.../...bataillon ... in der Halle ... in der ...-Kaserne in K. aus
einem Fass sechs Liter denaturierten Alkohol (Frost-
schutzmittel) in Mineralwasserflaschen ab und füllte kurz
nach der Mittagspause aus einem 20 Liter-Ölgebinde ca.
sieben Liter Motorenöl O-236 in ein kleineres Gefäß um,
packte diese Behältnisse im Gruppenführerbüro jeweils in
seinen Rucksack und verbrachte diesen Rucksack
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schließlich in der Absicht, diese Betriebshilfsstoffe privat
zu nutzen, in sein privates Kraftfahrzeug.“
Das durch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern unter dem Aktenzeichen
6023 Js 18170/05 geführte sachgleiche Strafverfahren gegen den früheren Sol-
daten wurde am 17. Februar 2006 gemäß § 153a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und
Satz 4 StPO eingestellt, nachdem der frühere Soldat einen Betrag von 300 € an
den ... Verein ... bezahlt hatte.
Mit Urteil vom 17. Januar 2007 hat die 4. Kammer des Truppendienstgerichts
Süd den früheren Soldaten wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad
eines Hauptgefreiten der Reserve herabgesetzt und ihm die Kosten des Verfah-
rens auferlegt. Dabei hat die Truppendienstkammer folgende tatsächlichen
Feststellungen getroffen:
„Der Soldat war bei der .../...bataillon ... als Instandset-
zungsunteroffizier und Gruppenführer eingesetzt. Dem-
entsprechend war er berechtigt, Verbrauchsmaterial, ins-
besondere Betriebsstoffe, aus dem Handlager des In-
standsetzungszuges ... der .../...bataillon ... in der ...-
Kaserne in K. zu holen. Aufgrund seiner angespannten fi-
nanziellen Verhältnisse und in Sorge um die Funktionsfä-
higkeit seines Privat-Pkw entschloss sich der frühere Sol-
dat am Vormittag des 19. September 2005 Frostschutzmit-
tel für seinen Pkw aus dem Handlager zu holen. Hierzu
begab er sich in die Halle ... in der ...-Kaserne in K. Dort
füllte er aus einem Fass 6 Liter denaturierten Alkohol
(Frostschutzmittel) in Mineralwasserflaschen ab, die er in
der Halle vorfand und gefüllt mitnahm. Nach der Mittags-
pause begab sich der frühere Soldat erneut in die Halle ...
und füllte aus einem 20 Liter-Ölgebinde ca. 7 Liter Moto-
renöl O-236 in ein kleineres Gefäß um. Mit diesem Gefäß
ging er in das Gruppenführerbüro, verpackte es in seinen
Rucksack und brachte es anschließend in einen 2 t Lkw,
mit dem er dann wegfuhr. Zu einem nicht näher feststell-
baren Zeitpunkt verpackte er die Betriebshilfsstoffe in sei-
nen privaten Pkw. Aufgrund von Meldungen von Zeugen,
die am Vormittag bzw. nach der Mittagspause das Han-
deln des früheren Soldaten beobachtet hatten, wurde der
Zugführer informiert, der zusammen mit dem Offizier vom
Wachdienst gegen 15:20 Uhr eine Kontrolle des privaten
Kraftfahrzeugs des früheren Soldaten vornahm, die zur
Sicherstellung und vorläufigen Beschlagnahme der im Pri-
vat-Pkw des früheren Soldaten aufgefundenen Betriebs-
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stoffe führte. Die entwendeten Betriebsstoffe hatten einen
Wert von 12,75 €.
Der frühere Soldat hat den Sachverhalt eingeräumt.“
Mit seinem festgestellten Fehlverhalten habe der frühere Soldat in gravierender
Weise gegen seine Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) sowie seine Pflicht, der
Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat er-
fordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), unter den erschwerenden Voraussetzungen
des § 10 Abs. 1 SG, verstoßen.
Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat die Truppendienstkammer
zum Ausdruck gebracht, das Dienstvergehen wiege „äußerst schwer“. Dies er-
gebe sich nicht zuletzt aus der Bedeutung der verletzten Pflichten. Die Trup-
pendienstkammer habe sich dabei der neueren Rechtsprechung des erkennen-
den Senats nicht anzuschließen vermocht, wonach aus Gründen der Gleichbe-
handlung und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in allen Fällen des Zugriffs
eines Soldaten auf das Vermögen des Dienstherrn eine Differenzierung der
Maßnahmebemessung nach der Schwere des Dienstvergehens zulässig sei.
Entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts habe sich die Maß-
nahmebemessung allein daran zu orientieren, in welchem Maße ein Vertrau-
ensverlust zwischen dem Dienstherrn und dem Soldaten durch sein strafbares
Verhalten gegen das Eigentum bzw. das Vermögen des Dienstherrn eingetre-
ten sei. Bestimmend für den Vertrauensverlust sei die Straftat als solche, nicht
jedoch die Höhe des eingetretenen Schadens. Dies entspreche auch der
Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts,
das bei Verletzung von Eigentum oder Vermögen des Arbeitgebers stets, auch
bei geringwertigem Wert, einen Vertrauensverlust für gegeben erachte, der eine
fristlose Kündigung rechtfertige. Durch die Rechtsprechung des erkennenden
Senats trete dagegen eine Privilegierung von Soldaten gegenüber Arbeitneh-
mern ein, die für die Truppendienstkammer mit den Gleichbehandlungs-
grundsätzen der Verfassung nicht in Einklang zu bringen sei. Auch das beson-
dere Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Soldaten sei nicht geeig-
net, eine Sonderbehandlung von Soldaten zu rechtfertigen. Vielmehr spreche
im Hinblick auf die besondere Stellung der Soldaten vieles dafür, dass für diese
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eher strengere Maßstäbe anzulegen seien. Dies ergebe sich nicht zuletzt da-
raus, „dass die Bundeswehr im Gegensatz zu anderen Arbeitgebern die Mög-
lichkeit hat, nach schwerwiegenden Dienstpflichtverletzungen Soldaten statt sie
aus dem Dienstverhältnis zu entfernen, gegebenenfalls nach einer vorange-
gangenen Dienstgradherabsetzung in anderen Funktionsebenen einzusetzen“.
In Vorfällen der vorliegenden Art sei deshalb stets eine deutliche Dienstgrad-
herabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu machen.
Im vorliegenden Falle seien Milderungsgründe in den Umständen der Tat nicht
ersichtlich. Zugunsten des früheren Soldaten habe die Truppendienstkammer
jedoch seine bis dahin tadelfreien dienstlichen Leistungen gewertet, die auch in
der Zulassung als Feldwebelanwärter ihren Niederschlag gefunden hätten. Da-
gegen könne das Geständnis des früheren Soldaten nicht mildernd berücksich-
tigt werden, da dieses nur die Folge des Ergreifens mit dem Diebesgut gewe-
sen sei. Auch eine einmalige persönlichkeitsfremde Tat habe die Truppen-
dienstkammer angesichts des zweiaktigen Handelns nicht zu erkennen ver-
mocht. Darüber hinaus habe der frühere Soldat nach Überzeugung der Kammer
nicht nur aus finanzieller Not gehandelt, was sich aus der Menge der gestohle-
nen Betriebsstoffe ergebe. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden
Umstände sei eine reinigende Maßnahme in Form einer Dienstgradherabset-
zung geboten und erforderlich, um der Schwere des Pflichtenverstoßes des
früheren Soldaten Rechnung zu tragen. Im Hinblick auf den eingetretenen
schweren Vertrauensverlust sei die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass
dem früheren Soldaten kein Vorgesetztendienstgrad belassen werden könne,
sodass er in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten der Reserve herabzusetzen
sei.
