Urteil des BVerwG vom 03.07.2003

Beihilfe, Nbg, Echte Rückwirkung, Besoldung

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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 C 45.02
OVG 2 LB 3402/01
Verkündet
am 3. Juli 2003
Schütz
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S i l b e r k u h l
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e ,
G r o e p p e r und Dr. B a y e r
für Recht erkannt:
- 2 -
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Juli 2002
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I.
Der im hier maßgeblichen Zeitraum nach der Besoldungsgruppe A 8 besoldete Kläger bean-
tragte unter dem 1. Februar 1999 eine Beihilfe für Aufwendungen, die ihm bis zum
31. Januar 1999 entstanden waren. Die Beklagte gewährte ihm eine Beihilfe, die sie ent-
sprechend § 87 c Abs. 4 NBG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung um
eine Kostendämpfungspauschale in Höhe von 200 DM kürzte. Die Klage, mit der sich der
Kläger gegen die Kürzung wendet, ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: § 87 c Abs. 4 NBG - dessen korrekte
Anwendung zwischen den Parteien nicht streitig ist - verstoße nicht gegen höherrangiges
Recht. Das Land sei zum Erlass der Regelung zuständig, weil der Bund seine konkurrieren-
de Gesetzgebungskompetenz für die Regelung des Beihilferechts für Landesbeamte nicht
ausgeschöpft habe und ein Fall offenbaren Missbrauchs nicht vorliege. Besoldungsrechtliche
Wirkung komme der Regelung nicht zu. Der Betrag der Kostendämpfungspauschale erreiche
in keiner Besoldungsgruppe mehr als ein Prozent der Jahresbezüge. Die Einführung der
Pauschale verstoße auch nicht gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Zwar sei es nicht
möglich, sich gegen die Kostendämpfungspauschale zu versichern. Angesichts ihrer Höhe
führe sie aber nicht zu einer unzumutbaren Belastung, die die amtsangemessene Lebens-
führung gefährde, zumal sie eine an der Kinderzahl orientierte soziale Komponente aufwei-
se. Hinzu komme, dass vorher geltende Selbstbehalte bei Arznei- und Verbandmittelkäufen
sowie bei medizinisch veranlassten Fahrten entfallen seien. Die Pauschale gefährde auch
nicht den so genannten Beihilfestandard. Sie verstoße wegen ihrer geringen Höhe nicht ge-
gen das Alimentationsprinzip. Auch der allgemeine Gleichheitssatz sei nicht verletzt. Der
Gesetzgeber habe für die Differenzierung nach Besoldungsgruppen (ohne Berücksichtigung
unterschiedlicher Dienstaltersstufen) und bei Teilzeitbeschäftigten ohne Berücksichtigung
ihres Beschäftigungsgrades relativ grob pauschalieren dürfen, weil es sich bei der Beihilfebe-
rechnung um eine Massenerscheinung handelte, die typisierend und generalisierend gere-
gelt werden dürfe. Nicht zu beanstanden sei auch, dass die Regelung ohne Übergangsrege-
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lung in Kraft getreten sei und auch solche Fälle erfasst habe, in denen die beihilfefähigen
Aufwendungen schon entstanden seien. Die hierin liegende unechte Rückwirkung sei recht-
mäßig, weil das Interesse des Landes an einer raschen finanziellen Entlastung schutzwürdi-
ger sei als das Vertrauen der Beamten in den Fortbestand der bisherigen Regelung.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Revision des Klägers, mit der er die Verletzung ma-
teriellen Rechts rügt. Er beantragt,
die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben und nach dem Klageantrag zu
erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass ihm für die bis
zum 31. Januar 1999 entstandenen Aufwendungen eine um 200 DM erhöhte Beihilfe ge-
währt wird.
Die Kürzung der Beihilfe beruht auf § 87 c NBG in der Fassung des Art. 14 Haushaltsbe-
gleitgesetz 1999 vom 21. Januar 1999 (Nds. GVBl S. 10, 13) - § 87 c NBG a.F. - neu gefasst
durch Art. 4 Haushaltsbegleitgesetz 2002 vom 18. Dezember 2001 (Nds. GVBl S. 806). Ge-
mäß § 87 c Abs. 4 Satz 1 NBG a.F. wurde die Beihilfe je Kalenderjahr, in dem ein Beihilfean-
trag gestellt wurde, bei einem Angehörigen der Besoldungsgruppe A 8 um die "Kostendämp-
fungspauschale" von 200 DM gekürzt.
