Urteil des BVerwG vom 27.07.2006

Soldat, Rücknahme, Disziplinarverfahren

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 WD 11.05
TDG N 9 VL 16/04
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren
g e g e n
den Hauptfeldwebel …,
geboren am … in …,
…, …,
- Verteidiger:
Rechtsanwälte …,
…, … -
hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier
als Vorsitzender,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
am 27. Juli 2006 beschlossen:
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden je zur Hälfte
dem Soldaten und dem Bund auferlegt, der auch die Hälf-
te der dem Soldaten darin erwachsenen Auslagen zu tra-
gen hat.
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G r ü n d e :
I
Die 9. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat den Soldaten mit Urteil vom
16. Februar 2005 - N 9 VL 16/04 - wegen eines Dienstvergehens in den Dienst-
grad eines Hauptfeldwebels herabgesetzt.
Gegen dieses Urteil haben der Soldat durch seine Verteidiger mit Schriftsatz
vom 7. April 2005 und der Wehrdisziplinaranwalt mit Schriftsatz vom 13. April
2005 Berufung eingelegt.
Jeweils mit Schriftsatz vom 27. Juni 2006 haben die Verteidiger die Berufung
des Soldaten und der Bundeswehrdisziplinaranwalt die des Wehrdisziplinaran-
walts zurückgenommen.
Nach § 139 Abs. 2 WDO treffen die Kosten eines zurückgenommenen Rechts-
mittels den, der es eingelegt hat. Da sowohl der Soldat als auch der Wehrdis-
ziplinaranwalt Berufung eingelegt und beide ihre Berufung zurückgenommen
haben, sind die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte dem Soldaten
und dem Bund aufzuerlegen.
Für den Ersatz der im Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen
des Soldaten im Falle einer beiderseitigen Berufungsrücknahme trifft das Ge-
setz keine Regelung. Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 Satz 1 WDO, wonach die
dem Soldaten im Rechtsmittelverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen
bei Rücknahme der Berufung durch den Wehrdisziplinaranwalt dem Bund auf-
zuerlegen sind, setzt voraus, dass allein der Wehrdisziplinaranwalt zu Unguns-
ten des Soldaten Berufung eingelegt hat (Beschlüsse vom 13. September 2001
- BVerwG 2 WD 14.01 - und vom 25. März 2003 - BVerwG 2 WD 23.02 -; vgl.
Behnke, BDO, 2. Aufl., § 115 Rn. 13 unter Bezugnahme auf BDHE 2, 155). Das
ergibt sich mittelbar aus der gesetzlichen Regelung für den umgekehrten Fall,
dass nur der Soldat Berufung eingelegt hat; dieser erhält seine notwendigen
Auslagen nur dann - ganz oder teilweise - ersetzt, wenn sein Rechtsmittel Er-
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folg hatte (vgl. § 140 Abs. 4 und 5 WDO). Nimmt er dagegen sein Rechtsmittel
zurück, muss er ebenso wie bei einem in vollem Umfang erfolglosen Rechtsmit-
tel (vgl. § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO) seine notwendigen Auslagen selbst tragen
(vgl. Urteil vom 27. März 1973 - BVerwG 2 WD 45.72 - BVerwGE 46, 101).
Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung bei beiderseitiger Berufungsrücknah-
me schließt jedoch nicht aus, den Soldaten - dem Grundgedanken des § 140
Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 WDO entsprechend - auch in einem solchen
Falle aus Billigkeitsgründen von den ihm im Berufungsverfahren erwachsenen
notwendigen Auslagen teilweise zu entlasten (ständige Rechtsprechung seit
dem Beschluss vom 29. Mai 1974 - BVerwG 2 WD 31.73 -). Es erscheint daher
angemessen, die Hälfte der dem Soldaten im Berufungsverfahren erwachsenen
notwendigen Auslagen dem Bund aufzuerlegen.
Prof. Dr. Widmaier
Golze
Dr. Deiseroth
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