Gegen das ihm am 25. Januar 2007 zugestellte Urteil hat der frühere Soldat mit
seinem am 21. Februar 2007 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt
und diese auf die Maßnahmebemessung beschränkt. Er begehrt, unter Aufhe-
bung des Urteils der Truppendienstkammer das Verfahren unter Feststellung
eines begangenen Dienstvergehens einzustellen.
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Zur Begründung hat sein Verteidiger im Wesentlichen vorgetragen:
Die Truppendienstkammer sei zu Unrecht der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts nicht gefolgt. Im vorliegenden Falle seien verschiedene Ge-
sichtspunkte gegeben, die in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts eine „Differenzierung nach unten“ geböten. So sei
der durch die Tat entstandene Schaden mit 12,75 € relativ gering. Die verhäng-
te Dienstgradherabsetzung stehe angesichts dieser Tatfolge nicht in einem an-
gemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt des Dienstvergehens.
Der frühere Soldat habe sich während seiner gesamten Dienstzeit von sechs
Jahren und drei Monaten - mit Ausnahme des hier in Rede stehenden Fehlver-
haltens - tadelfrei geführt. Er sei nicht vorbestraft und disziplinarrechtlich nicht
negativ in Erscheinung getreten.
Außerdem habe sich der frühere Soldat einsichtig und geständig gezeigt. Am
liebsten würde er, wie er in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet habe, die
Angelegenheit ungeschehen machen; seine Tat sei ein „riesengroßer Fehler“
gewesen. Er habe über seine gesamte Dienstzeit hinweg überdurchschnittliche
Leistungen erbracht.
Ferner sei zu bedenken, dass ihm private Probleme über den Kopf gewachsen
seien. In jener Zeit habe er mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekämpft; sein
kleiner Sohn habe sich einer Operation unterziehen müssen; sein Onkel sei
verstorben. Außerdem habe er unter der drohenden lehrgangsbedingten Abwe-
senheit von seiner jungen Familie gelitten.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass sich durch sein Fehlverhalten sei-
ne dienstliche Perspektive völlig zerschlagen habe. Er sei wieder in die Lauf-
bahn der Unteroffiziere zurückgeführt worden. Vor diesem Hintergrund sei das
Dienstvergehen als eine unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augen-
blickstat eines ansonsten tadelfreien und bewährten Soldaten zu werten.
Soweit die Truppendienstkammer sich auf die Rechtsprechung der Arbeitsge-
richte bezogen habe, gehe dies fehl. Das Dienstverhältnis sei kein Arbeitsver-
hältnis; für beide Rechtsinstitute seien jeweils eigene Regeln maßgebend. Au-
ßerdem treffe die verkürzte Betrachtungsweise der Truppendienstkammer, wo-
nach jede Verletzung des Eigentums oder Vermögens des Arbeitgebers nach
der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung eine Kündigung nach § 626 Abs. 1
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BGB rechtfertige, nicht zu. Vielmehr sei auch im Rahmen der zivilrechtlichen
Vorschrift eine Interessenabwägung erforderlich, bei der der Grundsatz der Ver-
hältnismäßigkeit zu beachten sei.
Im vorliegenden Fall sei als gerichtliche Disziplinarmaßnahme eine Kürzung
des Ruhegehalts angemessen. Diese Disziplinarmaßnahme komme jedoch
wegen des Verhängungsverbotes des § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO nicht in Betracht.
Eine Störung der militärischen Ordnung durch das Ausbleiben der Disziplinar-
maßnahme scheide schon deshalb aus, weil die Tat bereits eineinhalb Jahre
zurückliege und ihm von seinen Vorgesetzten ein positives Persönlichkeitsbild
bescheinigt worden sei. Außerdem sei er mittlerweile aus dem Dienst ausge-
schieden. Für eine ernsthafte und konkrete Beeinträchtigung des Ansehens der
Bundeswehr lägen keinerlei Anhaltspunkte vor. Nach alledem sei das Verfahren
unter Feststellung eines begangenen Dienstvergehens nach § 108 Abs. 3
Satz 1 WDO einzustellen.
III
1. Die gegen das ihm am 25. Januar 2007 zugestellte Urteil am 21. Februar
2007 und damit innerhalb der Berufungsfrist eingelegte Berufung des früheren
Soldaten ist zulässig. Sie ist statthaft. Ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115
Abs. 1, § 116 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WDO).
Die Abwesenheit des früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung
steht deren Durchführung sowie der Entscheidung des Senats über die Beru-
fung nicht entgegen.
Die Berufungshauptverhandlung findet gemäß § 124 WDO (außer in den Fällen
des § 104 Abs. 1 WDO) auch dann ohne den Soldaten statt, wenn dieser zum
Termin ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden
ist, dass in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann. Diese Vorschrift, die
durch Art. 1 des 2. Wehrdisziplinarneuordnungsgesetzes vom 16. August 2001
(BGBl I S. 2093) in die Wehrdisziplinarordnung eingefügt worden ist, gilt nicht
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nur für Verfahren, in denen aktive Soldaten angeschuldigt sind, sondern auch
für Verfahren gegen frühere Soldaten (vgl. Urteil vom 28. November 2007
- BVerwG 2 WD 28.06 -).
Die gesetzlichen Voraussetzungen des § 124 WDO sind im vorliegenden Fall
erfüllt. Der frühere Soldat ist mit dem ihm ausweislich der Postzustellungsur-
kunde am 15. Januar 2008 zugestellten Ladungsschreiben vom 10. Januar
2008, gegen die er und sein Verteidiger keine Einwände erhoben haben, aus-
drücklich auf die Möglichkeit hingewiesen worden, dass auch im Falle seines
Nichterscheinens verhandelt werden kann. Ungeachtet dessen ist er zur Beru-
fungshauptverhandlung nicht erschienen.
2. Die Berufung ist ausdrücklich und nach ihrem eindeutigen Wortlaut auf die
Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der Senat hat des-
halb seiner Entscheidung die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die rechtliche
Würdigung der Truppendienstkammer zugrunde zu legen und sodann über die
zu verhängende gerichtliche Disziplinarmaßnahme zu befinden, wobei er das
Verschlechterungsverbot (§ 331 Abs. 1 StPO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO)
zu beachten hat.
Dabei kann offenbleiben, ob im Wehrdisziplinarrecht aufgrund einer Berufungs-
beschränkung der nichtangefochtene Teil des Urteils (hier: Tat- und Schuldfest-
stellungen) gemäß § 316 StPO bereits teilrechtskräftig geworden ist. Denn je-
denfalls darf der Senat bei einer auf die Maßnahmebemessung beschränkten
Berufung Einwendungen des betreffenden Soldaten gegen die tatsächlichen
Feststellungen und die Schuldfeststellungen nicht mehr nachgehen (stRspr, vgl.
u.a. Urteil vom 2. Dezember 1969 - BVerwG 1 WD 7.69 -; Dau, WDO,
4. Aufl. 2002, § 116 Rn. 20). Der Prozessstoff wird bei der beschränkten Beru-
fung nicht mehr durch die Anschuldigungsschrift, sondern durch die unnach-
prüfbar gewordenen Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils
abgesteckt. Der Senat ist jedoch nicht gehindert, Lücken in den tatsächlichen
Feststellungen des Truppendienstgerichts zu schließen und zusätzlich eigene,
für die Maßnahmebemessung erhebliche Feststellungen zum Tathergang zu
treffen, solange dies weder im Widerspruch zu den Tat- und Schuldfeststellun-
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gen des Truppendienstgerichts steht noch dadurch dessen rechtliche Würdi-
gung in Frage gestellt wird (vgl. u.a. Urteil vom 23. Juli 1974 - BVerwG 2 WD
30.74 -; Dau, a.a.O. § 116 Rn. 22).
