Urteil des BVerwG vom 02.04.2014

Rechtliches Gehör, Befristung, Überprüfung, Nbg

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 9.12
OVG 5 LB 231/09
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. April 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Hartung
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 1. November 2011, berichtigt
durch Beschluss vom gleichen Tag, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdever-
fahren wird auf 26 792,70 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf Grundsatzfragen und die Rüge von Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Der 1962 geborene Kläger stand als Richter am Amtsgericht im Dienst des
Landes Niedersachsen. Er wurde mit Ablauf des 31. August 2006 wegen
Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Er wendet sich gegen die Fest-
stellung der begrenzten Dienstfähigkeit in Höhe von 50 % seiner regelmäßigen
Arbeitszeit für den davor liegenden Zeitraum ab 1. September 2005.
Im Februar 2005 beantragte der Kläger die Feststellung seiner (teilweisen)
Dienstunfähigkeit. Nach Einholung amtsärztlicher Gutachten stellte der Beklag-
te mit Bescheid vom 24. August 2005 die begrenzte Dienstfähigkeit des Klägers
zu 50 % der Arbeitszeit für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 31. August
2006 fest. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom
1. November 2006 zurück, weil ein Widerspruchsverfahren gesetzlich ausge-
schlossen sei. Ungeachtet dessen sei der Widerspruch auch in der Sache nicht
begründet, weil mit der vom Kläger kritisierten Befristung der begrenzten
Dienstfähigkeit nur zum Ausdruck gebracht werden solle, dass eine Überprü-
fung der gesundheitlichen Situation des Klägers nach Zeitablauf geboten er-
scheine; dies sei nicht Ausdruck der Annahme einer nur vorübergehenden Be-
einträchtigung.
Die hiergegen gerichtete Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass
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die für die Feststellung der begrenzten Dienstunfähigkeit erforderliche Dauer-
haftigkeit gegeben sei. Der Amtsarzt sei in seinen Gutachten davon ausgegan-
gen, dass der Kläger länger als ein Jahr lang, mithin dauerhaft, begrenzt dienst-
fähig sein werde. Der Amtsarzt habe dem Kläger mehrere Maßnahmen empfoh-
len und angeregt, nach Ablauf eines Jahres zu überprüfen, ob eine Erhöhung
des Stundenumfangs in Betracht komme. Er habe damit gerade nicht die Wie-
derherstellung der vollen Verwendungsfähigkeit des Klägers nach einem Jahr in
Aussicht gestellt. Der Ausgangsbescheid sei im Lichte des Widerspruchsbe-
scheides auszulegen, der die erforderliche Bestimmtheit des Ausgangsbeschei-
des herstelle. Dort heiße es, es sei von einer dauerhaften Beeinträchtigung des
Klägers auszugehen. Demnach bedeute die Befristung lediglich, dass nach Ab-
lauf der im Ausgangsbescheid genannten Frist der Umfang der begrenzten
Dienstfähigkeit des Klägers überprüft, nicht aber, dass der Kläger nach Fristab-
lauf wieder in vollem Umfang beschäftigt werden sollte.
2. Der Rechtssache kommt nicht die von der Beschwerde geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Die Beschwerde hält
folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
a) Kann ein Widerspruchsbescheid den Ausgangsbe-
scheid auch dann umgestalten, wenn die Behörde den
Widerspruch wegen gesetzlichen Ausschlusses des
Vorverfahrens (hier: § 68 Abs. 1 Satz 2 erste Alt. VwGO
i.V.m. § 192 Abs. 4 NBG) als unzulässig zurückweist
und nur zusätzlich als obiter dictum Ausführungen zu
dessen Unbegründetheit macht?
Oder bleibt die Behörde in diesem Fall an den Wortlaut
des Ausgangsbescheids gebunden, ohne diesen nach-
träglich mit dem Widerspruchsbescheid inhaltlich än-
dern oder ergänzen zu können?
b) Ist die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit einer
Befristung zugänglich?
Falls nein: Bewirkt eine unstatthafte Befristung die
Rechtswidrigkeit des Feststellungs-Verwaltungsakts?
