Urteil des BVerwG vom 01.04.2004

Umzug, Pflicht des Beamten, Zusage, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet
am 1. April 2004
BVerwG 2 C 11.03
VGH 3 B 01.2329
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e ,
G r o e p p e r und Dr. B a y e r
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 2002 wird zurück-
gewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger wurde im April 1994 als Baurat z. A. bei der Wehrtechnischen Dienststelle
für Fernmeldewesen und Elektronik in G. eingestellt. Für den Umzug von Frankfurt
am Main - seinem damaligen Wohnsitz - nach G. sagte ihm die Beklagte am 15. Juni
1994 Umzugskostenvergütung zu, wovon er jedoch zunächst keinen Gebrauch
machte. Mit Verfügung vom 19. Juni 1995 wurde er ab 10. Oktober 1995 für ein Jahr
zu einer Bundeswehrverwaltungsstelle in Frankreich abgeordnet und zog mit seiner
Familie von Frankfurt am Main nach Chartres de Bretagne um. Für diesen Umzug
hatte ihm die Beklagte ebenfalls Umzugskostenvergütung zugesagt. Ende Okto-
ber/Anfang November 1996 kehrte er nach Deutschland zurück und bezog mit seiner
Familie wieder die beibehaltene Mietwohnung in Frankfurt am Main. Von dort zog er
in der Zeit vom 2. bis 6. Dezember 1996 nach G. um.
Mit Bescheid vom 5. März 1997 setzte die Beklagte die Kostenvergütung für diesen
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Umzug ohne den ebenfalls beantragten Häufigkeitszuschlag fest und lehnte mit Er-
gänzungsbescheid vom 20. März 1997 dessen Gewährung ab. Klage und Berufung
blieben erfolglos, im Wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Häufigkeitszuschlag nach § 10 Abs. 6 BUKG solle die bei häufigen Umzügen
nicht versicherbaren Schäden und nicht erstattungsfähigen Kosten pauschal ausglei-
chen, wobei der "vorausgegangene" Umzug nicht auf einer Umzugskostenvergü-
tungszusage beruhen dürfe, die aus Anlass der Einstellung des Beamten erteilt wor-
den sei. Denn § 10 Abs. 6 BUKG verweise nicht auf § 4 Abs. 1 Nr. 1 BUKG. Dies
lasse den Willen des Gesetzgebers erkennen, den Häufigkeitszuschlag nur bei rein
dienstlich veranlassten und aufeinander folgenden Umzügen zu gewähren, wobei der
Gesetzgeber davon ausgehe, dass ein einstellungsbedingter Umzug nicht rein
dienstlich veranlasst sei und typischerweise einem Umzug vorausgehe, der erst im
Laufe des bestehenden Dienstverhältnisses veranlasst werde. Dass hier der Umzug
aus Anlass der Einstellung dem dienstlich veranlassten Umzug nachfolge, könne
keinen Unterschied machen, da der Gesetzgeber nur dienstlich veranlasste Umzüge
habe privilegieren wollen.
Im Übrigen widerspreche die vom Kläger begehrte Rechtsfolge dem erkennbaren
Willen des Gesetzgebers, weil nach § 17 Abs. 1 Satz 1 der Auslandsumzugskosten-
verordnung (AUV) der Umzug des Klägers nach Frankreich und der Rückumzug
nach Deutschland als einheitlicher Umzug aufzufassen und nicht als "Vollumzug"
anzusehen seien. Der Kläger habe nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. g AUV nur 40 v.H.
der ihm nach § 10 BUKG zustehenden Pauschvergütung, dafür aber die Mietkosten
für die Beibehaltung der bisherigen Wohnung in Frankfurt am Main erhalten. Er habe
mithin nach der erkennbaren Intention des Gesetzgebers den überwiegenden Teil
seines Mobiliars während seines vorübergehenden Auslandsaufenthalts auf Kosten
seines Dienstherrn in seiner bisherigen Wohnung belassen sollen und können, was
gerade nicht die typischen Schäden oder Kostenrisiken habe erwarten lassen, für die
der Häufigkeitszuschlag gewährt werde. Die zum Ausgleich für die Mietkostenüber-
nahme eingetretene Minderung der Pauschvergütung könne nicht durch den Häufig-
keitszuschlag kompensiert werden.
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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt,
die Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. November 2002
und des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. Juli 2001 sowie die Bescheide
der Beklagten vom 5. März, 20. März und 30. Juni 1997 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, dem Kläger aus Anlass seines Umzuges von Frank-
furt am Main nach G. zusätzlich einen Häufigkeitszuschlag in Höhe von
626,49 € zu zahlen.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revisi-
on für unbegründet.