3. Die Berufung ist in dem aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlichen Umfang
begründet. Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe geändert, dass der
frühere Soldat lediglich in den Dienstgrad eines Unteroffiziers der Reserve her-
abgesetzt wird.
a) Nach den von der Truppendienstkammer im angefochtenen Urteil getroffe-
nen und den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen entwendete der
frühere Soldat - noch während seiner aktiven Dienstzeit bei der Bundeswehr -
am 19. September 2005 zunächst am Vormittag 6 Liter Frostschutzmittel und
dann nach der Mittagspause ca. 7 Liter Motorenöl in der Halle ... der ...-Kaserne
in K. (Gesamtwert der entwendeten Betriebsstoffe 12,75 €).
Der frühere Soldat hat damit nach den den Senat ebenfalls bindenden Schuld-
feststellungen der Truppendienstkammer seine Dienstpflichten nach § 7 SG
und § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 SG verletzt.
Anhaltspunkte dafür, dass in dem angefochtenen Urteil der Truppendienst-
kammer keine für diese Schuldfeststellungen hinreichenden und widerspruchs-
freien tatsächlichen Feststellungen getroffen worden sind mit der Folge, dass
das Verfahren an einem schweren Mangel im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2
bzw. § 121 Abs. 2 WDO leidet, der zur Aufhebung des Urteils und zur Zurück-
verweisung zwingt (vgl. dazu u.a. Beschlüsse vom 11. Mai 1978 - BVerwG
2 WD 36.78 - BVerwGE 63, 72 <74> = NZWehrr 1979, 32 m.w.N., vom
21. März 1990 - BVerwG 2 WD 7.90 - BVerwGE 86, 267 <268 f.> = NZWehrr
1990, 172, vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 34.02 - BVerwGE 118, 262 =
Buchholz 235.01 § 108 WDO 2002 Nr. 2 = NZWehrr 2004, 36 m.w.N. und vom
7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 -; Dau, a.a.O. § 116 Rn. 23 und § 120
Rn. 7 m.w.N.), sind nicht ersichtlich. Auch der - anwaltlich vertretene - frühere
Soldat hat dies nicht geltend gemacht.
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b) Die Truppendienstkammer hat mit dem angefochtenen Urteil den früheren
Soldaten zu Unrecht in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten der Reserve her-
abgesetzt. Geboten und angemessen war eine Herabsetzung in den Dienstgrad
eines Unteroffiziers der Reserve.
Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38
Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkun-
gen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die
Beweggründe des betreffenden Soldaten zu berücksichtigen.
aa) Das Dienstvergehen des früheren Soldaten ist nach seiner Eigenart und
Schwere, die sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung bestimmen, vorlie-
gend dadurch geprägt, dass er kriminelles Unrecht (§ 242 Abs. 1 StGB) zu Las-
ten seines Dienstherrn beging und dadurch das Vertrauen in seine persönliche
Integrität mit unmittelbaren Auswirkungen auf sein Dienstverhältnis in erhebli-
chem Maße beschädigte.
Dabei liegt der Schwerpunkt des Dienstvergehens in der Verletzung der Pflicht
zum treuen Dienen (§ 7 SG). Die Verpflichtung zum treuen Dienen gebietet je-
dem Soldaten, seine dienstlichen Aufgaben und Pflichten gewissenhaft, sorgfäl-
tig und loyal gegenüber seinem Dienstherrn zur erfüllen. Das schließt ein, in-
nerhalb und außerhalb des Dienstes mit den ihm zur Verfügung stehenden
Kräften dazu beizutragen, dass die Streitkräfte der Bundeswehr ihre durch die
Verfassung festgelegten Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können, sowie al-
les zu unterlassen, was diese bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in unzuläs-
siger Weise schwächen könnte. Zu der in § 7 SG normierten Pflicht zum „treuen
Dienen“ gehört insbesondere die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der gel-
tenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze (Urteile vom
28. September 1990 - BVerwG 2 WD 27.89 - BVerwGE 86, 321 <326> =
Buchholz 236.1 § 8 SG Nr. 1 = NZWehrr 1991, 32, vom 28. Januar 2004
- BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 106 <107> = Buchholz 236.1 § 10 SG
Nr. 53 = NZWehrr 2004, 169, vom 22. März 2006 - BVerwG 2 WD 7.05 - Buch-
holz 450.2 § 107 WDO 2002 Nr. 2 jeweils m.w.N.
und Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1
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<22> = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79). Denn die Anforde-
rungen an die insoweit von den Soldatinnen und Soldaten geforderte „Treue“
(zum Dienstherrn Bundesrepublik Deutschland) werden in der rechtsstaatlichen
parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes, in der - anders als in der
absolutistischen oder konstitutionellen Monarchie - ein monarchischer „Souve-
rän“ als personelles Bezugsobjekt für die Treueverpflichtung nicht (mehr) zur
Verfügung steht, in erster Linie durch den vom Volk, von dem gemäß Art. 20
Abs. 2 Satz 1 GG „alle Staatsgewalt“ ausgeht, gewählten Gesetzgeber und in-
nerhalb dieses Rahmens von der parlamentarisch verantwortlichen Exekutive
festgelegt (Urteil vom 22. August 2007 - BVerwG 2 WD 27.06 - DokBer 2008,
16). Die Pflicht zum „treuen Dienen“ gehört zu den zentralen Pflichten eines
Soldaten. Ihre Verletzung hat in der Regel schon deshalb erhebliches Gewicht.
Sie ist gerade bei solchen Vorgängen, die erfahrungsgemäß schwer kontrolliert
werden können, von besonderer Bedeutung. Beim Umgang mit öffentlichem
Geld und Gut ist die Bundeswehr auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer
Soldaten in hohem Maße angewiesen. Erfüllt ein Soldat diese dienstlichen Er-
wartungen nicht, so stört er das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn
nachhaltig und begründet ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit und per-
sönlichen Integrität.
Aber auch die Verletzung der in § 17 Abs. 2 Satz 1 SG normierten Pflicht jedes
Soldaten, dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrau-
en gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert, stellt keine Missach-
tung einer bloßen Nebenpflicht dar. Denn diese hat wegen ihres funktionellen
Bezugs zur Erfüllung der Aufgaben der Bundeswehr und zur Gewährleistung
des militärischen Dienstbetriebs erhebliche Bedeutung. Ein Soldat, insbesonde-
re ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen
sowie des Vertrauens seiner militärischen Vorgesetzten, um seine Aufgabe so
zu erfüllen, dass der ordnungsgemäße Ablauf des militärischen Dienstes ge-
währleistet ist (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 22. Mai 2007 - BVerwG 2 WD
13.06 -). Auch die Öffentlichkeit hat kein Verständnis dafür, wenn ein Soldat
sich zu privaten Zwecken Material der Bundeswehr aneignet und damit eine
Straftat begeht.