Oder fällt dann bloß der Ausspruch über die Befristung
weg und bleibt der Feststellungsverwaltungsakt im Üb-
rigen als unbefristet rechtmäßig?
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c) Darf ein Gericht bei einem seinem Wortlaut nach objek-
tiv mehrdeutigen ärztlichen Sachverständigengutachten
sich selbst für eine Auslegung entscheiden und diese
seinem Urteil zu Grunde legen?
Oder ist es nach dem Amtsermittlungsgrundsatz bzw.
auf Anregung oder Antrag einer Partei gehalten, diese
Mehrdeutigkeit durch Zeugenvernehmung des Sach-
verständigen aufzuklären?
Wie weit gehen in einem solchen Falle die Hinweis- und
Dokumentationspflichten des Gerichts im Rahmen der
Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen
Verhandlung?
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erfordert die
Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die
Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts sowie
die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeu-
tung dieser Rechtsfrage bestehen soll (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 -
BVerwG 8 B 78.61- BVerwGE 13, 90 <91> und vom 19. August 1997 - BVerwG
7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328
m.w.N.).
Diese Fragen rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in
dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden oder bereits anhand
des Gesetzes und auf der Grundlage vorhandener Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beant-
wortet werden können.
a) Dies gilt zunächst für die Fragen zu a). Dabei geht der Senat - insoweit in
Übereinstimmung mit beiden Beteiligten - davon aus, dass der vom Kläger ein-
gelegte und so bezeichnete „Widerspruch“ wegen des partiellen Ausschlusses
des Vorverfahrens unzulässig war (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 erste Alt. VwGO,
§ 54 Abs. 2 Satz 3 BeamtStG, § 192 Abs. 4 NBG). Aus diesem Grund ist der -
als solcher bezeichnete - „Widerspuchsbescheid“ nicht geeignet, den Inhalt des
ursprünglichen Bescheides, soweit Zweifel bestehen, klarzustellen oder den
durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt zu bestätigen.
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Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte habe den Ausgangs-
bescheid ergänzen können, erweist sich aber aus anderen Gründen im Ergeb-
nis als richtig. Angesichts der insoweit klaren Rechtslage macht der Senat von
der Möglichkeit, § 144 Abs. 4 VwGO entsprechend anzuwenden, aus prozess-
ökonomischen Gründen Gebrauch (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1977 -
BVerwG 4 B 13.77 - BVerwGE 54, 99 <100> und vom 10. Juni 2009 - BVerwG
2 B 26.09 - Rn. 8).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Be-
hörde - auch wenn die in § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG (hier: i.V.m. § 1 Abs. 1
NVwVfG) normierten Voraussetzungen nicht vorliegen - ein abgeschlossenes
Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen wiederaufgreifen und
eine neue - der gerichtlichen Überprüfung zugängliche - Sachentscheidung tref-
fen (sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne). Diese Möglichkeit findet ihre
Rechtsgrundlage in § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48 und 49 VwVfG (vgl. Urteile vom
7. September 1999 - BVerwG 1 C 6.99 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 20
S. 16, vom 21. März 2000 - BVerwG 9 C 41.99 - BVerwGE 111, 77 <82> und
vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 24; vgl.
auch die Gesetzesbegründung zu § 47 Abs. 5 VwVfG-E
VwVfG> BTDrucks 7/910 S. 75). Die dort verankerte Ermächtigung der Behör-
den zum Erlass eines Zweitbescheides, der an die Stelle des ersten Beschei-
des tritt oder diesen inhaltlich ergänzt, ermöglicht die nachträgliche Korrektur
inhaltlich unrichtiger Entscheidungen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Sep-
tember 2007 - 2 BvR 1613/07 - NVwZ 2008, 418 <419>; BVerwG, Urteile vom
28. April 2009 - BVerwG 2 A 8.08 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 55 Rn. 16 ff.
und vom 18. April 1996 - BVerwG 4 C 6.95 - BVerwGE 101, 64 <69 ff.>).