II
Die Revision ist unbegründet. Dem Kläger steht der beanspruchte Häufigkeitszu-
schlag für den Umzug von Frankfurt am Main nach G. nicht zu.
Nach § 10 Abs. 6 des Gesetzes über die Umzugskostenvergütung für die Bundesbe-
amten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesumzugskostengesetz - BUKG)
in der hier maßgebenden Neufassung vom 11. Dezember 1990 (BGBl I S. 2682) wird
für einen Umzug mit Zusage der Umzugskostenvergütung ein Häufigkeitszuschlag
gewährt, wenn innerhalb von fünf Jahren ein Umzug mit Zusage der Umzugskosten-
vergütung nach § 3, § 4 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 oder Abs. 2 Nr. 1 BUKG vorausgegangen
ist und wenn sowohl beim vorausgegangen als auch beim abzurechnenden Umzug
die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 BUKG vorgelegen haben.
Voraussetzung für die Zahlung des Häufigkeitszuschlags ist demnach, dass der um-
ziehende Beamte bei beiden Umzügen am Tage vor dem Einladen des Umzugsgutes
eine Wohnung (im Sinne des § 10 Abs. 3 BUKG) gehabt und nach dem Umzug wie-
der eingerichtet hat, dass ihm für beide Umzüge eine Umzugskostenvergütungszu-
sage erteilt worden ist, dass der vorausgegangene Umzug kein Umzug aus Anlass
der Einstellung gewesen ist und dass zwischen beiden Umzügen kein längerer Zeit-
raum als fünf Jahre gelegen hat. Formal hat der Kläger bei seinem Umzug nach G.
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diese Voraussetzungen erfüllt. Aus dem Gesetz ergibt sich jedoch, dass der Umzug
aus Anlass der Einstellung bei der Berechnung nicht mitgerechnet wird. Das Gesetz
hat dies zwar nur für den Fall ausgesprochen, dass der Einstellungsumzug nach der
zeitlichen Abfolge, wie dies typischerweise der Fall ist, ein vorausgegangener Umzug
ist. Dem Sinn der gesetzlichen Regelung entspricht es aber, den Einstellungsumzug
auch dann nicht mitzurechnen, wenn die Reihenfolge der Umzüge vertauscht worden
ist. Das Gesetz geht von dem Normalfall aus, dass der Einstellungsumzug der erste
und damit ein vorausgegangener Umzug ist. Durch die Einstellung in das Beamten-
verhältnis wird die Pflicht des Beamten begründet, seine Arbeitskraft dem Dienst-
herrn an dem Ort zur Verfügung zu stellen, an dem die Behörde oder ständige
Dienststelle ihren Sitz hat (dienstlicher Wohnsitz, § 15 BBesG; vgl. auch § 74 Abs. 1
BBG). Der Einstellungsumzug ist deswegen kraft gesetzlicher Wertung nicht im sel-
ben Maße dienstlich veranlasst wie ein Umzug, dem sich ein bereits aktiver Beamter
zu unterziehen hat, um einer Versetzung oder Abordnung an einen anderen Dienst-
ort nachzukommen. Aus derselben Erwägung heraus sind auch die anderen, in § 10
Abs. 6 BUKG nicht genannten Umzüge aus Anlass der Räumung einer bundeseige-
nen Mietwohnung im dienstlichen Interesse (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BUKG), aus Anlass der
Versetzung oder eines Wohnungswechsels wegen des Gesundheitszustandes des
Berechtigten (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 BUKG) oder aus Anlass eines wegen des Anwachsens
der Zahl der Familienmitglieder notwendigen Wohnungswechsels (§ 4 Abs. 2 Nr. 4
BUKG) von der Berücksichtigungsfähigkeit als "vorausgegangener" Umzug im Sinne
des § 10 Abs. 6 BUKG ausgeschlossen. Diesen Umzügen gemeinsam ist, dass auch
hier der Gesetzgeber ihre dienstliche Veranlassung hinter die privaten, in der Sphäre
des Beamten wurzelnden Gründe hat zurücktreten lassen.
Für die genannte Auslegung sprechen auch verfassungsrechtliche Überlegungen.