Zu dieser Regelung war das Land Niedersachsen befugt. Art. 74 a Abs. 1 GG erstreckt die
konkurrierende Gesetzgebung des Bundes auf die Besoldung und Versorgung der Angehö-
rigen des öffentlichen Dienstes, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhält-
nis stehen, soweit nicht der Bund nach Art. 73 Nr. 8 GG ausschließlich zuständig ist. Der
Begriff "Besoldung" wird in Art. 74 a Abs. 1 GG in einem weiten Sinne verwendet. Er umfasst
sämtliche in Erfüllung der Alimentationspflicht gewährten Leistungen, also nicht nur Geld-,
sondern auch Sachbezüge. Beihilfe und freie Heilfürsorge gehören zum Begriff der Besol-
dung im Sinne dieser Verfassungsbestimmung (vgl. BVerfGE 62, 354 <368>; BVerfG, Be-
schluss vom 7. November 2002 - 2 BvR 1053/98 - ZBR 2003, 203).
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Von der ihm verliehenen Gesetzgebungskompetenz hat der Bund nur insoweit Gebrauch
gemacht, als er prinzipiell abschließend die Besoldung und Versorgung im engeren Sinne
normiert hat. Die Bundesgesetzgebung regelt indessen nicht Leistungen für besondere Le-
benssituationen im Länderbereich. In diesem Umfang sind die Bundesregelungen nicht ab-
schließend und entfalten auch keine Sperrwirkung. Die Länder sind berechtigt, die nach der
gegenwärtigen Konzeption der Regelalimentierung gebotene Ergänzung durch Beihilfen im
Krankheitsfall u.a. selbst zu regeln.
Das Land Niedersachsen hat nicht die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und damit
seine Pflicht zu bundesfreundlichem Verhalten verletzt. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf
die Belange und die Kodifikationen des Bundes führt zu Beschränkungen, wenn sich die
kompetenzgemäße Regelung eines Landes auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung le-
diglich mittelbar auswirken kann und die Gesetzgebung durch das Land offenbar miss-
bräuchlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, a.a.O. m.w.N.). Dass das
Land Niedersachsen durch die Einführung der Kostendämpfungspauschale besoldungs-
oder versorgungsrechtliche Ziele verfolgt oder die abschließende Gesetzgebung des Bundes
konterkariert hat, ist nicht erkennbar.
Die Einführung der Kostendämpfungspauschale verstößt nicht gegen hergebrachte Grund-
sätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG).
Von Verfassungs wegen hat der Beamte Anspruch darauf, auch Krankheit, Pflegebedürftig-
keit und andere besondere Situationen finanziell bewältigen zu können, ohne dass sein
amtsangemessener Lebensunterhalt beeinträchtigt wird (vgl. BVerfGE 3, 58 <160>; 46, 97
<117>; 70, 69 <79>; 97, 35 <45>; BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C
34.01 - DÖV 2003, 456 = DVBl 2003, 726 = ZBR 2003, 212
scheidungssammlung vorgesehen>). Die Pflicht zur Sicherstellung des amtsangemessenen
Lebensunterhalts ist ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums und beruht unmit-
telbar auf Verfassungsrecht (Art. 33 Abs. 5 GG). Sie ist nicht beschränkt auf gewöhnliche
Lebenssituationen, sondern erstreckt sich auch auf Lebenslagen, die einen erhöhten Bedarf
begründen. Die Alimentationspflicht gebietet dem Dienstherrn, Vorkehrungen zu treffen, dass
die notwendigen und angemessenen Maßnahmen im Falle von Krankheit, Pflegebedürftig-
keit, Geburt und Tod nicht aus wirtschaftlichen Gründen unterbleiben oder dass der amtsan-
gemessene Lebensunterhalt wegen der finanziellen Belastungen in diesen Ausnahmesituati-
onen nicht gefährdet wird.
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Das gegenwärtig praktizierte System der Beihilfen in Krankheitsfällen gehört jedoch nicht zu
den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und wird deshalb nicht durch
Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistet (stRspr; vgl. BVerfGE 83, 89 <98>; BVerfG, Beschluss vom
7. November 2002, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 28. November 1991 - BVerwG 2 N
1.89 -; BVerwGE 89, 207 <209> m.w.N.). Unterstützungsleistungen in besonderen Lebenssi-
tuationen werden nicht von der nach Art. 33 Abs. 5 GG geschuldeten Alimentation umfasst.