Dies ist jedenfalls in der hier gegebenen Fallkonstellation nicht zu beanstanden,
die dadurch gekennzeichnet ist, dass Ausgangs- und Widerspruchsbehörde
identisch sind (nämlich das Justizministerium als oberste Landesbehörde), also
keine Einschränkung der Prüfungs- oder Sachkompetenz der Behörde in Rede
steht. Hiernach hat der Beklagte den Ausgangsbescheid dahingehend geän-
dert, dass er die unbefristete Geltung der begrenzten Dienstfähigkeit klargestellt
hat. Dies ist auch zum Streitgegenstand des Verfahrens geworden, da der Klä-
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ger ausweislich seines Antrags vor dem Berufungsgericht begehrt hat, den Aus-
gangsbescheid in der Fassung des Bescheides vom 1. November 2006 aufzu-
heben.
b) Die Fragen zu b) sind nicht entscheidungserheblich. Sie gehen an der tra-
genden Begründung des Berufungsurteils vorbei, wonach der Beklagte gerade
keine Befristung der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit ausgespro-
chen hat. Daran wäre der Senat, da sie nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen
angegriffen ist (siehe dazu unter 3.), in dem angestrebten Revisionsverfahren
gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
c) Die von der Beschwerde mit den Fragen zu c) angesprochene Pflicht der Tat-
sachengerichte zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen, in diesem
Rahmen ein vorhandenes Sachverständigengutachten zu würdigen, ggf. dieses
durch den Sachverständigen erläutern zu lassen oder ein weiteres Gutachten
einzuholen, ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§ 86 Abs. 1 Satz 1, § 98, § 125
Abs. 1 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO) und ist in der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts in weiteren Einzelheiten geklärt (vgl. etwa Beschlüsse
vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 f.,
vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - Rn. 4 ff., zuletzt vom 25. Fe-
bruar 2013 - BVerwG 2 B 57.12 - Rn. 4 f. m.w.N.). Weitergehenden Klärungs-
bedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. In Wahrheit zielt die Beschwerde mit den
Fragen zu c) darauf, das Berufungsgericht habe die im Streitfall vorliegenden
ärztlichen Stellungnahmen fehlerhaft gewürdigt. Mit einer solchen Rüge (ver-
meintlich) fehlerhafter Rechtsanwendung im Einzelfall kann eine Zulassung der
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden.
Die weiter angesprochenen gerichtlichen Hinweis- und Dokumentationspflichten
ergeben sich ebenfalls aus dem Gesetz, zum einen aus § 86 Abs. 3 und § 104
Abs. 1 VwGO, zum anderen aus § 105 VwGO i.V.m. § 159 bis § 165 ZPO. Da-
bei bestimmt § 160 ZPO, welche Angaben das Protokoll über die mündliche
Verhandlung zwingend enthalten muss bzw. in ihm festzustellen sind (Abs. 1
und Abs. 3). Darüber hinaus sind nach § 160 Abs. 2 ZPO die „wesentlichen
Vorgänge“ der Verhandlung aufzunehmen. Auch dieser Begriff ist in der höchst-
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richterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. Beschlüsse vom 7. April
2011 - BVerwG 9 A 8.10 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 58 Rn. 2, vom
28. November 2011 - BVerwG 9 B 53.11 - Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO
Nr. 70 Rn. 6 und zuletzt vom 24. September 2013 - BVerwG 2 B 42.13 - juris
Rn. 6 m.w.N.). Die Beschwerde ist der Auffassung, wie sich aus ihren Ausfüh-
rungen zur Verfahrensrüge ergibt, das Berufungsgericht hätte den Kläger da-
rauf hinweisen (und im Protokoll dokumentieren) müssen, dass es beabsichtige,
die erwähnten ärztlichen Stellungnahmen und die angefochtenen Bescheide in
der Weise zu verstehen, wie dies im Berufungsurteil im Einzelnen dargelegt
wird. Eine solche Pflicht, den Beteiligten vorab die (mögliche) Rechtsauffassung
des Gerichts mitzuteilen, besteht indes nicht.
