Urteil des BVerwG vom 22.01.2015

Wohnraum, Beförderung, Anerkennung, Anfang

BVerwGE: nein
Fachpresse: ja
Sachgebiet:
Recht des öffentlichen Dienstes einschließlich des
Beamtendisziplinarrechts und des Dienstrechts der Soldaten
sowie des Rechts der Wehrpflichtigen und der
Zivildienstpflichtigen
Rechtsquelle/n:
BBesG 2002 § 57
BBesG § 54
GAD §§ 13, 27
VwGO § 139 Abs. 3
Titelzeile:
Mietzuschuss bei Repräsentationspflichten und nachziehenden
Familienangehörigen
Stichworte:
Mietzuschuss; Wohnraum; Notwendigkeit; Anerkennung;
Repräsentationsaufgaben; Statusamt; Funktionsamt; Mietobergrenze;
Revisionsbegründung.
Leitsatz/-sätze:
1. Die Anerkennung der Notwendigkeit des im Ausland gemieteten Wohnraums
im Rahmen einer Entscheidung über die Gewährung eines Mietzuschusses nach
§ 57 BBesG 2002 bzw. § 54 BBesG kann auf der Grundlage sowohl einer
individuellen Prüfung der konkreten Verhältnisse als auch der typisierenden
Regelung einer Mietobergrenze erfolgen.
2. Der Dienstherr kann im Rahmen seiner Organisationsgewalt bestimmen, ob
und welche wohnraumbezogenen Anforderungen mit der Wahrnehmung von
Ämtern im Ausland verbunden sind (z.B. Arbeitszimmer, Empfänge in der
Privatwohnung). Allerdings muss er die hierdurch verursachten Kosten tragen
und darf sie nicht dem Beamten aufbürden.
3. Eine Wohnung ist auch dann im Hinblick auf den Familienstand angemessen,
wenn der zu berücksichtigende Familienangehörige zwar nicht sofort mit dem
Beamten die Wohnung im Ausland bezieht, aber doch so zeitnah nachzieht, dass
es dem Beamten unzumutbar oder unmöglich ist, zunächst eine kleinere
Wohnung für sich und ab dem Eintreffen des Familienangehörigen eine größere
Wohnung für die Familie insgesamt zu mieten.
Urteil des 2. Senats vom 22. Januar 2015 - BVerwG 2 C 14.13
I. VG Köln vom 24. September 2009
Az: VG 15 K 3646/07
II. OVG Münster vom 5. Dezember 2012
Az: OVG 1 A 2628/09
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 C 14.13
OVG 1 A 2628/09
Verkündet
am 22. Januar 2015
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Rothfuß,
Dr. Kenntner und Dollinger
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Ober-
verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 5. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger begehrt die Zahlung eines höheren Mietzuschusses für seine auf-
grund der Verwendung im Ausland dort gemietete Wohnung.
Im September 2005 ordnete das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung
den Kläger - damals noch im Amt eines Baudirektors (BesGr A 15 BBesO) - in
den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes ab. Am 12. Oktober 2005 über-
trug das Auswärtige Amt dem Kläger die mit der Besoldungsgruppe A 16
BBesO bewerteten Aufgaben des Wehrtechnischen Attachés an der Botschaft
der Bundesrepublik Deutschland in Paris mit Dienstbeginn am 1. November
2005.
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Daraufhin mietete der Kläger zum 1. November 2005 für sich und seine Ehefrau
eine Wohnung in Neuilly-sur-Seine zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von
zunächst 4 050 € zuzüglich eines Tiefgaragenplatzes zu 270 €. Die Wohnung
war 150 Quadratmeter groß und umfasste neben dem Eingangs- und Wohn-/
Essbereich drei weitere Zimmer, zwei Bäder, ein separates WC, eine Küche
und einen Kellerraum. Die Ehefrau des Klägers traf am 21. Januar 2006 in Neu-
illy ein, nachdem sie ihr Beschäftigungsverhältnis zum Jahresende gekündigt
hatte.