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- 15 -
Der nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO zu berücksichtigende Unrechts-
gehalt der in Rede stehenden Pflichtverletzungen nach § 7 SG und § 17 Abs. 2
Satz 1 SG hängt jedoch letztlich maßgeblich von den konkreten Umständen des
zu beurteilenden Einzelfalles ab. Denn § 38 Abs. 1 WDO stellt zur Bestimmung
von Eigenart und Schwere auf das konkrete Dienstvergehen ab (vgl. dazu Urtei-
le vom 1. April 2003 - BVerwG 2 WD 48.02 -, vom 18. September 2003
- BVerwG 2 WD 3.03 - BVerwGE 119, 76 = Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002
Nr. 11 = NZWehrr 2005, 122 und vom
13. Februar 2008 - BVerwG 2 WD 5.07 -).
Zu Lasten des früheren Soldaten fällt hier zunächst ins Gewicht, dass er als
Instandsetzungsunteroffizier und als mit dieser Funktion betrauter Gruppenfüh-
rer uneingeschränkten Zugang zum Handlager, in dem sich das Frostschutzmit-
tel und das Motorenöl befanden, hatte und dass er diese Berechtigung zur Er-
reichung seines kriminellen Zieles ausnutzte. Soweit der frühere Soldat vorge-
tragen hat, er sei zum Tatzeitpunkt kein Gruppenführer (mehr) gewesen, stehen
dem die auch insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen der Truppen-
dienstkammer und die in der Berufungshauptverhandlung ergänzend getroffe-
nen Feststellungen des Senats entgegen. Die Einlassung des früheren Solda-
ten, er habe bereits vor dem Tattag seine Teileinheit (innerhalb der
.../...bataillon ... in der ...-Kaserne in K.) und damit die Verantwortlichkeit für de-
ren Material an den Oberfeldwebel G. übergeben, wird durch die zum Gegens-
tand der Berufungshauptverhandlung gemachten Übergabeprotokolle vom
30. Juli 2004 und vom 5. Oktober 2005 widerlegt. Das Übergabeprotokoll vom
30. Juli 2004 weist aus, dass an jenem Tag die „Übergabe der Teileinheit ... von
OFw T. an SU M.“ stattfand und dass „in der Zeit vom 27.07. - 30.07.04 eine
Übergabeprüfung durchgeführt“ wurde. Ausweislich der bei den Gerichtsakten
befindlichen Kopie dieses Übergabeprotokolls wurde es vom früheren Soldaten
persönlich („Übernehmender“) unterzeichnet. Aus dem - nach dem Tattag
(19. September 2005) erstellten - Übergabeprotokoll vom 5. Oktober 2005 er-
gibt sich, dass die „Übergabe der Teileinheit ... von SU M. an Fw G.“ an diesem
Tage stattfand, nachdem eine „Übergabeprüfung durchgeführt“ wurde. Auch
dieses Übergabeprotokoll ist von dem früheren Soldaten („Übergebender“) per-
sönlich unterzeichnet worden. Außerdem finden sich die Unterschriften von
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- 16 -
Feldwebel G. („Übernehmender“) und eines Hauptmanns (Unterschrift nicht
lesbar) auf dem Dokument. Angesichts dessen hat der Senat keinen Zweifel
daran, dass der frühere Soldat noch am Tattag des 19. September 2005 die
Funktion eines Gruppenführers seiner Teileinheit (ursprünglich Teileinheit ...,
später Teileinheit ...) innehatte, was ihn u.a. zum Zugang zum Handlager be-
rechtigte. Dies hat auch der in der Berufungshauptverhandlung vernommene
Zeuge Hauptmann K., der Kompaniechef der Einheit, unmissverständlich bestä-
tigt. Nach dessen glaubhaften Bekundungen konnte der frühere Soldat auch mit
dem Dienstgrad eines Stabsunteroffiziers als Gruppenführer, zumindest vertre-
tungsweise, eingesetzt werden, selbst wenn er nicht auf einen entsprechenden
Dienstposten versetzt oder kommandiert war. Dies deckt sich mit der in der
Niederschrift vom 20. September 2005 festgehaltenen und durch Vorhalt zum
Gegenstand der Berufungshauptverhandlung gemachten Zeugenaussage des
Stabsunteroffiziers L. während dessen am 20. September 2005 durch den Zeu-
gen Hauptmann K. erfolgten Vernehmung in der .../...bataillon ... in K.
Allerdings waren dem früheren Soldaten nach den vom Senat ergänzend ge-
troffenen Feststellungen weder das Handlager noch das in Rede stehende
Frostschutzmittel und das Motorenöl „anvertraut“. Dies wäre nur dann der Fall
gewesen, wenn der frühere Soldat eine besondere dienstliche Schutz- und
Verwendungspflicht hinsichtlich dieses Materials gehabt hätte. Denn Anvertrau-
en ist - im Wehrdisziplinarrecht nicht anders als im Strafrecht - die Hingabe oder
das Belassen einer Sache durch den Eigentümer oder sonst Berechtigten zum
Verwalten und Verwenden in dem Vertrauen, der Besitzer werde mit der ihm
überlassenen Sache ausschließlich im Sinne des Anvertrauenden verfahren,
sie also nur in seinem Sinne aufbewahren, verwenden und sie schützen. Allein
die Möglichkeit des Zugriffs auf diese Gegenstände reicht für eine diesbezügli-
che Feststellung des Anvertrautseins nicht aus (vgl. Urteil vom 18. Februar
2004 - BVerwG 2 WD 11.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 15 = ZBR
2005, 260). Dem früheren Soldaten war hinsichtlich des Frostschutzmittels und
des Motorenöls eine solche Stellung nicht übertragen oder eingeräumt. Das
Handlager, aus dem dieses Material am 19. September 2005 von ihm entwen-
det wurde, wurde von einem anderen speziell damit beauftragten Soldaten
(Stabsunteroffizier L.) verwaltet und unterstand nach den glaubhaften Bekun-
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- 17 -
dungen des in der Berufungshauptverhandlung als Zeugen vernommenen
Kompaniechefs Hauptmann K. der Aufsicht des zuständigen Zugführers. Der
Soldat hatte an den im Handlager aufbewahrten Gegenständen und Materialien
nicht einmal Gewahrsam. Mit seinen Tathandlungen brach er vielmehr diesen
für ihn fremden Gewahrsam und begründete erst durch Wegschaffen und Ver-
stecken des gestohlenen Materials (an einem dem Berechtigten nicht bekann-
ten Ort) für sich neuen Gewahrsam.
Erschwerend fällt hier zum Nachteil des früheren Soldaten jedoch ins Gewicht,
dass er nach den getroffenen Feststellungen am 19. September 2005 nicht nur
einmal, sondern sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag Material seines
Dienstherrn entwendete und damit innerhalb weniger Stunden zwei Diebstahls-
handlungen beging, auch wenn sich die Vorgänge des Wegschaffens teilweise
überlappten.
Die Eigenart und Schwere des Fehlverhaltens sind vorliegend auch dadurch
gekennzeichnet, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Stabsunter-
offizier in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 5 SG i.V.m. § 4 Abs. 1
Nr. 3 und Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine erhöhte
Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen (stRspr, vgl. u.a. Urteil
vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 23.01, 32.02 - BVerwGE 117, 117 =
Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 1). Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist
ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner
Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverlet-
zung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichter-
füllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich,
dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorge-
setztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen (vgl. Scherer/Alff,
SG, 7. Aufl. 2003, § 10 Rn. 3 m.w.N.). Es reicht das Innehaben einer Vorge-
setztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus.