3. Der von der Beschwerde gerügte Verfahrensmangel einer Verletzung des
Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2, § 132 Abs. 2 Nr. 3,
§ 138 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
Die Beschwerde meint, das Berufungsgericht hätte, nachdem es zuvor im Be-
schluss über die Zulassung der Berufung Zweifel an der Richtigkeit der im erst-
instanzlichen Urteil vertretenen Deutung des Ausgangsbescheides geäußert
hatte, den Kläger darauf hinweisen müssen, dass es von dieser Ansicht wieder
abrücken wolle; da ein solcher Hinweis weder vor noch in der mündlichen Ver-
handlung erfolgt sei, liege ein Gehörsverstoß in Gestalt einer Überraschungs-
entscheidung vor. Dieser Vorwurf ist unberechtigt.
Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung folgt aus dem Anspruch
auf rechtliches Gehör auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 und § 104
Abs. 1 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zur umfassenden Erörte-
rung aller entscheidungserheblichen Gesichtspunkte. Insbesondere muss das
Gericht die Beteiligten nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beab-
sichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und
rechtliche Würdigung regelmäßig erst auf Grund der abschließenden Beratung
ergibt (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buch-
holz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1 Orientierungssatz 6 und S. 16; Beschluss vom
28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO
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Nr. 51 S. 2 m.w.N.). Etwas anders gilt allerdings dann, wenn das Gericht seine
Entscheidung auf Anforderungen an den Sachvortrag oder auf sonstige rechtli-
che Gesichtspunkte stützen will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundi-
ger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Be-
rücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen
brauchte (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 -
BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86,
133 <144 f.>).
Hieran gemessen liegt eine gehörsverletzende Überraschungsentscheidung
nicht vor. Mit den von der Beschwerde angeführten Passagen aus dem Be-
schluss über die Zulassung der Berufung hatte das Berufungsgericht (lediglich)
ernstliche Zweifel i.S.v. § 124a Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Richtigkeit der erstin-
stanzlichen Deutung der angefochtenen Bescheide geäußert. Eine Festlegung
dahingehend, dass auch die Berufungsentscheidung so ausfallen würde, ist
damit regelmäßig nicht verbunden. Den vom Berufungsgericht im Zulassungs-
beschluss thematisierten Gesichtspunkt hat der Beklagte sodann in der Beru-
fungserwiderung aufgegriffen und vorgetragen, er sei in den angefochtenen
Bescheiden - auf der Grundlage der eingeholten amtsärztlichen Stellungnah-
men - von einer dauerhaften begrenzten Dienstfähigkeit des Klägers ausge-
gangen; mit der (vermeintlichen) „Befristung“ habe er allein zum Ausdruck brin-
gen wollen, dass die Festsetzung des Arbeitsumfangs (nach den angefochte-
nen Bescheiden auf 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit) nach Ablauf dieser Zeit
der Überprüfung bedürfe (Schriftsatz vom 26. Januar 2010, S. 4, 1. Absatz
a.E.). Der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat darauf erwidert
und diese Ansicht explizit zurückgewiesen (Schriftsatz vom 16. Februar 2010).
Damit war dieser Gesichtspunkt in einer Weise zum Prozessgegenstand ge-
macht worden, dass der Kläger bzw. sein neuer (wenige Wochen vor der münd-
lichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht bestellter) Prozessbevollmächtig-
te im Sinne der vorstehend wiedergegebenen Maßstäbe damit rechnen musste,
dass dies ein möglicher, entscheidungserheblicher Gesichtspunkt für die Beru-
fungsentscheidung sein könnte. Darauf hatte er sich einzustellen.
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4. Keiner weiteren Erörterung bedürfen die weiteren, mit Schriftsatz vom
11. Mai 2012 erhobenen Rügen, und zwar ungeachtet dessen, dass sie erst
nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) an-
gebracht wurden. Für die darin geäußerte Vermutung, das Berufungsgericht
habe vor seiner Nichtabhilfeentscheidung den Inhalt der (zwei Tage zuvor) ein-
gegangenen Beschwerdebegründung nicht zur Kenntnis genommen und daher
gegen § 133 Abs. 5 Satz 1 VwGO verstoßen, fehlt ebenso jeder Anhaltspunkt
wie für die weitere Vermutung der Beschwerde, der Beklagte habe gezielten
Einfluss auf die Besetzung des Senats des Berufungsgerichts genommen.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52
Abs. 1 GKG.
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