Die Beklagte gewährte dem Kläger ab November 2005 einen Mietzuschuss un-
ter Zugrundelegung einer monatlichen Leerraummiete in Höhe von 3 288 € plus
250 € Euro für die Garage. Erst mit der Beförderung des Klägers zum Leitenden
Baudirektor (BesGr A 16 BBesO) am 1. März 2006 sei ein Zimmer mehr anzu-
erkennen und von einer berücksichtigungsfähigen Miete in Höhe von 3 930 €
auszugehen. Für den Zeitraum vor dem Eintreffen der Ehefrau habe als not-
wendig nur der Bedarf für Alleinstehende anerkannt werden können.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage auf Gewährung des höhe-
ren Mietzuschusses schon für den Zeitraum vom 3. November 2005 bis Ende
Februar 2006 hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat
entschieden, dass der Kläger im Hinblick auf die Notwendigkeit des Wohn-
raums schon vor seiner Beförderung wie ein Beamter der Besoldungsgruppe
A 16 BBesO behandelt werden müsse. Denn der erhöhte Bedarf liege in seiner
herausgehobenen dienstlichen Funktion, die die Wahrnehmung von Repräsen-
tationspflichten in der Wohnung von Anfang an - also schon vor der Beförde-
rung - erfordert habe. Auch die Ehefrau sei trotz ihres erst einige Wochen spä-
ter erfolgten Umzugs von Anfang an zu berücksichtigen, weil derjenige
Mietraum notwendig sei, dessen Anmietung vernünftig sei. Vernünftig sei es,
eine auf eine größere Personenzahl ausgelegte Wohnung zu mieten, wenn der
Zuzug der Familienangehörigen innerhalb eines Zeitraumes zu erwarten sei, in
dem es unzumutbarwäre, vom Beamten zu verlangen, zunächst eine kleinere
Wohnung für sich und dann ab dem Eintreffen der Familienangehörigen eine
größere Wohnung für die Familie insgesamt zu mieten.
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Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 5. Dezember 2012 und des
Verwaltungsgerichts Köln vom 24. September 2009 auf-
zuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil ist mit
Bundesrecht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das Oberverwaltungsge-
richt hat zu Recht angenommen, dass bei der Höhe des dem Kläger zustehen-
den Mietzuschusses sowohl die Repräsentationspflichten als auch die einige
Wochen später nachgezogene Ehefrau von Anfang an zu berücksichtigen sind.
1. Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Mietzuschuss im hier fraglichen Zeit-
raum ist § 57 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom
6. August 2002 (BGBl. I S. 3020), der dem derzeit geltenden § 54 Abs. 1 Satz 1
BBesG inhaltlich entspricht. Danach wird der Mietzuschuss gewährt, wenn die
Miete für den als notwendig anerkannten leeren Wohnraum 18 % der Summe
aus Grundgehalt, Familienzuschlag der Stufe 1, Amts-, Stellen-, Ausgleichs-
und Überleitungszulagen mit Ausnahme des Kaufkraftausgleichs übersteigt. Er
beträgt grundsätzlich 90 % des Mehrbetrags (§ 57 Abs. 1 Satz 2 BBesG 2002).
Sinn und Zweck des zur Auslandsbesoldung gehörenden Mietzuschusses (vgl.
§ 52 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BBesG 2002, § 1 Abs. 2 Nr. 6 BBesG; BVerwG, Urteil
vom 28. Oktober 2010 - 2 C 56.09 - Buchholz 240 § 17 BBesG Nr. 1 Rn. 8 ff.)
ist es, die durch die teilweise sehr hohe Wohnungsmiete im Ausland entstehen-
den Mehrbelastungen des Beamten auszugleichen; der im Ausland Dienst leis-
tende und deshalb auch dort wohnende Beamte soll nur eine dem im Inland
Dienst leistenden und wohnenden Beamten vergleichbare Mietbelastung selbst
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zu tragen haben (BVerwG, Urteile vom 21. August 1979 - 6 C 5.78 - Buchholz
235 § 57 BBesG 1975 Nr. 1 S. 5 und vom 25. September 1987 - 6 C 26.85 -
Buchholz 240 § 57 BBesG Nr. 3 S. 2; BT-Drs. 4/1337 S. 3 ; BT-Drs.