Nachdem das Beamtenrecht eine allgemeine strenge Residenzpflicht nicht mehr
kennt, sondern den Dienstherrn nur noch dann eine solche zu begründen berechtigt,
wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern (§ 74 Abs. 2 BBG), war es dem Klä-
ger überlassen, innerhalb der Geltungsdauer der Zusage der Umzugskostenvergü-
tung nach freiem Ermessen von der ihm eröffneten Möglichkeit Gebrauch zu ma-
chen, auf Kosten des Dienstherrn von seinem Wohnsitz Frankfurt am Main an seinen
dienstlichen Wohnsitz G. umzuziehen. Er hatte es damit in der Hand, den Einstel-
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lungsumzug wahlweise vor oder erst nach einem dienstlich veranlassten Umzug
durchzuführen. Es wäre mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht vereinbar,
dem Beamten das Recht einzuräumen, durch willkürliche Bestimmung des Umzugs-
zeitpunktes formal die Voraussetzungen des Häufigkeitszuschlags für einen Umzug
herbeiführen, für den dieser Zuschlag nach der gesetzlichen Wertung nicht bestimmt
ist. Der als Einstellungsumzug genehmigte Umzug von Frankfurt am Main nach G.
blieb trotz seiner Verschiebung bis auf die Zeit nach Beendigung der einjährigen Ab-
ordnung des Klägers nach Frankreich ein Einstellungsumzug. Wäre der Kläger zu-
nächst von Frankfurt am Main nach G. umgezogen und hätte von dort aus seinen
zweiten Umzug nach Frankreich ausgeführt, stünde ihm der Häufigkeitszuschlag
schon nach dem unzweifelhaften Gesetzeswortlaut nicht zu.
Dieses Ergebnis hängt nicht davon ab, ob für den vorausgegangenen und den abzu-
rechnenden Umzug jeweils die volle Pauschvergütung nach § 10 Abs. 1 Satz 1
BUKG zu gewähren ist. Nach § 10 Abs. 6 BUKG beläuft sich die Höhe des Häufig-
keitszuschlags auf 50 v.H. der Pauschvergütung nach Absatz 1 dieser Vorschrift.
Dass diese Pauschvergütung überhaupt oder in voller Höhe gezahlt ist, ist weder
nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn der Vorschrift Voraussetzung für die Gewäh-
rung des Häufigkeitszuschlags. Mit dem Konditionalsatz "wenn beim vorausgegan-
genen und beim abzurechnenden Umzug die Voraussetzungen des Absatzes 1
Satz 1 vorgelegen haben" wird nur auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1,
nicht auf die Rechtsfolgen verwiesen. Es kommt lediglich darauf an, ob der Beamte
am Tage vor dem Einladen des Umzugsgutes eine Wohnung hatte und nach dem
Umzug wieder eingerichtet hat. Auch eine in Anwendung anderer Vorschriften ge-
minderte Pauschvergütung ist im Sinne dieser Bestimmung die "Pauschvergütung für
sonstige Umzugsauslagen", nach deren Höhe sich der Häufigkeitszuschlag bemisst.
So kann etwa gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BUKG bei Auslandsumzügen die Gewährung
der Pauschvergütung unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse des Aus-
landsdienstes und der besonderen Verhältnisse im Ausland abweichend geregelt
werden und dabei über den Normalbetrag des § 10 Abs. 1 BUKG hinausgehen oder
hinter ihm zurückbleiben. Für die Gewährung des Häufigkeitszuschlags ist dies ohne
Bedeutung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Albers
Prof. Dawin
Dr. Kugele
Groepper
Dr. Bayer
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren gemäß § 13 Abs. 2
GKG auf 626,49 € festgesetzt.
Albers
Dr. Kugele
Groepper
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Beamtenrecht
Fachpresse:
ja
Umzugskostenrecht
Rechtsquellen:
BUKG §§ 3, 4, § 10 Abs. 1 und 6, § 14
Stichworte:
Abzurechnender Umzug; dienstliche Veranlassung; Einstellungsumzug; Häufig-
keitszuschlag; Pauschvergütung; Umzug; Umzugskostenvergütungszusage;
vorausgegangener Umzug.
Leitsätze:
Ein Häufigkeitszuschlag nach § 10 Abs. 6 BUKG ist nicht zu zahlen, wenn der
vorangegangene Umzug ein Umzug aus Anlass der Einstellung des Beamten
war. Dies gilt auch, wenn der Einstellungsumzug in atypischer Weise erst nach
dem dienstlich veranlassten Umzug durchgeführt wird.
Urteil des 2. Senats vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 11.03
I.
VG Ansbach vom 12.07.2001 - Az.: VG AN 17 K 97.1690 -
II.
VGH München vom 18.11.2002 - Az.: VGH 3 B 01.2329 -