Vielmehr genügt der Dienstherr der von Verfassungs wegen geschuldeten Alimentation
auch, wenn der Beamte in die Lage versetzt wird, einen Teil seiner Bezüge zur Eigenvorsor-
ge einzusetzen. Besoldung und Versorgung sind so zu gestalten, dass unter Berücksichti-
gung der Eigenvorsorge der angemessene Lebensunterhalt des Beamten und seiner Famili-
enangehörigen sichergestellt bleibt. In welcher Form der Dienstherr die erforderlichen Vor-
kehrungen trifft, bleibt seiner Gestaltungsfreiheit überlassen. Es besteht keine verfassungs-
rechtliche Verpflichtung, den Beamten und Versorgungsempfängern in Krankheitsfällen und
in vergleichbaren Notsituationen Unterstützungen in Form von Beihilfen oder gar von Beihil-
fen in bestimmter Höhe zu gewähren. Das System der Beihilfen kann deshalb ohne Verlet-
zung des Art. 33 Abs. 5 GG geändert werden (vgl. BVerfGE 58, 68 <77 f.>; 79, 223 <235>;
83, 89 <98>; BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, a.a.O.).
Mutet der Dienstherr dem Beamten oder Versorgungsempfänger eine Eigenvorsorge in vol-
lem Umfange, insbesondere in Krankheits- und Pflegefällen zu, die nach den heutigen Ver-
hältnissen im Gesundheits- und Pflegewesen vernünftigerweise nur durch den Abschluss
von Kranken- und Pflegeversicherungen erreicht werden kann, müssen die Bezüge so be-
messen sein, dass die zu zahlenden Versicherungsprämien den amtsangemessenen Le-
bensunterhalt nicht beeinträchtigen. Sind die Bezüge des Beamten oder Versorgungsemp-
fängers so zugeschnitten, dass sie eine zumutbare Eigenvorsorge nur im Hinblick auf einen
Teil der durch Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt und Tod begründeten Belastungen er-
möglichen, so hat der Dienstherr zusätzliche Vorkehrungen zu treffen, dass die Belastungen,
die den Umfang der Eigenvorsorge überschreiten, ebenfalls getragen werden können. Beihil-
fen zu derartigen Aufwendungen finden ihre Grundlage in der Fürsorgepflicht des Dienst-
herrn, die ihrerseits als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums durch Art. 33
Abs. 5 GG gewährleistet ist (vgl. BVerfGE 46, 97 <117>; 83, 89 <100>). Die Zuschüsse er-
der Dienstherr für ein "Mischsystem" aus Eigenleistungen des Beamten und Beihilfen, so
muss gewährleistet sein, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet
bleibt, die er auch über eine ihm zumutbare Eigenvorsorge nicht abzusichern vermag (vgl.
BVerfGE 83, 89 <100>; BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, a.a.O.).
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Sowohl die Bestimmungen über die Besoldung und Versorgungsbezüge als auch die Be-
stimmungen über den Schutz bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit haben Rücksicht zu
nehmen auf die finanzielle Belastbarkeit des Beamten, um den amtsangemessenen Lebens-
unterhalt sicher zu stellen. Insoweit sind allerdings keine starren Grenzen vorgegeben. Die
Bezüge der Beamten und Versorgungsempfänger enthalten keinen exakt bestimmbaren
Satz oder proportionalen Anteil, mit dem die Eigenvorsorge betrieben werden kann und soll.
Verfassungsrechtlich ist die Grenze der dem Beamten zumutbaren Belastung im Hinblick auf
die Eigenvorsorge erst erreicht, wenn der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr
gewährleistet ist. Ungereimtheiten, die sich daraus ergeben, dass einerseits Besoldung und
Versorgung zur Anpassung an die Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finan-
ziellen Verhältnisse (vgl. § 14 BBesG) angehoben, andererseits Zuschüsse für regelmäßig
entstehende Aufwendungen gekürzt werden, begründen für sich betrachtet noch keinen Ver-
fassungsverstoß.