11/6543 S. 9 ). Der Mietzuschuss trägt dem Umstand Rechnung,
dass ein ins Ausland entsandter Beamter in aller Regel am ausländischen
Dienstort seinen Wohnsitz nehmen muss (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 2, § 27 Abs. 1
des Gesetzes über den Auswärtigen Dienst - GAD - vom 30. August 1990,
BGBl. I S. 1842). Dabei sind - jedenfalls im Auswärtigen Dienst - vielfach auch
dienstlich veranlasste Repräsentationsaufgaben in der privaten Wohnung wahr-
zunehmen. Nach § 27 Abs. 2 Satz 1 GAD soll dem Beamten im Ausland eine
angemessene Wohnung unter Berücksichtigung der Zahl der zu seiner häusli-
chen Gemeinschaft gehörenden Personen, seiner dienstlichen Aufgaben und
der örtlichen Verhältnisse zur Verfügung stehen. Die hierfür erforderlichen Mittel
hat der Dienstherr zur Verfügung zu stellen. Der Beamte darf nicht gezwungen
sein, auf die für die sonstige private Lebensführung bestimmten Besoldungsbe-
standteile zurückzugreifen. Dementsprechend ordnet § 27 Abs. 2 Satz 2 GAD
an, dass der aus eigenen Mitteln zu bestreitende Anteil der Wohnkosten die
durchschnittlichen Aufwendungen für Wohnzwecke im Inland nicht übersteigen
soll. Die durchschnittliche Wohneigenbelastung hat der Gesetzgeber mit 20 %
der Inlandsdienstbezüge für Beamte bis zur Besoldungsgruppe A 8 und 22 %
der Inlandsdienstbezüge für Beamte ab der Besoldungsgruppe A 9 angesetzt
(vgl. § 57 Abs. 1 Satz 3 BBesG 2002).
§ 57 Abs. 1 Satz 1 BBesG 2002 setzt für die Gewährung eines Mietzuschusses
voraus, dass der Wohnraum als notwendig anerkannt worden ist. Mit der Tat-
bestandsvoraussetzung "als notwendig anerkannt" wird der Bewilligung des
Mietzuschusses eine Zwischenentscheidung der Verwaltung über die Notwen-
digkeit des Wohnraums vorgeschaltet. Das Gesetz lässt für diese Anerkennung
sowohl eine individuelle Prüfung der konkreten Verhältnisse als auch eine typi-
sierende Regelung etwa durch Mietobergrenzen zu, bei deren Einhaltung der
gemietete Wohnraum generell und ohne weitere Prüfung als notwendig aner-
kannt wird (vgl. nunmehr auch § 54 Abs. 2 Satz 1 BBesG). In beiden Fällen ist
unter Fürsorgeaspekten wie unter Vertrauensschutzaspekten zu beachten,
dass der Beamte bei Abschluss des Mietvertrages Klarheit darüber haben soll-
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te, ob und inwieweit er mit einem Mietzuschuss rechnen kann. Dem tragen
Mietobergrenzen in besonderer Weise Rechnung, weil sie dem Beamten bereits
bei der Suche nach einer Wohnung Kenntnis darüber verschaffen, bis zu wel-
cher Miethöhe eine Miete im Rahmen des Mietzuschusses in jedem Fall be-
rücksichtigungsfähig ist und dass er einen darüber hinausgehenden Betrag
selbst zu tragen hat, wenn er nicht dartun kann, im konkreten Fall keine Mög-
lichkeit gehabt zu haben, angemessenen Wohnraum günstiger zu beschaffen.