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- 18 -
bb) Das Dienstvergehen des früheren Soldaten führte nach den getroffenen und
den Senat bindenden Feststellungen nicht nur zu einer Vermögensgefährdung
(vgl. dazu Urteil vom 13. Februar 2008 a.a.O.), sondern zu einer tatsächlichen
Schädigung des Vermögens des Dienstherrn um 12,75 €. Die Tathandlungen
waren jedenfalls mit dem erfolgten Verbringen des entwendeten Frostschutzmit-
tels und des Motorenöls in den privaten Pkw abgeschlossen. Der Umstand,
dass sie später noch am selben Tag vom Zugführer und einem Offizier des
Wachdienstes im Pkw des früheren Soldaten aufgefunden sowie dem Gewahr-
sam und damit dem Vermögen des Dienstherrn wieder zugeführt werden konn-
ten, ändert an der erfolgten Vermögensschädigung nichts. Ebenso wenig ist
insofern von Bedeutung, dass der frühere Soldat nach der Vollendung des
(zweifachen) Diebstahls, jedoch vor dem Wiederauffinden des Diebesguts nach
seinem Vorbringen für sich bereits den Entschluss gefasst hatte, das Material
wieder zurückbringen zu wollen, was sich jedoch durch die zwischenzeitlich
erfolgte Entdeckung der Straftat(en) erübrigt hatte.
Zu Lasten des früheren Soldaten fällt - im Hinblick auf die Folgen des Dienst-
vergehens - ferner erschwerend ins Gewicht, dass er nach Bekanntwerden der
Dienstpflichtverletzungen von der Stammdienststelle des Heeres als bereits
zugelassener Anwärter für die Laufbahn der Feldwebel in die Laufbahn der Un-
teroffiziere zurückgeführt werden musste und von den zuständigen Vorgesetz-
ten nicht mehr wie zuvor dienstlich eingesetzt werden konnte. Dies ergibt sich
insbesondere aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen K., der sowohl
vor der Truppendienstkammer als auch in der Berufungshauptverhandlung bes-
tätigt hat, dass das Dienstvergehen zu einem starken Vertrauensverlust gegen-
über dem früheren Soldaten führte, der seine Weiterverwendung in Frage stell-
te. Wie der Zeuge glaubhaft dargelegt hat, wurde der (zweifache) Diebstahl
„schnell in der Kompanie bekannt“ und beschädigte in gravierender Weise den
Leumund des früheren Soldaten bei Vorgesetzten und Untergebenen. Ange-
sichts des eingetretenen Vertrauensverlustes konnte der frühere Soldat demzu-
folge „nicht mehr als Gruppenführer eingesetzt“ werden. Damit wurde infolge
des Dienstvergehens die dienstliche Verwendungsmöglichkeit des früheren
Soldaten in gravierendem Maße eingeschränkt. Der Senat hat keine Veranlas-
sung, an der Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen K. zu zweifeln.
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cc) Der frühere Soldat handelte vorsätzlich. Er wusste, dass er das Frost-
schutzmittel und das Motorenöl aus dem Handlager des Dienstherrn in strafba-
rer Weise unter Bruch fremden Gewahrsams in seinen eigenen Gewahrsam
brachte und er wollte dies auch.
Zwar stellte die für die Verfolgung der beiden Straftaten zuständige Staatsan-
waltschaft das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen den früheren Solda-
ten durch Verfügung vom 17. Februar 2006 nach § 153a StPO ein. Dies vermag
aber an dem insbesondere bei den Vorgesetzten eingetretenen Verlust an Ver-
trauen in die persönliche und dienstliche Integrität des früheren Soldaten nichts
zu ändern, sondern betrifft nur die Frage der Verhängung einer strafrechtlichen
Sanktion.
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der frühere Soldat zum Zeitpunkt des
Dienstvergehens in seiner Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB einge-
schränkt oder gar im Sinne des § 20 StGB schuldunfähig war, sind nicht ersicht-
lich und auch nicht geltend gemacht worden.
Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Sol-
daten mindern würden, liegen nicht vor. Sie wären nach der ständigen Recht-
sprechung des Senats (vgl. u.a. Urteile vom 18. März 1997 - BVerwG 2 WD
29.95 - BVerwGE 113, 70 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 28 = NZWehrr 1997,
212 und vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD
29.02 - BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 =
NZWehrr 2004, 31 m.w.N.) dann gegeben, wenn
die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Beson-
derheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes
Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden
konnte. Die Voraussetzungen für das Vorliegen solcher Milderungsgründe sind
hier auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht erfüllt.
Namentlich der Tat-Milderungsgrund einer unbedachten persönlichkeitsfremden
Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten
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liegt nicht vor. Da der frühere Soldat nach der am Vormittag des 19. September
2005 erfolgten Entwendung des Frostschutzmittels nach der Mittagspause auch
noch Motorenöl stahl, war sein Verhalten schon deshalb nicht singulär und of-
fenkundig auch nicht persönlichkeitsfremd. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass
es sich um eine unbedachte, spontane Fehlhandlung handelte. Denn der frühe-
re Soldat agierte - wie er eingeräumt hat - zielgerichtet, um sich mit für ihn kos-
tenlosen Betriebsstoffen für seinen privaten Pkw zu versorgen. Dafür spricht
auch, dass er sehr darauf bedacht war, sein kriminelles Handeln zu verbergen,
in dem er die Betriebsstoffe abgefüllt zunächst in seinen Rucksack verpackte
und dann diesen mit einem dienstlichen Lkw in der Annahme aus dem Kaser-
nengelände verbrachte, er werde dabei nicht beobachtet und falle nicht weiter
auf.
Es ist auch nicht erkennbar, dass sich der frühere Soldat bei seinem Fehlver-
halten unverschuldet einer außergewöhnlichen situationsgebundenen Er-
schwernis bei der Erfüllung eines dienstlichen Auftrags gegenübersah (vgl. da-
zu u.a. Urteile vom 28. Januar 1999 - BVerwG 2 WD 17.98 - Buchholz 236.1
§ 12 SG Nr. 8 und vom 6. Mai 2003 a.a.O.).
Konkrete Anhaltspunkte für ein den früheren Soldaten teilweise entlastendes
Mitverschulden von Vorgesetzten - etwa im Hinblick auf eine nicht hinreichende
Wahrnehmung der Dienstaufsicht (vgl. dazu Urteile vom 19. September 2001
- BVerwG 2 WD 9.01 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 48
licht>, vom 17. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 14.02 - Buchholz 236.1 § 12 SG
Nr. 19, vom 13. März 2003 - BVerwG 1 WD 4.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO
2002 Nr. 2 und vom 6. Mai 2003 a.a.O.) - sind ebenfalls nicht erkennbar. Der
Umstand, dass nach den in der Berufungshauptverhandlung ergänzend getrof-
fenen Feststellungen die Ausgabe der im Handlager vorgehaltenen Frost-
schutzmittel und Motorenöle ohne weitere Kontrollen (z.B. mittels einer zu füh-
renden und zu überwachenden Ausgabeliste) erfolgte, vermag den früheren
Soldaten nicht zu entlasten. Denn er wusste auch ohne derartige oder weitere
Maßnahmen der Dienstaufsicht, dass er das Vermögen und Eigentum des
Dienstherrn zu achten hatte und insbesondere keinen Diebstahl begehen durf-
te. Die Situation offenkundig fehlender hinreichender Sicherungen des Handla-
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gers gegen Diebstahl nutzte er zielgerichtet aus. Daraus kann er für sich keine
Milderungsgründe ableiten.