Dass der Kläger seit dem Jahre 1999 mit zusätzlich 200 DM pro anno bei seinen Aufwen-
dungen in Krankheitsfällen belastet worden ist, hat nicht dazu geführt, dass sein amtsange-
messener Lebensunterhalt beeinträchtigt war. Zwar bedeutet Alimentation in der Wohl-
standsgesellschaft mehr als Unterhaltsgewährung in Zeiten, die für weite Kreise der Bevölke-
rung durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren. Im Rahmen seiner Verpflich-
tung zur amtsangemessenen Alimentation hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Dienst-
verhältnisses für qualifizierte Kräfte und das Ansehen des Amtes in der Gesellschaft zu festi-
gen, Ausbildungsstand, Beanspruchung und Verantwortung des Amtsinhabers zu berück-
sichtigen und dafür Sorge zu tragen, dass jeder Bedienstete außer den Grundbedürfnissen
ein "Minimum an Lebenskomfort" befriedigen und seine Unterhaltspflichten gegenüber seiner
Familie erfüllen kann (vgl. BVerfGE 44, 249 <269 f.>; 76, 256 <324>; 81, 363 <376>; 99, 300
<314 ff.>; BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 34.01 - ). Aller-
dings bezeichnen die Dienst- und sonstigen Bezüge in der jeweils durch Gesetz festgesetz-
ten Höhe nicht zugleich das, was der Dienstherr aufgrund seiner Alimentationspflicht schul-
det. Hat der Beamte zu seinen Aufwendungen in Krankheitsfällen einen Eigenbeitrag zu leis-
ten, der weniger als ein Prozent seiner Jahresbezüge ausmacht, bleibt in aller Regel der
amtsangemessene Lebensunterhalt gewahrt. Es ist auch nicht erkennbar, dass die verfas-
sungsrechtlichen Anforderungen verletzt sein könnten, wenn dem Beamten zugemutet wird,
aufgrund einer Kürzung der Beihilfeleistungen im Vergleich zu den Vorjahren zusätzlich ca.
17 DM pro Monat als Eigenvorsorge aufzubringen.
Die Fürsorgepflicht verlangt nicht, dass durch Beihilfe und Versicherungsleistung die Auf-
wendungen in Krankheitsfällen vollständig gedeckt werden, dass der Dienstherr in jedem
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Falle einen Teil der Aufwendungen übernimmt oder dass das von der Beihilfe nicht gedeckte
Risiko in vollem Umfang versicherbar ist. Allerdings darf die Beihilfe als eine die Eigenvor-
sorge ergänzende Leistung nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmög-
lichkeiten ausgestaltet werden (vgl. BVerfGE 83, 89 <100 ff.>; BVerfG, Beschluss vom
7. November 2002, a.a.O.). Daraus folgt aber nicht, dass das Beihilfesystem und die private
Versicherung lückenlos aufeinander abgestimmt sein müssen. Das Alimentationsprinzip ver-
bietet es, dem Beamten Risiken aufzubürden, deren wirtschaftliche Auswirkungen unüber-
schaubar sind. Das ist nicht zu besorgen, wenn das nicht versicherbare finanzielle Risiko auf
einen Betrag begrenzt ist, der die amtsangemessene Lebensführung nicht beeinträchtigt.
Das Besoldungs- und Versorgungsrecht in der gegenwärtigen Ausgestaltung geht davon
aus, dass der Schutz in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen nicht in vollem Um-
fange der Eigenvorsorge des Beamten überlassen ist. Aus dem wechselseitigen Aufeinan-
derbezogensein von Alimentation einerseits und ergänzender, von Bund und Ländern je
selbst zu regelnder Beihilfe andererseits ergibt sich allerdings kein tradiertes Anspruchsni-
veau der öffentlich Bediensteten, das verfassungsrechtlich geschützt sein könnte (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002, a.a.O.). Einer Kürzung der Beihilfeleistungen
durch Eigenbeteiligung der Beamten steht der bis zur Einführung der Kostendämpfungspau-
schale in verschiedenen Bundesländern erreichte Beihilfestandard nicht entgegen. In den
durch das Grundgesetz gesetzten Grenzen ist es den Ländern möglich, den bisherigen Bei-
hilfestandard auch zu Lasten der Beamten zu ändern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. No-
vember 2002, a.a.O.) und im Rahmen ihrer Regelungskompetenz von denen des Bundes
und der anderen Länder abweichende Vorschriften zu erlassen. Ein Zwang zur Vereinheitli-
chung des Beihilferechts besteht nach den Vorgaben des Bundesbesoldungs- und Versor-
gungsrechts nicht. Bund und Länder haben jedoch zu beachten, dass sie angesichts der
gegenwärtigen Struktur und des gegenwärtigen Niveaus der Besoldung und Versorgung
prinzipiell in die Verantwortung bei Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen der Beam-
ten, der Versorgungsempfänger und deren Familienangehörigen mit einbezogen sind und
die hieraus resultierenden Belastungen nicht beliebig auf die Bezügeempfänger abwälzen
dürfen.