Hinsichtlich der Anerkennung der Notwendigkeit des Wohnraums kommt der
Verwaltung ein - allerdings durch das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG)
begrenzter - Entscheidungsspielraum zu. Dabei ist wie folgt zu unterscheiden:
Dienstbezogene Anforderungen hinsichtlich des häuslichen Wohnraums (z.B.
Arbeitszimmer, Repräsentationsmöglichkeiten) kann der Dienstherr nach sei-
nem Organisationsermessen bestimmen. Es ist Sache des Auswärtigen Amtes
und unterliegt seinem Letztentscheidungsrecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom
31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 <22>), festzulegen, welches
Repräsentationsniveau bei dienstlich veranlassten Empfängen in der Privat-
wohnung als angemessen und "notwendig" angesehen wird. Ebenso unterliegt
es der Organisationsgewalt des Dienstherrn, darüber zu befinden, welche Re-
präsentationspflichten der Inhaber eines bestimmten Funktionsamts hat und ob
hierfür auch Privatempfänge erforderlich sind. Diese Entscheidungen sind einer
gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich. § 57 Abs. 1 Satz 1 BBesG 2002
knüpft an die Entscheidung über die Notwendigkeit des Wohnraums aber die
dienstrechtlich gebotene Folge, dass hierdurch verursachte Kosten vom
Dienstherrn getragen werden müssen. Soweit Anforderungen an die Wohnung
dienstlich veranlasst sind, können sie nicht dem Beamten zur Finanzierung
überlassen bleiben. Dies verstieße gegen das als hergebrachter Grundsatz des
Berufsbeamtentums in Art. 33 Abs. 5 GG verankerte Alimentationsprinzip. Die
Besoldung dient dazu, dass der Beamte seine private Lebensführung bestreiten
kann, sie dient nicht zur Finanzierung dienstlicher Zwecke.
Es ist vorbehaltlich dies regelnder normativer Vorgaben auch der Entscheidung
des Dienstherrn überlassen, ob er Repräsentationspflichten schon bei den Miet-
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obergrenzen pauschalierend berücksichtigt oder ob er ihnen - ggf. auch nur für
einige Status- oder Funktionsämter mit besonderen Repräsentationspflichten -
durch eine Höherstufung bei den Mietobergrenzen oder individuell Rechnung
trägt (vgl. nunmehr § 54 Abs. 2 BBesG; hierzu BT-Drs. 17/12455 S. 65).
Uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt dagegen die Frage, ob bei
der Anerkennung der Notwendigkeit des Wohnraums die subjektiven Rechte
des Beamten ausreichend berücksichtigt worden sind (BVerfG, Beschluss vom
31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 ). Reichte der Mietzu-
schuss nicht aus, um am Dienstort eine im Hinblick auf Statusamt und Fami-
lienstand angemessene Wohnung zu finanzieren (vgl. § 27 Abs. 2 Satz 2 GAD),
wäre der Beamte vor die Wahl gestellt, sich mit einem nicht amtsangemesse-
nen Wohnniveau zu begnügen oder zur Finanzierung des amtsangemessenen
Wohnniveaus einen so hohen Anteil seiner Besoldung aufzuwenden, dass eine
amtsangemessene Lebensführung im Übrigen nicht mehr möglich ist.
2. Nach diesen Maßstäben hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht einen An-
spruch des Klägers auf Gewährung von Mietzuschuss in der von ihm geltend
gemachten Höhe bejaht.
a) Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit gemäß § 137
Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsge-
richts hat die Beklagte für das Funktionsamt als Wehrtechnischer Attaché einen
repräsentativen und auch für die Bewirtung von Gästen hinreichend großen
Wohnraum für notwendig gehalten und den vom Kläger gemieteten Wohnraum
als hierfür geeignet angesehen. Die Beklagte hat nach diesen Feststellungen
außerdem die Repräsentationsanforderungen für den gesamten Zeitraum ab
dem Beginn der Tätigkeit des Klägers in Paris gestellt, also auch schon vor sei-
ner Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 BBesO. Damit stand
dem Kläger von Anfang an - und nicht erst mit der Beförderung - der Mietzu-
schuss aufgrund der das übliche Maß übersteigenden Repräsentationspflichten
auf der Basis der erhöhten Mietobergrenze zu. Für ein vom Beklagten ange-
nommenes Nebeneinander von - allein an den Status des Beamten anknüpfen-
den - Mietzuschuss einerseits und daneben zu gewährender Aufwandsent-
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schädigung für höhere dienstbezogene Anforderungen an den Wohnraum an-
dererseits gibt es nach der gesetzlichen Regelung des § 57 BBesG 2002 (und
§ 54 BBesG) weder einen Bedarf noch eine Rechtfertigung. Dem Gesetzes-
zweck dieser Norm kann und muss auch für einen dienstpostenbezogenen hö-
heren - und damit denjenigen des Statusamts des Beamten übersteigenden -
Repräsentationsaufwand durch Anwendung dieser Norm Rechnung getragen
werden.
b) Soweit sich die Revision gegen den vom Oberverwaltungsgericht zugebillig-
ten Mietzuschuss für Verheiratete bereits von Beginn der Tätigkeit des Klägers
in Paris wendet, obwohl seine Ehefrau erst einige Wochen später nachgezogen
ist, genügt das Vorbringen der Beklagten bereits nicht den Begründungsanfor-
derungen aus § 139 Abs. 3 VwGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt § 139
Abs. 3 VwGO für die Revisionsbegründung eine Sichtung und rechtliche Durch-
dringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinander-
setzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen,
aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung als nicht zu-
treffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE
106, 202 <203> m.w.N.; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006,
3081).
Zu der Frage der Berücksichtigung des Familienmehrbedarfs enthält die ohne-
hin sehr knapp gehaltene Revisionsbegründung der Beklagten lediglich Ausfüh-
rungen zu einer von mehreren Kontrollüberlegungen des Oberverwaltungsge-
richts, nicht aber zu dessen Hauptbegründung, und verweist im Übrigen auf den
Vortrag in der Vorinstanz. Die bloße Infragestellung einer Kontrollüberlegung
und der Verweis auf Vorbringen in früheren Instanzen genügen den dargestell-
ten Anforderungen des § 139 Abs. 3 VwGO nicht.
Ungeachtet dessen sind die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts revisi-
onsrechtlich nicht zu beanstanden. Eine Wohnung ist auch dann im Hinblick auf
den Familienstand angemessen, wenn der zu berücksichtigende Familienange-
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hörige zwar nicht sofort mit dem Beamten die Wohnung im Ausland bezieht,
aber doch so zeitnah nachzieht, dass es dem Beamten unzumutbaroder sogar
unmöglichist, zunächst eine kleinere Wohnung für sich und ab dem Eintreffen
des Familienangehörigen eine größere Wohnung für die Familie insgesamt zu
mieten.
Nichts anderes folgt daraus, dass die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum
Bundesbesoldungsgesetz in Nr. 57.1.3 u.a. bestimmt: "Bezieht er (= der Besol-
dungsempfänger) eine Familienwohnung, bevor die Familie am ausländischen
Dienstort eingetroffen ist, so kann nur der Bedarf eines Alleinstehenden als
notwendig anerkannt werden. Dieser ist der Berechnung des Mietzuschusses
zugrunde zu legen." Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat,
erfasst diese Regelung nicht jeden Fall adäquat und ist - da es sich um eine nur
die Verwaltung intern bindende Verwaltungsvorschrift handelt, die überdies mit
der gebotenen Auslegung der Ausgangsnorm des Bundesbesoldungsgesetzes
nicht in Einklang steht - vom Gericht unangewendet zu lassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Domgörgen
Dr. von der Weiden
Rothfuß
Dr. Kenntner
Dollinger
B e s c h l u s s
vom 22. Januar 2015
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Revisionsverfahren auf 3 629,46 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG).
Domgörgen
Dr. von der Weiden
Dr. Kenntner
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