Sonstige außergewöhnliche Besonderheiten, die einen Milderungsgrund in den
Umständen der Tat begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Der in der Recht-
sprechung anerkannte Tatmilderungsgrund eines Handelns in einer körperli-
chen oder seelischen Ausnahmesituation (vgl. dazu u.a. Urteile vom
1. September 1997 - BVerwG 2 WD 13.97 - BVerwGE 113, 128 <129 f.> =
Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 16 = NZWehrr 1998, 83
licht> und vom 6. Mai 2003 a.a.O.) lag nicht vor. Dies gilt auch hinsichtlich der
von seinem Verteidiger angeführten persönlichen Umstände („private Probleme
über den Kopf gewachsen“; mit „wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekämpft“;
bevorstehende Operation des Sohnes; Tod eines Onkels; Angst vor „lehr-
gangsbedingter Abwesenheit von der jungen Familie“). Inwiefern diese Um-
stände - ihr tatsächliches Vorliegen unterstellt - eine Situation begründet haben
sollten, die von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war,
dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom früheren Soldaten
nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte, ist
nicht ersichtlich. Auch in Situationen dieser Art musste von dem früheren Solda-
ten erwartet werden, jedenfalls keine Straftaten zu begehen.
dd) Das Entwenden des Frostschutzmittels und des Motorenöls erfolgte nach
den vorliegenden Umständen erkennbar eigennützig. Das hat der frühere Sol-
dat auch letztlich eingeräumt.
ee) Im Hinblick auf die bisherige Führung und die Persönlichkeit des früheren
Soldaten liegen erhebliche Milderungsgründe in der Person vor. Zu seinen
Gunsten ist insbesondere zu berücksichtigten, dass er in seiner Dienstzeit aus-
weislich der aus Anlass seiner Zulassung als Anwärter für die Laufbahn der
Feldwebel erstellten Beurteilung vom 16. Mai 2002, der planmäßigen Beurtei-
lung vom 13. August 2002 und teilweise auch der Sonderbeurteilung 24. März
2006 durchaus ansprechende dienstliche Leistungen erbrachte.
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Dafür sprechen auch die Bekundungen des Leumundszeugen Hauptmann K.,
der sowohl vor der Truppendienstkammer als auch ergänzend vor dem Senat
ausgeführt hat, der frühere Soldat habe „vom Leistungsbild zum oberen Drittel
in seiner Dienstgradgruppe (gehört). … Auch nach dem Vergehen bis zu seiner
Entlassung … (habe) er sich nicht hängen lassen“.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass der frühere Soldat vor dem hier in Rede ste-
henden Fehlverhalten vom 19. September 2006 disziplinar- und strafrechtlich
nicht in Erscheinung getreten war. Außerdem ist von Bedeutung, dass er sich
hinsichtlich seines Fehlverhaltens einsichtig und geständig gezeigt und bei der
Aufklärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe mitgearbeitet hat, auch wenn
das Geständnis erst nach dem Auffinden des Diebesguts erfolgte.
ff) Unter Würdigung aller be- und entlastenden Umstände des Fehlverhaltens
des früheren Soldaten ist nach dem Ergebnis der Berufungshauptverhandlung
die von der Truppendienstkammer gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 WDO ver-
hängte Maßnahme einer Herabsetzung in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten
der Reserve und damit um mehr als einen Dienstgrad nicht geboten. Ausrei-
chend und angemessen ist eine Herabsetzung in den Dienstgrad eines Unterof-
fiziers der Reserve.
Gegen einen früheren Soldaten, der - wie der frühere Soldat - im Sinne des § 1
Abs. 3 WDO (wegen des noch nicht vollständig erfüllten Anspruchs auf Dienst-
zeitversorgung in Gestalt der Übergangsbeihilfe) als Soldat im Ruhestand gilt,
ist grundsätzlich eine Aberkennung des Ruhegehalts oder eine Dienstgradher-
absetzung oder eine Kürzung des Ruhegehalts zulässig (§ 58 Abs. 2 Satz 1
WDO), eine Kürzung des Ruhegehalts jedoch im Falle der erfolgten Einstellung
eines sachgleichen Strafverfahrens nach § 153a Abs. 1 StPO nur bei Vorliegen
der besonderen Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung in Fällen, in denen sich
ein Soldat in Vorgesetztenstellung vorsätzlich am Vermögen oder am Eigentum
seines Dienstherrn vergriffen hat, als Ausgangspunkt der Zumessungserwä-
gungen grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung „bis“ in einen Mannschafts-
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dienstgrad angenommen (vgl. u.a. Urteile vom 26. April 1983 - BVerwG 2 WD
3.83 - BVerwGE 76, 73 , vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 WD 11.86 -
BVerwGE 83, 273 , vom 23. Oktober 1990 - BVerwG 2 WD 40.90 -
BVerwGE 86, 341 , vom 9. Juli 1991 - BVerwG 2 WD 41.90 - BVerwGE 93,
126 = NZWehrr 1994, 254 und vom 27. August 2003 - BVerwG 2 WD
5.03 - BVerwGE 119, 1 = Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 10 m.w.N.). Er-
folgte der vorsätzliche Zugriff im Bereich der dienstlichen Kernpflichten des
betreffenden Soldaten (z.B. Entwendung „anvertrauten“ dienstlichen Materials)
und wurde dadurch bei der gebotenen objektiven Betrachtung eine Fortsetzung
des Dienstverhältnisses für den Dienstherrn unzumutbar, ist eine Entfernung
aus dem Dienstverhältnis geboten (stRspr, zuletzt Urteile vom 6. Mai 2003
- BVerwG 2 WD 29.02 - BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO
2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31 und vom 27. August 2003 a.a.O. m.w.N.). Es
bedurfte danach in solchen Fällen ganz erheblicher Milderungsgründe in den
Umständen der Tat, um von einer Entfernung aus dem Dienstverhältnis im Ein-
zelfall Abstand nehmen zu können.
In seiner neueren Rechtsprechung hat der Senat allerdings aus Gründen der
Gleichbehandlung und der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (Art. 3 Abs. 1
GG) in allen Fällen des Zugriffs eines Soldaten auf Vermögen des Dienstherrn
bei der Bemessung von Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme insbesondere
nach der Schwere des Dienstvergehens (vgl. u.a. Urteile vom 18. September
2003 - BVerwG 2 WD 3.03 - BVerwGE 119, 76 = Buchholz 235.01 § 38 WDO
2002 Nr. 11 = NZWehrr 2005, 122, vom 18. Februar 2004 - BVerwG 2 WD
11.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 15 und vom 22. März 2006
- BVerwG 2 WD 7.05 - Buchholz 450.2 § 107 WDO 2002 Nr. 2) und dessen
Folgen differenziert. Denn gerade auch im Disziplinarrecht ist das verfassungs-
rechtlich gewährleistete Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten. Dieses ist im
Soldaten-Disziplinarrecht vom Gesetzgeber dahingehend konkretisiert, dass die
Bemessung der Disziplinarmaßnahme stets in einem angemessenen Verhältnis
zum Dienstvergehen und zu seinem Unrechtsgehalt (vgl. § 38 Abs. 1 WDO
- „Eigenart und Schwere”) stehen (vgl. Urteil vom 27. August 2003 a.a.O.) sowie
ferner die Auswirkungen des Dienstvergehens, das Maß der Schuld, die bishe-
rige Führung und die Persönlichkeit sowie die Beweggründe des Soldaten be-
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rücksichtigen muss. Deshalb ist eine Differenzierung nach der Eigenart und
Schwere des Dienstvergehens sowie nach den weiteren im Gesetz genannten
Kriterien der Maßnahmebemessung zwingend geboten, und zwar nicht nur
nach „oben”, sondern auch nach „unten”. Davon sind bestimmte Arten von
Dienstvergehen, etwa solche zu Lasten des Vermögens des Dienstherrn, nicht
ausgenommen. Das Verhältnismäßigkeitsgebot steht nicht zur Disposition der
Wehrdienstgerichte.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Soweit die Truppendienstkammer im angefochtenen Urteil demgegenüber an-
geführt hat, zur Vermeidung einer „privilegierenden“ Ungleichbehandlung von
Soldaten gegenüber in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen stehenden Arbeit-
nehmern sei unabhängig von den konkreten Auswirkungen des Fehlverhaltens
bei jedem Zeit- oder Berufssoldaten, „der sich zu Lasten seines Dienstherrn
einen rechtswidrigen Vermögensvorteil verschafft bzw. zu verschaffen versucht“
und damit eine „verwerfliche Tat“ begangen hat, „in Fällen der vorliegenden Art
stets eine deutliche Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumes-
sungserwägungen zu machen“, folgt dem der Senat in dieser Pauschalität nicht.