Der Fürsorgegrundsatz ist nicht deshalb verletzt, weil durch die Eigenbeteiligung ein Anreiz
geschaffen werden könnte, von einer notwendigen ärztlichen Behandlung oder von der Be-
schaffung notwendiger Heil- und Hilfsmittel abzusehen. Zwar gebietet das Fürsorgeprinzip,
für das Wohl und Wehe des Beamten und seiner Familienangehörigen zu sorgen und Scha-
den von ihnen abzuwenden. Damit wären Lenkungsmaßnahmen unvereinbar, die den Be-
amten dazu verleiten, in Zukunft von notwendigen Vorsorgeuntersuchungen und von medizi-
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nischen Behandlungen aus finanziellen Erwägungen abzusehen. Zu derartigen Befürchtun-
gen besteht indessen angesichts des Umfangs der vom Niedersächsischen Gesetzgeber
vorgesehenen Eigenbeteiligung kein Anlass. Die Beihilfe war seit jeher eine ergänzende Hil-
feleistung, die neben die zumutbare Eigenvorsorge des Beamten trat. Dieses System ba-
siert nach wie vor auf der Selbstverantwortung des Beamten für gesundheitserhaltende und
-wiederherstellende Maßnahmen.
§ 87 c NBG a.F. ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der verfassungsrechtliche Gleichheits-
satz verbietet, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich
gleich zu behandeln. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Gesetzgeber die Grenzen der
ihm zustehenden Gestaltungsfreiheit mit der Folge einer Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG
überschritten, wenn die Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in
der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten
Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist - mit anderen Worten, wenn ein vernünftiger,
einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (vgl. Urteil vom 25. April 1996
- BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <122> m.w.N.). Um den Anforderungen des Art. 3
Abs. 1 GG zu genügen, kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die
zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. u.a. Urteil vom
22. März 1990 - BVerwG 2 C 11.89 - Buchholz 240 § 19 a BBesG Nr. 10 S. 17 m.w.N.).
Soweit Beamten im Bund und in anderen Ländern Beihilfen ohne eine Eigenbeteiligung in
Form eines Sockelbetrages gewährt werden, kommt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aus
diesem Grunde nicht in Betracht. Diese Differenzierung beruht auf der verfassungsrechtlich
angeordneten Kompetenzverteilung und ist nicht zu beanstanden (stRspr; vgl. z.B. BVerfGE
10, 354 <371>; 76, 1 <73>). Ebenso wenig fordert der aus dem Zusammenspiel von Alimen-
tation einerseits und fürsorgebedingten Beihilfeleistungen andererseits abgeleitete "Beihilfe-
standard" eine Einheitlichkeit der Beihilferegelungen oder zumindest des Beihilfeniveaus im
Bund und in den Ländern.
Dass gemäß § 87 c Abs. 4 NBG a.F. die Pauschalsätze nach Besoldungsgruppen abgestuft
sind, verletzt nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Bei der Beihilfe handelt es sich nicht um eine Alimenta-
tionsleistung, sondern um eine fürsorgebedingte Hilfeleistung, die die Unterschiede in der
Besoldung nicht einebnet, sondern an diese Unterschiede anknüpft. Mit der Festsetzung von
nach Besoldungsgruppen und nach der Anzahl der Kinder gestaffelten Sockelbeträgen geht
der Gesetzgeber typisierend von einer unterschiedlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
aus. Unterschiedliche Einkommensverhältnisse können eine Ungleichbehandlung rechtferti-
gen. Das ist in vielen Bereichen - z.B. im Steuerrecht oder bei der Gewährung von Sozialleis-
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tungen - anerkannt (vgl. BVerfGE 97, 332 <344 ff.>). Auch der beamtenrechtliche Fürsorge-
grundsatz kannte seit jeher Differenzierungen nach sozialen und wirtschaftlichen Kriterien.
So variiert z.B. der Bemessungssatz gemäß § 14 BhV danach, ob der Beihilfeberechtigte
Besoldung oder Versorgungsbezüge erhält, ob zwei oder mehr Kinder berücksichtigungsfä-
hig sind oder ob es sich um Aufwendungen für einen berücksichtigungsfähigen Angehörigen
handelt. Alle diese Differenzierungsmerkmale berücksichtigen typisierend ein geringeres
Einkommen oder eine erhöhte Belastung insbesondere durch familiäre Verpflichtungen und
wirken sich auf das Maß der vom Beihilferecht erwarteten zumutbaren Eigenvorsorge aus.
Ebenso wie diese Regelungen ist § 87 c Abs. 4 NBG a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Soweit Besoldungsgruppen zusammengefasst werden, denen nach der Wertigkeit des Sta-
tusamtes ein jeweils höherer Kürzungssatz auferlegt wird, handelt es sich um einen den An-
forderungen des Art. 3 Abs. 1 GG noch genügenden Indikator abgestufter finanzieller Leis-
tungsfähigkeit. Die Zusammenfassung von Ämtern zumal unterschiedlicher Laufbahngrup-
pen, der Verzicht auf Berücksichtigung von Dienst- bzw. Lebensalterstufen sowie der Ver-
zicht auf realitätsgerechtere Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit haben zwar
zur Folge, dass bei den Ämtern mit aufsteigenden Gehältern an den Schnittstellen der ein-
zelnen Gruppen gemäß § 87 c Abs. 4 NBG a.F. in einer Reihe von Fällen Empfänger höhe-
rer Bezüge mit einem geringeren Sockelbetrag belastet sind als Empfänger geringerer Be-
züge. Dies gilt umso mehr für die Empfänger von Versorgungsbezügen, deren Einkommen
nicht nur durch die Besoldungsgruppe, nach der die Versorgungsbezüge berechnet werden,
sondern ebenso nachhaltig durch die Kriterien der individuell zuletzt empfangenen Bezüge
(vgl. §§ 5, 14 Abs. 1 BeamtVG) sowie der ruhegehaltfähigen Dienstzeit (vgl. §§ 6 ff., 14
Abs. 1 BeamtVG) beeinflusst wird.
Die grobe Typisierung ist indessen angesichts der weiten Gestaltungsfreiheit des Gesetzge-
bers im Bereich der dienstrechtlichen Fürsorge, die über das verfassungsrechtlich gewähr-
leistete Minimum hinausgeht, sowie des Zwangs zur Ordnung von Massenerscheinungen
und der wirtschaftlichen Folgen, die sich aus der Differenzierung ergeben, unter den Anfor-
derungen des Art. 3 Abs. 1 GG noch hinnehmbar. Die sich bei einem Vergleich ergebende
Mehrbelastung war gemäß den Abstufungen in § 87 c Abs. 4 Satz 1 NBG a.F. auf höchstens
200 DM pro Jahr beschränkt. Danach belief sich die maximale Mehrbelastung auf ca. 17 DM
pro Monat. Dem Mangel an Differenzierung steht ein Zugewinn an Verwaltungsvereinfa-
chung gegenüber. Zudem hat der Gesetzgeber in einen grundrechtlich geschützten Bereich,
der eine intensivere Bindung durch das Gleichbehandlungsgebot hätte fordern können (vgl.
BVerfGE 62, 256 <274>; 92, 53 <69>), nicht eingegriffen.
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Die Minderung der Kostendämpfungspauschale für jedes berücksichtigungsfähige Kind um
einen Festbetrag von 50 DM gemäß § 87 c Abs. 4 Satz 3 NBG a.F., ihre Minderung für Teil-
zeitbeschäftigte mit einer Arbeitszeit von weniger als 90 v.H. der regelmäßigen Arbeitszeit
und für Versorgungsempfänger um 30 v.H. - bei Witwen und Witwern um 60 v.H. - (vgl.
§ 87 c Abs. 5 NBG a.F.) sowie das Absehen von der Kostendämpfungspauschale während
eines Erziehungsurlaubs ohne eine Teilzeitbeschäftigung ab 10 Wochenstunden, während
eines Vorbereitungsdienstes oder eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses,
während einer Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie bei Waisen
(vgl. § 87 c Abs. 6 NBG a.F.), sind unter den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls
noch vertretbar. Auch insoweit hat der Gesetzgeber typisierend und generalisierend an die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Bezüge- und Versorgungsempfänger ange-
knüpft, ohne indessen Ungereimtheiten zu vermeiden wie z.B. bei den Teilzeitbeschäftigten,
je nachdem ob sie während oder außerhalb eines Erziehungsurlaubs beschäftigt sind (vgl.
§ 87 c Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Nr. 1 NBG a.F.), oder bei den Versorgungsempfängern, deren
geringere Leistungsfähigkeit sowohl durch eine Erhöhung des Bemessungssatzes gemäß
§ 87 c Abs. 1 Satz 1 NBG a.F. i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BhV als auch durch eine Kür-
zung der Kostendämpfungspauschale berücksichtigt wird. Diese Unschärfen müssen im
Hinblick auf den Regelungsgegenstand, die wirtschaftlichen Auswirkungen sowie die Anfor-
derungen einer Massenverwaltung toleriert werden. Ein Defizit an Zweckmäßigkeit und ge-
rechtem Ausgleich führt nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 87 c NBG a.F. wegen Versto-
ßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Einführung der Kostendämpfungspauschale verletzt nicht das aus dem Rechtsstaats-
prinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) abzuleitende Rückwirkungsverbot, das als
rechtsstaatliches Gebot der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes im Beamten-
verhältnis eine eigene, von Art. 33 Abs. 5 GG umfasste Ausprägung erfahren hat (vgl.