Zwar geht auch der Senat, wie dargelegt, davon aus, dass bei der Schädigung
des Eigentums oder Vermögens des Dienstherrn durch einen Soldaten Aus-
gangspunkt der Zumessungserwägungen stets eine Dienstgradherabsetzung
ist, sofern nicht - im Falle des „Anvertrautseins“ - von der Höchstmaßnahme
auszugehen ist. Eine Differenzierung der gerichtlichen Maßnahmebemessung
nach der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie nach den weiteren
in § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO genannten Kriterien ist jedoch rechtlich
zwingend geboten. Angesichts der Unterschiedlichkeit des Unrechtsgehalts, der
Auswirkungen, des Maßes der Schuld des Dienstvergehens sowie der bisheri-
gen Führung, der Persönlichkeit und der Beweggründe des betroffenen Solda-
ten kann diese Differenzierung nicht nur nach „oben” (Degradierung „bis“ in den
Mannschaftsdienstgrad oder Verhängung der Höchstmaßnahme), sondern
muss auch nach „unten”, also zugunsten des betroffenen Soldaten, erfolgen.
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Die von der Truppendienstkammer angeführte Rechtsprechung des Bundesar-
beitsgerichts (BAG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 -) steht dem
nicht entgegen.
Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung geht überwiegend zwar davon aus (an-
derer Auffassung: u.a. Schwerdtner, in: Münchner Kommentar zum BGB,
4. Aufl. 2005, § 626 Rn. 178 und 185 ff.; Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 11. Aufl.
1998, Rn. 1137; Gerhards, BB 1996, 794 <796>), dass von einem Arbeitneh-
mer begangene Eigentums- und Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitge-
bers an sich geeignet sind, eine außerordentliche („fristlose“) Kündigung zu
rechtfertigen (sog. Prüfung auf der ersten Stufe des § 626 Abs. 1 BGB). Dies
soll auch dann gelten, wenn es um Gegenstände von geringem Wert gehe.
Aber erst die Würdigung, ob dem Arbeitgeber deshalb außerdem die Fortset-
zung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist
bzw. der vertragsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Berück-
sichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen
beider Vertragsteile unzumutbar ist (sog. Prüfung auf der zweiten Stufe des
§ 626 Abs. 1 BGB), kann zur Feststellung der Berechtigung/Nichtberechtigung
der außerordentlichen Kündigung führen (vgl. dazu u.a. Urteile des BAG vom
17. Mai 1984 - 2 AZR 3/83 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB, vom 12. August 1999
- 2 AZR 923/98 - BAGE 92, 184 m.w.N. und vom 11. Dezember 2003 a.a.O.
m.w.N.).
Unabhängig davon ist bereits im Ausgangspunkt festzuhalten, dass das Bun-
desverwaltungsgericht im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des
Art. 3 Abs. 1 GG nicht gehalten ist, Dienstvergehen eines Soldaten grundsätz-
lich nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, die die Arbeitsgerichte bei Ar-
beitsvertragsverstößen oder Straftaten von Arbeitnehmern anwenden. Selbst
abweichende Auslegungen derselben Rechtsnorm durch verschiedene Gerichte
verletzen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG nicht, weil die
Rechtspflege angesichts der verfassungsrechtlichen Garantie der richterlichen
Unabhängigkeit (Art. 92 und 97 Abs. 1 GG) konstitutionell „uneinheitlich“ ist (vgl.
dazu die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, u.a. Be-
schlüsse vom 26. April 1988 - 1 BvR 669, 686, 687/87 - BVerfGE 78, 123
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<126> und vom 3. November 1992 - 1 BvR 1243/88 - BVerfGE 87, 273 <278>;
Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. I, Stand: Juni 1997, Art. 3 Abs. 1 Rn. 410).
Entscheidend ist aber letztlich, dass der Rechtsprechung des Senats bei der
disziplinarrechtlichen Würdigung von Dienstvergehen von Soldaten andere
Rechtsnormen zugrunde liegen als der Judikatur der Arbeitsgerichte bei Ver-
mögensdelikten in privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen. Die vom Gesetzgeber
für die Bemessung von gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen der Wehrdienstge-
richte getroffenen Regelungen in § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO unter-
scheiden sich sowohl verfahrens- als auch materiellrechtlich grundlegend von
den Rechtsnormen, nach denen sich die Berechtigung z.B. einer von einem Ar-
beitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer ausgesprochenen ordentlichen oder
außerordentlichen Kündigung bemisst. Ob etwa im Falle einer Verletzung von
Eigentum oder Vermögen des Arbeitgebers durch einen Arbeitnehmer nach
§ 626 BGB eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht, ist für die Be-
messung einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme gegen einen Soldaten oder
früheren Soldaten nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO ohne rechtliche
Bedeutung. Es ist Sache des Gesetzgebers, für Pflichtverletzungen in unter-
schiedlichen Rechtsbereichen die rechtspolitische Angemessenheit gleicher
oder unterschiedlicher disziplinarer Sanktionen oder Maßnahmen zu beurteilen
und hierüber zu entscheiden. Die Gerichte sind gemäß Art. 20 Abs. 3 und
Art. 97 Abs. 1 GG an diese gesetzgeberischen Entscheidungen, sofern diese
nicht ihrerseits verfassungswidrig sind, gebunden, und zwar auch dann, wenn
es bei den gesetzgeberischen Entscheidungen in den verschiedenen Rechtsbe-
reichen zu vermeintlichen oder tatsächlichen Wertungswidersprüchen gekom-
men ist.
Im Übrigen weist der Senat unabhängig davon darauf hin, dass auch in der
Rechtsprechung der für das Beamtenrecht zuständigen Senate des Bundes-
verwaltungsgerichts die Höhe des angerichteten Schadens bei der Bemessung
einer gegen einen Beamten zu verhängenden Disziplinarmaßnahme Berück-
sichtigung findet, wenn dieser das Vermögen oder das Eigentum des Dienst-
herrn geschädigt hat.
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Nach der Rechtsprechung des Disziplinarsenats und des 2. Revisionssenats
des Bundesverwaltungsgerichts kann - bei anvertrauten angeeigneten Gegen-
ständen - in Anlehnung an § 248a StGB (Verfolgung von Diebstahl und Unter-
schlagung geringwertiger Sachen) von der Entfernung eines Beamten aus dem
Dienst dann abgesehen werden, wenn der veruntreute Betrag gering ist und
durch das Dienstvergehen keine weiteren wichtigen öffentlichen oder privaten
Interessen verletzt sind. Bei der Bemessung der Geringwertigkeitsgrenze ging
der Disziplinarsenat zunächst von einem Betrag von 50 DM aus, „ohne damit al-
lerdings eine starre Grenze festzusetzen, wie es auch den Grundsätzen zu
§ 248a StGB entspricht” (vgl. Urteil vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D
66.91 - BVerwGE 93, 314); zwischenzeitlich hat er diesen Wert auf 50 € erhöht
(Urteil vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 = Buchholz
232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 28). Dem ist der 2. Revisionssenat gefolgt (vgl. u.a.