BVerfGE 71, 255 <272> m.w.N.). Danach kann der Beamte zwar, wie jeder andere Staats-
bürger auch, grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass eine für ihn günstige gesetzliche Re-
gelung in aller Zukunft bestehen bleibt. Der verfassungsrechtlich verbürgte Vertrauensschutz
gebietet nicht, den von einer bestimmten Rechtslage Begünstigten vor jeder Enttäuschung
seiner Erwartung in deren Fortbestand zu bewahren. Er zieht aber solchen Hoheitsakten
enge Grenzen, die belastend in verfassungsmäßig verbürgte Rechtsstellungen eingreifen.
Diese Grenzen muss der Normgeber insbesondere bei Rechtsnormen mit Rückwirkung be-
achten, wenn also der Beginn ihres zeitlichen Anwendungsbereiches normativ auf einen
Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm gültig geworden ist
(vgl. BVerfGE 67, 1 <15>).
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Nach Art. 20 des Haushaltsbegleitgesetzes 1999 ist das bisherige Recht für Beihilfeanträge
maßgebend, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes (nach Art. 22 Abs. 2 war das insoweit der
1. Februar 1999) bei der Beihilfestelle eingegangen sind. Da der Kläger seinen Beihilfeantrag
erst nach diesem Stichtag eingereicht hat, obwohl die Aufwendungen bereits vorher entstan-
den waren, unterliegt er mit seinem Antrag dem geänderten Recht.
Das Berufungsgericht hat angenommen, es handele sich um einen Fall unechter Rückwir-
kung, weil der Anspruch auf Beihilfe noch nicht im Zeitpunkt der Aufwendungen, sondern
erst mit Antragstellung, möglicherweise sogar erst mit Erlass des Beihilfebescheides entste-
he. Dem ist nicht zu folgen. Echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich än-
dernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (vgl. BVerfGE
95, 64 <86> m.w.N.; stRspr). Bei Normen, die Rechtsansprüche gewähren, bedeutet "abge-
wickelter Tatbestand", dass ein Sachverhalt abgeschlossen ist, der die materiellen Voraus-
setzungen des bisher geltenden Anspruchstatbestandes erfüllt (vgl. BVerfGE 30, 367
<387>). Eine Beihilfe wird zwar nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entste-
hen der Aufwendung oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird (§ 17 Abs. 9 Satz 1
BhV). Der Ablauf der Jahresfrist führt auch dazu, dass der Anspruch auf eine Beihilfe zu der
betreffenden Aufwendung erlischt (vgl. Urteil vom 28. Juni 1965 - BVerwG 8 C 334.63 -
BVerwGE 21, 258 <261>). Der Rechtsanspruch auf Gewährung einer Beihilfe entsteht je-
doch nicht erst durch die Antragstellung und mit dieser, sondern mit dem Zeitpunkt, in dem
dem Beihilfeberechtigten die beihilfefähige Aufwendung entsteht. Die erforderliche Antrag-
stellung (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BhV) stellt lediglich die Geltendmachung des bereits mit der bei-
hilfefähigen Aufwendung entstandenen Beihilfeanspruchs dar (vgl. auch Urteil vom 23. März
1979 - BVerwG 6 C 49.77 - Buchholz 238.911 Nr. 14 BhV Nr. 1 S. 2). Liegen die
anspruchsbegründenden tatbestandlichen Umstände in der Vergangenheit, so dass sie dem
Einfluss des Beamten entzogen sind, so entfaltet eine Norm auch dann eine echte Rückwir-
kung, wenn einzelne zur Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Anspruchs erforderliche Ele-
mente noch fehlen. Das Beihilferecht knüpft maßgeblich an die beihilfefähigen Aufwendun-
gen an (§ 1 Abs. 4, § 17 Abs. 3 und 4 BhV). Die Aufwendungen gelten in dem Zeitpunkt als
entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird (§ 5 Abs. 2 Satz 2 BhV). So-
bald sie entstanden sind und sich in ihrer Höhe nicht mehr ändern, greift grundsätzlich die
gesetzliche Regel ein, dass der Beamte für diese Kosten in jeweils bestimmter Höhe Beihilfe
erhalten kann. Mit der Einführung des Sockelbetrages wird diese Lage retroaktiv verändert.
Das Verbot echter Rückwirkung findet jedoch im Gebot des Vertrauensschutzes nicht nur
seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 88, 384 <404>). Das Vertrauen des
Betroffenen auf die geltende Rechtslage bedarf dann keines Schutzes gegenüber einer
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sachlich begründeten rückwirkenden Gesetzesänderung, wenn dadurch kein oder nur ganz
unerheblicher Schaden verursacht worden ist (vgl. BVerfGE 95, 64 <87> m.w.N.). Schutz-
würdig ist von Verfassungs wegen nur das betätigte Vertrauen, die "Vertrauensinvestition",
die zur Erlangung einer Rechtsposition geführt hat (vgl. BVerfGE 75, 246 <280>). Um Ver-
trauensschutz zu begründen, muss die rückwirkend geänderte gesetzliche Regelung gene-
rell geeignet sein, aus dem Vertrauen auf ihr Fortbestehen heraus Entscheidungen und Dis-
positionen herbeizuführen oder zu beeinflussen, die sich bei der Änderung der Rechtslage
als nachteilig erweisen (vgl. BVerfGE 30, 367 <389>). Der Betroffene soll in seinem Vertrau-
en darauf geschützt sein, dass der Gesetzgeber nicht nachträglich eine Regelung trifft, auf
die er nicht mehr durch eine Verhaltensänderung reagieren kann. Er bedarf eines solchen
Schutzes nicht, wenn ihn auch die rechtzeitige Kenntnis der geänderten Rechtslage nicht zu
einem alternativen Verhalten veranlasst hätte. So verhält es sich bei der nachträglichen Ein-
führung der Kostendämpfungspauschale. Der Beamte kann nicht geltend machen, er hätte in
Kenntnis der nachträglichen Belastung mit dieser Pauschale von notwendigen und der Höhe
nach angemessenen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BhV) Aufwendungen abgesehen. Die Aufwendungen
für eine notwendige ärztliche Behandlung oder medizinisch erforderliche Medikamente,
Hilfsmittel und dergleichen wären ihm vielmehr in jedem Falle entstanden. Der Gesetzgeber
braucht nicht den Fall ins Auge zu fassen, dass ein Beamter sich durch ein derartige Auf-
wendungen vermeidendes Verhalten selbst schädigt und damit zugleich seine Dienstpflicht
verletzt, sich gesund zu erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dr. Silberkuhl
Prof. Dawin
Dr. Kugele
Groepper
Dr. Bayer
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 100 € festgesetzt
(§ 13 Abs. 2 GKG).
Dr. Silberkuhl
Dr. Kugele
Groepper
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Beamtenrecht
Fachpresse: nein
Rechtsquellen:
GG
Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5, Art. 74 a Abs. 1
NBG § 87 c a.F.
Stichworte:
Alimentation; Beihilfe; Beihilfestandard; Eigenbeteiligung; Eigenvorsorge; Fürsorge; Gleich-
behandlung; Kostendämpfungspauschale; Rückwirkungsverbot; Sockelbetrag; Typisierung;
Vertrauensschutz.
Leitsätze:
Die Pflicht des Dienstherrn, die amtsangemessene Alimentation der Beamten, Richter und
Versorgungsempfänger sicherzustellen, ist unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht ver-
letzt, wenn der Bedienstete einen Sockelbetrag seiner Aufwendungen in Krankheitsfällen,
der weniger als ein Prozent seiner Jahresbezüge ausmacht, selbst tragen muss.
Die Fürsorgepflicht verlangt nicht, dass das durch die Beihilfe nicht gedeckte Risiko von
Aufwendungen in Krankheitsfällen versicherbar und dass ein vollständiger Ausgleich der
Kosten durch Beihilfe und Versicherungsleistungen möglich ist.
Eine nach Besoldungsgruppen abgestufte Kostendämpfungspauschale im Beihilfesystem
verletzt nicht deshalb den Gleichheitssatz, weil Beamte und Richter mit je nach Dienstalter
geringeren Bezügen möglicherweise einen höheren Eigenbeitrag leisten müssen.
Das Rückwirkungsgebot ist nicht verletzt, wenn die ursprünglich geltende, rückwirkend ge-
änderte Norm nicht geeignet ist, den Besoldungs- und Versorgungsempfänger in seinem
Verhalten bei der Inanspruchnahme notwendiger ärztlicher Leistungen, Heil- und Hilfsmittel
zu beeinflussen (wie Urteil vom heutigen Tage - BVerwG 2 C 36.02 -).
Urteil des 2. Senats vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 45.02
I. VG Oldenburg vom 28.02.2001 - Az.: VG 6 A 2325/99 -
II. OVG Lüneburg vom 19.07.2002 - Az.: OVG 2 LB 3402/01 -