Beschluss vom 22. September 2006 - BVerwG 2 B 52.06 - DÖD 2007, 187).
Diese Grundsätze dürften erst Recht entsprechende Berücksichtigung finden,
wenn das in Rede stehende Vermögen dem betreffenden Beamten nicht anver-
traut war.
Im Hinblick auf den nach dem Grundgesetz allein zulässigen Zweck des Wehr-
disziplinarrechts, zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines geordne-
ten Dienstbetriebs beizutragen (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 2. Juli 1997
- BVerwG 2 WD 12.97 -, vom 13. Juli 1999 - BVerwG 2 WD 4.99 - Buchholz
236.1 § 7 SG Nr. 30, vom 28. Oktober 2003 - BVerwG 2 WD 8.03 - DokBer
2004, 78 und vom 13. November 2007 - BVerwG 2 WD 20.06 -), sind bei der
konkreten Maßnahmebemessung regelmäßig sowohl auf den Täter und damit
auf den konkreten Einzelfall bezogene spezial- als auch generalpräventive Ge-
sichtspunkte bei der Maßnahmebemessung zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall war das Vermögen des Dienstherrn, gegen das sich das
Dienstvergehen des früheren Soldaten richtete, aus den oben dargelegten
Gründen diesem nicht anvertraut, so dass als Ausgangspunkt der Zumes-
sungserwägungen die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht in Betracht
kam.
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Gegen eine Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad sprach jedoch vor
allem der relativ geringe Schadensbetrag von 12,75 €, der die auch in der
Rechtsprechung der für das Beamtenrecht zuständigen Senate des Bundes-
verwaltungsgerichts herangezogene „Bagatellgrenze“ von 50 € deutlich unter-
schritt. Für die Maßnahmebemessung ist es nicht bedeutungslos, ob es sich um
einen vorsätzlich verursachten Vermögensschaden z.B. in Millionenhöhe oder
im Rahmen des sog. Bagatellbereichs handelt. Die Hemmschwelle, die der je-
weilige Täter zu überwinden hat, ist in solchen Fällen in aller Regel nicht gleich.
Hinzu kam, dass es dem früheren Soldaten aufgrund der praktisch unzurei-
chenden Sicherungsmaßnahmen relativ leicht gemacht wurde, das Frost-
schutzmittel und das Motorenöl zu entwenden, so dass von ihm auch deshalb
nur eine relativ niedrige Hemmschwelle zu überwinden war.
Eine niedrigere gerichtliche Disziplinarmaßnahme in Gestalt einer Kürzung des
Ruhegehalts (§ 58 Abs. 2 Nr. 1 WDO) kam dagegen vorliegend nicht in Be-
tracht.
Zwar ist der frühere Soldat zwischenzeitlich mit Ablauf des 31. Mai 2006 aus
der Bundeswehr ausgeschieden. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden,
dass er angesichts seines Alters von 28 Jahren künftig (z.B. im Rahmen von
Wehrübungen) wieder zum Dienst in der Bundeswehr herangezogen wird. Da-
mit müssen weiterhin spezialpräventive Gesichtspunkte in die Maßnahmebe-
messung einbezogen werden. Die Unbekümmertheit und Leichtfertigkeit, mit
der der frühere Soldat aus eigennützigen Beweggründen kriminelles Unrecht
beging und dem Dienstherrn vorsätzlich einen - wenn auch relativ geringfügi-
gen - Vermögensschaden zufügte, machen eine deutliche Pflichtenmahnung
erforderlich, zumal sich der Senat nicht hinreichend hat davon überzeugen kön-
nen, dass sich der frühere Soldat nach der Tat mit seinem Dienstvergehen in
dem gebotenen Maße - über das Bedauern der dadurch ausgelösten negativen
Folgen für ihn selbst hinaus - auseinandergesetzt hat. Der frühere Soldat hat
zwar schriftlich geltend gemacht, er bereue „zutiefst“ sein Fehlverhalten; es tue
ihm leid. Die konkreten Hintergründe seiner Pflichtverletzungen sind jedoch im
Unklaren geblieben. Einen persönlichen Eindruck von ihm hat der Senat nicht
gewinnen können, da der frühere Soldat nicht zur Berufungshauptverhandlung
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erschienen ist. Zu Lasten des früheren Soldaten war vor allem zu berücksichti-
gen, dass er mit seinem Dienstvergehen das Vertrauen seiner Vorgesetzten in
einem Maße erschüttert hatte, dass er durch die Stammdienststelle des Heeres
in die Laufbahn der Unteroffiziere zurückgeführt werden musste und nicht mehr
als Gruppenführer Verwendung finden konnte. Sein Fehlverhalten hatte damit
erhebliche personalwirtschaftliche Konsequenzen.
Auch generalpräventive Gesichtspunkte erfordern trotz des relativ geringen
Vermögensschadens und der dargelegten Umstände der Tatbegehung eine
Dienstgradherabsetzung. Da das Dienstvergehen nach den getroffenen Fest-
stellungen - über den damit dienstlich unmittelbar befassten Personenkreis hin-
aus - im dienstlichen Umfeld des früheren Soldaten bekannt wurde und da nicht
zuletzt auch deshalb eine Änderung seiner dienstlichen Verwendung erforder-
lich wurde, ist eine nach außen sichtbare Pflichtenmahnung unverzichtbar, zu-
mal Milderungsgründe in den Umständen der Tat nicht vorliegen. Allein die vom
früheren Soldaten während seiner Dienstzeit erbrachten ansprechenden dienst-
lichen Leistungen reichen nicht aus, die Notwendigkeit einer solchen nach au-
ßen sichtbaren Pflichtenmahnung entfallen zu lassen. Es muss gerade in einem
Bereich, in dem der verlässliche Umgang mit Vermögen des Dienstherrn erfah-
rungsgemäß nur schwer kontrolliert werden kann, darauf Bedacht genommen
werden, dass andere Soldaten in ihrem Rechtsbewusstsein und in ihrer Bereit-
schaft zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Dienstpflichten nicht negativ tan-
giert, sondern bestärkt werden. Durch eine Pflichtenmahnung in Gestalt einer
Dienstgradherabsetzung wird der Umgebung des früheren Soldaten das Ge-
wicht der Verfehlung vor Augen geführt und deutlich gemacht, dass die Bege-
hung von vorsätzlichen Straftaten auch im Falle einer nur noch kurzen Rest-
dienstzeit nicht folgenlos bleibt.
4. Da das Rechtsmittel des früheren Soldaten teilweise Erfolg hat, sind die Kos-
ten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 3 WDO im Verhältnis des Ob-
siegens bzw. Unterliegens jeweils zur Hälfte dem früheren Soldaten und dem
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Bund aufzuerlegen, der nach § 140 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 139 Abs. 3 WDO
auch die Hälfte der dem früheren Soldaten im Berufungsverfahren entstande-
nen notwendigen Auslagen zu tragen hat.
Prof. Dr. Widmaier Dr. Frentz Dr. Deiseroth